AG München verurteilt HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG München vom 12.3.2015 – 10 U 579/15 – zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten mit Urteil vom 26.9.2015 – 322 C 15524/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

damit wir so langsam unseren Urteilsberg abbauen, geben wir Euch auch heute abend noch ein interessantes Urteil des Amtsgerichts München bekannt. Die HUK-COBUG Haftpflichtunterstützungskasse hatte wieder einmal die Sachverständigenkosten rechtswidrig gekürzt. Der Geschädigte ließ es bei der von der HUK-COBURG vorgenommenn Schadensersatzkürzung nicht bewenden, sondern machte den Restschadensersatz rechtshängig. Das Amtsgericht München gab dem Geschädigten Recht. Die HUK-COBURG wurde zur Zahlung verurteilt. Allerdings kann man an dem Urteil des AG München vom 26.9.2015 gut erkennen, was passiert, wenn  sich das erkennende Gericht blind an den Beschlüssen eines übergeordneten Gerichts orientiert. Bei dieser Entscheidung ist die Sache zwar gutgegangen, weil zur Zeit der Urteilverkündung der Beschluss des OLG München vom 19.12.2015 noch nicht bekannt war. Wird dem OLG München auch weiterhin blindlings gefolgt oder wird die Rechtsprechung des BGH berücksichtigt? Man wird es sehen. Der neuerliche Beschluss des OLG München verstößt nach diesseitiger Ansicht sogar gegen Verfassungsnormen, wie Art. 3 und 14 GG. Ohne sachlichen Grund wird differenziert zwischen Sachverständigen in der Region München und außerhalb dieser Region. Darüber hinaus wird ohne sachlichen Grund zwischen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen und solchen, die nicht öffentlich bestellt und vereidigt sind, unterschieden. Schon von daher ist die neuerliche Rechtsprechung des OLG München nicht nachvollziehbar. Lest aber zunächst selbst das Urteil vom 26.9.2015 und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und noch einen schönen Abend
Willi Wacker

Amtsgericht München

Az.: 322 C 15524/15

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK COBURG Haftpfllcht-Untyrstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, vertreten durch die Vorstände, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg

– Beklagte –

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht Dr. v. d. A. am 26.09.2015 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

Endurteil

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 119,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.06.2015 zu bezahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.        Der Streitwert wird auf 119,55 € festgesetzt.

5.        Die Berufung wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von € 119,65.

Unstreitig haftet die Beklagte für die Schäden aus einem Verkehrunfall vom 09.05.2015.

Streitig war allein, ob noch ausstehende Sachverständigenkosten von 119,55 € erstattungsfähig sind.

Das Gericht erachtet die Akivlegitimation des Klägers infolge von dessen Zahlung als gegeben.

Auch die restlichen Sachverständigenkosten sind vorliegend erstattungsfähig. Nach § 249 II 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. Senat, NJW 2004, 3326 = VersR 2004, 1189 [1190f.]). Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. Hinweisbeschluss des OLG München vom 12.03.2015, 10 U 579/15).

Erforderlich sind bei Heranziehung eines privaten Sachverständigen dementsprechend nach § 249 II 1 BGB und unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nur diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schadigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Erforderlich ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung. Bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss zuvor keine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben, keine Kostenvoranschläge einholen und keinen Preisvergleich anstellen (Hinweisbeschluss des OLG München vom 12.03.2015, 10 U 579/15).

Unabhängig davon, ob der der Sachverständige selbst klagt oder eine Vermittlung des Sachverständigen für den Geschädigten stattgefunden hat, ist nach der aktuellen Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 12.3.2015, 10 U 579/15) eine Gesamtbetrachtung der Rechnung vorzunehmen ist. Entscheidend ist die Frage, ob der Gesamtbetrag der Sachverständigenrechnung gemäß § 632 BGB der für die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens üblichen Vergütung entspricht. Vorliegend bewegt sich die Rechnung im Rahmen der BVSK und ist daher als branchenüblich im Sinn der OLG-Rechtsprecung anzusehen.

Eine Kürzung kommt daher nicht in Betracht.

Zinsen waren vorliegend antragsgemäß zu gewähren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung.

Die Berufung war mangels grundsätzlicher Bedeutung oder Erforderlichkeit der Rechtsfortbildung nicht zuzulassen.

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  1. Cornelius L. sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    aus den Entscheidungsgründen ist gut:

    „Unabhängig davon, ob der der Sachverständige selbst klagt oder eine Vermittlung des Sachverständigen für den Geschädigten stattgefunden hat, ist nach der aktuellen Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 12.3.2015, 10 U 579/15) eine Gesamtbetrachtung der Rechnung vorzunehmen ist.“

    Aus den Entscheidungsgründen ist nicht zutreffend:

    „Entscheidend ist die Frage, ob der Gesamtbetrag der Sachverständigenrechnung gemäß § 632 BGB der für die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens üblichen Vergütung entspricht. Vorliegend bewegt sich die Rechnung im Rahmen der BVSK und ist daher als branchenüblich im Sinn der OLG-Rechtsprecung anzusehen.“

    Diese „Angemessenheitsbetrachtung“ ist themaverfehlend und auch unter Berücksichtigung des schadenersatzrechtlich zu beachtenden Prognoserisikos unverständlich, zumal sich die Bezugnahme auf eine nicht existierende „Üblichkeit“ auf eine Fiktion beschränkt. Ein Gericht sollte in der Lage sein, die BGH-Definition zum Begriff der Üblichkeit zu verstehen und die damit aufgezeigten Randbedingungen richtig zu beurteilen. Das hat noch nicht einmal etwas mit juristischem Sachverstand zu tun, sondern schlicht und einfach mit einem Mindestmaß an Logik. Warum lassen sich immer wieder Juristen mit Begriffen konfrontieren, die mit der Sache überhaupt nichts zu tun haben? Antwort eines Insiders:
    Weil das GDV-Syndikat es ausgeklügelt versteht, Emotionen anzusprechen und durch die Länge der Schriftsätze selbst Gerichte zu verwirren. Nur nebenbei: Meine Abrechnung muss noch nicht einmal „branchenüblich“ sein, um gleichwohl als schadenersatzrechtlich „erforderlich“ richtig beurteilt zu werden. Wo liegt denn für ein unbedarftes Unfallopfer die Grenze für eine bemerkbare deutliche Überhöhung bzw. Nichterforderlichkeit? Ist es der Prozentsatz der Kürzung ? In der Regel liegt dieser meilenweit entfernt von dem Behaupteten. Ist es mindestens das Doppelte dessen, was tatsächlich abgerechnet wurde ? Auch das wäre eine fiktive Grenzziehung, die nicht zum Schadenersatzgedanken gem § 249 BGB passt. Eher kommt da schon die Wuchergrenze ins Spiel. Man muss aber im beurteilungsrelevanten Zusammenhang einmal andere Relationen vergleichen, die praxisnah sind, um sich nicht mit Überlegungen beschäftigen zu müssen, die realitätsfremd sind und auf Sand gebaut sind.
    Da habe ich gestern ein neues Ladekabel für mein iphone kaufen müssen zum Listenpreis von 25,00 €. DAS kam MIR in der Tat erblich überteuert vor und ein Blick ins Internet bestätigte meine Annahme, denn da wurden vergleichbare Produkte angeboten ab 7,20 €. Ich habe also mehr als das 3-fache ausgegeben. Ist das deshalb schon als Wuchergrenze festzuschreiben, nur weil ich von einem Fachmann außerdem noch weiß, dass der Fertigungsaufwand weniger als 1,00 € beträgt?

    Cornelius L.

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