Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachdem wir Euch heute vormittag das positive Urteil des AG Bochum vorgestellt hatten, folgt nun – quasi als Kontrast – hier ein „Schrotturteil“ des Amtsgerichts Bochum zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Unfallverursacherin persönlich. Leider ist uns die eintrittspdlichtige Kfz-Haftpflichtversicherung nicht bekannt. Wir halten diese Fehlentscheidung des Dezernats 65 C des AG Bochum für eine Willkürrechtsprechung zu Lasten des Klägers vom Feinsten unter dem Deckmantel des § 287 ZPO. Dabei verkennt der zuständige Amtsrichter, dass § 287 ZPO eine Regelung zugunsten des Klägers ist, um Beweisschwierigkeiten bezüglich der Schadenshöhe zu umgehen. Das Gericht kann zugunsten des Klägers die Schadenshöhe schätzen, gegebenfalks mit sachverständiger Hilfe. Im Übrigen verkennt das Gericht, dass es sich bei § 287 ZPO um eine Schadenshöhenschätzung handelt, nicht um eine Überprüfungsnorm einzelner Rechnungspositionen. Es kommt lediglich auf die Gesamtsumme an. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle berechtigt (BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann). Lest aber selbst das kritisch zu betrachtende Urteil des AG Bochum und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
65 C 375/15 Verkündet am 23.02.2016
Amtsgericht Bochum
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers,
gegen
Frau … ,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Bochum
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
23.02.2016
durch den Richter am Amtsgericht B.
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vorder Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht der Geschädigten M. A. H. Erstattung restlicher Sachverständigenkosten anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 28.09.2013 in Bochum. Die Geschädigte beauftragte den Kläger am 10.10.2013 mit der Erstattung eines Schadensgutachtens. Seine Tätigkeit rechnete der Kläger unter dem 15.10.2013 mit insgesamt 509,50 EUR ab. Hierauf zahlte der hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherer 356,00 EUR.
Der Kläger trägt vor, er habe sein Honorar im Rahmen des ihm zustehenden billigen Ermessens angemessen festgesetzt. Die Kürzungen des Haftpflichtversicherers seien nicht gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 153,50 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, bereits die Beauftragung eines Sachverständigen sei nicht erforderlich gewesen, da lediglich ein Bagatellschaden vorgelegen habe. Darüber hinaus seien die von dem Kläger abgerechneten Sachverständigenkosten überhöht und nicht erforderlich. Über die vorprozessuale Zahlung hinaus bestehe kein Erstattungsanspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Dem Kläger steht anlässlich des Verkehrsunfalls vom 28.09.2013 aus abgetretenem Recht gegenüber der Beklagten ein weiterer Zahlungsanspruch i. H. v. 18,43 EUR zu.
Die Einholung eines Schadensgutachtens war erforderlich, da für die Geschädigte bei einem Auffahrunfall – wie hier – das Schadensausmaß nicht erkennbar war, auch wenn möglicherweise äußerlich keine oder nur eine geringe Beschädigung sichtbar war. Dies sieht offensichtlich auch der hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherer so, da er eine Teilregulierung vorgenommen hat.
Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § 249 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung der Schäden zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger sein Honorar im Rahmen des § 315 BGB nach billigem Ermessen bestimmt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob sich dieses Honorar nach schadensrechtlichen Grundsätzen i. S. d. § 249 BGB als zweckmäßig und notwendig erweist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist auch auf die spezielle Situation des Geschädigten Rücksicht zu nehmen, insbesondere auf seine Erkenntnis und Einflussmöglichkeiten sowie auf möglicherweise gerade für ihn bestehende Schwierigkeiten. In diesem Zusammenhang ist die vom Sachverständigen gestellte Rechnung ein Indiz für die Bestimmung des erforderlichen Betrages. Die Indizwirkung gilt jedoch vornehmlich dann, wenn der Geschädigte die Honorarrechnung tatsächlich ausgeglichen hat. Erfolgt aber ein Ausgleich nicht und tritt der Geschädigte seine Ersatzansprüche in Höhe der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen ab, ohne sich im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots über die Höhe dieser Kosten Gedanken zu machen und ohne sich um die Regulierung zu kümmern, kann der Rechnung allenfalls eine geringfügige Indizwirkung zukommen. In diesem Fall ist anhand anderer Kriterien zu beurteilen, ob die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen und nicht geeignet sind, den erforderlichen Aufwand abzubilden.
Trotz der Angriffe beider Parteien hält das Gericht die BVSK-Honorarbefragung, aktuell aus dem Jahr 2015, für eine geeignete Grundlage zur Ermittlung der üblichen Preise. Hierbei werden nicht die von der Versicherungswirtschaft als zweckentsprechend und angemessen angesehenen Honorare, wie sie aus dem HUK-Honorar-Tableau ersichtlich sind, berücksichtigt, sondern eine Befragung unter qualifizierten und unabhängigen Sachverständigen zugrundegelegt, ohne dass es auf eine bundesweite statistische Genauigkeit ankäme. Als Korrektiv kommt die subjektive Sicht des Geschädigten hinzu, wonach eine Kürzung nur dann in Betracht kommt, wenn eine Überschreitung der üblichen Preise für den Geschädigten deutlich erkennbar war.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist bei einer ermittelten Schadenshöhe i. H. v. 1.509,51 EUR das vom Kläger angesetzte Grundhonorar von 306,90 EUR in keiner Weise zu beanstanden und hält sich in jedem Fall im Rahmen der Honorarbefragung des BVSK. Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der berechneten Nebenkosten. Der BVSK hat bei seiner aktuellen Erhebung nur bestimmte Nebenkostenarten für gesondert abrechnungsfähig gehalten und hierfür konkrete Preise vorgegeben. Dies ist vor dem Hintergrund der Entwicklung der Rechtsprechung mit der Begründung erfolgt, die vorgegebenen Preise seien betriebswirtschaftlich darstellbar und bei der bisherigen Praxis seien bei der Höhe der Nebenkosten systemwidrig Gewinnanteile berücksichtigt worden. Mit den Nebenkosten sollen bestimmte Kostenarten, die vom Grundhonorar nicht abgedeckt sind, abgegolten werden, ohne hierin Gewinnanteile zu verstecken und das Grundhonorar herunter zurechnen, um einen günstiges Honorar darzustellen. Insoweit ergibt sich, dass die bisherige Abrechnungspraxis – auch auf Basis der BVSK-Befragung – die angemessenen und erforderlichen Nebenkosten nicht darstellte. Natürlich kann ein Berufsverband die erforderlichen Kosten für das Gericht nicht bindend vorgeben. Die angegebenen Nebenkosten stellen aber eine geeignete Schätzgrundlage i. S. d. § 287 ZPO dar. Das Gericht geht daher davon aus, dass nur die in der BVSK-Honorar-Befragung 2015 aufgeführten Nebenkostenarten zu den dort genannten Preisen erforderlich sind. Diese Preise werden in der Liquidation des Klägers deutlich überschritten. Für einen verständigen und wirtschaftlich denkenden Menschen anstelle der Geschädigten war dies auch ohne Weiteres erkennbar, wenn sie die Höhe der einzelnen Nebenkosten kritisch überprüft hätte. Eine konkrete betriebswirtschaftliche Begründung für die abgerechneten Nebenkosten hat der Kläger nicht abgegeben.
Nach den Vorgaben des BVSK sind EDV- und Audatex-Kosten vom Grundhonorar abgedeckt und nicht gesondert abrechnungsfähig. Die Fahrtkosten sind konkret nach gefahrenen Kilometern und einer Erstattung von 0,70 EUR/Kilometer abzurechnen. Eine Pauschale ist insoweit nicht anzusetzen. Wo die Fahrzeugbesichtigung stattgefunden hat und wie viele Kilometer der Kläger zurückgelegt hat, lässt sich aus seinem Vorbringen nicht entnehmen, so dass die Fahrtkostenpauschale zu streichen war. Für die Postpauschale sind lediglich 15,00 EUR anzurechnen. Fotokosten sind mit 2,00 EUR je Lichtbild und 0,50 EUR je Lichtbild des zweiten Fotosatzes anzusetzen, so dass sich insgesamt Fotokosten i. H. v. nur 22,50 EUR ergeben. Schreibkosten sind mit 1,80 EUR/Seite und 0,50 EUR/Kopie anzusetzen. Hieraus ergeben sich für das Originalgutachten 9,00 EUR und für die zweite bis vierte Ausfertigung insgesamt 7,50 EUR. Insgesamt belaufen sich damit die erforderlichen Sachverständigenkosten auf 314,65 EUR netto und 374,43 EUR brutto. Hierauf hat der Haftpflichtversicherer der Beklagten vorprozessual 356,00 EUR gezahlt, so dass ein weitergehender Erstattungsanspruch i. H. v. 18,43 EUR verbleibt.
Der Zinsanspruch in gesetzlicher Höhe folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hallo, Willi,
es muss doch möglich sein, den unabhängigen Kfz.-Sachverständigen ihr Rechtsbewusstsein und ihre Idealvorstellung von Unabhängigkeit und verkehrsfähigen Beweissicherungsgutachten auszutreiben !-
Die Richterschaft sitzt sowieso am längeren Hebel und zeigt Dir, verehrter Herr Kollege, wo die Geige spielt und gehört wird.
Meiner Frau, die selbst Richterin war, habe ich das Urteil vorgelesen und sie reagierte mit folgenden Worten: „Laber doch nicht solchen Dünnschiss.“ Ich antwortete: „Lieber Dünnschiss labern, als Dünnschiss haben, denn so bleibt der Schlüpfer trocken und wahrscheinlich auch die Socken.“
Gerhard M.
Sehr geehrter Herr Willi Wacker,
Manchmal wächst die Lebenswirklichkeit über das Schadenersatzrecht hinaus. Und manchmal macht sich das Schadenersatzrecht da breit, wo es nichts zu suchen hat.
Richter sprechen gewöhnlich durch ihre Urteile. Sie müssen sich innerhalb und außerhalb ihres Amtes so verhalten, dass das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. So verlangt es das Deutsche Richtergesetz. Der Rechtsstaat lebt vom Vertrauen seiner Bürger. Diese Vertrauen wird mit solchen Urteilen unterlaufen, denn die Entscheidungsgründe lassen die dahinterstehende Absicht erkennen, wenn man ein solches Urteil mit Bedacht liest.
Berthold F.
Gerhard M. says:
7. Juli 2016 at 18:45
„Meiner Frau, die selbst Richterin war, habe ich das Urteil vorgelesen und sie reagierte mit folgenden Worten: „Laber doch nicht solchen Dünnschiss.“ “
Ja, Deine Frau hat recht!
Du redest nicht nur Dünnschiss, Dir haben sie sie sogar in das Gehirn geschissen.
Das Rechtsbewusstsein ist bei den qualifizierten SV sehr ausgeprägt und die Idealvorstellungen der Beweissicherungsgutachten, sind den Vorschriften der Kammern u. der Gesetzgebung geschuldet.
Leider hat sich das Rechtsbewusstsein von den Gehirnen vieler Richter/innen verabschiedet und wurde mit Sozialneid und Unwissenheit ausgeglichen.
Dumm, dämlich und dreist agieren viele und das „im Namen des Volkes.“
Landgerichts (LG)Dortmund (21.1.2015, AZ: 21 S 27/14)
Bezüglich der Schätzung der Nebenkosten hat das LG Dortmund eine Orientierung an den Werten der
BVSK-Honorarbefragung für ungeeignet gehalten und stattdessen auf die individuellen
Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten abgestellt. Zumindest schon einmal ein kleiner Schritt in die schadenersatzrechtlich nachvollziehbare Richung.
H.U.
Hallo,sehr geehrte CH-Redaktion,
da sind einigen, ansonsten ehrenwerten Abteilungsrichtern „von oben her“ wohl einige Weisheiten vermittelt worden, was die Anwendungsmöglichkeit des § 287 ZPO angeht und wie man das drehen kann, die Stellung des vermeintlich besonders freigestellten Tatrichters als Dreh-und Angelpunkt in den Mittelpunkt eines solchen Verfahrens zu stellen. Allerdings ist -was dabei nicht beachtet wird- das Nachfolgende nicht zu übersehen:
§ 287 ZPO ändert als rein beweisrechtliche Bestimmung nichts an der sachlich rechtlichen Lage, dass der Schädiger vollen Schadenersatz schuldet und diese Rechtspflicht den in § 249 Satz 1 BGB bestimmten Inhalt hat. Diesen hat das Gericht in jedem Fall einzeln zu erkennen und kann nicht gemäß § 287 ZPO über den Schadenersatzanspruch des Geschädigten verfügen.
Sind in einem Prozess unter Beweisantritt Tatsachen behauptet, aus den sich ein zu ersetzender Nachteil des Geschädigten ergibt, muss Beweis erhoben und müssen bewiesene Tatsachen berücksichtigt werden. Insoweit scheidet jede Schätzung aus.
Soweit die erkannten Tatsachen keinen genauen Schluss zulassen, ist die erst dann unvermeidliche Schätzung nicht frei, sondern an die Tatsachen gebunden und nur in den sich aus diesen ergebenden Grenzen statthaft. Allein darin kann die vom Bundesgerichtshof insoweit zu Recht geforderte „richtige Schätzungsmethode“ bestehen. Tatsachen fremde Spekulationen sind im beurteilungsrelevanten Zusammenhang auch dann nicht zulässig, wenn sie als „methodisch“ dargestellt, zum Beispiel auf fiktive Zahlenreihen gestützt und in scheinhafte „Berechnungen“ gekleidet werden, die zudem noch negieren, das nicht auf Einzelpositionen abzustellen ist, sondern auf eine Schadenhöhenschätzung, also die Summe aller Einzelpositionen.
Würde man aufgrund willkürlich behaupteter Umstände anders verfahren, wäre es dem Gericht gestattet, ohne Gebundenheit an den mehr oder weniger tatsächlichen Schaden nach Gutdünken über den streitigen Schadenersatzanspruch zu entscheiden, wie aus einigen Urteilen ersichtlich und jetzt auch in diesem Fall ersichtlich.
Im beurteilungsrelevanten Zusammenhang muss auch eindeutig die Frage verifiziert werden, was einen Geschädigten und damit ein über dessen Schadenersatzanspruch urteilendes Gericht die vermeintlichen brauchbaren Honorarerhebungen von Versicherungen oder von Berufsverbänden angehen und mit welcher rechtlichen Begründung die Geschädigten diese zu ihrem Nachteil gegen sich gelten lassen müssten?
Nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 249 Satz1 BGB hat der Schadenersatzpflichtige „den Zustand herzustellen“, „der bestehen würde, der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“. Von der Herstellung eines anderen Zustandes nach einer ex post Betrachtung des Gerichts unter Anwendung des § 287 ZPO ist im Gesetz nur dann die Rede, soweit genauere Erkennungsmöglichkeiten nicht verfügbar sind, was hier nicht festgestellt werden kann.
Robert
Hallo, W.W.,
Deine einleitende Kommentierung habe ich mit der zu wahrenden Distanz gelesen, muss aber feststellen, dass Du in allen Punkten mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen hast, wenn Du da anmerkst:
„Im Übrigen verkennt das Gericht, dass es sich bei § 287 ZPO um eine Schadenshöhenschätzung handelt, nicht um eine Überprüfungsnorm einzelner Rechnungspositionen. Es kommt lediglich auf die Gesamtsumme an. Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle berechtigt (BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann).“
Aber da DAS der offenbar gewünschten Zielsetzung entgegen steht, tut man mehr oder weniger scheinheilig so, als achte man die Neutralität mit einleitenden umfangreichen Zitaten der BGH-Rechtsprechung und fast bedeutungsloser Zubilligung eines Restbetrages, auf den es allerdings in der Sache nicht ankommt und degradiert dann den Geschädigten mit dem Ergebnis des Urteils zu einem nicht verständigen und nicht wirtschaftlich denkenden Menschen. Man bezichtigt darüber hinaus den beauftragten Sachverständigen, überhöht und nicht erforderlich abgerechnet zu haben, vermeidet aber tunlichst im beurteilungsrelevanten Zusammenhang die Frage eines Auswahlverschuldens zu verifizieren.
Natürlich werden auch die Rechtsfolgen aus der Position des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers nicht angesprochen, denn das alles würde ja das von der Berufungskammer Vorgedachte ad absurdum führen. Ausweislich eines Terminsprotokolls hat der Vorsitzende dieser Berufungskammer als eine seiner Zielsetzungen in einem anderen Verfahren verdeutlicht, sich inoffiziell darum bemühen zu wollen, das AG Bochum zu einer einheitlichen Rechtsprechung zu bewegen und man kann annehmen auf der Basis seiner vorgetragenen Überlegungen, die auch in diesem Urteil ihren Niederschlag finden.
D.M.
Hallo, Willi Wacker und sehr geehrte CH-Redaktion,
dass es auch objektiv und unvoreingenommen sowie in schadenersatzrechtlich plausibler Betrachtung auch anders bewertet werden kann, belegt ein aktuelles Urteil des AG Herne mit folgenden Überlegungen, wobei es um die Abrechnungsmodalitäten des gleichen Sachverständigen geht:
„Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten im Sinne des § 249 BGB.
Der Geschädigte kann dabei die Kosten eines Sachverständigengutachtens nur dann und insoweit geltend machen, als es sich um Aufwendungen handelt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er trägt dabei das Risiko, wenn er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff.).
Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.
Weil es im Gegensatz zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Modalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar „quasi willkürlich“ festsetzt und „Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen“, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich der Aufwendungen verlangen.
Nach den dargelegten Grundsätzen sind die der Klägerin vom Sachverständigenbüro berechneten Gutachterkosten erstattungsfähig. Das Gericht orientiert sich bei der Überprüfung der „Angemessenheit“ der Kosten an der vom BVSK (Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen) vorgenommenen Befragung zur Höhe des üblichen Sachverständigenhonorars. Danach ist festzustellen, dass das geforderte Grundhonorar mit 325,08 Euro netto den Honorarkorridor HB V, der von 341,00 Euro netto bis 376,00 Euro netto reicht, deutlich unterschreitet. Dafür sind die Nebenkosten zwar hoch angesiedelt, aber nach Auffassung des Gerichts war eine etwaige Unangemessenheit der Gutachterrechnung nicht offensichtlich (vgl. sehr ausführlich LG Bochum, Urteil vom 19.04.2013, Az.: I-5 S 135/12, NJW 2013, 3666 ff.).
Dies gilt umso mehr in der Gesamtschau mit dem deutlich unterhalb des Korridors gelegenen Grundhonorars.
Auf die Gutachterkosten von 559,91 Euro sind 455,58 Euro geleistet worden, so dass ein restlicher Anspruch in Höhe von 104,33 Euro verbleibt. Insoweit hat die Klägerin gegenüber den Beklagten einen Freistellungsanspruch.“
(So das AG Herne in seinem Urteil vom 30.06.2016 – 27 C 52/15 durch die Richterin Dr. K)
HR
@D.M.
@Robert
was Eure interessanten Überlegungen betrifft, so frage ich mich, ob das auch der verantwortliche Richter bei einem solchen Urteil, wie hier eingestellt, wissen müsste. Außerdem wäre auch das folgende sicher beachtenswert:
Eine Schätzung prüft nicht die Erstattungsverpflichtung entstandener und tatsächlich durch Rechnung belegter Sachverständigenkosten, sondern unter Bezugnahme auf die BVSK-Befragung 2015 lediglich die vermeintliche Üblichkeit unter werkvertraglichen Gesichtspunkten, ohne sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der Vertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gültig ist oder nicht. Wenn er rechtswirksam ist, ist er schadenersatzrechtlich auch zu berücksichtigen, denn dann lässt sich die Schadenersatzverpflichtung konkret beurteilen und muss nicht geschätzt werden. Nur wenn der Vertrag nicht rechtswirksam wäre und sittenwidrig, würden vertragliche Vereinbarungen nicht gelten.
Ein rechtswirksamer Vertrag mit Honorarvereinbarung kann nicht einfach ersetzt werden durch Überprüfung von Einzelpositionen nach der BVSK-Befragung 2015.
Eine solche Handhabung mit unzulässiger Aufspaltung der abgerechneten Sachverständigenkosten steht einer Gesamtkostenbetrachtung entgegen.
Ein Rückgriff auf § 287 ZPO ist als ein Umgehungsargument anzusehen betreffend das vom BGH ausgesprochene Überprüfungsverbot und als eine Form der radikalen Erstattungstheorie durch Berücksichtigung von Aufwendungsersatz.
Der schadenersatzrechtliche Anspruch auf Ersatz entstandener Gutachterkosten ist nicht an werkvertragliche Regelungen mit den Begriffen der Angemessenheit, Üblichkeit, Ortsüblichkeit auszurichten und die Verwendung einer Honorarbefragung in der Funktion einer Gebührenordnung beinhaltet eine fehlerhafte und mit dem Gesetz nicht zu vereinbarende Vorgehensweise.
Ja, und was dann noch in den „Entscheidungsgründen den Versuch zu einem Dreh unter dem Vorwand einer nicht bezahlten Rechnung angeht mit der Einstufung von ein bisschen Indizwirkung angeht, so erkennt man an dieser Stelle auch den Zweck folgender Ausführungen:
„Die Indizwirkung gilt jedoch vornehmlich dann, wenn der Geschädigte die Honorarrechnung tatsächlich ausgeglichen hat. Erfolgt aber ein Ausgleich nicht und tritt der Geschädigte seine Ersatzansprüche in Höhe der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen ab, „ohne sich im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots über die Höhe dieser Kosten Gedanken zu machen und ohne sich um die Regulierung zu kümmern“, kann der Rechnung „allenfalls“ eine „geringfügige Indizwirkung“ zukommen. In diesem Fall ist anhand „anderer Kriterien“ zu beurteilen, ob die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen und nicht geeignet sind, den erforderlichen Aufwand abzubilden.“
Mit Urteil VI ZR 225/13 hat der 6. Senat ohne Beteiligung von Herrn BGH-Richter Wolfgang Wellner den Zuspruch des Schadensersatzes resultierend aus der Rechnungslegung des beauftragten Sachverständigen wie folgt begründet:
„Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12, aaO Rn. 26 und – VI ZR 528/12, aaO Rn. 27; vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, aaO Rn. 13; vom 6. November 1973 – VI ZR 27/73, BGHZ 61, 346, 347 f.). Letztlich sind allerdings nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 mwN). Ein Indiz für die Erforderlichkeit bildet aber die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt. Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen mithin bereits bei der Prüfung der Erforderlichkeit des Schadensaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine maßgebende Rolle (vgl. Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 – VI ZR 471/12 und – VI ZR 528/12, jeweils aaO). Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Anderes gilt, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen Umstände ergeben, die der Rechnung die indizielle Bedeutung für die Erforderlichkeit der Aufwendungen nehmen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1996 – VI ZR 138/95, BGHZ 132, 373, 381 f.).
b) Mit diesen Grundsätzen sind, auch im Rahmen der freieren Stellung des Tatrichters bei der Schadensbemessung nach § 287 Abs. 1 ZPO, die Erwägungen nicht zu vereinbaren, mit denen das Berufungsgericht hier zu einer Kürzung der vom Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten gelangt ist. Es durfte nicht die dem Kläger vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Kosten allein auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes kürzen. Dabei hat das Berufungsgericht die besondere Bedeutung der vorgelegten Rechnung für den konkreten Einzelfall und die Lage des Geschädigten bei der Beauftragung eines Sachverständigen verkannt.“
Deshalb:
Indizwirkung nur bei „bezahlter“ Rechnung ist nicht schlüssig begründbar, denn eine solche Differenzierung nimmt das Gesetz selbst nicht vor und der BGH ist kein Ersatzgesetzgeber.
Eine solche Handhabung würde außerdem zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Unfallopfern führen, den Liquiden und den Illiquiden, und damit den Gleichheitsgrundsatz verletzen.
Bereits alleine die Belastung mit einer zu erfüllenden Verbindlichkeit stellt daher eine ersatzpflichtige Schadensposition auch und gerade für denjenigen Geschädigten dar, der nicht leistungsfähig ist, vgl.Palandt §249 BGB Rz.4 mwN.
G.v.H.
Ich verstehe, ehrlich gesagt, den ganzen Aufwand um die Aufgabe eines Richters sowieso nicht, denn der zu beurteilende Sachverhalt und insbesondere die Lösung sind doch vorgezeichnet.
In der schadensersatzrechtlichen Auseinandersetzung geht es letztendlich doch nur darum, ob der Geschädigte eine mögliche Überhöhung irgendwelcher Nebenkosten hätte erkennen können (= Verstoß gegen § 254 BGB). Dazu müsste er die jeweils betriebswirtschaftliche Kalkulation des Sachverständigen sowie die Kostenkalkulation der Mitbewerber des von ihm beauftragten Sachverständigen kennen. Nachdem dies unmöglich sein dürfte und auch von einem Geschädigten nicht verlangt wird, hat er wohl nicht gegenein Auswahlverschulden und gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen und demzufolge Anspruch auf den vollständigen Schadensausgleich gemäß § 249 BGB. Ob 30, 60 oder 100 Cent/Kilometer, Fotokosten 2,00 €, 3,00 € oder 4,00 € spielt also überhaupt keine Rolle.
Es wird einfach von manchen Gerichten das schadenersatzrechtlich relevante Überprüfungsverbot negiert, wie die Tatsache, dass darüber hinaus sogar “überhöhte Sachverständigenkosten” erstattungsfähig (BGH VI ZR 67/06) sind. Das Gericht hätte erst dann die Möglichkeit, die vereinbarten Preise für das Gutachten zu überprüfen, wenn diese die Grenzen der Sittenwidrigkeit übersteigen würden.
Anhaltspunkte dafür, dass der geschlossene Werkvertrag eine sittenwidrige Preisvereinbarung enthält und somit nach § 138 BGB nichtig wäre, sind in der Regel jedoch nicht ersichtlich.
Auch die von der Klägerseite geltend gemachten Nebenkosten sind vertraglich vereinbart, so dass es hier auf einen Mittelwert nicht ankommt. Darüber hinaus hat der BGH in seiner Entscheidung VI ZR 225/13 die dort in Rede stehenden Nebenkosten sogar mit einer Relation von 73 % zum Grundhonorar als regulierungspflichtig anerkannt.
Anja K.
Hallo, Willi Wacker,
ein entscheidungserheblicher Punkt wurde noch nicht angesprochen:
Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Ein Sittenverstoß kann auch in einem Verhalten gegenüber dem Geschäftspartner bestehen, etwa wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist, was bei einer Überschreitung der vertraglich vereinbarten Leistung/Vergütung um ca. 100 % der üblichen und angemessenen Vergütung der Fall ist (BGH NJW 2001, 1127; BGH NJW 2002, 429; BGH NJW 2002, 3165).
Eingefügt aus
Alles klar?
Wildente
@Anja K.
So „einfach“ wird die Thematik durch einige Richter leider nicht abgehandelt. Und dass aus anderen Gründen der „Austand des Individuums“ Ursachen hat, lässt sich aus folgenden Kommentaren leicht ablesen:
In dem bemerkenswerten Aufsatz »Befreiung des Strafrechts vom nationalsozialistischen Denken?« erklärte der Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsinformatik an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) Prof. Dr. Gerhard Wolff zum Begriff der Rechtsbeugung:
»Ein Richter, der vorsätzlich ein geltendes Gesetz nicht anwendet, weil er ein anderes Ergebnis für gerechter, für politisch opportuner oder aus anderen Gründen für zweckmäßiger hält, erfüllt den Tatbestand der Rechtsbeugung.«
Rechtsbeugung ist in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 339 StGB eine Straftat und liegt dem Gesetz nach vor, wenn »ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, (…) sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht.«
So meinte der BGH-Richter Thomas Fischer, Richter am BGH, in »Ein Jahr Absprache-Regelung«, ZRP 2010, 249:
»Dass Richter auf die Erfindung von Bauernschläue geprägter Tricks stolz sind, welche den – hier wohl unstreitig eindeutigen – Willen des Gesetzgebers ins Leere laufen lassen sollen, ist fast beschämend; es ist auch kaum geeignet, das Ansehen der Justiz zu mehren.«
Hubertus P.
@Hubertus
Nicht zu vergessen § 331 StGB, § 332 StGB, § 333 StGB, § 334 StGB und § 335 StGB
Es soll doch Richter geben, die in erheblichen Rahmen Semniare im Auftrag der Versicherungswirtschaft abhalten und dafür reichlich be- bzw. entlohnt werden? Auch eine Art von Vorteilsnahme, Bestechung usw.. Insbesondere wenn sich die Parteiinteressen dann hin bis zur Rechtsbeugung in den Urteilen dieser Richter widerspiegeln.
Hi, Hubertus,
sorry, das Individuum wollte sicher nicht seinen „Ausstand“ geben, sondern von dir gemeint war wahrscheinlich der „Aufstand des Individuums“, frei nach Dr. Reinhard K. Sprenger. Übrigens als lesenswert zu empfehlen.-
Ein schönes Wochenende
LUMIX
@Rüdiger
Hallo, Rüdiger,
davon sprach man auch schon vor 30 Jahren und da dürfte auch was dran sein.
Gleichwohl gibt es auch noch vorbildlich handelnde Richterinnen und Richter, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und unbeeinflussbar Urteile „Im Namen des Volkes“ absetzen, die jeder Kritik standhalten, was man von dem hier eingestellten Urteil des AG Bochum nicht ernsthaft behaupten kann, denn dieses soll auf einer angestifteten kollektiven Rechtsbeugung beruhen, wie Insider festgestellt haben wollen. Da soll es auch ein Terminsprotokoll des Vorsitzenden der Berufungskammer am LG Bochum geben, das im beurteilungsrelevanten Zusammenhang aufschlussreich sein soll.
Ein schönes Wochenende
Hubertus
Das Gericht hat die Schadenersatzverpflichtung unter werkvertraglichen Randbedingungen abgehandelt und noch nicht einmal ansatzweise erklärt, wieso der Kläger gehalten sein sollte, nach Vorgaben eines Berufsverbandes abrechnen zu müssen, dem er offenbar nicht angehört.
Da kann man nur das Urteil des AG Saarlouis wieder in Erinnerung rufen und anmerken:
„Es ist es ohne einen kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 2007, 455 = DS 2007, 144).“
Nicht gewusst oder nicht verstanden oder einfach rechtsmissbräulich ignoriert, weil es nicht zum gewünschten Ergebnis passte?“
Welches Gericht kann schon für sich ernsthaft in Anspruch nehmen, in einer ex post Betrachtung und nach eigener subjektiver Einschätzung Wissensstand und Erkenntnismöglichkeiten eines Geschädigten normierend dahingehend beurteilen zu können, um einzig und allein auf Grund einer Vermutung damit dem Unfallopfer einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht zu unterstellen, obwohl ein Auswahlverschulden nicht infrage kommt? Eine solche, sich selbst zugestandene Fähigkeit lässt einen Anflug von Größenwahn vermuten, die im Schadenersatzrecht nichts zu suchen hat.
Egbert S.
Hej, Egbert,
da lobe ich mir auch die glasklaren Ausführungen des AG München, denn die Kompetenz und Aufrichtigkeit dieser Richterin ist unverkennbar, wenn sie ausgeführt hat:
„Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte im Zusammenhang mit der Schadensregulierung die Kosten verlangen, die ein verständiger wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Diese in der Rechtsprechung immer wieder fast wortgleich wiederholte Feststellung bedeutet, dass der Unfallgeschädigte nicht nur das verlangen kann, was objektiv erforderlich ist, sondern was ER in SEINER konkreten Situation für erforderlich halten darf. Demzufolge kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob das von dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Honorar objektiv ortsüblich und angemessen ist, sondern ob der Klagepartei als Unfallgeschädigter der Vorwurf gemacht werden kann, sie habe bei der Auswahl des Sachverständigen im Hinblick auf das Honorar seine Schadensminderungspflicht nach § 254 41 BGB verletzt.
Hierzu ist grundsätzlich die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.“
(AG München v. 21.12.2011 – 343 C 24598/11)
Das Gericht hat u.a. als schadenersatzrechtlich wesentlich übersehen, dass im Prozeß ein einfaches Bestreiten zur vorliehenden Sachverständigenrechnung nicht ausreicht (vgl. BGH, NJW 2014, 1947; siehe auch AG Frankfurt, Der Verkehrsanwalt 2014, 254), weil substantiell nicht erheblich.
Der Schädiger muss vielmehr vortragen, dass die vorgelegte Sachverständigenrechnung die übliche Abrechnung der Branche deutlich übersteigt und der Geschädigte dies erkennen hätte können (vgl. BGH, NJW 2014, 1947).
Die „Branche“ von mindestens 11.000 Sachverständigen ist nicht beschränkt auf einen seit Jahrzehnten als besonders versicherungsnah bekannten Berufsverband mit deutlich weniger als 900 Sachverständigen.Insider sprechen von einem Anteil von 4,5-5 %!!. Wo ist den dann der schäbige Rest von 95-95,5 % berücksichtigt ?
Abgesehen davon bezieht sich die „Abrechnung“ dabei zweifelsohne auf den Gesamtbetrag und nicht auf Einzelpositionen.
Lothar K.
„Natürlich“ kann ein Berufsverband die „erforderlichen Kosten“ für das Gericht nicht bindend vorgeben. Die angegebenen (vorgegebenen) Nebenkosten stellen aber eine „geeignete Schätzgrundlage“ i. S. d. § 287 ZPO dar. Das Gericht geht daher davon aus, dass n u r die in der BVSK-Honorar-Befragung 2015 aufgeführten Nebenkostenarten zu den dort genannten Preisen erforderlich sind.“
Na mei, dös is jo a ganz verwegener Gedankengang.
Luis J.
Das Urteil des AG Bochum enthält eingangs in schadenersatzrechtlicher Hinsicht immerhin auch richtige Gedankengänge, wie nachstehend herausgestellt:
„Die Einholung eines Schadensgutachtens war erforderlich, da für die Geschädigte bei einem Auffahrunfall – wie hier – das Schadensausmaß nicht erkennbar war, auch wenn möglicherweise äußerlich keine oder nur eine geringe Beschädigung sichtbar war. Dies sieht offensichtlich auch der hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherer so, da er eine Teilregulierung vorgenommen hat.
„Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § 249 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung der Schäden zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, „im Rahmen des ihm Zumutbaren“ den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, „sofern“ er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger sein Honorar im Rahmen des § 315 BGB nach billigem Ermessen bestimmt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob sich dieses Honorar nach schadensrechtlichen Grundsätzen i. S. d. § 249 BGB als zweckmäßig und notwendig erweist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist auch auf die spezielle Situation des Geschädigten Rücksicht zu nehmen, insbesondere auf seine Erkenntnis und Einflussmöglichkeiten sowie auf möglicherweise gerade für ihn bestehende Schwierigkeiten. In diesem Zusammenhang ist die vom Sachverständigen gestellte Rechnung ein Indiz für die Bestimmung des erforderlichen Betrages.“
Ja, von kleinen Schönheitsfehlern abgesehen, fast alles richtig. Aber an welcher Stelle der Entscheidungsgründe wurde das denn auch „umgesetzt“? ICH finde keine.-
Danach wird´s, mit Verlaub gesagt, allerdings haarig, weil ein Seitenwechsel i.R. LG Bochum deutlich erkennbar wird:
„Die Indizwirkung gilt „jedoch vornehmlich“ dann, wenn der Geschädigte die Honorarrechnung tatsächlich ausgeglichen hat. Erfolgt aber ein Ausgleich nicht und tritt der Geschädigte seine Ersatzansprüche in Höhe der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen ab, „ohne sich im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots über die Höhe dieser Kosten Gedanken zu machen und ohne sich um die Regulierung zu kümmern, kann der Rechnung allenfalls eine geringfügige Indizwirkung zukommen“. In diesem Fall ist „anhand anderer Kriterien“ zu beurteilen, ob die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen und nicht geeignet sind, den erforderlichen Aufwand abzubilden.“Wie schnell man sich kreative Sprache bzw. Ausdrucksweise zu Eigen machen kann.
Eine/die vorgelegte Rechnung ist kein Indiz sondern ein Fakt (unter dem Vorbehalt inhaltliche Fehler – z. B. zu viel berechneter Lichterbilder – was leicht zu überprüfen und korrigierbar ist).
§ 287 ZPO kann nur bei nachgewiesenem Wucher zum Tragen kommen. Dann und nur dann, wäre der Schadensersatzanspruch auf die SV-Honorar-Rechnung durch den Richter auf den erforderlichen Betrag zu schätzen.
Aus
Die Indizwirkung für die Erforderlichkeit wird entgegen der Ansicht der Beklagtenseite keineswegs durch den Umstand aufgehoben, dass der hier Geschädigte die ihm aufgegeben Rechnung des Klägers nicht bezahlt hat. Eine solche Auslegung ergibt sich aus der BGH-Rechtsprechung des VI. Senats in 2014 nicht. Überdies hat die Frage der Erforderlichkeit nicht mit der Abtretung zu tun.
Was im beurteilungsrelevanten Zusammenhang die Bedeutung einer
nicht bezahlten Rechnung angeht, so hat die Berufungskammer des
LG Köln in einer lesenswerten Entscheidung vom 08.09.2015 zum Az.
11 S 302 unter Berufung auf die BGH-Rechtsprechung aus 2014
unmissverständlich u.a. ausgeführt:
„Es ergibt sich hier entgegen der Ansicht der Beklagten auch keine anderweitige Bewertung, weil die Geschädigte die Rechnung des Klägers bislang noch nicht beglichen hat und angeblich keine Vergütungsvereinbarung existierte.
Soweit der BGH in seiner Entscheidung vom 22.07.20114 – VI 357 /13 ausgeführt hat, dass der Geschädigte seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage der von ihm beglichenen Rechnung genügt, und auch in dem der Entscheidung des BGH vom 11.02.2014 – VI ZR 225/13 – zu Grunde liegenden Fall der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bereits bezahlt hatte, folgt daraus nicht, dass einer noch nicht beglichenen Rechnung keine Indizwirkung für die zur Herstellung erforderlichen Kosten beigemessen werden kann. Vorliegend ist von einer entsprechenden Indizwirkung auszugehen. Denn der Geschädigte, der selbst den Sachverständigen beauftragt hat, ist mit der Forderung des Sachverständigen belastet, auch wenn er die Rechnung noch nicht bezahlt hat. Auch nach der erfüllungshalber erfolgten Abtretung des Anspruchs auf Ersatz der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen muss der Geschädigte damit rechnen, wegen des Sachverständigenhonorars noch in Anspruch genommen zu werden, falls der Versicherer Zahlungen an den Sachverständigen abgelehnt ( vergleiche auch OLG München Beschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15 – zitiert nach juris).“
Damit ist auch der von der Beklagtenseite insoweit erhobene Einwand, dass die Sachverständigenkosten noch nicht bezahlt seien, verfehlt, denn der nicht bezahlten Rechnung steht die Belastung mit
einer Zahlungsverpflichtung gleich. Im Übrigen ist das Schadensersatzrecht kein Kostenerstattungsrecht. Ob die Kosten bezahlt sind oder nicht, darauf kommt es schadenersatzrechtlich nicht an.
Durch die klageweise Geltendmachung des Rechnungsbetrages bzw. des offenen Restbetrages bringt der Geschädigte zum Ausdruck, dass er die Rechnungshöhe für erforderlich hält, um den aus seiner Sicht erforderlichen Aufwand auszugleichen, den er hatte, um in den Genuss eines Sachverständigengutachtens zu kommen.
Nimmt man die von der Rechtsprechung entwickelte subjektbezogene Schadensbetrachtung ernst, so muss unabhängig von dem Ausgleich der Rechnung bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Rechnungshöhe abgestellt werden. Folglich genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast vollumfänglich durch Vorlage der Sachverständigenrechnung.
Ja, und schlussendlich sei noch angemerkt:
Letztlich ist der Gesamtpreis dasjenige, woran sich die Beurteilung, ob eine Leistung für einen angemessenen Preis angeboten wird, zu orientieren hat. Es kommt nicht auf die in Ansatz gebrachten Einzelpositionen, wie z.B. Foto- und Fahrtkosten etc. an, sondern Maßstab der Prüfung, ob eine Überhöhung vorliegt, sind die Rechnungsendbeträge, denn die Gesamthöhe der Rechnung entscheidet darüber, ob ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt.
Andernfalls käme es angesichts der unterschiedlichsten Abrechnungsmodalitäten der Kfz-Sachverständigen in denjenigen Fällen zu unbilligen Ergebnissen, in denen ein geringes, deutlich unterhalb der üblichen Sätze in Ansatz gebrachtes Grundhonorar, dafür aber verhältnismäßig hohe Nebenkosten in Rechnung gestellt werden, ohne dass es insgesamt zu einer Überschreitung der üblichen Vergütung kommt.
Dem Schuldner einer Rechnung geht es letztlich nicht um die Angemessenheit einzelner Positionen, sondern darum, ob der Gesamtbetrag eine angemessene Vergütung darstellt – darauf, dass diesem Aspekt entscheidende Bedeutung zukommt, deutet im Übrigen auch die Anlage B1 hin, die Gesamthonorare ausweist, in die die Nebenkosten einkalkuliert sind.
Aus
Sabine L.
Hallo, Willi Wacker,
in diesem Urteil wird der „Erforderlichkeit“ einer Schätzung gem. § 287 ZPO eine Fehlvorstellung zugeordnet, denn die Anwendung einer Schätzung soll den Geschädigten entlasten, hinsichtlich der Durchsetzung seiner Schadenersatzansprüche. Das Gegenteil ist jedoch hier der Fall. Er wird in seinen posiven Fähigkeiten, was einen vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Menschen angeht, massiv diskriminiert, mit Bezugnahmen, die schadenersatzrechtlich jeder Beschreibung spotten. Es fällt in der Tat auch auf, dass der hier verantwortliche Richter, auf die Erheblichkeitsfrage der rechtfertigenden „Argumente“ für die vorgenommene Kürzung ebenso wenig eingegangen ist, wie auf die Frage eines Auswahlverschuldens und einer daraus sich ergebenden Ableitung bezüglich eines Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht. Erstaunlich ist auch seine Auffassung, der Sachverständige müsste sich noch weitgreifender erklären bzw. rechtfertigen bezüglich der Erforderlichkeit oder Üblichkeit der von ihm abgerechneten Kosten, obwohl eine rechtsgültige Honorarvereinbarung ebenso vorlag, wie eine wohl ausreichend spezifizierte Rechnung und es hier auch nicht um werkvertragliche Beurteilungskriterien geht .Kein Wort davon, dass sich vielmehr die Beklagtenseite zu Ihrem Vorgehen erklären müsste. Das alles ist mehr als dubios, wie auch die Missachtung des Überprüfungsverbot und die Tatsache, das allein die Bezugnahme auf eine Honorarbefragung nicht ausreicht für eine in diesem Fall teilweise Klageabweichchung, weil der BGH aus guten Gründen selbst überhöhte Honorare als schadenersatzpflichtig verdeutlicht hat und das wohl auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsfolgen aus der Position des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen dürfen, wie bei einer Werkstattrechnung ebenfalls nicht.
G.v.H.
Hi, Wiili,
gerade in einem anderen Kommentar gelesen:
Die Fehlerhaftigkeit der Anwendung des § 287 ZPO mit der Aufgabe, die Erforderlichkeit entstandener Gutachterkosten als schadenregulierungspflichtig zu verdeutlichen, könnte einen fassungslos machen, da der von einigen Abteilungsrichtern gezogene Schluss über die Anwendung und gesetzliche Ausfüllung des § 287 ZPO schlechthin unhaltbar ist, weil die richterliche Schadensermittlung auf grundsätzlich falschen bzw. offenbar unsachlichen Erwägungen beruht und wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Acht gelassen werden, wobei der jeweilige Tatrichter die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihrer Auswertung in den Urteilsgründen nicht ausreichend dargelegt hat (Vgl.. BGH VersR 1962 824; Arndt DRiZ. 1970, 202.), denn eine nicht veranlasste Prüfung von Einzelpositionen im Zuge einer Schadenhöhenschätzung ergibt nichts gegenteiliges.“
Zur Erinnerung muss im beurteilungsrelevanten Zusammenhang auch noch das angemerkt werden, was sich weiter aus dem Urteil des AG Bochum nicht ergibt:
Der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag umfasst auch die Kosten, welche der Geschädigte für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufwenden musste (vgl. auch: Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage 2016, § 249 Rn. 58).
Die Vorschrift des § 249 BGB verpflichtet den Schädiger grundsätzlich, im Rahmen seiner Haftung die dem Geschädigten entstandenen Nachteile vollständig auszugleichen. Es ist nicht Anliegen der Norm, diese Haftung unter Inanspruchnahme des Geschädigten auf dessen Kosten zu mindern bzw. auszuhöhlen.
Der dem Geschädigten abzuverlangende Aufwand zur Schadensbeseitigung ist daher in vernünftigen Grenzen zu halten, wobei eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen ist, d.h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist (vgl. auch: BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13)
Dabei ist auf den jeweils Geschädigten und nicht etwa auf die Klägerin als Zessionar abzustellen. Die Frage der Erforderlichkeit stellt sich schließlich im Zeitpunkt der Entstehung des Schadens beim Geschädigten. Daher ist auch allein dessen Sicht bei der Beurteilung maßgeblich (ebenso LG Stuttgart, Urteil vom 16.07.2014, Az. 13 S 54/14, BeckRS 2014, 14267). Die Abtretung vermag den Inhalt des abgetretenen Rechts nicht zu tangieren. Daran ändert vorliegend auch der Umstand nichts, dass eine Abtretung an den Sachverständigen vorliegt.
Das JVEG stellt keine Orientierungshilfe bei der Bemessung der Angemessenheit von Nebenkosten bei privaten Sachverständigen dar (so auch BGH, Beschluss vom 04.12.2013 – Az. XII ZB 159/12, NJW2014, 1688; BGHZ 167, 139; Urt. v. 23.01.2007 – Az. VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 und v. 04.04.2008 – BGH X ZR 80/05, NZV 2007, 182, 184;), Gegen eine Übertragung der Grundsätze des JVEG spricht dabei vor allem, dass das JVEG ungeachtet seiner Absicht, eine „leistungsgerechte“ Vergütung zu gewähren (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 2, 142), weder eine marktgerechte Vergütung abbilden, noch gar eine solche für den Privatsachverständigen verbindlich festlegen soll (vgl, auch LG Saarbrücken, 10,02.2012 – 13 S 169/10).
Einem Laien müssen Honorarerhebungen verschiedener Berufsverbände, die einen Honorarrahmen darstellen (z. B. BVSK, VKS/BVK), nicht bekannt sein. Aufgrund des Fehlens von Gebührenordnungen bzw. verlässlicher Größenordnungen ist es für den Geschädigten regelmäßig nicht zu erkennen, wann die Honorarsätze die in der Branche üblichen Preise deutlich erkennbar überschreiten.
Dem hat sich das saarländische Oberlandesgericht angeschlossen (Urteil vom 8. Mai 2014, 4 U 61/13). Auch das saarländische OLG führt aus, dass zur Darlegung der Schadenshöhe regelmäßig die Vorlage der Rechnung des Sachverständigen genüge, welche im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderliches Betrages bilde, was sowohl für das Grundhonorar als auch die Nebenkosten gelte. In der Rechnung schlage sich regelmäßig nieder, was zur Schadensbeseitigung vor dem Hintergrund der schadenersatzrechtlich zu respektierenden subjektbezogenen Schadensbetrachtung erforderlich sei.
Ich wünsche ein schönes Wochenende
HUK-Hohlspiegel
Deutlich erkennbare Überschreitung der „üblichen“ Preise ?
Es lässt sich eine „Üblichkeit nur insoweit feststellen, dass ein Grundhonorar abgerechnet wird nach der Schadenhöhe und Nebenkosten nach den Umständen des Einzelfalls sowie dem erforderlichen Umfang und der Qualität der beweissichernden Tatsachenfeststellung. Mehr an „Üblichkeit“ oder gar an „Ortsüblichkeit gibt es nicht.- Wer andere „Vergleiche“ abseits der Lebenswirklichkeit bemüht ist ein Scharlatan oder einfach nicht ausreichend orientiert. Es glaubt deshalb doch wohl kein vernünftig denkender Mensch, dass vor oder bei Auftragserteilung der Höhe nach das bekannt ist und einem Geschädigten zur Kenntnis gebracht werden kann, was mangels Kenntnis der Schadenhöhe überhaupt noch nicht bekannt ist. Was bedeutet vor diesem Hintergrund schadenersatzrechtlich dann wohl,
„ohne sich im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots über die Höhe dieser Kosten „Gedanken zu machen“ und „ohne sich um die Regulierung zu kümmern“,……?????
Geht der hier verantwortliche Richter „in eigener Sache“ etwa auch her und fragt bei ALDI, LIDL REWE oder EDEKA nach, warum ein deutlicher Preisunterschied von bis zu 30% bei dem einen Produkt festzustellen ist, bevor er kauft? Der vernünftige und wirtschaftlich denkende Mensch weiß es vielleicht. Es erklärt sich aus dem Inhalt, der Menge und… der Qualität und ggf. aus Sonderangeboten.
Wie soll der Geschädigte sich denn um die Regulierung kümmern, wenn er dafür anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen hat?
Dieser Richter möge einmal solche „Überlegungen“ seinen Kolleginnen und Kollegen antragen, die selbst schon einmal unschuldig in einen Unfall verwickelt wurden und die sich eines qualifizierten und unabhängigen Kfz.-Sachverständigen bedienen mussten. Ich garantiere dafür, dass er dort auf absolutes Unverständnis stoßen wird, wie das übrigens praktische Erfahrungen vielfach belegen. Mehr muss man zum Fundament der gebotenen Entscheidungsgründe nun wirklich nicht anmerken.
Hasse noch ne Frage ?
Sehr geehrte CH-Redaktion,
nur eine Abweichung von 12% (!) vom gekürzten Betrag mit Bezugnahme auf das HUK-Coburg Honorartableauwurde wurden hier noch als erforderlich und nicht überhöht zugebilligt.
Diese prozentual äußertst geringfüge Differenz ist bemerkenswert und verdeutlicht einmal mehr, wozu die BVSK-Honorarbefragung 2015 mit von der Zielsetzung bestimmten Vorgaben im Nebenkostenbereich tatsächlich erstellt und veröffentlicht wurde: Um wiederum auf einem scheinbar verdeckten Umweg der Assekuranz gefällig zu sein und den insoweit folgsamen BVSK-Mitgliedern Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Dass diese auffällig geringe Abweichung gerade nicht der „Üblichkeit“ entspricht ist ebenso auffällig, wie noch deutlich unter diesem Prozentsatz liegende Abweichungen in anderen Vorgängen. Allein dieses augenfällige Anpassungsindiz an Sonderkonditionen konnte das Bundeskartellamt möglicherweise bis heute nicht feststellen, da ihm bisher solche Urteile nicht bekannt waren und auch nicht zur Verfügung gestellt wurden. Es erscheint geboten, dem abzuhelfen. Darf in der Öffentlichkeit ein solches Machwerk überhaupt irreführend als Honorarbefragung betitelt werden, wenn in dem prozentual oft erheblichen Nebenkostenanteil keine Befragung erfolgte, sondern eine Vorgabe nach Vorstellungen des BVSK-Präsidiums mit ihrem GF FUCHS? Ich bin der Auffassung, dass das allein schon denknotwendig überhaupt nicht geht und dem deshalb ein Riegel vorgeschoben werden muss. Was meint Ihr zu diesem Punkt?
Noch einen schönen Feriensonntag
und einen kreativen Wochenanfang
K.M.
Das Vergnügen, recht zu behalten, wäre unvollständig ohne das Vergnügen, andere ins Unrecht zu setzten.
(Voltaire)
M.B.
Erlebtes: Manch Urteil ist ja längst beschlossen, eh´ noch des Klägers Wort geflossen; also eine Einbahnstraße mit Anhalteverbot für den Verstand.
HR
Richter bzw. Richterinnen – auch – unterhalb des Verfassungsgerichts, die mittels bewusster, rechts beugender Rechtsprechung, unter Verstoß gegen GG Art. 3 Abs. 1 – Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. – wiederholt in den freien Markt eingreifen, sind ihres Amtes zu entheben.
Siehe auch:
„Die Bindung des Richters an das Grundgesetz
Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG ist die Rechtsprechung an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. Gemäß Art. 20 Abs. 3 GG ist die Rechtsprechung an das Gesetz gebunden. Gemäß Art. 97 Abs. 1 Halbsatz 2 GG ist der Richter dem Gesetz unterworfen.
Was das Grundgesetz erlaubt oder verbietet, kann der Richter gemäß Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 97 Abs. 1 Halbsatz 2 GG weder verbieten noch erlauben.
Verbietet oder erlaubt der Richter das, was das Grundgesetz unverbrüchlich erlaubt oder verbietet, begeht er Verfassungsbruch.
Hier ordnet das Grundgesetz bereits durch die Rechtskraft und Rechtswirkung seiner eigenen Grundsätze die Nichtigkeit derartiger auf einem solchen Verfassungsbruch beruhender richterlicher Entscheidungen implizit an.
Die Nichtigkeit derartiger richterlicher Entscheidungen ergibt sich also bereits aus dem richterlichen Verfassungsbruch in Verbindung mit der Unmöglichkeit der Aufhebung grundgesetzlicher Erlaubnis- oder Verbotstatbestände des Grundgesetzes durch eine solche richterliche Entscheidung, da eine solche Entscheidung gemäß Art. 79 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GG über keine Kraft zur Änderung des Grundgesetzes verfügt.
Die Nichtigkeit derartiger richterlicher Entscheidungen tritt naturgemäß ex tunc, also von Anbeginn an ein, da sie verboten ist. Was das Grundgesetz verbietet, kann nicht in Rechtskraft erwachsen, da es der Rechtskraft des Grundgesetzes entgegensteht und diese ansonsten entgegen Art. 79 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GG aufzuheben in der Lage wäre.“
Quelle: http://grundrechtepartei.de/grundgesetzbindung-des-richters/
@K.M.
Wenn ich das Urteil richtig gelesen habe, so resultiert die Kürzung ausschließlich aus der Nebenkostenabrechnung und darüber kann man spekulieren bis in alle Ewigkeit, denn wir wollen uns doch wohl keine richterliche Kompetenz zu eigen machen, die sowieso fast unangreifbar ist. Das ist doch letztlich auch der einzige Grund, warum sich geschmeidige Kollegen anpassen und Gerichten leider damit irreführend noch mehr Sand in die Augen streuen.
Ellgar M.
Willi Wacker hat in seinen einleitenden Urteilskommentaren das schadenersatzrechtlich Entscheidungserhebliche immer wieder herausgestellt und so u.a. auch:
„Nach der Rechtsprechung des BGH muss der Geschädigte die Ergebnisse er Honorarumfrage des BVSK nicht kennen (BGH VI ZR 225/13 Rn. 10), mithin können diese Werte ihm im Zeitpunkt der Beauftragung – und auf diesen Zeitpunkt kommt es bei der Ex-ante-Betrachtung an – unbekannt sein. Er muss vor der Beauftragung des Sachverständigen auch keine Markterforschung nach dem preisgünstigsten Sachverständigen anstellen (BGH DS 2007, 144; BGH NJW 2014, 1947). Deshalb kann dann – ex post betrachtet – nicht dies Honorarumfrage dann später wieder als Maßstab für die Schätzung der erforderlichen Sachverständigenkostenhöhe angewandt werden.“
„Behauptet der Schädiger oder dessen Versicherer eine Überhöhung der Kosten, so trägt eindeutig der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast. Der Geschädigte genügt nämlich seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig dadurch, dass er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt (BGH VI ZR 225/13 Rn. 8). Sofern der Rechnungsbetrag nicht auch für den Geschädigten „deutlich erkennbar erheblich“ (so BGH VI ZR 225713 Rn. 8) oder „erkennbar deutlich“ (so BGH VI ZR 357/13 Rn. 19) überhöht ist, wobei die Beweislast dafür beim Schädiger liegt, ist er als erforderlicher Schadensbeseitigungsaufwand zu erstatten.“
„Im Übrigen ist der vom Geschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige nicht dessen Erfüllungsgehilfe (vgl. OLG Naumburg DS 2006, 283 ff. ), so dass dessen Fehler gemäß §§ 254 II 2 , 278 BGB dem Schädiger zuzurechnen sind (vgl. Himmelreich-Halm-Müller Kap. 6, Rn. 227 unter Hinweis auf BGHZ 63, 182; OLG Naumburg aaO; OLG Nürnberg SP 2002, 358; LG Hagen NZV 2003, 337; Imhof/Wortmann DS 2011, 149, 151).“
Davon ist jedoch in diesem Urteil des AG Bochum nicht die Rede, weil es nicht zum gewünschten Ergebnis passt.
Gerhard H.
Bei allen exotischen Überlegungen zu den angeblichen Obliegenheiten des Geschädigten und zu der angeblich bestehenden Rechtfertigungspflicht des beauftragten Sachverständigen gilt auch hier, was wiederum in ausreichender Klarheit das AG Leipzig wie folgt unmissverständlich in schadenersatzrechtlioch nachvollziehbarer Bewertung wie folgt ausgefürt hat:
„Die Vereinbarung der Parteien vom 03.11.2014 ist bindend, da Anhaltspunkte für eine „sittenwidrige Preisvereinbarung“ nicht ersichtlich bzw. substantiiert dargetan sind. Auch sonstige Nichtigkeitsgründe sind nicht erkennbar.“
Da gibt es ersatzweise nun überhaupt keinen Joker. Ich erinnere mich, dass das AG Bochum in Teilen schon immer sehr versicherungslastig ausgerichtet war. Vielleicht sind einige der Amtsrichter ja auch selbst bei der Huk-Coburg versichert, was man einmal dezidiert hinterfragen sollte, weil dann die Besortgnis der Befangenheit ja wohl kaum auszuschließen ist. Gibt es darauf jedoch keine vernünftige Auskunft, ist der Fall wohl klar.
P.L.
Es zeugt von wenig Respekt gegenüber den Fähigkeiten und Verhaltensweisen eines Unfallopfers, die auch in diesem Fall einer ex post Betrachtung des verantwortlichen Dezernenten in einer Art und Weise normiert und idealisiert werden, um damit dem Ergebnis dieses Urteils freien Raum zu ermöglichen über die Schiene des § 287 ZPO. Dass dies eigentlich so überhaupt in enger schadenersatzrechtlicher Betrachtung nicht möglich ist, hat der Abteilungsrichter einfach mal ignoriert. In diesem Fall bewahrheitet sich die bäuerliche Erkenntnis und Lebenserfahrung: „Wie der Herr, so´s Gescherr.“ Für solche Richter möchte ich um alles in der Welt nicht arbeiten, weil es mir einfach zuwider wäre.
Eddi
Hallo, Willi,
das von virus heute aktuell nachzulesende Urteil des AG Halle auf captain-huk.de verdeutlicht einmal mehr die Schwachstellen in dem kritikwürdigen Urteil des AG Bochum, das hier noch letztlich in der Diskussion stand.
P.v.L.