Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nach dem „Schrotturteil“ des AG Coburg, das wir heute vormittag veröffentlicht hatten, veröffentlichen wir jetzt für Euch – quasi als Kontrast dazu – hier ein positives Urteil aus Frankfurt (Oder) zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Wie im Fall des AG Coburg war auch in diesem Rechtsstreit die HUK-COBURG die eintrittspflichtige Kfz-Versicherung. Im Fall des AG Frankfurt (Oder) war es die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG, die meinte, eigenmächtig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu können. Im Gegensatz zu dem fehlerhaften Urteil des AG Coburg hat das AG Frankfurt (Oder) hier zutreffend nicht auf §§ 631 ff. BGB abgestellt. Anspruchsgrundlage sind die schadensersatzrechtlichen Bestimmungen des StVG in Verbindung mit § 249 BGB. Da der Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten abgetreten war, kommt noch § 398 BGB hinzu. Obwohl der Schadensersatzanspruch auf Erstattung der vollen Sachverständigenkosten an den Sachverständigen erfüllungshalber abgetreten war, wandelt sich der Restschadensersatzanspruch in der Hand des Sachverständigen nicht in einen Werkvertragslohnanspruch um. Schadensersatz bleibt Schadensersatz, auch wenn der Anspruch abgetreten wird. Werkvertragliche Gesichtspunkte haben im Schadensersatzprozess nichts zu suchen. Auch bei der Bestimmung des „erforderlichen Geldbetrages“ im Sinne des § 249 II BGB kommt es nicht auf die werkvertraglichen Gesichtspunkte der Angemessenheit oder Üblichkeit an, denn auch unangemessene Kosten oder unübliche Kosten können den erforderlichen Geldbetrag darstellen. Im Gegensatz zu den Richtern in Coburg haben das die Richter in Frankfurt (Oder) zutreffend erfasst. Das erkennende Gericht hat daher mit Recht (!) und zu Recht festgestellt, dass das berechnete Honorar den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand darstellt, der vom Schädiger zu ersetzen ist. Mit diesem Urteil wird die HUK-COBURG in Schriftsätzen nicht hausieren gehen. Lest daher selbst das Urteil des AG Frankfurt (Oder) und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Az.: 25 C 722/14
Amtsgericht Frankfurt (Oder)
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. d. Vorstandsmitglieder …
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Frankfurt (Oder) durch die Direktorin des Amtsgerichts K. auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2015 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 104,21 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.09.2014 sowie weitere 70,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.09.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 104,21 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) Anspruch auf Zahlung weiterer 104,21 € aus §§ 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG.
Die Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf die Klageforderung, da die Forderung des Klägers aus der Rechnung vom 17. Juni 2014 zum ersatzfähigen Schaden gemäß § 249 BGB gehört. Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Davon ist im Streitfall auszugehen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Preise für die Geschädigte erkennbar erheblich über den üblichen Preisen lagen und damit nicht geeignet waren, den erforderlichen Aufwand abzubilden.
Da es an verbindlichen Richtgrößen für die Bemessung des Sachverständigenhonorars fehlt, darf der Geschädigte regelmäßig von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder er offensichtliche Unrichtigkeiten der Honorarberechnung missachtet. Nach diesen Grundsätzen erweist sich das vom Kläger abgerechnete Grundhonorar von 325,00 € netto als erforderlich. Es war für die Geschädigte nicht erkennbar überhöht, da es innerhalb des Honorarkorridors der BVSK-Honorarbefragung liegt. Gleiches gilt für die neben dem Grundhonorar ersatzfähigen Pauschalen für Schreibkosten, Porto/Telefon, Lichtbilder und Fahrtkosten. Letztere liegen im Hinblick auf eine Entfernung von 13 km zwischen Wohnort der Geschädigten und Sachverständigenbüro ebenfalls noch im ersatzfähigen Bereich. Auf den konkreten Inhalte der zwischen Geschädigter und Kläger getroffenen Vergütungsvereinbarung kommt es deshalb nicht an.
Die Zedentin … war Anspruchsinhaberin. Es ist unstreitig, dass diese Fahrerin und damit Besitzerin des beschädigten Fahrzeugs war; damit greift zu ihren Gunsten die Vermutung aus § 1006 BGB ein, die von der Beklagten nicht erschüttert worden ist. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob dieser das Bestreiten der Passivlegitimation im Hinblick auf die vorprozessuale Zahlung auf die streitgegenständliche Rechnung verwehrt war. Die Geschädigte hat den Anspruch auch wirksam gemäß § 398 BGB an den Kläger abgetreten, insbesondere ist die Abtretungserklärung vom 16.06.2014 (Anlage K 1) hinreichend bestimmt. Ein Verstoß gegen §§ 1, 2, 3, 5 RDG kann nicht festgestellt werden, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Tätigkeit des klagenden Sachverständigen eine rechtliche Prüfung umfasste, wie dies gemäß § 2 RDG zur Annahme einer Rechtsdienstleistung erforderlich wäre.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung – vorgerichtliche Anwaltskosten sowie Mahnkosten iHv 5,00 € – gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Die von der Klagepartei geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind schlüssig dargetan. Angesichts der vorgelegten Gebührenrechnung vom 02.09.2014 (Anlage K 5) bestreitet die Beklagte eine Rechnungslegung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht hinreichend substantiiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Ein Schriftsatznachlass (§ 283 ZPO) auf den klägerischen Schriftsatz vom 9. März 2015 war nicht veranlasst, da dieser Schriftsatz kein neues Vorbringen enthält.
Die Gegenüberstellung der beiden völlig gegensätzlichen Urteile mit den dazugehörigen Anmerkungen, nämlich einseits AG Coburg und andererseits AG Frankfurt / Oder, finde ich gut. Vielleicht kann die Redaktion häufiger Kontrastprogramm veröffentlichen. Danke an W.W. für seine einleitenden Worte.