Öffentliche Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Ausgesprochen kritische Stellungnahme zum (neuerlichen) Gesetzentwurf von Prof. Dr. Hans – Peter Schwintowski (16.03.2016)
Es gibt also eine Dreiecksbeziehung zwischen Gericht, Gutachter und Opfer. Das Interesse des Gerichtes ist ein anderes, als das Interesse des Gutachters. Beide Interessen unterscheiden sich elementar von den Interessen des Opfers.
Daher empfahl Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski dem Gesetzgeber, eine Gutachterkoordinierungsstelle einzurichten. Die Koordinierungsstelle könne die zu vergebenen Aufträge an einen geeigneten Sachverständigen weiterleiten. Und zwar ohne Offenlegung des Auftraggebers, um die Neutralität des Gutachters zu gewährleisten.
IV.
Gesamtfazit
1) Die geplanten Änderungen in der ZPO zur Anhörung und zur Unparteilichkeitserklärung lösen das Problem, das der Gesetzgeber zutreffend beschreibt, nicht – sie sind vielmehr rein deklaratorischer (bestätigender) Natur.2) Eine Lösung des Problems ist aber möglich und zwar durch Schaffung einer Gutachterkoordinationsstelle, die die Aufgabe hätte, Gutachtenaufträge an geeignete Persönlichkeiten zu vergeben ohne offenzulegen, für wen diese Persönlichkeiten gutachten. Die Stelle könnte analog zu § 342 b HGB betraut werden, ohne den Staatshaushalt zu belasten.
3) Wenn der Gesetzgeber bei der derzeitigen Novellierung bleibt, so ist das Problem, wie dargestellt, nicht gelöst, sondern nur vertagt.
4) Vielleicht sollte der Gesetzgeber, wenn er sich zu der Gutachterkoordinierungsstelle nicht durchringen kann, zumindest überlegen, ob es nicht hilfreich sein könnte § 406 ZPO um einen neuen Absatz 2 zu ergänzen. Dort könnte es sinnvoll sein, eine weitere Klarstellung in das Gesetz zu schreiben, ähnlich wie es in § 404 und § 407a ZPO erfolgt.
Die Klarstellung könnte folgenden Wortlaut haben:
Bestehen aus Sicht des Prozessgerichtes Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Sachverständigen, so soll dieser im Regelfall nicht beauftragt werden, es sei denn, ein besonderer,
vom Prozessgericht genannter Sachgrund, ist für die Beauftragung leitend.5) Auf diese Weise würde klarer gestellt werden,
unter welchen Voraussetzungen ein Prozessgericht einen Sachverständigen ablehnen muss. Wenn, z.B. aufgrund anderer Fälle vor anderen Gerichten, ein allgemeiner Grund für eine Befangenheit eines Sachverständigen besteht, so würde dieser nunmehr in der Regel und zwar von Amts (also Gerichts-) wegen abgelehnt werden. An dem oben geschilderten Trilemma ändert dies nichts, aber: es wäre eine kleine Stärkung derjenigen, die nur wenig gegen unparteiische Sachverständige tun können.
Weitere Stellungnahmen der Sachverständigen
Siehe auch: Pressemitteilung – Bundesministerium der Justiz vom 16.09.2015: Neuausrichtung des Sachverständigenrechts