Bund der Versicherten geht gegen gesetzliche Kürzung der Überschüsse vor
Mit ERGO-Klage gegen das Lebensversicherungsreformgesetz
Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) geht mit einer Klage gegen Kürzungen der Überschussbeteiligung vor. Gegner ist die zum ERGO-Konzern gehörende Victoria Lebensversicherung. Dabei geht es um die massiv geminderte Beteiligung an den Bewertungsreserven zu Lasten der Kunden. Fast alle Versicherungsunternehmen berufen sich für die Kürzung dieser Auszahlungen auf das sogenannte Lebensversicherungsreformgesetz. Die Verbraucherschützer des BdV sehen dieses Gesetz aber als verfassungswidrig an. „Wir hoffen, dass am Ende des Verfahrens das Bundesverfassungsgericht den Verbrauchern zur Seite springt,“ erklärt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. Erst 2005 erstritt der BdV vor dem höchsten Gericht, dass Kunden überhaupt an den Bewertungsreserven zu beteiligen sind.
Mit freundlicher Genehmigung veröffentlichen wir zur Nachfrage auf den CH-Beitrag:
1 BvR 2772/14 – Bewertungsreserven – Osnabrücker Anwalt erhebt Verfassungsbeschwerde
die Antwort des Klägervertreters RA Seidler:
“ …… Null ist im Prinzip nichts, und nichts ist nicht angemessen.“
Sehr geehrte/r …….,
unter Bezugnahme auf Ihren Anruf vom 03.03.2016 teile ich mit, dass das neue LVRG vom 07.08.2014 nach meiner Auffassung verfassungswidrig ist.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2005 ausgeurteilt, dass die Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven angemessen zu beteiligen sind. Die Bundesregierung hat dann im Rahmen der Gesetzgebung den Begriff „angemessen“ mit 50 % bewertet, ohne vorher Feststellungen zu treffen, was tatsächlich angemessen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in einem anschließenden Verfahren diese Entscheidung nicht gerügt, sodass von der Aufteilung 50/50 auszugehen ist.
Diese angemessene Aufteilung ist dann aber durch das LVRG wiederum reduziert worden, nun haben die Versicherungsgesellschaften das eigene Ermessen, wie sie mit der neuen Vorschrift umgehen wollen, was in den folgenden Monaten nach August 2014 zu erheblichen Reduzierungen der an die Versicherungsnehmer ausgezahlten Beträge geführt hat.
Dieses Gesetz stellt also das Ermessen in das Belieben der Versicherungsgesellschaften, das aber kann nicht der Begriff „angemessen“ sein, den das Bundesverfassungsgericht damals bei seiner Entscheidung in Ansatz gebracht hat.
§ 153 Abs. 1 u. 2 VVG regeln aber deutlich, dass den Versicherungsnehmern eine Überschussbeteiligung zunächst einmal zusteht, wobei sich diese Überschussbeteiligung nach dem Gesetzeswortlaut zusammensetzt aus dem Überschuss und den Bewertungsreserven.
Der Überschuss setzt sich zusammen aus dem überreichten Überschussguthaben, der künftigen Überschussbeteiligung, die jährlich weiter anwächst, und den Schlussüberschussanteilen.
Seitens der Versicherungsgesellschaften besteht auch keine Berechtigung, die Bewertungsreserven zu kürzen, weil alle Versicherungsgesellschaften einen hauseigenen Fond unterhalten, den sog. Schlussüberschussbeteiligungsfond, der sich aus verschiedenen Bestandteilen (Teilrückstellungen für Schlussüberschussanteile, Schlusszahlungen, Gewinnrenten, Sockelbeiträge an Bewertungsreserven) zusammensetzt, jeweils auf der Grundlage der aktuellen Vorausdeklaration.
Damit enthalten die Rückstellungen alle diejenigen Überschüsse, die noch nicht deklariert bzw. zugeordnet worden sind (RfB) und können dann keinem individuellen Kunden mehr entzogen werden. Diese finanziellen Mittel haben deshalb für die jeweilige Versicherungsgesellschaft nicht mehr den Charakter von Eigenmitteln, sondern erhalten unter Berücksichtigung des individuellen Versicherungsvertrages für jeden fortlaufenden Versicherungsantrag und damit auch für jeden Versicherungsnehmer bis zu dessen Beendigung einen gleichwertigen eigentumsrechtlichen und durch Artikel 14 Grundgesetz geschützten Charakter wie auch die Bewertungsreserve.
Zuletzt hat der BGH mit der Entscheidung vom 11.02.2015 (IV ZR 213/14) die Vorgaben festgelegt, die von einem Kläger in einem Verfahren gegenüber einer Versicherungsgesellschaft vorgetragen werden müssen. Von daher muss jeder Eintrittsfall gesondert geprüft werden, Sammelverfahren sind nicht möglich.
Bei zahlreichen Auszahlungen sind die Beträge zu Lasten der Versicherungsnehmer auf Null reduziert worden. Wenn aber das Bundesverfassungsgericht vorher festgelegt hat, dass eine angemessene Beteiligung stattzufinden hat, sind die Versicherungsgesellschaften aufgrund der Vorschriften des LVRG nicht berechtigt, die Beträge auf Null herunterzuführen, denn Null ist im Prinzip nichts, und nichts ist nicht angemessen.
Der Begriff „angemessen Beteiligung“ besagt, dass zumindest eine Quote von X auszuzahlen ist, wie hoch auch immer die Quote X dann sein mag. Letzte ist aber vom Gesetzgeber 2008 mit der Neufassung des § 153 VVG auf 50 % festgesetzt worden.
Hinzu kommt, dass die Marktsituationen der einzelnen Lebensversicherungsgesellschaften es nicht rechtfertigen, derartige Kürzungen bei den Auszahlungen vorzunehmen.
Bei zahlreichen Versicherungsgesellschaften weisen die Jahresberichte blendende Zahlen mit steigenden Beträgen aus.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. …..
-Sekretariat-
Robert Seidler
Rechtsanwalt u.
Fachanwalt f. Bau- u. Architektenrecht
Schlichter/Schiedsrichter SO-Bau
Am Landgericht 2
49074 Osnabrück
Tel.: 0541 358496-72
Fax: 0541 358496-73
E-Mail: info@robert-seidler.de
Homepage: http://www.robert-seidler.de
Siehe auch:
Gesammelte Werke bei Captain HUK zu den Bewertungsreserven
Habe mir bereits vor Jahren soweit irgend möglich sämtliche Versicherungsprodukte vom Hals geschafft….
Bin seither glücklicher und habe gelernt,meine Risiken selbst einzuschätzen.
Völlig Relitätsfern ist doch Heute der alte Spruch:“versichere deine Risiken,dann kannste ruhig schlafen.“
Alleine für die Jahresprämie meiner ehemaligen Hausratsversicherung könnte ich jede Nacht im ganzen Haus die Beleuchtung eingeschaltet und die Glotze laufen lassen.
Prävention statt Risikovorsorge!
Und welche Versicherung erbringt im Schadensfalle noch die zuvor vollmundig in der Werbung versprochenen Leistungen?
Klingelingelingelts?