Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zu Beginn der Nachpfingstwoche stellen wir Euch hier ein kritisch zu betrachtendes Urteil aus Landau in der Pfalz zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den Unfallverursacher persönlich vor. Leider hat der Einsender nicht den Namen der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung mitgeteilt. Es handelt sich wieder um ein Urteil, bei dem es einem die ausgelatschten Schuhe auszieht. Wir meinen, dass es sich um richterliche Willkür vom Feinsten handelt, u.a. mit der unterschwelligen Feststellung, dass es sich bei dem Geschädigten wohl nicht um einen vernünftig denkenden Menschen gehandelt haben kann. Diese Einschätzung des Geschädigten steht dem erkennenden Richter nicht zu. Warum allerdings der Kläger mit irgendwelchen Parallelrechnungen zur Verwirrung beigetragen hat, ist weder bekannt noch nachvollziehbar. Was denkt Ihr? Lest selbst das Urteil des AG Landau (Pfalz) und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker
Aktenzeichen:
5 C 447/15
Amtsgericht
Landau in der Pfalz
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
…
Beklagter
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Landau in der Pfalz durch den Richter am Amtsgericht K.g auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2016 für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 77 % und der Beklagte 23 % zu tragen.
3, Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht des bei dem streitgegenstandlichen Verkehrsunfall Geschädigten G. P. A. B. aus H. ein weiterer Betrag in Höhe von 39,83 € auf die Sachverständigenrechnung der Klägerin vom 22.10.2014 zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Vorauszuschicken ist, dass ein Geschädigter selbstverständlich berechtigt ist, sich ab einer gewissen Schadenshöhe – die hier überschritten ist – zur Festlegung der Schadenshöhe des Gutachtens eines Sachverständigen zu bedienen. Grundsätzlich sind die anfallenden Sachverständigenkosten im Rahmen des ortsüblichen auch zu erstatten. Nur dann, wenn der Geschädigte Bedenken gegen die Rechnungshöhe haben muss, ist die Rechnung ggf. nach unten zu korrigieren. D.h., grundsätzlich sind die Sachverständigenrechnungen zu bezahlen, es sei denn – entweder aus der Vereinbarung mit dem Sachverständigen oder aufgrund des Umstandes, dass Beträge als überhöht quasi ins Auge springen – erscheinen die geltend gemachten Kosten als überhöht.
Im vorliegenden Fall ist es so, dass der Zeuge F., der auch die Begutachtung durchgeführt hat, den Unfallgeschädigten zwar darauf hingewiesen hat, dass nach der BVSK-Tabelle abgerechnet werde, nähere Details aber nicht genannt hat. Insbesondere wurde die Tabelle dem Kunden nicht zur Verfügung gestellt.
Sonach wäre für einen Kunden, auch wenn er die Tabelle in Händen hält, zumindest ein Grundhonorar in Höhe von 390,00 € nachvollziehbar und akzeptabel.
Die weiteren Kosten bereiten jedoch jedem Geschädigten – insbesondere in der heutigen „Geiz-ist-geil-Mentalität – erhebliche Probleme. Fotoauslagen von 2,55 € je Bild für den ersten Fotosatz und 1,65 € für den zweiten Fotosatz erscheinen deutlich überhöht, ebenso wie Fotokopiekosten in Höhe von 1,40 € je Blatt, wo es heute doch schon fast zum Allgemeinwissen zählt, dass Fotokopien über den Computer bzw. über entsprechende Kopiergeräte quasi ohne weiteren Arbeitseinsatz vorgenommen werden. Aber auch die geltend gemachten Schreibkosten und die Pauschale für Briefporto, Telefon, E-Mail und Fax erscheinen dann zumindest für den Kunden nachfrage- und erläuterungsbedürftig.
Dass diese Beträge so nicht akzeptabel sind, ergibt sich letztendlich, aus der mit Schriftsatz vom 04.08.2016 vorgelegten „Parallelrechnung“, die für Schreibkosten nur noch 1,98 € je Blatt und die Briefporto etc. pauschal mit 15,00 € akzeptiert.
Die Kosten für den Audatex-Abruf wären im Übrigen ebenso nicht erstattungsfähig, da sich bei Zuhilfenahme der BVSK-Tabelle für den Kunden ergäbe, dass dieselben dort nicht aufgeführt und dementsprechend nicht vereinbart sind.
Colorandi causa sei in diesem Zusammenhang daraufhingewiesen, dass die Klägerin durch Vorlage verschiedener Parallelberechnungen, die ersichtlich darauf „getrimmt“ sind, zum gleichen Ergebnis zu gelangen wie die streitgegenständliche Rechnung, für erhebliche Verwirrung im Verfahren gesorgt hat; so ergibt sich z.B. aus dieser Parallelberechnung vom 22.07.2016 ohne nachvollziehbaren Grund statt 390,00 € nunmehr ein Grundhonorar von 429,88 €.
Nach alledem geben die Abrechnungsweisen der Klägerin einem verständigen Kunden erheblichen Nachfrage- und Kritikbedarf.
Daher ist die streitgegenständliche Rechnung auf das zu reduzieren, was letztendlich als akzeptabel erscheint (§ 287 ZPO).
Daher ergeben sich folgende zuzusprechende Positionen:
1. Grundhonorar auf Basis der BVSK-Tabelle und den entsprechenden
Reparaturkosten 390,00 €
2. Fahrkosten je km von 0,50 € x 44 km 22,00 €
3. Fotoauslagen, 1. Satz, 8 Bilder á 1,00 € 8,00 €
4. 2. Fotosatz, 8 Bilder á 0,50 € 4,00 €
5. Schreibkosten, 9 Blätter á 1,68 € 15,12 €
6. Fotokopien, 3 x 9 Blätter á 0,20 € 5,40 €
(Hierzu ist anzumerken, dass die Farbkopien aus den 2 Fotosätzen sich
grundsätzlich ebenfalls auf den kopierten Seiten befinden.)
7. Briefporto, Telefon, E-Mail und Fax, pauschal 15,00 €
8. Nicht vereinbarte Audatex-Gebühr 0,00 €
Summe 459,52 €
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer 87,31 €
Gesamtsumme 546,83 €
abzüglich gezahlter 607,00 €
Restbetrag 39,83 €
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Veranlassung, die Berufung zuzulassen, bestand gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht.
Hallo, Willi,
man kann sich klagehalber ein positives Ergebnis nicht aus dem Ärmel schütteln. Der Kläger ist hier offenbar hochgradig unüberlegt vorgegangen und seine Anpassungsbemühungen haben bei dem hier zuständigen Richter keinen besonders guten Eindruck hinterlassen. Da hier sogar eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, hätten diese Entscheidungsgründe nicht sein müssen. Allerdings kann auch die Vorgehensweise des verantwortlichen Richters keinen Beifall finden, denn er beschränkt sich in einer werkvertraglichen Betrachtung auf eine schadenersatzrechtlich nicht veranlasste „Überprüfung“ der Rechnungshöhe und die Begründung zur Nichtzulassung der Berufung ist mehr als nur unzureichend. Wenn der Kläger es dennoch „so“ hinnimmt, ist ihm nicht zu helfen, dem Richter mit seinem substanzlosen und hochgradig falschen Urteil allerdings auch nicht.
Klaus K.
Da sieht man beispielhaft, wohin die Berufung auf eine BVSK-Befragung führt. Damit wird der Zug auf ein falsches Gleis gesetzt und die Weiche wird dabei auch noch falsch gestellt. Nachlässiger kann man kaum vorgehen.
Ulli
Der Pfälzer Wein ist um Lichtjahre qualitätsvoller als die Entscheidungsgründe dieses Urteils. Im trunkenden Zustand wäre das Urteil vielleicht weiser ausgefallen.-
Conny