Das AG Halle 97 C 2782/15 verurteilt am 17.05.2016 den Versicherungsnehmer der LVM Versicherung zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenen Recht

In der historischen Händelstadt Stadt Halle an der Saale scheint es an einer Vielfalt von Rechtsansichten nicht zu mangeln, daher heute wieder ein positives Urteil aus der Salzstadt.

Es klagte hier der Sachverständige persönlich aus Abtretung erfüllungshalber gegen den Schädiger, da die LVM Versicherung vollständige Schadensersatzleistungen verweigert hatte.

Die Kostenquote begründet sich in den fehlerhaften Mahnbescheid (doppelte Forderungsposition), welcher erst mit dem anschließenden Vollstreckungsbescheid angefochten wurde. Hier erkennt man, wie schnell Flüchtigkeitsfehler ohne Rechtsanwalt die Suppe versalzen können. Denn 2/3 der Kosten ohne Anspruch auf vollständigen Ersatz eigener Kosten wird hier trotz Recht zum Minusgeschäft.

Ausdrücklich hingewiesen sei dennoch auf die Feststellung des Gerichts:

„Denn die Abtretung der Forderung begründet keine vertragliche Beziehung zum Schädiger. Demzufolge kann er auch keine Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und Zessionär auf der einen Seite und dem Geschädigten auf der anderen Seite herleiten. Demzufolge sind ihm Einwen­dungen gegen die vom Sachverständigen an den Geschädigten gestellte Forderung rechtlich verwehrt.“

und auf die Erkenntnisse:

„letztlich ist der Unterschied in der Gesamtforderung der Sachverständigenkosten jedoch nicht so erheblich, als dass der Geschädigte dies bei Be­auftragung erkennen könnte.“

Dies wiederum bedingt, dass der Beklagte als Schädiger auch für die Gutachterkosten im vollen Umfang schadensersatzpflichtig ist.

Amtsgericht Halle (Saale)

Verkündet am 17.05.2016

97 C 2782/15

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

……, als Inhaber des Sachverständigenbüro

Kläger

gegen

Herrn ……

Beklagter

wegen                                          Gutachterforderung aus abgetretenem Recht

hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 22.04.2016 durch den Richter am Amtsgericht K….

für Recht erkannt:

1.      Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Aschersleben zu Geschäfts­zeichen 15-1422314-0-4 bleibt insoweit aufrechterhalten, als dass der Be­klagte aus dem Vollstreckungsbescheid verpflichtet ist, 95,01 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basis-Zinssatz seit dem 23.04.2015 sowie Mahnkosten in Höhe von 2,50 € zu zah­len.

Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid zu einer weiteren Hauptforde­rung in Höhe von 95,02 € aufgehoben.

2.      Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3.

3.      Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 313a ZPO abgesehen, da das Urteil nicht rechtsmittelfähig ist.

Entscheidungsgründe

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf Ersatz der bisher noch nicht vollständig ausgeglichen Kosten der Schadensbegutachtung.

Der Beklagte ist im Rahmen des Schadensausgleiches grundsätzlich auch verpflichtet, die durch die Begutachtung des Schadens entstandenen Honoraransprüche des Gutachters zu begleichen.

Die vom Gutachter angesetzten Kosten sind regelmäßig Ausweis ihrer Notwendigkeit. Der Geschädigte ist insoweit auch nicht gehalten, im Vorfeld einer Beauftragung eines Sachver­ständigen zu ermitteln, welche Kosten die Sachverständigen im Einzelnen für die Begutach­tung in Ansatz bringen. Vorliegend hat der Kläger bei seiner Begutachtung sogar die Honorar­tabelle des Sachverständigenbüros SOFORT, welche laut eigener Angabe „in Anlehnung der vom Bundesgerichtshof anerkannten Honorarabfragung des BVSK“ erstellt wurde, der Beauf­tragung zugrunde gelegt. Mithin kann der auftraggebende Geschädigte davon ausgehen, dass die ihm vorgelegte Honorartabelle eine nicht unerhebliche Anerkennung in der Rechtsöf­fentlichkeit hat. Demzufolge kann einem Geschädigten kein Vorwurf gemacht werden, gerade diesen Gutachter beauftragt zu haben. Darüber hinaus ist festzustellen, dass fast alle Gutachter neben dem Grundhonorar Neben­forderungen geltend machen. In welcher Höhe diese tatsächlich wirtschaftlich oder rechtlich gerechtfertigt sind, entzieht sich der Kenntnis des auftraggebenden Geschädigten. Er kann insoweit nur annehmen, dass diese Nebenforderungen der Üblichkeit entsprechen. Da der Geschädigte in aller Regel davon ausgehen kann, dass die am Markt tätigen Sachverständi­gen ähnliche Preise nehmen, da ihm ein diesbezüglicher „Markt“ selten bekannt sein wird, kann dem Geschädigten auch keine Auswahlverschulden unterstellt werden.

Eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Positionen der Nebenforderungen gebietet sich auch nicht aufgrund der Tatsache, dass durch die Abtretung der Forderungen des Geschädig­ten an den Sachverständigen dieser sowohl Vertragspartner des Geschädigten im Hinblick auf die Erstellung des Gutachtens als nunmehr auch in Persona Anspruchsteller aus abgetre­tenem Recht gegenüber dem Schädiger ist. Denn die Abtretung der Forderung begründet keine vertragliche Beziehung zum Schädiger. Demzufolge kann er auch keine Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Sachverständigen und Zessionär auf der einen Seite und dem Geschädigten auf der anderen Seite herleiten. Demzufolge sind ihm Einwen­dungen gegen die vom Sachverständigen an den Geschädigten gestellte Forderung rechtlich verwehrt.

Der Geschädigte ist auch nicht gehalten, zugunsten der hinter dem Schädiger stehenden Ver­sicherung sich mit dem von ihm beauftragten Sachverständigen um die Höhe der Nebenkos­ten zu streiten. Es ist zwar offensichtlich, dass die angesetzten Nebenkosten, zumindest was den Fotosatz betrifft, über den marktüblichen Kosten für Fotodienstleistungen liegen. Jedoch ist gerichtsbekannt, dass alle Sachverständigen insoweit Preise verlangen, die den Preisen des Klägers näher liegen als denen der Discounten. Es ist daher nur ein marginaler Unter­schied zwischen den einzelnen Gutachtern festzustellen. Es mag dieser Unterschied zwar in den Nebenkosten nicht unerheblich sein; letztlich ist der Unterschied in der Gesamtforderung der Sachverständigenkosten jedoch nicht so erheblich, als dass der Geschädigte dies bei Be­auftragung erkennen könnte. Es dürfte sogar sehr wahrscheinlich sein, dass ein Geschädigter sich im Hinblick auf die anzusetzenden und anfallenden Kosten keine durchgreifenden Ge­danken macht. Denn, dass es unter den Sachverständigen einen „Markt“ gibt, dürfte ihm letzt­lich nur selten bekannt sein. Dies zumal bei Beauftragung die Honorartabelle, die auf den Verband der unabhängigen Kraftfahrzeugsachverständigen e.V. Bezug genommen wird. Ein durchschnittlicher Auftraggeber dürfte insoweit davon ausgehen, dass im Wesentlichen ein­heitliche Preise genommen werden. Demzufolge liegt auch im vorliegenden Fall kein Auswahlverschulden vor, welches dem Geschädigten vorzuwerfen wäre. Dies wiederum bedingt, dass der Beklagte als Schädiger auch für die Gutachterkosten im vollen Umfang schadenser­satzpflichtig ist.

Die Kostenentscheidung begründet sich aus der Tatsache, dass der Kläger mit dem Mahnver­fahren die Forderung schon doppelt geltend gemacht hat und sodann nochmals in Form einer Klage im Schriftsatz vom 07.09.2015. Der Anspruch steht ihm jedoch nur einmal zu.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit begründet sich aus §§ 704, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

K

Richter am Amtsgericht

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  1. Iven Hanske sagt:

    Hier habe ich ein gutes und korrekt nach § 249 BGB begründetes Urteil erhalten, wo richtig die ex-ante Sicht des Geschädigten zum Erforderlichen bewertet wurde sowie der freie Markt respektiert wurde. In über 200 errungenen Urteilen, konnte die Beklagt nie Ihre Behauptung darlegen geschweige beweisen, dass ich gegenüber anderen Gutachtern am Markt, in der Gesamtschau, erkennbar erheblich überhöht abrechne. Die Beweispflicht ist nach Vorlage der Rechnung bei Abtretung erfüllungshalber die Beklagte, dass sollten manche Rechtsverdreher im Schadensersatz nicht ignorieren. Und wer laienhaft und unwissend in den Markt eingreift und einen Preis diktieren will, der beugt das Recht und das ist strafbar.
    PS. Hier hat meine Mitarbeiterin den Mahnbescheid mit doppelter Hauptforderung fehlerhaft erstellt und in der Klagebegründung wurde, leider zu spät, der richtige Betrag eingeklagt. Mit Anwalt wäre das nicht passiert?

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