Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
dieses Mal fängt die Woche wieder mit einem Schotturteil an, damit sie positiv enden kann. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des AG Leipzig mit bedenklicher Begründung zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. Wie üblich hatte die HUK-COBURG Allg. Vers. AG die berechneten Sachverständigenkosten gekürzt. Das erkennende Gericht hielt doch allen Ernstes Kürzungen der Sachverständigennebenkosten auf 25% des Grundhonorars gemäß der umstrittenen Rechtsprechung des OLG Dresden für gerechtfertigt. Dabei hat der BGH bereits entschieden, dass eine pauschale Deckelung nicht geht. Das Urteil VI ZR 357/13 des BGH wurde wohl absichtlich nicht erwähnt? Mit der Rechtsprechung des BGH aus dem Urteil VI ZR 357/13 hätte das Gericht allerdings das eigene Urteil ad absurdum geführt. Über ein solches Urteil können wir nur noch den Kopf schütteln. Lest aber selbst das Urteil des AG Leipzig und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und trotzdem noch eine schöne Woche.
Euer Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 117 C 9557/15
Verkündet am: 11.03.2016
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht … als ständige Vertreterin der Direktorin J.
im schriftlichen Verfahren mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO am 11.03.2016
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 84,45 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.08.2012 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Mahnkosten in Höhe von 8,00 € zzgl. Znsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.09.2012 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 40 % und die Beklagte 60 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 138,84 € festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 84,45 € aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1, 249, 398 BGB i.V.m. § 115 VVG.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Geschädigte Herr T. D. S. H. T. hat die streitgegenständliche Forderung wirksam an den Kläger abgetreten.
Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass die Beklagte vollumfänglich für den eingetretenen Schaden haftet.
Die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten überschreitet teilweise den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 BGB.
Die Kosten der Schadensfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens. Der Schädiger hat die Kosten von Sachverständigengutachten zu ersetzen, die objektiv erforderlich sind, um die Schadenshöhe an einem durch einen Unfall beschädigten Fahrzeug festzustellen (Palandt, BGB-Kommentar, 75. Aufl., § 249, Rn. 58, BGH, Urteil vom 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13, zitiert nach juris).
Als erforderlich sind nach der oben genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.
Durch die Vorlage der Rechnung des beauftragten Sachverständigen genügt der Geschädigte regelmäßig seine Darlegungslast zur Schadenshöhe. Die darin ausgewiesene Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages. In der Rechnung schlagen sich die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektiven Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder.
Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (vgl. BGH, a.a.O).
Da der Geschädigte nicht selbst die Sachverständigenkosten gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer geltend macht, kann dahinstehen, ob er hätte erkennen können und müssen, dass das Honorar des Sachverständigen überhöht ist, da dies nur in diesem Verhältnis von Bedeutung ist. Zwar erhebt der Kläger hier die originären Ersatzansprüche des Geschädigten, die sich durch die Abtretung inhaltlich nicht verändern. Die Beklagte kann allerdings dem Kläger ein überhöhtes Honorar nach § 242 BGB entgegenhalten, da der Kläger im Falle der Zahlung überhöhter Sachverständigerhonorare seitens der Beklagten, das geleistete sogleich als Schadensersatz zurückerstatten müsste. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist eine Aufklärungspflicht des Sachverständigen gegenüber seinem Auftraggeber darüber anzunehmen, dass sein Honorar gegebenenfalls über den üblichen Abrechnungssätzen liegt und insoweit möglicherweise nicht in vollem Umfang von der gegnerischen Versicherung erstattet wird. Nach allgemeiner Rechtsauffassung ist die Haftpflichtversicherung in den Schutzbereich des zwischen Sachverständigen und Geschädigten abgeschlossenen Vertages einbezogen und kann deshalb Schadensersatzansprüche beanspruchen, wenn der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt hat, die wie bei der oben genannten Hinweis pflicht auch zugunsten der Haftpflichtversicherung bestehen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 19.02.2014, Az.: 7 U 111/12, zitiert nach juris).
Der Sachverständige darf jedoch Nebenkosten nur bis zu 25 % des jeweiligen Grundhonorars für angemessen erachten (vgl. OLG Dresden, a.a.O.).
Nach der Rechnung vom 12.07.2012 setzt sich der Rechnungsbetrag aus einem Grundhonorar von 343,95 €, Nebenkosten in Höhe von 131,70 € und Fremdkosten in Höhe von 58,67 € und einer Mehrwertsteuer von 101,52 € (insgesamt 635,84 €) zusammen.
Die Nebenkosten in Höhe von 131,70 € betragen 38,29 % des Grundhonorars und sind damit überhöht Insoweit hätte der Sachverständige allenfalls 85,99 € (25 %) in Ansatz bringen dürfen. Das Amtsgericht Leipzig folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Dresden. Hinsichtlich der geltend gemachten Fremdkosten stellen diese Autwendungen des Sachverständigen dar, die er grundsätzlich nicht beeinflussen kann. Einwände gegen die Angemessenheit und Notwendigkeit der hier geltend gemachten Kosten sind von Beklagtenseite nicht erhoben worden.
Insgesamt sind somit Gutachterkosten in Höhe von 343,95 €, Nebenkosten in Höhe von 85,99 € und Fremdkosten in Höhe von 58,67 € als erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 BGB anzusehen. Hinzu kommen 19 % Mehrwertsteuer, so dass sich insgesamt 581,45 € ergeben. Hierauf hat die Beklagte 497,00 € geleistet, so dass noch ein zu zahlender Restbetrag von 84,45 € offen ist.
Der Kläger hat auch Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen und Mahnkosten, welche das Gericht jedoch nur in Höhe von 4,00 € pro Mahnung für angemessen erachtet, gemäß den §§ 280, 286, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Ziffer 11, 713 ZPO.
Wo bleibt die Gesamtkostenbetrachung und die Respektierung des GG? Wo bleibt § 249 BGB und die zu beachtende ex ante Situation des Geschädigten? Und wo bleibt………………………………………………..
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Würden Kfz.-Sachverständige so schlampig bzw. denkunlogisch arbeiten, wären sie von heute auf morgen weg vom Fenster in der freien (?) oder in der gesetzeswidrig durch einige Gerichte vorsätzlich (?) behinderten Marktwirtschaft. Deshalb mit Kommentar zumindest das Landes- und Bundesjustizministerium informieren und die Tagespresse von Leipzig. Thema: Leipziger Amtsgericht beschneidet gesetzeswidrig die Schadenersatzansprüche von Unfallopfern auf Regulierung entstandener Kosten für ein Schadengutachten und ignoriert die anderslautende BGH-Rechtsprechung.
Gregor