Mit Urteil vom 29.04.2010 (21 C 978/09) hat das Amtsgericht Bautzen die VHV Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 628,90 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage hat in vollem Umfange Erfolg.
Die Beklagte ist als Haftpflichtversicherung des Schädigers verpflichtet, dem Geschädigten Schadensersatz in Höhe der restlichen, noch nicht bezahlten Mietwagenkosten gemäß Rechnung der Klägerin vom 27.05.2C09 gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG zu erstatten,
Die Haftung gegenüber dem Geschädigten X ist zwischen den Parteien unstreitig. Demgemäß ist die Beklagte in vollem Umfange dem Geschädigten auf Grund des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2009 zum Schadensersatz verpflichtet. Der Geschädigte hat seine Anspruch gegen den Geschädigten und seine Haftpflichtversicherung ausweislich der Erklärung vom xx.xx.2009 an die Klägerin abgetreten, so dass die Klägerin gemäß § 398 BGB, nunmehr an die Stelle des bisherigen Gläubigers den Geschädigten X getreten ist. Diese Abtretungserklärung hat die Klägerin zumindest konkludent angenommen.
Gemäß § 249 BGB hat die Beklagte, die zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Bei der Beschädigung einer Sache kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsauwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Geschädigte verstößt aber noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit einer Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.a.) aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und in Folge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vergl. dazu BGH vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 7/09, Rdn. 8 mit weiteren Nachweisen).
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Geschädigte sei nicht in der Lage gewesen, den Mietpreis vorzufinanzieren und eine Anmietung zum Normaltarif hätte neben der nichtmöglichen Angabe der voraussichtlichen Mietdauer die Leistung einer Sicherheit und Vorauszahlung des Mietpreises erfordert .Allein aus dem Umstand, dass der Geschädigte die anfallende Mehrwertsteuer in Höhe von 265,91 € der Klägerin erstattet hat, folgt nicht, dass er in der Lage war, die angefallenen Mietwagenkosten in Höhe von 1.346,90 € vorzufinanzieren.
Dem Geschädigten ist auch nicht ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB vorzuwerfen. Es ist nicht davon auszugehen, dass ihm die Vorfinanzierung möglich möglich gewesen ist. Diesbezüglich ist nicht der Kläger, sondern die Beklagte darlegungs-und beweispflichtig. auch wenn sich je nach dem Vortrag der Beklagten für ihn eine sekundäre Darlegungspflicht ergeben kann (vergl. BGH vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 7/09 Rdn. 12). Allein die Bezahlung der Mehrwertsteuer lässt nicht auf eine Vorfinanzierungsmöglichkeit des Geschädigten schließen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass eine Vorfinanzierung auf Grund der Geringfügigkeit der Mietwagenkosten dem Geschädigten zuzumuten gewesen wären. immerhin sind netto 1.346,90 € angefallen.
Die Höhe der geltend gemachten Mietwagenkosten nach einem Unfallersatztarif ist nicht zu beanstanden. Unter Anwendung von § 287 ZPO ist zunächst der „Normaltarif“ zu ermitteln. Dabei geht das Gericht von dem Schwacke-Mietpreisspiegel im Postleitzahlengebiet des Geschädigten aus. Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs ist die Heranziehung des Schwacke-Mietpreisspiegels für die Schätzung des Normaltarifs möglich (vergl. BGH vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 139/08, Rdn 26). Unter Zugrundelegung der Schwacke-Mietpreisliste 2008 setzen sich die Mietwagenkosten wie folgt zusammen:
Plz 026** Gruppe 3
2 x Wochenpauschale 936,00 €
CCW pro Tag 20,00 £
Anmietung 14 Tage- 280,00 €
erstattungsfähig 1.215,00 €.
Die im Einzelnen nach der Schwacke-Metpreisliste 2008 von der Klägerin vorgetragenen Beträge hat die Beklagte nicht bestritten, so dass sie zu Grunde gelegt werden können. Ein Abzug wegen Eigenersparnis in Höhe von 10% der Mietwagenkosten ist nicht anzunehmen, weil der Geschädigte ein zwei Fahrzeugklassen niedriger einzustufendes Fahrzeug angemietet hat (vgl. Palandt-Grüneberg, 69. Auflage 2010 zu § 249 BGB, Rdn. 36). Auf den Normaltarif der Schwacke-Liste ist in Bezug auf den Unfallersatztarif ein Aufschlag von geschätzt 15% gerechtfertigt. Das Gericht bemisst die unfallspezifischen Kosten, die sich erhöhend auswirken können, gemäß § 287 ZPO in dieser Höhe. Die Erhöhung ist deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin den Untallersatztarif unter Berücksichtigung weiteren Faktoren kalkuliert. Hierzu gehören neben der Kreditierung der Mietwagenkosten auch ein erhöhter Verwaltungsaufwand sowie das Risiko eines Ausfalls der Forderungen, sofern die Haftung streitig ist. Demgemäß ergibt sich ein Betrag in Höhe von 1.458,00 €, welcher über dem abgerechneten Betrag von 1.346,90 € liegt. Da die Erforderlichkeit des geltend gemachten Umsatztarifes damit feststeht braucht der Geschädigte bzw. die Klägerin nicht nachzuweisen, dass ein wesentlich geringere Tarif zugänglich gewesen ist. Steht fest, das der Unfallersatztarif betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist, ist er grundsätzlich dem Geschadigten als unfallbedingter Herstellungsaufwand zu ersetzen.
Möchte jedoch der Schädiger nach § 254 BGB nur einen niedrigeren Schadensersatz leisten, so hat er nach allgemeinen Grundsätzen darzuligen und zu beweisen, dass dem Geschädigten in der konkreten Situation ein günstigerer Normaltarif ohne Weiteres zugänglich gewesen ist (vgl. BGH vom 19.01.2010, Az: VI ZR 112/09. Rdn. 11 mit weiteren Nachweisen). Dieser Beweis ist der Beklagten nicht gelungen. Zu berücksichtigen ist, dass der Geschädigte beruflich auf das Fahrzeug angewiesen war und er kurzfristig ein Ersatzfahrzeug brauchte. Dies ergibt sich sehen bereits daraus, dass er nur ca. fünf Stunden nach dem Unfall das Ersatzfahrzeug angemietet hat. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass es sich bei dem Unfall- und Anmietungstag um einen Samstag gehandelt hat. Bei gewerblich genutzten Fahrzeugen ist auch ein Einsatz an Wochenenden nicht unüblich. Außerdem musste das Fahrzeug dem Geschädigten zum Beginn der Arbeitswoche zur Nutzung zur Verfügung stehen.
Im Rahmen des § 249 BGB besteht auch eine Ersatzpflicht der Beklagten für die zur Geltendmachung und Durchsetzung des Schadenersatzanspruches verursachten Kosten. Die Schadensersatzpflicht erstreckt sich auch auf die Rechtsanwaltskosten. Es sind vorgerichtliche Rachtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 628,90 € angefallen. Die Berechnung der Höhe ist nicht zu beanstanden. Auf Grund der Vorsteuerabzugsberechtigung des Schädigers wurde auch keine Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht, so dass 101,40 € vorgerichtliche Anwaltskosten zu erstatten sind.
Die Zinsforaerung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs nach § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 266 Abs. 1 BGB. Verzug mit der Hauptforderung ist mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom xx.xx.2009 ab 07.09. 2009 gernäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB angetreten, so dass die Hauptforderung ab dem xx.xx.2009 zu verzinsen ist. Verzug hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist aber erst mit dem Geitendmachungsschreiben vom xx.xx.2009 zum Fristsetzung zum xx.xx.2009 eingetreten, so dass die Nebenforderung erst ab xx.xx.2009 zu verzinsen ist. Insofern musste die Klage wegen einer geringfügigen Zinszuvielforderung abgewiesen werden.
Die Kostenenischeidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Klägerin bezüglich der Zinsen ist als verhältnis-mäßig geringfügig anzusehen und hat keine höneren Kosten verursacht. Im übrigen ist die Beklagte in vollem Umgfang unterlegen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Soweit das AG Bautzen.