AG Leipzig verurteilt mit klaren Worten im Urteil vom 1.8.2016 – 114 C 9527/15 – die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

zum beginnenden Wochenende veröffentlichen wir hier für Euch ein Urteil aus Leipzig zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG. Wieder musste der Geschädigte bzw. der Sachverständige, den der Geschädigte zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe hinzugezogen hatte, den restlichen Schadensersatz für einen für ihn unverschu8ldeten Verkehrsunfall einklagen, nachdem diese beratungsresistente Versicherung aus Coburg nicht in der Lage war, außergerichtlich vollständigen Schadensersatz zu leisten. Dafür hat die beklagte HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG von dem erkennenden Gericht deutliche Worte anhören müssen. Prima Entscheidung, wie wir meinen. Das erkennende Gericht hat zu Recht auf die Grundsatzentscheidung VI ZR 225/13 hingewiesen. Zutreffend war auch der Hinweis darauf, dass die HUK-COBURG als großes Versicherungsunternehmen über eine Rechtsabteilung verfügt und damit auch ohne Zuhilfenahme des Gerichtes den fälligen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, den der HUK-Coburg-Versicherte verursacht hat, vollständig leisten kann. Aber offensichtlich ist das bei dieser Versicherung – offenbar wegen ihrer Beratungsresistenz – nicht möglich. Lest selbst das Urteil mit den klaren Worten und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Willi Wacker

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 114 C 9527/15

Erlassen am: 01.08.2016

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

– Beklagte –

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO

für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 127,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.07.2012 zu zahlen sowie die Klägerin von nicht gesondert festsetzbaren Kosten anwaltlicher Beauftragung gemäß Rechnung der … Rechtsanwälte vom 21.10.2015 in Höhe von 70,20 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.10.2016 durch Zahlung an die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.

2.        Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wurde gem. § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Das Amtsgericht Leipzig ist sachlich gemäß §§ 23 ff. GVG und örtlich gemäß § 33 ZPO zuständig.

II.

Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht aus § 398 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 15.06.2012 in geltend gemachte Höhe gemäß §§ 823, 249 BGB, 7, 17 StVG, 115 VVG.

Die Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Geschädigten … ist wirksam. Durch diese Vereinbarung hat die Geschädigte ihre, der Beklagten gegenüber zustehenden Schadensersatzansprüche, die dem Grunde nach unstreitig sind, wirksam an die Klägerin abgetreten.

Die Beklagte hatte bereits eine Teilleistung erbracht in Höhe von 581,00 EUR sowie 20,83 EUR und damit nach Auffassung des Gerichts die Berechtigung der Forderung der Klägerin dem Grunde nach anerkannt.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein großes Versicherungsunternehmen, das über eine Rechtsabteilung verfügt und daher davon auszugehen ist, dass diese die Ansprüche, die gegen sie erhoben werden, dem Grunde nach prüft, bevor sie – wenn auch nur teilweise – die Regulierung veranlasst.

Die Beklagte verstößt gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens nach § 242 BGB, wenn sie zuerst eine nach ihrer Auffassung angemessene und abschließende Zahlung an die Klägerin leistet, sich dann jedoch später im Rechtsstreit darauf beruft, dass der Anspruch bereits dem Grunde nach wegen einer nicht wirksamen Abtretung und einer fehlenden Eigentümerstellung der Geschädigten insgesamt nicht bestehe (vgl. insoweit LG Leipzig, Urteil v. 20.01.2016, 8 S 334/15).

Bei dem Anspruch, den die Geschädigte des Unfallereignisses an die Klägerin abgetreten hat, handelt es sich um den originären Schadensersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 249 BGB gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung, der Beklagten. In Bezug auf diesen Anspruch hat die Geschädigte den Anspruch auf Erstattung von entstandenen, vorgerichtlichen Gutachterkosten an die Klägerin abgetreten. Es handelt sich somit nicht um einen Werklohnanspruch, den die Geschädigte abgetreten hat, sondern um ihren eigenen Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall.

Aufgrund dessen sind nach Auffassung des Gerichts dann auch nur solche Eiwendungen für die Beklagte möglich, die auch gegen die Geschädigte hätten geltend gemacht werden können.

Gemäß § 249 BGB hat der Geschädigte gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung einen Anspruch auf Erstattung des erforderlichen Geldbetrages, der den Aufwendungen entspricht, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte in Bezug auf die Schadensbehebung. Hinsichtlich der Sachverständigenkosten gilt die sogenannte subjekt bezogene Schadensbetrachtung. Der Geschädigte darf sich damit begnügen, einen für einen in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen; er muss vor allen Dingen keine Marktforschung nach den honorargünstigsten   Sachverständigen betreiben. Nur dann, wenn der Sachverständige – für den Geschädigten erkennbar – eine Vergütung verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich überschreiten, muss ein günstigerer Sachverständiger beauftragt werden. Anderenfalls liegt dann ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor (BGH, Urteil v. 11.02.2014, Az.: VI ZR 225/13; zitiert nach Juris).

Dem Schädiger bleibt dann die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstoßen hat, in dem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen habe, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadenminderung ergriffen hätte.

Selbst dann, wenn die vom Schadengutachter abgerechneten Sachverständigenkosten den aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstwert überschreiten würden, rechtfertigt dies nicht die Annahme eines solchen Verstoßes. Weshalb die Geschädigte hätte erkennen können – die Auffassung der Beklagten als richtig unterstellt – dass die Sachverständigenkosten und insbesondere die geltend gemachten Nebenforderungen überhöht sind, ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Die in der Honorartabelle aufgelisteten Nebenkosten sind nicht derart überhöht, dass jeder vernünftige Geschädigte Zweifel an der Berechtigung der Geltendmachung haben könnte.

Da die Beklagte einen Verstoß der Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht nicht dargelegt oder bewiesen hat, hat die Geschädigte grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Gutachterkosten in voller Höhe. Diesen Anspruch hat die Geschädigte dann wirksam an die Klägerin abgetreten. Da der Einwand der Kostenüberhöhung nicht gegenüber der Geschädigten möglich gewesen wäre, kann sie noch nicht im Rahmen der Abtretung der Klägerin gegenüber geltend machen, da sich der Rechtsgrund der Forderung gegenüber der Klägerin nicht plötzlich geändert hat.

Die Klägerin hat daher aus abgetretenem Recht einen weiteren Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Gutachterkosten sowie aus dem Gesichtspunkt des Verzugs einen Anspruch auf Znsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in geltend gemachter Höhe gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert beträgt:   127,22 EUR.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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