AG Rheinbach verurteilt die bei der HUK-COBURG versicherte Unfallverursacherin zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 22.12.2015 – 26 C 70/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

wieder einmal musste sich ein Gericht mit den rechtswidrigen Schadenskürzungen durch die HUK-COBURG beschäftigen. In diesem Fall war es das Amtsgericht Rheinbach, das entscheiden musste, weil die HUK-COBURG – trotz vielzähliger Urteile, die gegen sie ergangen sind – absolut beratungsresistent ist und nach wie vor rechtswidrig Schadenspositionen, die dem Geschädigten bei voller Haftung des Unfallverursachers grundsätzlich zustehen, kürzt. Auch dann, wenn der Restschadensersatzanspruch des Geschädigten abgetreten worden ist, bleibt er ein Schadensersatzanspruch. Nur schadensersatzrechtliche Gesichtspunkte sind maßgeblich. Keinesfalls sind nach der Abtretung werkvertragliche Maßstäbe an den Restanspruch anzulegen. Daher hat das erkennende Gericht auch – zu Recht – auf die Grundsatzurteile des BGH VI ZR 67/06 und VI ZR 225/13 abgestellt. Lest aber selbst das umfangreiche Urteil aus Rheinbach mit 12 Seiten Umfang zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Versicherungsnehmerin der HUK-COBURG und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker

26 C 70/15

Amtsgericht Rheinbach

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

Frau … ,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Rheinbach
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
22.12.2015
durch die Richterin am Amtsgericht W.

für Recht erkannt:

1.   Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 77,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. nach § 247 BGB seit dem 08.09.2014 zu zahlen.

2.   Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.   Die Berufung wird nicht zugelassen.

T a t b e s t a n d

– Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen –

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht gemäß §§ 398 BGB, 7 Abs. 18 StVG auf Zahlung weiterer 77,08 €. Der genannte Betrag stellt den der Geschädigten I. K. gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 StVG i.V.m. 249 BGB zu ersetzende Wiederherstellungsaufwand aus dem Verkehrsunfall vom 21.08.2014 in Bonn-Bad Godesberg dar.

Der Kläger ist aufgrund der Abtretung des Anspruchs auf Erstattung der Gutachterkosten vom 27.08.2014 (Bl. 33 GA) durch die Geschädigte K. an ihn zunächst aktivlegitimiert. Die Abtretungserklärung ist hinreichend bestimmt bzw. der Inhalt der abgetretenen Forderung hinreichend bestimmbar, da die Abtretungserklärung sowohl die Daten der Geschädigten, die Versicherung und den Schadensfall – Schadenstag und Unfallgegner – erkennen lässt. Aus der ausschließlichen Abtretung der Ansprüche der Geschädigten im Hinblick auf die Gutachterkosten ergibt sich auch, dass nur die von dem Kläger in Rechnung gestellten Beträge von der Abtretung umfasst sein sollen.

Ein Verstoß gegen §§ 2, 3 RDG liegt nicht vor. Selbst wenn man die Ansicht verträte, dass die nach dem Vortrag des Klägers erfüllungshalber erfolgte Abtretung des Anspruchs an den Gutachter und die nachfolgende Einziehung der Forderung durch diesen eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG darstellt, ist diese jedenfalls nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.

Insoweit schließt sich das Gericht den Ausführungen des Amtsgerichts Bonn aus seinem Urteil vom 24.01.2012 (Az. 107 C 171/11, zitiert nach juris) an, welches ausführt:

„Gemäß dieser Norm erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.

Hier liegt eine solche Nebenleistung vor. Dies ergibt sich schon aus der Gesetzesbegründung (BR-Drucksache 623/06, S. 106 ff.). Diese führt zunächst aus, dass die „Neufassung der Vorschrift, den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend, den Weg für eine neue, weitere Auslegung der zulässigen Nebentätigkeit durch die Rechtsprechung eröffnen“ soll. Maßgebend soll nunmehr bei der Beurteilung, ob eine erlaubte Nebentätigkeit vorliegt, die Frage sein, „ob die Rechtsdienstleistung nach der Verkehrsanschauung ein solches Gewicht innerhalb der Gesamtleistung hat, dass nicht mehr von einer bloßen Nebenleistung ausgegangen werden kann.“ Im vorliegenden Fall stellt die Forderungseinziehung neben der Haupttätigkeit des Sachverständigen, der Erstellung eines Gutachtens, nur eine untergeordnete Rolle. Sie stellt lediglich eine Nebenleistung gegenüber der Geschädigten dar, damit diese mit der weiteren Schadensabwicklung nicht konfrontiert werden muss (vgl. auch LG Bonn, Urteil vom 28.09.2011, 5 S 148/11; LG Saarbrücken, Urteil vom 15.10.2010, 13 S 68/10).

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, es sei nicht interessengerecht, wenn verschiedene Schadenspositionen von verschiedenen Unternehmern geltend gemacht werden könnten und der Schädiger sich somit einer Vielzahl von Anspruchsgegnern gegenüber sehen würde. Es ist gerade eine zwangsläufige Folge der Privatautonomie, dass ein Schuldner mehrerer Ansprüche damit konfrontiert wird, dass sein Gläubiger bestimmte Ansprüche an mehrere, personenverschiedene Dritte abtritt. Daher kann es in dieser Hinsicht keinen Unterschied machen, ob diese Abtretung an den Gutachter selbst oder etwa an einen unbeteiligten Dritten erfolgt.“

Der Geschädigten K. stand gegen die Beklagte ein auch Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten zur Feststellung des Schadensumfangs an ihrem Fahrzeug in Höhe von insgesamt 597,08 € brutto zu. Auf diesen Betrag hat die Versicherung der Beklagten lediglich einen Betrag in Höhe von 520,00 € gezahlt, so dass der titulierte Betrag zur Zahlung offen steht.

Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die angesetzten Kosten für die Erstellung des Gutachtens sind als angemessen im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen.

Gemäß § 249 BGB hat die Beklagte nämlich den Geldbetrag zu ersetzen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Zu den im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs zu erstattenden Kosten gehören auch die zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens notwendigen Kosten, soweit die Einholung dieses Gutachtens zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist (Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Auflage, § 249 Rn. 58 mwN), was zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist. Die notwendigen Kosten für das zur Schadensfeststellung notwendige Gutachten hat der Schädiger dabei nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu tragen, wobei der Geschädigte im Rahmen der Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen darf, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint, und in diesem Sinne einen qualifizierten Sachverständigen seiner Wahl mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragen kann (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06; AG Schleiden, Urteil vom 20.01.2012, Az. 10 C 11/11). Es ist jedoch zu beachten, dass die vom Geschädigten geltend gemachten Kosten nicht unbegrenzt erstattungsfähig sind, sondern nur in dem Umfang, in dem ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und notwendig halten darf, da der Geschädigte andernfalls gegen seine Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB und das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06).

Die von der Geschädigten veranlassten Kosten überschreiten den Rahmen des Erforderlichen nicht. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06 (zitiert nach juris) gelten bei der Ermittlung des Erforderlichen grundsätzlich folgende Maßstäbe:

„[Der Geschädigte] ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. Senatsurteile 115, 364, 368 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 362, 365). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. SenatsurteilBGHZ 163, 362, 367 f.).“

Dabei hat der Bundesgerichtshof es grundsätzlich gebilligt, dass der Sachverständige auch eine Pauschalierung des Honorars vornimmt (Rn. 20):

„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überschreitet ein Kraftfahrzeugsachverständiger allein dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05 – aaO Rn. 15 ff.).“

Unter Rn. 14 und 15 führt der BGH Folgendes aus:

„Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt es entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung im Schadensersatzprozess grundsätzlich nicht darauf an, ob die zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen getroffene Preisvereinbarung wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 BGB unwirksam ist. Ebenso ist es nicht von Bedeutung, welche Vergütung bei fehlender Honorarvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen von letzterem nach „billigem Ermessen“ gemäß § 315 Abs. 1 BGB bestimmt werden könnte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. […] Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wird von einer Vielzahl von Gerichten bejaht (vgl. etwa AG Altenkirchen ZfS 1994, 88; AG München DAR 1996, 298; AG Köln VersR 1988, 1251, 1252; AG Aachen, ZfS 1999, 196; AG Herne-Wanne NZV 1999, 256, 257; AG Halle-Saalkreis ZfS 1999, 337; AG Hattingen VersR 2000, 1426, 1427; AG Darmstadt ZfS 2000, 65; AG Frankfurt a.M. ZfS 2001, 165; SP 2002, 287, 288; AG Wiesbaden SP 2002, 360; AG Westerburg ZfS 2000, 63, 64; ZfS 2002, 72, 73; AG Eltville SP 2002, 322; AG Bad Kreuznach SP 2002, 72; AG Hamm SP 2002, 322; AG Dresden DAR 2002, 459, 460; AG Siegburg ZfS 2003, 237, 238; AG Weinheim ZfS 2004, 18; AG Nürnberg ZfS 2004, 131; AG Berlin-Mitte SP 2005, 175; LG Halle ZfS 2006, 91; ebenso Roß, aaö; a.A. z.B. LG Köln SP 2002, 320; AG Leipzig SP 2002, 287; LG Leipzig, Urteil vom 23. März 2005 – 1 S 7099/04). Hiergegen bestehen aus schadensrechtlicher Sicht keine Bedenken.“

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe durften die Kosten für das Sachverständigengutachten nach der Honorartabellen des Bundesverbands der freien und unabhängigen Sachverständigen e.V. (BVSK) abgerechnet werden. Konkrete Vorgaben, wonach sich eine Pauschalierung des Sachverständigenhonorars zu richten hat, lässt sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen. Eine Heranziehung der BVSK-Honorartabelle 2010/2011 zur Ermittlung der Kostenberechnung hat der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 04.04.2006 und vom 11.02.2014 {BGHZ 167, 139; Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, zitiert nach juris) jedenfalls nicht beanstandet. Die BVSK-Honorartabelle 2013 stellt aus Sicht der erkennenden Abteilungsrichterin auch eine taugliche Schätzgrundlage zur Ermittlung der üblichen Vergütung gemäß § 287 ZPO dar, da sie die Honorarsätze mehrerer hundert Sachverständiger abbildet und damit repräsentativ ist, wenngleich nicht verkannt wird, dass der BVSK nicht die einzige Berufsvereinigung von Kfz-Sachverständigen ist. An der Befragung 2013 haben 840 Standorte der BVSK-Mitglieder teilgenommen. Anhaltspunkte, dass die Honorarempfehlung des BVSK die rechtlich zulässige Preisgestaltung überschreitet, bestehen für das erkennende Gericht nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die befragten Sachverständigen in Kenntnis des Beweggrundes der BVSK-Befragung bewusst höhere Preise „angemeldet“ und so eine vom BVSK nicht überprüfte Preisanhebung veranlasst hätten, sieht das Gericht nicht. Andere, als Schätzgrundlage besser geeignete Erhebungen als die BVSK-Befragung sind nicht ersichtlich (so auch das LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.02.2012, 8 S 2791/11), Insbesondere scheidet eine Anwendung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung von privaten Sachverständigen nach Ansicht der erkennenden Richterin aus, da der Anwendungsbereich des JVEG auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06; weiter AG Hamburg, Urteil vom 20.03.2006, Az. 644 C 547/05).

Danach liegt eine Überschreitung der rechtlich zulässigen Preisgestaltung im Hinblick auf das Grundhonorar in Höhe von 390,00 € netto durch den Kläger nicht vor. Seine Abrechnung bewegt sich unterhalb des sogenannten Honorarkorridors, innerhalb dessen zwischen 50 bis 60 % der Befragten abrechnen. Der Kläger hat auch zutreffend seine Abrechnung unter Zugrundelegung des von ihm ermittelten und von der Beklagten nicht beanstandeten Reparaturaufwandes in Höhe von 2.994,46 € netto vorgenommen.

Wollte man demgegenüber annehmen, dass die Forderung des Sachverständigen überhöht sei, so könnte man dies der Geschädigten allenfalls dann entgegen halten, wenn ihr ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder aber die Erhöhung der Vergütung derart evident ist, dass eine Beanstandung durch die Geschädigte gefordert werden muss (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, Az. 1 U 246/07). Hierfür bestehen jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte. Außerdem ist zu beachten, dass sie vorprozessual der Grundabrechnung des Klägers nicht entgegengetreten ist.

Ein Verstoß gegen ihre aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht durch die Geschädigte K. ist dementsprechend nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte, die insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist, nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war. Zwar trifft es zu, dass ein Geschädigter im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht grundsätzlich dazu gehalten ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten, insbesondere, wenn es um die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges geht. Die in diesem Zusammenhang überwiegend von der Rechtsprechung geforderten einzuholenden Erkundigungen sind jedoch nicht im gleichen Maße auf die Beauftragung eines Sachverständigen.zu übertragen. Es ist davon auszugehen, dass ein durchschnittlicher Geschädigter keine Erfahrungswerte im Zusammenhang mit der Höhe von Gutachterkosten hat, so dass selbst ein Preisvergleich für den Durchschnittsverbraucher, von dem hier mangels anderweitiger Anhaltspunkte auszugehen ist, nur einen begrenzten Aussagewert hätte (so auch BGH, Urteilvom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13, zitiert nach juris).

Durch die Anwendung dieser Grundsätze wird der Versicherer nicht rechtlos gestellt. Er kann sich nach § 255 BGB mögliche Ersatzansprüche der Geschädigten gegen den Sachverständigen auf Rückzahlung eines überhöhten Honorars aus § 812 BGB – etwa i.V.m. §§ 138, 307 ff., 315 oder 632 Abs. 2 BGB – abtreten lassen und im Wege der Aufrechnung geltend machen (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006, Az. 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.2008, Az. 1 U 246/07; so auch AG Bonn, Urteil v. 05.12.2011, 108 C 294/11) oder selbst einklagen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten verweist das Gericht zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Rostock aus seinem Urteii vom 18.04.2014 (Az. 1 S 225/11, zitiert nach juris), welche es sich insoweit zu Eigen macht:

„Neben dem Grundhonorar ist grundsätzlich auch die Pauschalierung der Nebenkosten zulässig und damit auch erstattungsfähig (vgl. BGH, Urteil v. 04.04.2006 – X ZR 80/05 -, zitiert nach juris). Auch insoweit ist auf die üblichen Kosten abzustellen. Auch hierfür bietet die BVSK-Honorarbefragung eine tragfähige Grundlage, was als üblich angesehen werden kann, wobei das arithmetische Mittel des sog. „HB III Korridors“ einen praktikablen Wert für die Üblichkeit liefert (vgl. LG Frankfurt, Urteil v. 13.05.2011 – 2/1 S 313/10 – zitiert nach juris). Zwar ist bekannt, dass nicht alle Sachverständige die Nebenkosten, die die Tabellen des BVSK ausweisen, kumulativ in Rechnung stellen, sondern nur einzelne Positionen. Wenn sich jedoch die Abrechnung der Einzelpositionen im Rahmen des Honorarkorridors bewegt, ist dies nicht zu beanstanden. Insbesondere kann kein prozentualer Wert ausgeworfen werden, bis zu dem Sachverständigenkosten im Verhältnis zu den Reparaturkosten angemessen wären (vgl. LG Dortmund, NJW-RR 2011, 321 ff.; LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 29.02.2012 – 8 S 2791/11 -).“

Dies steht im Einklang mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 11.02.2014 (Az. VI ZR 225/13, zitiert nach juris). Dieser führt insoweit aus:

„Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder.“

„Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 und – VI ZR 528/12, jeweils aaO). Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 f.). Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen.“

Ein solches liegt hier jedoch gerade nicht vor. Die Beklagte hat die geltend gemachten Nebenkosten in Gestalt von Fahrtkosten, Kosten für Telefon und Porto, Foto- und Schreibkosten zu ersetzen, da die von dem Kläger abgerechnete Grundvergütung den Arbeitsaufwand des Sachverständigen ausgleicht, nicht aber die weiter anfallenden Kosten. Auch die Nebenkosten hat der Kläger dabei in nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage der BVSK-Honorarempfehlung 2013 abgerechnet. Eine willkürliche Festsetzung der Kosten ist demnach für das Gericht nicht feststellbar. Eine solche wäre auch für die Geschädigte nicht feststellbar gewesen. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass die geltend gemachten „Nebenforderungen“ (Fahrt-, Foto-, Schreib- und Kopierkosten sowie die Telefon-und Portopauschale) nahezu 29 % des Grundhonorars ausmachen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Kläger Inhaber eines Wirtschaftsbetriebs ist, dem es in Grenzen erlaubt sein muss, auch einen Gewinn zu machen. In diesem Rahmen liegt es auf der Hand, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit nicht auf etwa Fotopreise zu verweisen ist, die den Selbstkostenpreisen eines Verbrauchers an Selbstdruckautomaten entsprechen. Auch die geltend gemachte Pauschale für Telefon- und Portokosten in Höhe von 18,88 € ist nicht als überhöht anzusehen, § 287 ZPO. Eine Überschreitung der Grenze zur Unredlichkeit ist bei den Gebühren jedenfalls nicht zu ersehen. Die der Rechnung des Klägers zugrundegelegten Beträge konnten sämtlich aus der Liste der „BVSK-Honorarbefragung 2013“ als allgemeiner Tabelle ermittelt werden, wenn sie auch den dort zugrunde gelegten Höchstbeträgen entsprechen. Bei solcher Sachlage ist zu vermuten, dass der mit der Rechnung eines Sachverständigen geltend gemachte Betrag dem angemessenen, wenn auch oberen, Marktpreis entspricht und damit dieser Betrag auch im schadensrechtlichen Sinne „erforderlich“ war (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 12.04.2012, Az. 21 S 21/09). Die Höhe der „Nebenforderungen“ gegenüber dem Grundhonorar ist bei geringer Schadenshöhe, die eine geringere „Grundvergütung“ zur Folge hat, vorgegeben. Die Länge eines Gutachtens, die Zahl der erforderlichen Lichtbilder, die anfallenden Fahrtkosten und der Aufwand an Porto- oder Telefonkosten ist tendenziell unabhängig von der Höhe des entstandenen Fahrzeugsachschadens, so dass man im Ansatz von einem fixen Betrag an Nebenkosten ausgehen kann, mit dem Ergebnis, dass die Nebenkosten innerhalb des Gesamthonorars einen umso größeren Anteil ausmachen, je geringer das Gesamthonorar bzw. das Grundhonorar ist (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 12.04.2012, Az. 21 S 21/09). Hinzu kommt, dass es eine Frage der Praxis des betreffenden Sachverständigen ist, ob er bestimmte Nebenleistungen gesondert ausweist und damit nach außen hin den Anteil der „Nebenkosten“ stärker betont, oder ob er solche Nebenleistungen nicht gesondert ausweist, sondern stattdessen ein „Grundhonorar“ höher in Ansatz bringt (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 12.04.2012, Az. 21 S 21/09).

Die Notwendigkeit eines 2. und 3. Fotosatzes ist von der Beklagten bereits nicht konkret beanstandet worden. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, so gehört für den Kläger nicht nur die Fertigung des Originals des Sachverständigengutachtens für die gegnerische Versicherung zu seinen Aufgeben, sondern auch die Fertigung eines Duplikats für den Auftraggeber, dass ebenfalls eines vollständigen Lichtbildsatzes bedarf, um Schadensersatzansprüche in ausreichender Weise prüfen und durchsetzen zu können. Fahrtkosten werden nicht geltend gemacht. Für die durchgeführte Restwertanfrage hat der Kläger Kosten in Höhe von 21,00 € geltend gemacht. Die Beklagte hat an dieser Stelle nicht bestritten, dass die vorgenommene Anfrage, die ausweislich des vorliegenden Gutachtens über das Portal AUTOonline erfolgte Kosten in dieser Höhe ausgelöst hat. Die in der BVSK-Befragung genannten Nebenkosten sind nicht abschließend. Soweit der Sachverständige selbst Fremdleistungen in Anspruch nimmt, kann er diese Kosten auf „seinen Kunden“ umlegen (vgl. Schaden-Praxis 2015, 97-98).

Eine willkürliche Festsetzung der Kosten ist nach dem Aufgezeigten für das Gericht nicht feststellbar. Eine solche wäre auch für die Geschädigte nicht feststellbar gewesen.

Der Anspruch auf Zinsen in geltend gemachter Höhe ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Der Kläger durfte nach dem Abrechnungsschreiben der Versicherung der Beklagten vom 08.09.2014 (Bl. 26 GA) davon ausgehen, dass die Beklagte und ihre Versicherung keine weiteren Zahlungen auf die von ihm erstellte Rechnung vornehmen würden. Einer Mahnung bedurfte es nicht mehr.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.

III.

Der Streitwert wird auf bis zu 300,00 € festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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