AG Bochum verurteilt HUK-COBURG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 29.2.2016 – 47 C 297/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Hamburg-Wandsbek geht es weiter ins mittlere Ruhrgebiet. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil aus Bochum zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG in Dortmund vor. Zwar hat das erkennende Gericht wieder eine – nicht angezeigte – Überprüfung der Einzelpositionen der Sachverständigenrechnung vorgenommen, obwohl der BGH eine Überprüfung der Rechnung im Schadensersatzprozess als nicht geboten angesehen hat, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat (BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 -). Deshalb war die Überprüfung nach der BVSK-Honorarumfrage nicht veranlasst. Im Übrigen muss der Geschädigte die Ergebnisse der BVSK-Umfrage nicht kennen (BGH VI ZR 225/13).  Lest aber selbst das Urteil des AG Bochum und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

47 C 297/15

Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

… ,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Bochum
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
29.02.2016
durch den Richter D.

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20€ nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seitdem 11.07.2015 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht des Geschädigten einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten i.H.v. 156,19 € anlässlich des Verkehrsunfalles vom 10.12.2014 aus §§ 7, 17 StVG, 398, 823 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.

Die alleinige Haftung der Beklagten hinsichtlich des vorgenannten Unfalls ist unstreitig, so dass die Beklagte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Wiederherstellungsaufwand auch die erforderlichen Sachverständigenkosten zu ersetzen hat. Diesen erforderlichen Betrag schätzt das Gericht auf 737,19 € (brutto), § 287 ZPO, wovon die Beklagte vorprozessual bereits 581,00€ gezahlt hat. Aus dem Differenzbetrag ergibt sich die begründete Klagforderung in Höhe von 156,19 €.

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot zwar gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, vgl. zum Ganzen etwa BGH, Urt. v. 22.07.2014, VI ZR 357/13 mwN). Auch ist der Geschädigte nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, BGH, aaO).

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die Rechnungshöhe stellt bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014, VI ZR 357/13).

Dies gilt nach Auffassung des Gerichts unabhängig davon, ob der Kläger – wie hier – aus abgetretenem Recht vorgeht oder die streitgegenständliche Rechnung beglichen wurde.

Nach den oben dargelegten Grundsätzen ist für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit auf die Sichtweise des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen abzustellen. Nach der Rechtsprechung des BGH, welcher sich das Gericht anschließt, beurteilt sich auch die Frage der Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten, welche aus abgetretenem Recht geltend gemacht werden, stets aus der Sicht des Geschädigten (vgl. BGH, Urt.v. 05.03.2013, VI ZR 245/11). Gründe, die für ein Abweichen hiervon in Fällen von Sachverständigenkosten sprechen würden, sind nicht ersichtlich.

Gegen ein Abweichen sprechen zudem die Rechtsgedanken der §§ 404 ff. BGB, wonach durch eine Abtretung der Schuldner weder schlechter, noch besser gestellt werden soll.

Es obliegt dann der Beklagten Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass die Honorarsätze des gewählten Sachverständigen die branchenüblichen Preise deutlich übersteigen und dies für den Geschädigten auch erkennbar war. Nur bei Erkennbarkeit gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot dem Geschädigten, einen günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Die Darlegungsund Beweislastverteilung ändert sich durch die Abtretung des Anspruchs nicht, da sie nicht die Rechtsnatur des Anspruchs und dessen Voraussetzungen betrifft, sondern lediglich einen Wechsel der Gläubigerstellung beinhaltet.

Die Sachverständigenrechnung ist hingegen nicht erkennbar überhöht.

Der beauftragte Sachverständige … hat sich sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch der Nebenkosten an der BVSK-Honorarbefragung 2013 orientiert. Diese sieht eine Netto-Vergütung in Höhe von 431,00 € bis 468,00 € vor. Die Rechnung des Sachverständigen … beläuft sich hinsichtlich des Grundhonorars auf 447,96 € und liegt mithin im Rahmen der Umfrage. Die BVSK-Honorarbefragung stellt nach Ansicht des Gerichts eine taugliche Schätzungsgrundlage im Sinne des § 287 ZPO und für die Frage der Branchenüblichkeit dar. Die Beklagte hat das Grundhonorar auch nicht beanstandet. Ihre Einwendungen beziehen sich auf die ihrer Ansicht nach überhöhten Nebenkosten, insbesondere die Fahrt-, Foto- und Schreibkosten.

Ausgehend von der BVSK-Befragung 2013 als Schätzgrundlage ergibt sich zunächst, dass die hier berechneten Nebenkosten neben dem Grundhonorar anfallen und nicht bereits mit dem Grundhonorar abgedeckt sind.

Als Nebenkosten hat der Kläger vorliegend Fotokosten, Fahrtkosten, Schreibkosten, Fremdleistung (AUDATEX) und eine Telefonpauschale in seiner Rechnung vom 12.12.2014 geltend gemacht. Diese bewegen sich allesamt in dem HB V Korridor der BVSK-Befragung 2013. Selbst wenn es sich hier um überhöhte Kosten handeln würde, wäre dies zumindest für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar gewesen.

Es ist auch kein strengerer Maßstab anzusetzen, allein aufgrund der Tatsache, dass nicht die Geschädigte selbst ihren Schadenersatzanspruch geltend macht, sondern die Kläger aus abgetretenem Recht. Es kommt weiterhin -wie bereits ausgeführt- auf die Sicht des Geschädigten an, da er den Sachverständigen beauftragt hat. Weitere Umstände, aus denen sich ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Geschädigten ergibt, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen.

Der Zinsanspruch sowie der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange aus §§ 286, 288, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 156,19 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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