AG München erläßt eine mehr als kritisch zu betrachtende Hinweisverfügung am 11.2.2016 – 332 C 2303/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

bevor wir morgen mit der neuen Leipziger Urteilsreihe beginnen, veröffentlichen wir für den heutigen Mittwoch hier noch eine Verfügung des Amtsgerichts aus München zu den Sachverständigenkosten. Die Dezernentin der 332. Zivilabteilung ds AG München richtet sich dabei nach dem Beschluss des OLG München vom Dezember 2015. Dabei vergisst sie allerdings, dass dieser – umstrittene – Beschluss des OLG München u.a. ganz offensichtlich gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 3 GG verstößt. Es ist nämlich kein sachlicher Grund ersichtlich, Münchner Sachverständige besser zu stellen als Sachverständige aus anderen Teilen des Freistaates oder gar der Bundesrepublik. Insoweit verstößt dieser Beschluss zumindest in Teilen gegen das Willkürverbot. Im Übrigen negiert der Beschluss des OLG München auch die Rechtsprechung des BGH. Dieser hatte nämlich entschieden, dass ein Geschädigter die Ergebnisse der BVSK-Honorarbefragung nicht kennen muss (BGH VI ZR 225/13). Dann kann allerdings diese Honorarbefragung nicht als Schätzgrundlage des Gerichts herangezogen werden. Entscheidend ist nämlich die Ex-ante-Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung (vgl. BGH VI ZR 67/06). Das Gericht kann und darf nicht im Nachhinein eine Preiskontrolle durchführen, bei der das Gericht seine Ex-post-Sicht an die Stelle der einzig entscheidenden Ex-ante-Sicht des Geschädigten stellt. Insgesamt ist daher die Hinweisverfügung des erkennenden Amtsgerichts mehr als kritisch zu betrachten. Was denkt Ihr?

Viele Grüße und einen schönen morgigen Feiertag
Willi Wacker

Amtsgericht München                                                             München, 11.02.2016

332 C 2303/16

Verfügung

1.         Das vereinfachte Verfahren ohne mündliche Verhandlung wird gemäß § 495a ZPO durchgeführt. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung wird nur dann anberaumt, wenn eine der Prozessparteien dies ausdrücklich unter Hinweis auf § 495a ZPO und innerhalb der Erklärungsfristen beantragt oder das Gericht dies für erforderlich hält.

2.         Der beklagten Partei wird aufgegeben, binnen einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung dieser Verfügung eine schriftliche Klageerwiderung einzureichen. Hierin sind neben Anträgen die gestellt werden sollen, sämtliche Einwendungen und Beweismittel anzugeben, wobei Zeugen mit vollem Namen und Anschrift zu benennen und Urkunden einzureichen sind. Die Klageerwiderung kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts erklärt werden.

3.         Die Prozessparteien werden darauf hingewiesen, dass sie nach Ablauf jeder ihnen gesetzten Frist mit dem Erlass einer – evtl. auch abschließenden – Entscheidung rechnen müssen. Unter Umständen kann auch, wenn sich die beklagte Partei innerhalb der ihr gesetzten Frist zur Klageerwiderung nicht erklärt, ein Versäumnisurteil gegen sie ergehen, auch wenn ein diesbezüglicher Antrag von der Klagepartei nicht gestellt ist.

4.         Eine Entscheidung wird das Gericht auf jeden Fall ohne einen Verkündungstermin treffen. Die Entscheidung wird sodann zugestellt. Ist eine abschließende Entscheidung getroffen, so ist diese infolge des niedrigen Streitwertes in der Regel mit der Berufung nicht angreifbar (§ 511 ZPO).

5.        Fristversäumnisse bringen das Risiko mit sich, dass der Vortrag unberücksichtigt bleibt. Nach Ablauf einer Frist darf ein Vortrag nur zugelassen werden, wenn er die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder wenn die Verspätung genügend entschuldigt wird. Erklärungen, die nach den in dieser Verfügung bestimmten Fristen eingehen, können in der Regel nicht berücksichtigt werden.

6.        Für die Einhaltung der Fristen ist der Eingang beim hiesigen Amtsgericht maßgeblich.

7.        Das Gericht weist daraufhin, dass nach Ansicht des Gerichtes und aktueller Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 14.12.2015, 10 U 579/15). eine Gesamtbetrachtung der Rechnung vorzunehmen ist. Dabei ist die Vergütung als üblich anzusehen und voll erstattungsfähig, wenn sie sich wie hier, nach erster oberflächlicher Prüfung, innerhalb der Honorarbefragung der BVSK (hier: BVSK 2015 HB V Korridor unterer Betrag zuzüglich 15 % Schätzbonus) hält.

B.
Richterin am Amtsgericht

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Eine Antwort zu AG München erläßt eine mehr als kritisch zu betrachtende Hinweisverfügung am 11.2.2016 – 332 C 2303/16 -.

  1. H.R. sagt:

    Hier haben wir ein Musterbeisiel dafür, wie nicht vorgegangen werden sollte, wenn man die Verursachung dieses Rechtsstreits nicht negiert und einmal dezidierter hinterfragt, was da eigentlich abgelaufen ist, dass es zu einer solchen Klage kommen konnte?

    Alles ist hier auf eine verbotene Überprüfung ex post ausgerichtet und damit wird in der Tat die beurteilungsrelevante BGH-Rechtsprechung negiert. Einige Gerichte scheinen es immer noch nicht verstanden zu haben, dass sie unter dem Dach werkvertraglicher Gesichtspunkte genau das machen, was schadenersatzrechtlich nicht veranlasst ist und genau deshalb von den rechtwidrig honorarkürzenden Versicherungen angestrebt wird.

    Ein seriöser, lebenserfahrener und mit der Materie ausreichend vertrauter Richter würde doch wohl ganz zu anfangs zunächst einmal die Frage zu klären versuchen, ob die Einwendungen der Beklagtenseite bezüglich einer angeblichen Nichterforderlichkeit bzw. einer für den Geschädigten möglicherweise erkennbaren deutlichen Überhöhung e r h e b l i c h tatsächlich sind. Beschränken sich die Einwendungen auf unsubstantiierte bzw. nicht ausreichend konkrete Behauptungen, sind sie nicht erheblich und müssen vom Gericht auch nicht gewürdigt werden.

    Das ergibt sich allein schon aus dem immer zu unterstellenden Sachverhalt, dass vor Auftragserteilung und selbst danach der Geschädigte überhaupt keine neutrale Beurteilungskriterien verfügbar hat, da die Schadenhöhe noch nicht feststeht. Jedwede andere Unterstellung/ Annahme ist ebenso dreist, wie ausgehend von einer ex post Betrachung unerheblich und schadenersatzrechtlich nicht zu würdigen. Vielfach ist auch auffällig, dass um den heißen Brei herumgeredet wird, was denn quantitativ unter dem Begrif „erheblich“ überhaupt verstanden werden muss und nur der Begriff einer „Überhöhung“ führt ersichtlich zu wildesten Spekulationen, wenn man einmal davon absieht, dass er suggeriert, es gäbe einen verläßlichen Maßstab bzw. eine gesetzlich geregelte Abgrenzung, die mit der Behauptung ins Blaue hinein Anlass zu einer Überprüfung geben könnte.

    Liegt eine spezifizierte Honorarabrechnung vor und evtl. sogar mit einer Honorarvereinbarung, so ist dies selbstverständlich auch ein Indiz für die schadenersatzrechtlich zu bewertende Erforderlichkeit.
    Entweder gibt es insoweit unter Einbindung der Geschäftsbedingungen per Unterschrift einen rechtsgültigen Vertrag oder ein solcher wird mit tragfähigen Begründungen in Abrede gestellt.
    Im ersten Fall ist eine Ergebniskorrektur mit prüfender Charakteristik völlig unverständlich, weil es unabhängig davon auch nichts zu überprüfen gibt. Selbst wenn ein Richter mit ausreichender Berufserfahrung glaubt, die Bemerkbarkeit einer deutlichen Überhöhung erkennen zu können, ist damit diese zweifelsohne besondere Fähigkeit noch keineswegs so ohne weiteres auf ein rechtlich unbedarftes Unfallopfer in einer besonderen Situation gleichermaßen zu übertragen, was im jeweils zuzuordnenden Augenblick aus einer ex ante und ex post Perspektive auch nicht möglich wäre.

    Dann wäre doch noch die Frage eines Auswahlverschuldens einmal etwas tiefgreifender auszuloten. Kann ein solches nicht unterstellt werden, so dürfte denknotwendig kaum ein Verstoß gegen die Schadengeringhaltungspflich ableitbar oder zu konstruieren sein.

    Kommt dann noch die Stellung des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers hinzu mit der zu erkennenden Rechtsfolge, dass insoweit der Geschädigte hieraus nicht Nachteilen belastet werden darf, so ist vor dem Hinergrund des §249 BGB die damit verbundene Aufgabenstellung klar umrissen und auch nicht mit einem besonderen Aufwand verbunden.

    Mit freundlichen Grüßen
    an die CH-Redaktion

    H.R.

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