AG Halle an der Saale verurteilt HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 16.3.2016 – 106 C 1313/14 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

und schon wieder müssen wir heute ein für die HUK-COBURG negatives Urteil veröffentlichen. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein umfangreiches Urteil aus Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG vor. Offensichtlich wurde seitens der HUK-COBURG wieder alles bestritten, was man nur bestreiten konnte. Das erkennende Gericht hat sich jedoch nicht von dem – teilweise unsinnigen – Vortrag der HUK-COBURG aufs Glatteis führen lassen. Zum größten Teil war der Vortrag der HUK-COBURG am (Schadensersatz-) Thema vorbeigeführt. Zum Teil handelt es sich beim Vortrag der HUK-COBURG um Argumente aus dem Werkvertrag, die im Schadensersatzprozess nichts zu suchen haben. Zum Teil sind die Argumente völlig unerheblich. Die für die Prozessführung verantwortlichen Damen und Herren bei der HUK-COBURG haben offenbar von der zum Zweiten Examen geforderten Relationstechnik mit der Erheblichkeit des Beklagtenvorbringens noch nichts gehört? Denn ansonsten wäre derartiger – unerheblicher – Vortrag unterblieben. Der HUK-COBURG mag ins Versichertenbuch geschrieben werden, dass auch überhöhte Rechnungen zu erstatten sind, wenn für den Geschädigten der Rechnungsgesamtbetrag nicht deutlich erkennbar überhöht ist (BGH DS 2007, 144; OLG München NJW 2010, 1462; OLG Düsseldorf SP 2008, 340; AG Bochum SP 2008, 267) . Dass der Geschädigte das erkennen konnte, liegt in der Darlegungs- und Beweislast des Schädigers (BGH VI ZR 50/15). Folgerichtig ist der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer, die HUK-COBURG, auf den Vorteilsausgleich zu verweisen (vgl. hierzu auch Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff). Dieser ist dem Versicherer auch generell zuzumuten (vgl. BGH BGHZ 63, 182 ff = NJW 1975, 160 für den Rückgriff der Versicherung bei der Reparaturwerkstatt). Lest aber selbst das Urteil des AG Halle an der Saale und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.  

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Halle (Saale)

106 C 1313/14                                                                                   Verkündet am 16.03.2016

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Firma HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.2016 durch den Richter am Amtsgericht F. für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 160,58 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 155,58 € seit dem 20.11.2011 sowie auf 5 – seit dem 16.06.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Gebührenstreitwert für das Verfahren wird auf 155,58 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus abgetretenem Recht für Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall.

Der Kläger betreibt ein KFZ-Sachverständigenbüro und fertigte ein Schadensgutachten zur Feststellung der Schadenshöhe in dem Schadensfall von Herrn E. L., der zum Zeitpunkt der Auftragserteilung Besitzer des PKW war, an.

Er nahm den PKW ausweislich der Angaben im Sachverständigengutachten beim Autohaus Mundt, Am Göttinger Bogen, in Halle (Saale) in Augenschein. Die Beklagte ist die KFZ-Haftpfüchiversicherung des Unfallgegners.

In dem vom Kläger vorformulierten Beauftragungsformular für das Gutachten findet sich folgende Formulierung:

„Zur Sicherung des Anspruches des oben genannten Gutachtenbüros auf Bezahlung der Gutachtenkosten trete ich gleichzeitig den Teil meines Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachtenkosten an oben genanntes Gutachtenbüro ab.“

„Wir das Sachverständigenbüro SOFORT bestätigen diesen Auftrag und nehmen die Abtretung durch Unterschrift an.“

Der Kläger stellte in dem Gutachten voraussichtliche Reparaturkosten i.H.v. 2.320,43 € brutto fest. Er rechnete für die Gutachtenerstellung mit Rechnung vom 20.10.2011 folgende Positionen ab:

Position
Gutachtenerstellung                          364,95 €    364,95 €
1. Fotosatz                          10 Fotos  33,00 €       23,30 €
2. Fotosatz – Kopie             10 Fotos     1,98 €      19,80 €
Porto/Telefon                                       20,95 €      20,95 €
Schreibkosten                    15 Seiten     3,16 €      47,40 €
Schreibgebühren – Kopie   15 Seiten     1,43 €      21,45 €
Fahrtkosten                         9 km           1,04 €        9,36 €
Summe netto                                                       507,21 €
Umsatzsteuer                                                        96,37 €
Bruttobetrag                                                        603,58 €

Der Kläger ist nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Er legte gegenüber der Beklagten unter Vorlage der Abtretungserklärung die vorstehende
Rechnung.
Die Beklagte zahlte hierauf 448,— €.

Am 09.11.2011 mahnte der Kläger die Zahlung des Rechnungsbetrages von 603,58 € an.

Am 15.11.2011 zahlte die Beklagte hierauf 448,— €.

Unter dem 01.12.2011 mit Zahlungsfrist bis zum 11.12.2011, mahnte der Kläger den Differenzbetrag zum Rechnungsgesamtbetrag nochmals an, wobei er hier zusätzlich eine Mahngebühr i.H.v. 6,— € gegenüber der Beklagten geltend machte. Unter dem 21.12.2011 mahnte der Kläger die Beklagte nochmals hinsichtlich des Differenzbetrages an, und erhöhte die Mahngebühr um weitere 6,— €.

Mit der Klage verfolgt der Kläger die Zahlung des Differenzbetrages weiter; darüber hinaus verlangt er von der Beklagten die Zahlung einer Mahnpauschale in Höhe von jeweils 6,— € für die Mahnungen vom 01.12.2011 und vom 21.12.2011.

Der Kläger behauptet, Herr E. L. sei zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des beschädigten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen … gewesen. Dies habe er auch schriftlich gegenüber dem Bevollmächtigten des Klägers bestätigt. Wegen des Inhaltes dieser Bestätigung wird auf Blatt 249 und Blatt 250 der Gerichtsakten Bezug genommen.

Es seien zwei Fotosätze gefertigt worden, da ein Exemplar des Gutachtens an den Kläger versandt worden sei, und ein Exemplar des Gutachtens archiviert werde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 167,58 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 155,58 € seit dem 20.11.2011 sowie 12,— € seit dem 16.06.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

•     Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass Herr E. L. die Abtretungserklärung unterzeichnet habe und mit Nichtwissen, dass er Eigentümer des verunfallten PKW gewesen sei.
•     Hinsichtlich des Abtretungsvertrages fehle es an einer Annahme durch den Kläger.
•     Das Gutachten als werkvertragliches Produkt, sei nicht abgenommen worden.
•     Eine Übersendung des Gutachtens an Herrn L. sei nicht erfolgt.
•     Die abgerechneten Leistungen entsprächen nicht der üblichen ortsüblichen Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB.
•     Die Nebenforderungen erreichten fast 50 % des Grundhonorars.
•     Die Erstellung eines zweiten Fotosatzes werde mit Nichtwissen bestritten. Die berechneten Preise für die digital erstellten Lichtbilder seien wucherisch übersetzt. Nach der BVSK Honorarbefragung von 2011 werde dort für den 2. Fotosatz ein Betrag von 1,80 € berechnet.
•    Die Positionen Schreibkosten und Schreibgebühren Kopie stellten Doppelberechnungen der gleichen Leistung dar.
•    Das übersandte Gutachten habe nur 13 statt 15 Seiten umfasst.
•    Die Position Porto/Telefon erscheine angesichts der digitalen Kommunikation des Klägers übersetzt.
•    Der Anfall von Fahrtkosten werde bestritten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet, und nur zu einem geringen Teil – hinsichtlich der Mahnkostenpauschale – unbegründet.

Die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus §§ 23, 71 GVG, die örtliche Zuständigkeit aus § 17 ZPO.

Auf die Frage der fehlenden oder nicht ausreichenden Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten kommt es nicht an, da der Kläger hinsichtlich der im Termin auftretenden Rechtsanwältin R. deren Bevollmächtigung nicht bestritten hat.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 155,58 € aus § 7 StVG, § 398 BGB.

Der Kläger ist aktiv legitimiert.

Die Abtretung des Schadensersatzanspruches für die Gutachtenkosten an den Kläger ist wirksam, insbesondere genügt sie den Bestimmtheits- und Bestimmbarkeitsanforderungen.

Für die Wirksamkeit muss eine Abtretungserklärung in der Weise bestimmt sein, dass ihre Zugehörigkeit zum Vermögen des Zedenten oder Zessionars sowie Art und Umfang der gewollten Übertragung so wie die Person des Schuldners aus ihr hervorgehen (Er-man/Westermann, BGB, § 398 Rn. 10; BGH, Urteil vom 16. März 1995 – IX ZR 72/94, Juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Februar 1995 – 18 U 137/94 , juris). Der abzutretende Schadensersatzanspruch in Höhe der Gutachtenkosten ist als Teil des Gesamtschadensersatzanspruches gegen den Unfallgegner und dessen Versicherung klar bezeichnet und auf die Gutachtenkosten begrenzt (vgl, OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006 – 4 U 49/05, juris). Die Beklagte konnte aus der ihr zugesandten Rechnung des Klägers, auch einen eindeutig bestimmten Betrag ersehen, so dass für sie keine Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe der Forderung bestanden. Ihr lag ausweislich ihrer Klageerwiderung sowohl die Abtretungserklärung, die das Gutachten unternehmen als Gläubiger bezeichnet, als auch die Rechnung i.H.v. 603,58 € vor.

Einer förmlichen Annahmeerklärung des Klägers hinsichtlich des Abtretungsvertrages bedurfte es vorliegend nicht.

Zwar hat der Kläger in seinem Auftragsformular die Annahme der Abtretungserklärung der des Geschädigten L. von der Unterschrift durch einen Vertretungsberechtigten des Gut-achtenbüros abhängig gemacht. Es kann allerdings dahinstehen, dass eine Unterschrift des Klägers unter dem Abtretungsformular fehlt, da die Annahmeerklärung des Klägers vorliegend darin zu sehen ist, dass er das Gutachten nebst Abtretungserklärung gegenüber der beklagten Versicherung vorlegte. Des Zugangs der Annahmeerklärung an Herrn L. bedurfte es nicht.

Der Kläger kann sich hinsichtlich der Eigentümerstellung auf die Vermutung des § 1006 BGB berufen; diese hat die Beklagte nicht erschüttern können.

Da Herr L. zum streitigen Zeitpunkt Besitzer des PKW war, kann sich der Kläger zu Recht auf die Vermutung der Eigentümersteilung aus § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB berufen. Denn nach § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB wird vermutet, dass der Besitzer auch Eigentümer der Sache ist und der Besitzer wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof auch von der Darlegungsund Beweislast hinsichtlich des Besitzerwerbs freigestellt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 – IX ZR 55/02, BGHZ 156, 31 Off).

Herr L. war zum Zeitpunkt des Gutachtenauftrags und somit zum Zeitpunkt der Abtretung Besitzer des PKW. Insofern hätte die Beklagte darzulegen und ggf, zu beweisen, dass Herr L. nicht Eigentümer des PKW war. Hierzu hat die Beklagte nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, sondern vielmehr das Eigentum pauschal bestritten. Ein solches bloßes Bestreiten reicht nicht aus, um die Vermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB zu erschüttern. Es ist vorliegend auch nicht erkennbar, dass der Beklagten eine Erschütterung der Vermutung des § 1006 BGB nicht möglich wäre. Denn die Beklagte hat jederzeit die Möglichkeit, die Angaben zu den Eigentums- und Besitzverhältnissen am Fahrzeug bei dem Anspruchsteller (hinsichtlich des Sachschadens) oder auch beim Kläger abzufragen. So sie dies unterlässt, geht dies zu ihren Lasten.

Hinzukommt, dass die Beklagte unstreitig einen Großteil der Sachverständigenkosten bereits reguliert hat, so dass ihr nunmehriges Bestreiten – insbesondere angesichts des Inhaltes des Schreibens vom 10.11.2011 (der Beklagten an Herrn E. L.) als rechtsmißbräuchlich erscheint.

Das Gericht hat daher von der zunächst angeordneten Zeugenvernehmung abgesehen.

Eine solche Teilzahlung ohne Abgabe weiterer Erklärungen kann zwar nach ständiger Rechtsprechung nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet werden, ein pauschales Bestreiten der Eigentümerstellung der Geschädigten bei überwiegend erfolgter Zahlung der Beklagten muss aber als prozessual unbeachtlich angesehen werden (vgl. LG Halle, Urteil vom 12. November 2014 – 2 S 82/14; LG Arnsberg, Urteil vom 03. Juni 2014 – 3 S 58/14, juris). Im Fall der teilweisen vorgerichtlichen Schadensregulierung durch die Beklagte hätte sie unter Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte substantiiert vortragen müssen, warum sie jetzt Zweifel an der Eigentümerstellung des Herrn L. hat. Dies hat sie nicht getan.

Hinzu kommt, dass Herr L. dem Bevollmächtigten der Klägerin substantiiert schriftlich bestätigt hat, Eigentümer des Fahrzeugs gewesen zu sein.

Die Ausfühaingen der Beklagten zum Werkvertragsrecht haben keinen Erfolg. Es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch um einen abgetretenen Schadensersatzanspruch und gerade nicht um einen Anspruch aus Werkvertrag. Insofern ist nicht § 632 Abs. 2 BGB Prüfungsmaßstab, sondern allein die Erforderlichkeit des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.

Auch greift der Einwand der Beklagten, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil Herr L. die Gutachtenerstellung des Klägers nicht abgenommen habe, nicht durch, da es sich hierbei um ein Werk handelt, bei den die Abnahme auf Grund der Beschaffenheit gemäß § 640 Abs. 1 S, 1 BGB ausgeschlossen ist.

Die Rechnung des Klägers ist insgesamt nicht zu beanstanden und noch im Rahmen der erforderlichen Kosten gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Das Gericht hat im unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung eine Schadensschätzung vorzunehmen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 BGB (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13, juris).

Ein Anspruch auf die Zahlung der Restforderung würde dann nicht vorliegen, wenn der Geschädigte seine Schadensminderungspflicht verletzt hätte, d.h. ihn ein Auswahlverschulden träfe oder er eine offensichtlich überhöhte Forderung nicht beanstandet hätte. Dies ist hier nicht der Fall. Bei Beauftragung eines Kraftfahrzeugsachverständigen darf sich ein Verkehrsunfallgeschädigter grundsätzlich damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13, juris, Rn. 7; OLG Naumburg , Urteil vom 20. Januar 2006, 4 U 49/05, juris). Ein auffälliges Missverhältnis von den in Rechnung gestellten Gutachtenkosten zur erbrachten Leistung oder eine offensichtlich überhöhte oder unübliche Abrechnung ist nicht feststellbar, so dass hier weder eine zusätzliche Aufklärungspflicht bestand, noch die Geschädigte die Kosten als überhöht hätte zurückweisen müssen.

Insoweit ist festzustellen, dass allein der Rechnungsbetrag in Höhe von 603,58 € auf Seiten des Geschädigten nicht Verdachtspunkte für das Vorliegen einer Honorarüberhöhung begründen musste. Denn es ist davon auszugehen, dass den meisten bei einem Verkehrsunfall geschädigten Personen die Einzelheiten zu der Höhe des Sachverständigenhonorars nicht bekannt sein dürften. Weder aufgrund der Schadenshöhe von ca. 2.335,90 € brutto, noch aufgrund des genannten Betrages hätte es sich vorliegend aufdrängen müssen, dass das verlangte Honorar nicht angemessen sein könnte. Vielmehr bewegt sich der Betrag in einem Bereich, der auch von anderen Kfz.-Sachverständigen in Ansatz gebracht wird.

Denn die von der Beklagten bestrittenen Nebenkosten liegen sämtlich noch in der Spanne der Ergebnisse der BVSK-Befragung aus 2011, die als Bemessungsgrenze für die Bestimmung der Erforderlichkeit der abgerechneten Nebenkosten herangezogen werden können. Diese BVSK-Ergebnisse müssen jedoch nicht alleinige Grundlage der Bestimmung der Erforderlichkeit sein (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13, juris, Rn. 9; LG Halle, Urteil vom 12.11.2014 – 2 S 82/14). Heranzuziehen sind hier die Ergebnisse der Befragung von 2011. Selbst wenn die Befragung nach dem Unfall im Oktober 2011 stattgefunden hat, so spiegelt sie gerade den von Sachverständigen im Jahr 2011 abgerechneten Kostendurchschnitt wider.

.                                           abgerechnete Kosten pro Stück      BVSK-Umfrageergebnis
1. Fotosatz                                       2,33 €                                            2,00-3,30 €
2. Fotosatz                                       1,90 €                                            0,75-2,65 €
Porto/Telefon pauschal                   20,95 €                                          7,50-25,00 €
Schreibkosten                                   3,16 €                                            2,00-4,00 €
Schreibgebühren Kopie                     1,43 €                                            0,30-1,50 €
Fahrtkosten                                       1,04 €                                            0,60-2,20 €

Zwar besteht, sofern der KFZ-Haftpflichtversicherung wirksam in den Schutzbereich des zwischen dem Sachverständigen und der Geschädigten abgeschlossenen Vertrages über die Gutachtenerstellung einbezogen ist, regelmäßig die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches bei Pflichtverletzung aus vertraglichem oder vorvertraglichem Schuldverhältnis durch den Sachverständigen, den auch die Haftpflichtversicherung geltend machen kann (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – VI ZR 205/08, juris mit Verweis auf weitere Rechtsprechung). Ob vorliegend ein solcher Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Beklagten vorliegt, kann jedoch dahinstehen. Ein Schadensersatzanspruch würde hier nur bei einer Pflichtverletzung des Klägers, z.B. der deutlich überhöhten Abrechnung bzw. der fehlende Hinweis vor der Gutachtenerstellung auf eine nicht den üblichen Honorarsätzen entsprechende Rechnung, vorliegen. Wie dargestellt, liegen die Honorarsätze des Klägers inkl. der Nebenkostenpositionen bereits innerhalb der Honorarbefragung von 2011 und befinden somit nicht außerhalb des Erforderlichen im Rahmen des § 249 Abs. 2 S, 1 BGB.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die berechneten Positionen auch angefallen sind, Der Zeuge M. hat hierzu glaubhaft und nachvollziehbar erklärt, dass das klägerische Büro im Jahr 2011 noch 2 Fotosätze erstellt habe, nämlich einen Fotosatz für den Auftraggeber und einen Fotosatz für die beklagte Versicherung. Auch wenn das Gericht nicht verkennt, dass der Zeuge als beim Kläger angestellte Person ein erhebliches Eigeninteresse an einer für den Kläger günstigen Aussage haben dürfte, ist nicht erkennbar, dass seine Aussage unwahr ist. Hierfür spricht auch, dass die Beklagte die Angaben zu der Fotoübersendung nicht substantiiert in der Weise bestritten hat, dass ihr die Fotosätze per Mail übersandt worden seien.

Hinsichtlich der Position „Schreibkosten“ hat der Zeuge M. diese als die Kosten bezeichnet, welche dafür anfallen, dass das als Maske vorliegende Gutachten angepasst wird.

Hinsichtlich der Position „Schreibgebühren-Kopie“ soll es sich um die Kosten für das Verbrauchsmaterial und die Archivierungskosten, sowie die Kosten für die Erstellung einer Kopie des Gutachtens handeln.

Das Gericht verkennt nicht, dass diese feinsinnigen Unterscheidungen für einen Laien nur noch schwer nachvollziehbar sind, allerdings ist nicht erkennbar, dass diese Kostenpositionen nicht angefallen wären. Die „Position Schreibgebühren – Kopie“ betrifft, wie man aus der Bezeichnung ableiten kann, ersichtlich die Kopiekostsn für das Kopieren und, von den Zeugen belegte Archivieren des Gutachtens. Dass das Gutachten nur 13 Seiten hat, aber 15 Seiten berechnet werden hat der Zeuge M. glaubhaft damit erklärt, dass die Gutachten aus einem Gutachtenteil und zwei Vorblättern (Deckblatt und Inhaltsverzeichnis) bestehen, Dass dem nicht so wäre hat die Beklagte weder im Vorfeld der Beweisaufnahme noch danach substantiiert z. B. durch Vorlage eines ihr übermittelten Gutachtens mit differierenden Seitenzahlen, bestritten. Mithin ist das Gericht auch insoweit davon überzeugt, dass vorliegend Kopiekosten in Höhe von 1,43 € pro Seite (netto) angefallen sind.

In Abgrenzung zu diesen Kosten handelt es sich dann bei den sog. Schreibkosten um die Kosten, die in Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens anfallen.

Das Porto- und Telefonkosten anfallen, ergibt sich auch aus der Natur der Sache, da die Gutachten zum damaligen Zeitpunkt noch an die Versicherungen verschickt wurden, und seitens des Sachverständigen auch telefoniert wird; zwar ist das, wie sich in verschiedenen Verfahren ergeben hat, im Optimalfall nicht der Geschädigte (welcher sich ohnehin für nichts interessiert, da er in dem Glauben lebt, ohnehin weder jemals Mietwagenkosten, noch Sachverständigenkosten bezahlen zu müssen), der Kläger muss aber zumindest mit der Reparaturwerkstatt telefonieren. Zwar handelt es sich bei der berechneten Pauschale im Optimalfall um ein fürstliches Entgelt für diese Tätigkeit, andererseits sind in der Pauschale aber auch die Kosten für das Bereitstellen der Telefonanlage, die Kosten des Telefonanbieters, Briefmarken und Schreibmaterial enthalten so dass eine auf der Hand liegende Sittenwidrigkeit nicht festgestellt werden kann.

Hinsichtlich der Fahrtkosten und deren Ansatz hat der Zeuge M. glaubhaft ausgeführt, dass diese auf Seiten des Klägers über „Google“ ermittelt werden, und dies auch im vorliegenden Fall so erfolgt sei. Der Kläger hat unwidersprochen in dem von ihm gefertigten Schriftsatz vom 05.06.2015 vorgetragen, dass die Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt vom Sachverständigenbüro in der … in Halle (Saale) zum Besichtigungsort im … in Halle (Saale) entstanden seien, und die Gesamtwegstrecke für beide Fahrten 18 km betragen habe, wobei sich nach Google Maps sogar eine längere Wegstrecke ergibt,
Mithin ist die Beklagte verpflichtet, den noch offenen Betrag in Höhe von 155,58 € € noch an den Kläger zu entrichten.

Da die Beklagte auf die Mahnung vom 09.11.2011 unter Fristsetzung auf den 19.11.2011 nicht vollständig gezahlt hat, geriet sie ab dem 20.11.2011 in Schuldnerverzug (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 BGB). Ab diesem Zeitpunkt schuldet die die Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Für die weiteren Mahnschreiben kann der Kläger (wie andere Gläubiger auch) einen Betrag in Höhe von 2,50 € pro Mahnung verlangen, so dass die Beklagte hinsichtlich des Klageantrages zu 2.) lediglich die Zahlung von 5—- € nebst Verzugszinsen ab dem Verstreichen der in der 2. Mahnung gesetzten Zahlungsfrist schuldet.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 und 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Voistreckbarkeit aus 708 Abs. 1 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert war entsprechend dem Klageantrag festzusetzen, da vorliegend auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme geklagt wurde {§§ 40, 43, 48 Abs. 1, 63 GKG).

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu AG Halle an der Saale verurteilt HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung restlicher, erfüllungshalber abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 16.3.2016 – 106 C 1313/14 -.

  1. §§§ sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    sehr geehrte CH-Redaktion,

    vielen Dank für die Einstellung und Kommentierung dieses Urteils. Die aufwändige Auseinandersetzung mit den einzelnen GA-Nebenkosten war schadenersatzrechtlich nicht erforderlich, die Bezugnahme auf § 249 BGB schon.

    Was in diesem Fall die Beklagtenseite alles mit Nichtwissen bestreitet ist nicht nur verwegen, sondern auch dreist, weil allenfalls werkvertragliche Kriterien betreffend und mit dieser Taktik wird immer wieder versucht, die auf Schadenersatz beschränkte Beurteilung auszublenden bzw. zu übertünchen, was manchmal sogar auch noch gelingt.

    Aber dieser Richter des AG Halle hat das schnell erkannt und ist dem mit Entschiedenheit wie folgt entgegengetreten:

    „Die Ausführungen der Beklagten zum Werkvertragsrecht haben keinen Erfolg. Es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch um einen abgetretenen Schadensersatzanspruch und gerade nicht um einen Anspruch aus Werkvertrag. Insofern ist nicht § 632 Abs. 2 BGB Prüfungsmaßstab, sondern allein die Erforderlichkeit des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB.“

    Wir würden uns wünschen, dass auch alle anderen Richterinnen und Richter in der BRD das ebenso berücksichtigen und deutlich in den Entscheidungsgründen artikulieren, wie ebenso den nachfolgenden
    Absatz der Entscheidungsgründe:

    „Die Rechnung des Klägers ist insgesamt nicht zu beanstanden und noch im Rahmen der erforderlichen Kosten gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Das Gericht hat im unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung eine Schadensschätzung vorzunehmen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrags im Sinne von § 249 BGB (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13, juris).“
    Schätzung des Schadenersatzanspruchs also JA auf Basis der vorliegendenden Rechnung, vergleichende Berechnung jedoch NEIN, denn es geht nicht in werkvertraglicher Ausrichtung um die Höhe des abgerechneten Honorars. DAS ist doch nun wirklich nicht schwer zu begreifen. Wer DAS nicht anspricht bzw. verschweigt, setzt sich dem Verdacht der Besorgnis der Befangenheit aus.

    Solange kein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Abrechnung vorliegt, wie beispielsweise bei Verdacht auf sittenwidrige Abrechnung, sind Gutachterkosten auch bei möglicher Nichterforderlichkeit oder Überhöhung regulierungspflichtig, wenn man die Position des Sachverständigen als Erfüllungsgehilfe des Schädigers inhaltlich zu deuten vermag und diese nicht einfach unterschlägt. ALLE bisher bekannt gewordenen Kürzungsbeträge bewegen sich übrigens in ihrer Bandbreite der Höhe nach in einem Bereich, der in Relation zur erforderlichen Gesamtbetrachtung noch nicht einmal ansatzweise die Vermutung einer Nichterforderlichkeit bzw. einer augenfälligen Überhöhung ernsthafte Konturen gibt. Hier ist es nicht anders,denn die Beklagenseite hat selbst schon unter werkvertraglichen Beurteilungskriterien (Angemessenheit/Üblichkeit) 74,23 % der abgerechneten Gutachterkosten bezahlt unter Anlegung einer nicht nachvollziehbaren Pauschsapreisvereinbarung gem. HUK-COBURG Tableau, die überhaupt nicht existent ist. Somit spricht der vergleichsweise marginale Kürzungsbetrag von 25,76 % für sich.
    §§§

  2. Iven Hanske sagt:

    # §§§
    Ja, der Richter war, schon wegen der vielen Urteile am AG Halle (von mir fast 200 Fälle), sehr gründlich und hat mit viel Kenntnis zum § 249 BGB hier für mich richtig entschieden. So negiert er, mit realem logischen Überblick auch die Archivkosten nicht. Ja, der Beklagtenanwalt Herr G. hat mit seinen unseriösen Bestreiten (von allem was man sich nur vorstellen kann) mir schon manche grauen Haare wachsen lassen und bekommt bei manchen Richterinnen in Halle, warum auch immer, noch Unterstützung zu diesen unseriösen Tricksereien. Die eigentliche Frage „aus ex-anter Sicht zum Erforderlichen zu teuer oder nicht“ ist kein Schwerpunkt mehr, da ich nun stets belege, dass ich in meiner Region korrekt abrechne. Leider ignorieren manche Richterinnen in Halle die Belege, lassen mich mit Überraschungen auflaufen und konstruieren nach OLG Dreden oder BVSK oder nach unvollständigen JVEG (missachten die Arbeitszeit) rechtswidrig markteingreifend einen realitätsfremden Preis oder folgen dem Bestreiten mit fehlerhafter Beweislast zum Geschädigten und verschwören sich mit gleicher Methode, so dass Herr G. in seiner unseriösen Art Verstärkung findet. Mir blieb nichts anderes Übrig als wegen Rechtsbeugung die Staatsanwaltschaft zu bemühen. Die größte Frechheit ist, wenn dann verlogene Entscheidungsgründe (der Geschädigte zählt nicht da er von der angeblichen Überhöhung wusste oder Preisvereinbarung ist nicht lesbar) auch noch das Grundgesetz verletzen in dem der Vorteilsausgleich der Vers. nicht zuzumuten ist, jedoch dem Geschädigten die Klage mit Beweislast zugemutet wird.

  3. Kfz-Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. Harald Rasche sagt:

    Hallo §§§,
    es geht hier ja sogar ohne Bezugnahme auf die BVSK-Befragung 2015 und dazu hat u.a. in einem Urteil des AG Witten u.a. auch ausgeführt:

    „Hingegen ist aus Sicht des Gerichts die BVSK-Honorarbefragung 2015 keine taugliche Schätzgrundlage, da es sich insbesondere bezüglich der Nebenkosten nicht mehr um das Ergebnis einer Preisbefragung der Sachverständigen handelt.

    Die Beträge für die Nebenkosten werden vielmehr bei der Befragung vorgegeben. In den Erläuterungen zu der Befragung heißt es, dass diese Nebenkosten betriebswirtschaftlich ohne weiteres darstellbar seien. Es ist aber nicht erkennbar, wie und auf welcher Grundlage diese Beträge ermittelt wurden.“

    Mit freundlichen Grüßen
    aus Bochum+Tangendorf (Nordheide)

    Kfz.-Sachverständigenbüro
    für Unfallschadendokumentation
    Dipl.-Ingenieur Harald Rasche

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