AG Köln verurteilt mit klaren Worten die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 12.4.2016 – 272 C 13/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Fürth in Bayern geht es hier weiter nach Köln am Rhein. Nachfolgend stellen wir Euch für das bald beginnende Wochenende ein Urteil des Amtsgerichts Köln zu den vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG vor. In diesem Fall war es die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., die meinte vorgerichtlich nach eigenem Dafürhalten die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können, obwohl der BGH bereits entschieden hatte, dass weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle berechtigt ist, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat (BGH VersR 2004, 1189; BGH NJW 2007, 1450). Das gilt auch für die Sachverständigenkosten (BGH NJW 2007, 1450). Das gilt aber auch für die Preiskontrolle durch die HUK-COBURG. Das wurde nunnmehr erneut der HUK-COBURG ins Versicherungsbuch geschrieben. Bei der nachfolgenden Kölner Entscheidung gegen die HUK-COBURG handelt es sich unseres Erachtens nach um eine trockene Absage gegen den Kürzungswahn der HUK-COBURG. Lest aber selbst und gebt dann Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

272 C 13/16                                                                                          Verkündet am 12.04.2016

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

gegen

die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertr. d. d. Vorstand, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg,

Beklagte,

hat das Amtsgericht Köln
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 12.04.2016
durch den Richter Behr

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 49,78 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.02.2016 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weiter gehenden Schadensersatz aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG i.V.m. § 398 BGB in der tenorierten Höhe.

Gemäß § 7 Abs. 1 StVG haftet der Halter eines Fahrzeuges für sämtliche Schäden, die beim Betrieb des Fahrzeuges verursacht werden.

Die Schadensersatzpflicht der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist alleine, in welcher Höhe ein ersatzfähiger Schaden in Gestalt von Sachverständigenkosten eingetreten ist.

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet (BGHZ 61, 346, 347 f.) Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (BGH, Versicherungsrecht 2005, 558, 559). Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Er hat damit grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der objektiv erforderlichen Schadensfeststellungskosten (BGH v. 11.02.2014, VersR 2014, 474-476).

Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand jedoch nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen ( im Sinne einer objektiven Begrenzung des Schadensersatzes, BGH v. 13.10.2013, VersR 2013, 1544 Rn. 20). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, vgl. BGH v. 15.10.1991, BGHZ 115, 364, 369; BGH v. 15.10.2013, Versicherungsrecht 2013, 1590). Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH v. 15.10.2013, Versicherungsrecht 2013, 1590). Dabei ist der Geschädigte nicht verpflichtet, den Markt zu erforschen, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Er darf sich damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren, qualifiziert erscheinenden Sachverständigen zu beauftragen. Denn es kann von ihm nicht verlangt werden, dass er – wie möglicherweise in eigenen Angelegenheiten – überobligatorische Anstrengungen unternimmt, um im Interesse des Schädigers den Kostenumfang besonders gering zu halten.

Nach der zulässigen Beauftragung eines Schadensgutachters besteht der Schaden zunächst darin, dass sich der Geschädigte einem Anspruch auf Zahlung der Vergütung des Gutachters aussetzt gem. §§ 631 Abs.1 BGB. Dieser Anspruch ist entweder durch den abgeschlossenen Werkvertrag im Sinne einer Honorarvereinbarung der Höhe nach bestimmt. Fehlt es hingegen an einer Honorarvereinbarung, so entsteht der Anspruch in Höhe der üblichen Vergütung, § 632 Abs. 2 BGB. Der Werkvertrag über die Erstellung des Schadensgutachtens bildet damit zunächst die objektive Grundlage zur Bemessung des entstandenen Schadens.

Angesichts des subjektbezogenen Schadensbegriffs unterliegt der objektive Schadensumfang jedoch der subjektbezogenen Korrektur. Wesentliches Indiz dafür, was der Geschädigte aus seiner Sicht – also subjektbezogen – für objektiv erforderlich halten durfte, ist die Rechnungshöhe. Schlagen sich doch in ihr regelmäßig die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten nieder (vgl. BGH v. 15.10.2013). Entscheidend sind letztlich aber nicht die rechtlich geschuldeten, sondern die tatsächlich erforderlichen Kosten (BGH v. 07.05.1996, BGHZ 132, 373, 381). Die höchstrichterliche Rechtsprechung erkennt die Indizwirkung der Rechnungshöhe jedenfalls dann an, wenn der tatsächlich erbrachte Kostenaufwand, also der vom Geschädigten gezahlte Betrag, mit der Rechnung und der ihr zu Grunde liegenden Preisvereinbarung übereinstimmt und wenn diese Preisvereinbarung nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (vgl. BGH v. 14.02.2014 – zitiert nach juris, Rn. 8).

Hat der Geschädigte die Rechnung aus eigenen Mitteln beglichen und entspricht die Rechnung der Honorarvereinbarung bzw. der gem. § 632 Abs.2 BGB zugrundezulegenden ortsüblichen Vergütung, besteht die Indizwirkung der Rechnungshöhe ohne weiteres.
Die Rechnungshöhe ist aber auch dann das für die Bestimmung des Herstellungsaufwandes gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 maßgebliche Indiz, wenn der Geschädigte die Sachverständigenrechnung noch nicht beglichen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Rechnung innerhalb der Honorarvereinbarung oder der üblichen Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB verhält oder deren Grenzen für den Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar übersteigt. Denn auch in dem Fall, dass der Geschädigte die Rechnungspositionen nicht beglichen hat, muss er keine Erkundigungen über die übliche Vergütungshöhe einholen. Auch dann kann nicht erwartet werden, dass er Erhebungen über die durchschnittlichen Sachverständigenhonorare kennt. Durch die klageweise Geltendmachung des Rechnungsbetrages bzw. des offenen Restbetrages bringt der Geschädigte zum Ausdruck, dass er die Rechnungshöhe für erforderlich hält, um den aus seiner Sicht erforderlichen Aufwand auszugleichen, den er hatte, um in den Genuss eines Sachverständigengutachtens zu kommen. Nimmt man die von der Rechtsprechung entwickelte subjektbezogene Schadensbetrachtung ernst, so muss unabhängig von dem Ausgleich der Rechnung bei der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Rechnungshöhe abgestellt werden. Folglich genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast vollumfänglich durch Vorlage der Sächverständigenrechnung.

Der Schädiger ist dennoch nicht verpflichtet, dem Geschädigten die Rechnungsbeträge der von diesem im Rahmen der Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen ohne Möglichkeit der Nachprüfung voll zu ersetzen. Dem Schädiger verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte (BGH v. 11.02.2014, Versicherungsrecht 2014, 474-476). Dieser Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Rechnung auch aus Sicht des Geschädigten eindeutig überhöht ist oder ohne weiteres erkennbar Positionen abgerechnet werden, die in einer Sachverständigenrechnung nicht zu erwarten sind oder der erbrachten Leistung nicht entsprechen.

Die Darlegung dieser Umstände obliegt jedoch dem Schädiger und ist im vorliegenden Fall unterblieben.

Bezüglich des Grundhonorars bewegt sich der in Rechnung gestellte Betrag innerhalb des Korridors (HB V) der von der Beklagtenseite selbst als Vergleichsmaßstab herangezogenen BVSK-Honorarbefragung 2013. Selbst wenn man mit der Beklagten auf den Mittelwert von HBI und HBII abstellt, liegt der Rechnungsbetrag allenfalls 10 % über den ausgewiesenen Betrag in Höhe von 270,00 EUR, so dass eine offensichtliche Überhöhung, die sich dem Geschädigten aufdrängen musste, ausscheidet.

Soweit die Beklagte bestreitet, dass Nebenkosten nicht zwischen den Parteien vereinbart waren und behauptet, dass diese im zugrundeliegenden Vertrag nicht erwähnt wurden, war dies erkennbar eine Behauptung ins Blaue hinein. Auch das Bestreiten, dass EDV-, Porto- und Telefonkosten entstanden sind, war unsubstantiiert und daher unbeachtlich. Der Beklagtenansicht, dass Schreibgebühren und EDV-Tätigkeiten im Grundhonorar enthalten sind, da es sich hierbei um eine Haupttätigkeit des Sachverständigen handelt, tritt das erkennende Gericht nicht näher. Aus der gesonderten Ausweisung in der BVSK-Honorarbefragung geht bereits hervor, dass es sich bei diesen Positionen um typische und gesondert abrechnungsfähige Nebenkosten handelt. Soweit die Beklagte auf niedrigere, angeblich vergleichbare Kosten für Kopien und Fotografien verweist, übersieht sie, dass Fotos und Kopien zwar grundsätzlich im Alltag durch jedermann zu einem geringeren Preis gefertigt werden können. Die Abrechnung des Sachverständigen muss diese Alltagsbeträge aber überschreiten, zumal die Sätze auch anteilig die auf die Herstellung der Kopien Fotografien etc. verwendete Arbeitszeit bzw. die der zu entlohnenden Mitarbeiter erfassen müssen. Ein substantiierter Vortrag der Beklagten wäre also nur dann gegeben, wenn diese darlegen und ggf. beweisen würde, dass das Gros der Sachverständigen deutlich niedriger abrechnet und dies dem Geschädigten auch bekannt sein musste. Dies wäre jedoch erst dann anzunehmen, wenn die in Ansatz gebrachten Positionen die regelmäßig abgerechneten Sätze (hier kann auf die BVSK Bezug genommen werden) um ein Vielfaches übersteigen. Auf die Entscheidung des OLG München, Beschluss vom 12.03.2015, 10 U 579/15 – zitiert nach juris, kann insoweit für Anwendungsbespiele Bezug genommen werden. An dieser Darlegung fehlt es. Soweit Fahrtkosten in Höhe von 32,48 EUR netto abgerechnet werden, liegen diese Kosten 20 % über den pauschalisierten Fahrtkosten des HBV-Korridors der BVSK-Honorarbefragung. Insoweit handelt es sich jedoch wiederum nicht um eine derart offensichtliche Überhöhung, dass sich dies dem Geschädigten aufdrängen musste.

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug gem. §§ 280, 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 49,78 EUR festgesetzt.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Köln verurteilt mit klaren Worten die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten mit Urteil vom 12.4.2016 – 272 C 13/16 -.

  1. Salvatorbruder sagt:

    Der Richter B. am AG Köln hätte abkürzend vielleicht nur prüfen müssen, ob der unsubstantiierte und widersprüchliche Sachvortrag der Beklagtenseite überhaupt als e r h e b l i c h in Betracht zu ziehen ist.
    Inhaltlich ist das Kürzungsschreiben der HUK-Coburg-Versicherung bekanntlich ja nicht mehr als eine Mogelpackung und die damit konstruierten „Obliegenheiten“ des Geschädigten werden durch die Entscheidungsgründe dieses Urteils in das Reich der unqualifizierten Märchenerzähler verbannt. Bereits die Höhe des als nicht erforderlich gekürzten Betrages von 49,78 EUR besiegelt die Qualität des Beklagtenvortrags. Da kommt dann wieder das Urteil des AG Essen-Steele als fast immerwährend aktuell ins Scheinwerferlicht, das ebenfalls diese Versicherungsgesellschaft betraf und in der Urteilssammlung nachzulesen ist.

    Salvatorbruder

  2. Iven Hanske sagt:

    In Köln wird unabhängig und qualifiziert das BGB beachtet, auch bei vorab unbezahlter Rechnung. BVSK weg und Vorteilausgleichverfahren rein und ich wäre begeistert.

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