AG Diez verurteilt die bei der Bruderhilfe versicherte Unfallverursacherin zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten, die die Bruderhilfe vorgerichtlich unter Bezugnahme auf das HUK-COBURG-Honorartableau gekürzt hatte, mit Urteil vom 7.12.2016 – 8 C 169/16 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

heute vormittag stellen wir Euch hier ein Urteil aus Diez zu den Sachverständigenkosten gegen die bei der Bruderhilfe versicherte Unfallverursacherin vor. Im Verlaufe des Rechtsstreits trat die Bruderhilfe, der kleinere Bruder der HUK-COBURG, als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit auf Seiten der beklagten Versicherungsnehmerin bei. Aber das half der Beklagten letztlich nichts. Damit hat die Unfallverursacherin jetzt durch die gerichtliche Entscheidung erfahren, wie rechtswidrig ihre Kfz-Haftpflichtversicherung die angerichteten Schäden reguliert, obwohl volle Haftung bestand. Lest aber selbst das Urteil des AG Diez vom 7.12.2016 und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen
8 C 169/16

Amtsgericht
Diez

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs; 1 ZPO)

In dem Rechtsstreit

der Frau W. K. aus N.

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. & P. aus A.

gegen

1.  Frau  I. S.  aus W. (Versicherungsnehmerin der Bruderhilfe)

-Beklagte –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G., M. & F. aus K.

2.   Bruderhilfe Sachversicherung, Kölnische Straße 108-112, 34108 Kassel

– Nebenintervenientin zu 1 –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G., M. & F. aus K.

wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall

hat das Amtsgericht Diez durch den Richter am Amtsgericht M. aufgrund der bis zum 23.11.2016 eingereichten Schriftsätze ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1.       Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 183,75 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2016 zu zahlen.

2.        Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2016 zu zahlen.

3.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten hat die Nebenintervenientin zu tragen.

4.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5.        Die Berufung wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Zu Recht nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung des geforderten Betrages von insgesamt 189,82 € in Anspruch.

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz – in der Form von Gutachter- und Auskunftskosten – aus einem Verkehrsunfall vom 21.04.2016 in Nassau, für den die Beklagte als Fahrerin und Halterin des den Unfall verursachenden Fahrzeuges unstrittig in vollem Umfang eintrittspflichtig ist.

Für ein von der geschädigten Klägerin in Auftrag gegebenes Schadensgutachten wurden ihr gemäß Rechnung des Sachverständigen vom 26.04.2016 656,75 € berechnet, worauf von der Haftpflichtversicherung der Beklagten, die dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beigetreten ist – unter Berufung auf ein „Tableau HUK-COBURG als Maßstab“ – gemäß Abrechnungsschreiben vom 03.05.2016 lediglich 473,00 € erstattet wurden.

Gegen ihre Verpflichtung, auch das offene Sachverständigenhonorar von 183,75 € als Schaden gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu ersetzen, kann die Beklagte zunächst nicht, wie geschehen, in beachtlicher Weise einwenden, dass Gutachterkosten (Grundhonorar und Nebenkosten) in dieser Höhe nicht erforderlich, sondern (deutlich) überhöht seien. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Gerichts in zahlreichen bzw. gar zahllosen diesbezüglich hier bereits anhängig gewesenen Verfahren. Insbesondere hatte das Gericht in dem hiesigen Verfahren 8 C 157/11 in seinem Urteil vom 01.12.2011 – zur Klärung der sich dort wie hier stellenden Rechtsfragen für den hiesigen Gerichtsbezirk – die Berufung zugelassen. Das Landgericht Koblenz hat in seinem Berufungsurteil vom 09.05.2012 (12 S 267/11) im Wesentlichen ausgeführt, dass der Geschädigte mit dem Sachverständigen zwar nicht auf Kosten des Schädigers jeden beliebigen Preis vereinbaren kann. Solange jedoch für den Geschädigten (als Laien) nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt oder Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann der Geschädigte – der grundsätzlich nicht zu einer Markterforschung nach einem für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen bzw. zu einer (ihm ohne vorherige Begutachtung des unfallbeschädigten Fahrzeuges ohnehin kaum möglichen) Preisvergleichung verpflichtet ist und auf dessen Rücken der Streit über die Höhe von Sachverständigenkosten daher grundsätzlich nicht ausgetragen werden darf – vom Schädiger den vollen Ausgleich des Sachverständigenhonorars verlangen.

Dass mithin im Regelfall eine Ersatzpflicht auch für objektiv ggf. übersetzte Gutachterkosten besteht (so auch Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 249 Rn. 58 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) und nur ausnahmsweise etwas anderes in Betracht kommen kann (z.B., wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen ein offensichtlich überhöhtes Honorar vereinbart hat, ihm ein Auswahlverschulden zur Last fällt o.a.), ist im Übrigen, wie klägerseits zutreffend ausgeführt, auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung unbeanstandet geblieben (Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 26.04.2013, Vf. 94-IV.12 und bereits BVerfG, SP 2008, 162).

All dies hat inzwischen auch zusätzliche Bestätigung durch die einschlägige Rechtsprechung des BGH (insbesondere Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, u.a. Veröffentlicht in NJW 2014, 1947) erfahren, der ebenfalls entschieden hat, dass der Geschädigte, ohne Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben zu müssen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen beauftragen kann. Sodann genügt er seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des von ihm beauftragten Sachverständigen, deren (vollumfängliche) Begleichung durch den Geschädigten – wie sie hier aufgrund des aktuellen Schriftsatzes der Beklagten vom 21.11.2016 („Tatsache“) unstrittig geworden ist – ein wesentliches Indiz für die „Erforderlichkeit“ im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB darstellt. Ausdrücklich entschieden hat der BGH auch, dass die dem Geschädigten vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Kosten nicht alleine auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigen verbandes gekürzt werden dürfen (hier: „Tableau HUK-CO-BURG“). Nur dann, wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Dass vorliegend eine Ersatzpflicht im Umfang der Klageforderung nicht bestehe, weil es sich insoweit um „erkennbar deutlich überhöhte“ Preise handele, vermag die Beklagte hier jedoch ebenfalls nicht mit Erfolg geltend zu machen. Sie will damit argumentieren, was der Sachverständige der Geschädigten in Rechnung gestellt habe. Dies gilt jedoch fehl. Abgesehen von deren bereits abgehandelter „Indizwirkung“ hätte für die Klägerin, wie auch der BGH (a.a.O.) ausdrücklich ausgeführt hat (ebenso schon BGH, NJW 2005, 356), die beklagtenseits aus der Rechnungsstellung hergeleitete deutliche Preisüberhöhung schon „von vornherein“ – also schon im Rahmen der’Beauftragung, insbesondere durch eine hierbei getroffene, vorliegend aber fehlende Preisvereinbarung – erkennbar sein müssen, wofür schon die Darlegungen bzw. Einwendungen der Beklagten nichts hergeben. Bereits deshalb kann die Beklagte letztlich auch nicht damit gehört werden, dass sich der Sachverständige bei seiner Berechnung nicht an die in der Anspruchsbegründung angeführte Honorarumfrage (VKS/BVK) gehalten habe. Dass diese „jedermann zugänglich“ ist, bedeutet im Übrigen nicht, dass sie auch der hiesigen Klägerin „von vornherein“ positiv bekannt war; einem Geschädigten (als Laien) muss nicht das Ergebnis einer Umfrage bei den Mitgliedern eines Sachverständigenverbandes über die Höhe üblicher Honorare bekannt sein (so ausdrücklich BGH, a.a.O.).

Nach alledem sind im Ergebnis rechtserhebliche und durchgreifende Einwendungen gegen die Verpflichtung zur Zahlung auch der restlichen Gutachterkosten nicht erhoben.
Die weiter streitgegenständlichen Auskunftskosten in Höhe von 6,07 € (5,10 € zuzüglich Umsatzsteuer) für eine Halteranfrage sind schlüssig dargelegt und unbestritten geblieben; Einwendungen gegen ihre diesbezügliche Zahlungspflicht hat die Beklagte nicht erhoben.

Sie war daher antragsgemäß zur Zahlung des sich insgesamt ergebenden Betrages von 189,82 € zu verurteilen.

Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 286, 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 2. Alt. ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Voiistreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Es bedarf keiner weitergehenden Begründung, dass eine – nochmalige – Zulassung der Berufung nicht angezeigt war; die Voraussetzungen gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO sind nicht (mehr) erfüllt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Koblenz
Karmeliterstraße 14
56068 Koblenz

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

M.
Richter am Amtsgericht

Beschluss

Der Streitwert wird auf 189,82 € festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Diez
Schloßberg 11
65582 Diez

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

M.
Richter am Amtsgericht

Verkündet am 07.12.2016

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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4 Antworten zu AG Diez verurteilt die bei der Bruderhilfe versicherte Unfallverursacherin zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten, die die Bruderhilfe vorgerichtlich unter Bezugnahme auf das HUK-COBURG-Honorartableau gekürzt hatte, mit Urteil vom 7.12.2016 – 8 C 169/16 -.

  1. Gerald L. sagt:

    Geschieht den scheinheiligen Brüdern im Herrn als ein Ableger der HUK-Coburg-Vers. ganz recht und die Versicherungsnehmerin als Schädigerin wird jetzt vielleicht mutmaßen: Der Herr hat´so gewollt.
    Gerald L.

  2. H.J.S. sagt:

    Wäre mal interessant zu erfahren,
    ob und wie sich dann die eigentlich haftende Versicherung um die Regulierung der Kosten des Verfahrens versucht zu drücken.
    Kann mir vorstellen, dass es da auch schon bei der ein oder anderen Versicherung Schwierigkeiten gab und der VN erst im Zuge einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung obsiegte oder gar richtig baden ging.
    Das läuft sicher „super“, wenn man die Rechtsschutz (natürlich nur mit fetter SB) da auch gleich noch abgeschlossen hat und deren Anwaltsempfehlung folgt.
    Ich sage nur:
    Spiegel, Ausgabe 30/2015 Titel: „Versichert und verraten“
    BG und schöne Woche

  3. Zweite Chefin sagt:

    Die haftende Versicherung wird sich keineswegs um die Kosten des Verfahrens drücken, im Gegenteil:
    Ist nur ihr VN der Beklagte, wird alles unternommen, den VN aus dem Verfahren rauszuhalten.
    Das beginnt mit dem von der Versicherung beauftragten Anwalt, der – jede Wette – weder eine Prozessvollmacht „seines“ Auftraggebers in der Akte hat, noch diesen über den Verfahrensverlauf geschweige denn das Urteil, informiert.
    Daher geben wir ein solches Urteil immer auch mit entsprechender Kommentierung an den Beklagten.
    Konsequenterweise soll der Beklagte natürlich auch nicht zur Zahlung aufgefordert werden, also wird die Hauptforderung und werden die festgesetzten Kosten sehr schnell bezahlt.
    Klage nur gegen den VN ist den Versicherungen immer noch ein Dorn im Auge, da hilft der HUK und hier der Bruderhilfe auch nicht, dass sie sich als Nebenintervenient einmischt.

  4. virus sagt:

    Die Kirchen wissen nicht wie reich sie sind. Dennoch sollte wir uns Zeit nehmen, die Kirchen zu bedauern:

    „So hat das Erzbistum Berlin laut der Bilanz für 2015 fast die Hälfte seines Vermögens für Pensionszahlungen an Priester und verbeamtete Lehrer zur Seite gelegt – weil sie keine gesetzliche Rente bekommen, muss die Kirche für sie fürs Alter vorsorgen. Weitere 140 Millionen Euro stecken in Sachanlagen, vor allem in Immobilien wie Schulen, Bildungshäusern oder Verwaltungsgebäuden. 35 Millionen hat die Kirche zudem für die Instandhaltungen von Gotteshäusern zurückgestellt. Das heißt: Das Erzbistum Berlin besitzt durchaus ein großes Vermögen, kann über einen Großteil davon aber nicht verfügen.“

    Liebe Kirchen, die unabhängigen Sachverständigen müssen ganz allein für ihre Altersversorgung sorgen und ihr lasst diese bzw. die Unfallopfer noch durch eure HUK-Versicherung bestehlen. Ihr sollte euch was schämen.
    ________________________________________________________________________________

    Mehr siehe Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/zwischen-glaube-und-geld-wie-reich-die-grossen-deutschen-kirchen-sind/19831108.html

    Zwischen Glaube und Geld Wie reich die großen deutschen Kirchen sind

    Die katholische und die evangelische Kirche besitzen ein Milliardenvermögen. Kritiker stören sich daran, dass sie zusätzlich auch noch Leistungen vom Staat bekommen. von Carla Neuhaus

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