Mit Urteil vom 31.03.2010 (10 C 431/09) hat das Amtsgericht Geilenkirchen die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 906,32 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer-Liste ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 906,72 € aus §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1, 2 StVG in Verbindung mit § 115 Abs 1 VVG in Verbindung mit § 398 BGB.
Es besteht ein Anspruch des Herrn X gegen die Beklagte auf Freistellung von Mietwagenkosten in Höhe von 784,92 € aus §§ 7 Abs1. 17 Abs.1, 2 StVG in Verbindung mit § 115 Abs 1 VVG.
Unstreitig ist am xx.xx.2009 bei einem von dem Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen …… allein schuldhaft verursachten Verkehrsunfall der Pkw des Herrn X beschädigt worden.
Ebenso ist es unstreitig, dass sein Pkw sich bis zum xx.xx.2009 in Reparatur befunden hat und daher für ihn in dem Zeitraum xx.xx.2009 bis xx.xx.2009 die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erforderlich gewesen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der geschädigte Eigentümer eines Kfz von dem Schädiger die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs verlangen. § 249 Abs.2 S.1 BGB beschränkt den Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten dabei auf den erforderlichen Herstellungsaufwand. Bestehen mehrere Wege der Herstellung, hat der Geschädigte Im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren zu wählen. Er muss sich bei der Anmietung eines Kfz daher für den sog. „Normaltarif“ entscheiden. Aufgrund der Besonderheiten der Unfallsituation ist in der Regel jedoch ein höherer Mietwagenpreis als der Normaltarif zur Schadensbeseitigung erforderlich, so etwa aufgrund der Vorfinanzierung, des Risikos des Ausfalles mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen, des Vorhaltens schlechter ausgelasteter Fahrzeuge sowie des Erfordernisses der Einrichtung eines Notdienstes. Diese unfallbedingten Mehrleistungen der Mietwagenunternehmen rechtfertigen nach Auffassung des Gerichts einen pauschalen Aufschlag in Höhe von 15% auf den Normaltarif, wie von der Klägerin in der Rechnung vom xx.xx.2009 abgerechnet. Ein solcher Zuschlag erscheint unabhängig davon, in welchem Umfang dem Vermieter im konkreten Fall Mehrkosten durch die Vermietung eines Fahrzeugs als Unfallersatzwagen entstanden sind, praktikabel und notwendig, um die Schadensabwicklung zu vereinheitlichen und zu erleichtern (so auch LG Dortmund, Urteil vom 29.05 2008, Az. 4 S 169/07, OLG Köln, Urteil vom 02 03.2007, Az. 19 U 181/06. zit. nach juris; AG Aachen, Urteil vom 04.03.2009. Az. 110 C 338/08).
In Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den Normaltarif auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Automietpreisspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermitteln (BGH, Urteil vom 09.05.2006, Az. VI ZR 117/05, zit. nach juris). Dabei kann insbesondere die Schwacke-Liste 2007 zugrundegelegt werden. Es sind von dem Beklagten vorliegend allein die üblicherweise vorgebrachten Einwände gegen die Schwacke-Liste erwähnt worden, so etwa, dass die Anbieter auf Nachfrage hin zu hohe Angaben gemacht hätten sowie dass eine Online-Recherche ein deutlich günstigeres Angebot ergeben hätte. Dem Gericht ist eine Überprüfung der Marktanalyse nicht möglich. Es ist jedoch auf eine Schätzgrundlage wie die Schwacke-Liste angewiesen. Es kann nicht wünschenswert sein, dass jeder Amtsrichter eigene Schätzgrundlagen entwickelt. Daher geht das Gericht trotz der von dem Beklagten geltend gemachten Einwände von einer Anwendbarkeit der Schwacke-Liste 2007 aus (so auch LG Dortmund, Urteil vom 29.05.2008, Az. 4 S 169/07, zit. nach juris, AG Aachen, Urteil vom 04.03.2009, Az. 110 C 338/08). Der Automietpreisspiegel 2007 ist von den meisten Gerichten als ausreichende Schätzgrundlage im Sinne des § 287 ZPO akzeptiert worden.
Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Erhebungen des Fraunhofer Instituts eine geeignetere Schätzgrundlage darstellen. Es bestehen erhebliche Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Fraunhofer Mietpreisspiegels. Die Erhebung ist im Auftrag der Deutschen Versicherungswrtschaft erstellt worden, so dass nicht auszuschließen ist, dass die Gutachter einseitig eigene Interessen der Auftraggeberin berücksichtigt haben. Darüber hinaus bestehen Bedenken gegen die Genauigkeit der Erfassung der einzelnen Mietpreise. Die Erhebung ist zum größten Teil auf Internetbasis erfolgt und umfasste 1529 Anmietstationen, die auf nur sechs verschiedene überregionale Anbieter entfallen. Zudem fasst der Fraunhofer Marktpreisspiegel für sehr viel weiträumigere Postleitzahlengebiete die Durchschnittspreise zusammen, als dies bei der Schwackeliste der Fall ist, die nach den ersten 3 Ziffern differenziert. Damit ist keine präzise Ermittlung des örtlichen Marktes erfolgt. Aufgrund dieser Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Fraunhofer Mietpreisspiegels geben die in dieser Liste aufgeführten niedrigen Preise keinen Anlass dazu, die in der Schwacke-Liste 2007 genannten Tarife als überhöht anzusehen.
Ein Abzug ersparter Eigenkosten in Höhe von 10% ist nicht vorzunehmen, wenn der Unfallgeschädigte, wie im vorliegenden Fall Herr X ein im Vergleich zu dem unfallbeschädigten Kfz gruppenniedrigeres Fahrzeug anmietet und sich auf diese Weise mit einem geringeren Komfort bzw. einer weniger umfassenden Ausstattung des angemieteten Fahrzeugs im Vergleich zu dem eigenen Kfz zufrieden gibt.
Auch Nebenkosten sind nach der Nebenkostentabelle zum Schwacke-Automietpreisspiegel grundsätzlich erstattungsfähig. Voraussetzung ist, dass sie laut Mietvertrag erbracht und gesondert in Rechnung gestellt worden sind. Vorliegend hat die Klägerin Herrn X für einen Zusatzfahrer einen Betrag in Höhe von 138,66 € netto in Rechnung gestellt sowie für Winterreifen je Tag 9,24 € netto und für Zustellung und Abholung jeweils einen Betrag in Höhe von 21,85 € netto.
Die Kosten für einen Zusatzfahrer sind von der Beklagten jedoch nicht zu erstatten. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass die Anmietung eines Ersatzwagens auch für einen Zusatzfahrer für Herrn erforderlich gewesen ist. Sie hat diesbezüglich lediglich pauschal behauptet, das unfallbeschädigte Fahrzeug des Herrn X sei auch von anderen Personen genutzt worden. Obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf diesen Gesichtspunkt mit Schriftsatz vom 11.02.2010 ausdrücklich hingewiesen hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen welche weiteren Personen in welchem Umfang das unfallbeschädigte Fahrzeug genutzt haben Insbesondere hat sie, obwohl die Beklagte dies ausdrücklich bestritten hat, nicht dargelegt, dass sich im Haushalt des Herrn X kein weiteres Fahrzeug befindet, das ebenfalls zur Nutzung zur Verfügung gestanden hat.
Die Kosten für Winterreifen sind erstattungsfähig. Die Klägerin als Autovermieterin trifft, wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat, die Pflicht, den Kunden ein verkehrssicheres Auto zur Verfügung zu stellen, zu welchem in den Wintermonaten auch Winterbereifung gehört Es ist aber nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Kosten für die Ausstattung mit Winterreifen als Preisbestandteil des Normaltarifs anzusehen sind. Vielmehr ist es Sache der Autovermieters und liegt in seinem kalkulatorischen Ermessen, ob er die unstreitig durch die Vorhaltung von Winterreifen begründeten Mehrkosten bei der Preisgestaltung als Preisbestandteil des Normaltarifs berücksichtigt oder -wie vorliegend- Zusatzkosten für Winterreifen in Rechnung stellt, wenn sie tatsächlich in Anspruch genommen worden sind (so auch LG Bonn, Urteil vom 26.06.2009. Az. 15 O 7/09, zit. nach juris).
Ebenso sind die Kosten für Zustellung und Abholung des Mietwagens erstattungsfähig. Der Geschädigte eines Verkehrsunfalles darf diesen besonderen Service in Anspruch nehmen und ist nicht verpflichtet, das Ersatzfahrzeug selbst mit einem Taxi abzuholen (so auch LG Dortmund, Urteil vom 05.11.2009, Az. 4 S 72/09, zit. nach juris). Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass das Ersatzfahrzeug Herrn X von der Fa. Y zugestellt und nach der Reparatur wieder bei ihm abgeholt worden ist
Außerdem sind die Kosten für eine Teil- bzw Vollkaskoversicherung erstattungsfähig, soweit sie dem Geschädigten gesondert in Rechnung gestellt worden sind, und zwar unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Kfz ebenfalls voll- oder teilkaskoversichert gewesen ist. Denn es besteht ein grundsätzlich schutzwürdiges Interesse der Kunden, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit hochwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (LG Dortmund, Urteil vom 14.06.2007, Az 4 S 129/06, zit. nach juris). Die Klägerin hat Herrn X unter dem xx.xx.2009 für eine Vollkaskoversicherung einen Betrag in Höhe von 120,17 € netto in Rechnung gestellt.
Bei Zugrundelegung der Schwacke-Liste 2007, PLZ 418 (Wohnort des Herrn X), Gruppe 4 (A-Klasse), arithmetisches Mittel, ergeben sich unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen erstattungsfähige Mietwagenkosten in Höhe von 1.360,62 €:
1 * Wochenpauschale = 554,99 €
1 * 3-Tagespauschale = 287,86 €
1 * 1-Tagespauschale = 96,70 €
Summe 939,55 €
zzgl. 15% = 140,93 €
Vollkasko (1* Wochenp. , 1* 3-Tagesp. , 1* 1-Tagesp.) = 230,14 €
Winterreifen (10* 12,18 €) = 121,80 €
Zustellung und Abholung = 50,00 €
Gesamt 1.482,42 €
abzgl. Zahlung der Beklagten 575,70 €
Restbetrag 906,72 €
Ein Schaden des Herrn X besteht bzgl. der streitgegenständlichen Mietwagenkosten darin, dass er aufgrund der Anmietung des Ersatzfahrzeugs bei der Klägerin in Höhe des Restbetrags der Rechnung vom xx.xx.2009 mit einer Verbindlichkeit belastet ist. Die Beklagte hat zwar behauptet, es sei davon auszugehen, dass Herr X mit der Klägerin vereinbart habe, dass er selbst auf die in Rechnung gestellten Mietwagenkosten nichts zu zahlen haben werde und die Klägerin ihrerseits versuchen werde, von der Beklagten so viel wie möglich auf die Mietwagenkostenrechnung zu erhalten. Diese Behauptung hat die Beklagte jedoch, ohne diesbezügliche Anhaltspunkte zu nennen, ins Blaue hinein aufgestellt. Zudem ergibt sich aus der von Herrn X am xx.xx.2009 bei der Klägerin unterzeichneten Erklärung u.a. im Gegensatz zu der Behauptung der Beklagten, dass er sich verpflichtet, die entstandenen Mietwagenkosten, die nicht von dem Versicherer oder den versicherten Personen erstattet werden, dem Versicherer unmittelbar zu erstatten. Zudem hat die Klägerin Herrn X mit Schreiben vom 15.09.2009 zur Zahlung von 1.016,65 € aufgefordert. Schließlich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom xx.xx.2010 ihre o.g. Behauptung dahingehend eingeschränkt, dass sie davon ausgehe, dass die Klägerin mit Herrn X die interne Absprache getroffen hat, dass Herr X an die Klägerin über dasjenige, was sie, die Beklagte, zahlen muss, nichts zu zahlen haben wird. Damit hat sie einen Verzicht nur noch bzgl. derjenigen Forderung behauptet, die über den Betrag hinausgeht, der in dem vorliegenden Verfahren von dem Gericht als angemessen erachtet wird, d.h. bzgl. des über 906,72 € hinausgehenden Betrags. Den zuvor ebenfalls behaupteten Verzicht der Klägerin auf die Mietwagenkosten, die das Gericht für erforderlich und als von der Beklagten auszugleichen erachtet, hat die Beklagte mit der o.g. Behauptung nicht mehr aufrechterhalten. Ein Verzicht der Klägerin auf diese Kosten wäre auch lebensfremd. Daher besteht jedenfalls in Höhe des Betrags von 906.72 € weiterhin ein Schaden des Herrn Herr X hat seine Forderung gegen die Beklagte am xx.xx.2009 an die Klägerin abgetreten (vgl. von ihm unterzeichnete Erklärung vom xx.xx.2009. Bl. 4 d.A.). Diese Abtretung ist auch in wirksamer Weise erfolgt. Ein Verstoß gegen das Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen ist für das Gericht entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht nicht erkennbar. Insbesondere hat die Klägerin entgegen der Behauptung der Beklagten Herrn X mit Schreiben vom xx.xx.2009 zu einem Ausgleich der noch offenen Mietwagenkosten aufgefordert. Er hat mit Schreiben vom xx.xx.2009 eine Zahlung abgelehnt und sich auf diese Weise als zahlungsunwillig erwiesen. Daraufhin hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom xx.xx.2009 aufgrund der am xx.xx.2009 erfolgten Abtretung die Beklagte zur Zahlung aufgefordert.
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
Die Zinsforderungen beruhen auf §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
Streitwert: 1.016,65 €.
Soweit das AG Geilenkirchen.