Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
damit auch weiterhin unsere geneigten Leserinnen und Leser von den Entscheidungen der Zivilsenate des BGH zur Bedeutung des § 287 ZPO erfahren, stellen wir hier und heute ein weiteres Urteil des BGH zur Beweiserleichterung und Erleichterung der Darlegungslast gemäß § 287 ZPO vor; mag es dem einen oder dem anderen Leser gefallen oder nicht. Auch der I. Zivilsenat des BGH spricht nicht von dem „besonders freigestellten“ Tatrichter, der den Schaden eigenmächtig kürzen kann. Vielmehr geht der I. Zivilsenat – wie auch die übrigen Zivilsenate des BGH mit Ausnahme des VI. Zivilsenates in seiner jüngsten Rechtsprechung – davon aus, dass § 287 ZPO eine Darlegungs- und Beweiserleichterung für den Kläger ist. Hier das Urteil des I. Zivilsenates des BGH vom 14.2.2008, also zu einem Zeitpunkt, in dem der VI. Zivilsenat bereits von dem „besonders freigestellten Tatrichter“ im Rahmen des § 287 ZPO spricht (vgl. BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 -). Lest daher selbst die Entscheidung des I. Zivilsenates und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 135/05 Verkündet am: 14. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
…
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 – I ZR 135/05 – OLG Düsseldorf
. LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. Juli 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin vertreibt Schmierstoffe, die insbesondere beim Betrieb von
Schienenfahrzeugen verwendet werden. Der Geschäftsführer der Klägerin hat ein Spurkranzschmiermittel entwickelt, das einen hohen Feststoffgehalt aufweist und daher nicht in demselben Umfang wie herkömmliche Schmiermittel durch die an den Rädern auftretenden Zentrifugalkräfte weggeschleudert wird. Seit Mitte der 1980er Jahre arbeitete die Klägerin mit der Beklagten zu 2 zusammen. Die Beklagte zu 2 stellt Zentralschmieranlagen für Schienenfahrzeuge her und hat eine für das Schmiermittel der Klägerin geeignete Anlage entwickelt. Mit der Herstellung ihrer Schmierstoffe hatte die Klägerin die S. & Co. AG beauftragt. Der Vertrieb der Schmierstoffe erfolgte in Deutschland durch eigene Handelsvertreter der Klägerin, im Ausland durch die mit der Beklagten zu 2 verbundene Beklagte zu 1.
Mitte 1992 brachen die S. & Co. AG, die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 sowie der bis dahin für die Klägerin tätige Handelsvertreter R. ihre Geschäftsbeziehungen zur Klägerin ab. Seither vertreibt die Beklagte zu 1 Schmiermittel, deren Beschaffenheit und Konsistenz den Produkten der Klägerin entsprechen. Für diese Schmiermittel wurde mit einer „Produkteliste“ geworben, in der unter den Überschriften „Namen alt“ und „Namen neu“ die Produktbezeichnungen der Klägerin (z.B. „TL 1500 B Spurkranzschmierung“) denen der Beklagten zu 1 (z.B. „Raillub 1500 B“) gegenübergestellt wurden. Die Bezeichnungen der Beklagten zu 1 stimmen in den zur Spezifizierung der Produkte dienenden Zahlen- und Buchstabenkombinationen mit den Bezeichnungen der Klägerin überein (im Beispielsfall: „1500 B“).
In einem Vorprozess hat ein anderer Senat des Berufungsgerichts in dem Vertrieb von Schmierstoffen, die nicht von der Klägerin stammen, unter Zahlen- und Buchstabenkombinationen, die die Klägerin zur Bezeichnung ihrer Schmierstoffe verwendet hat, einen Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG a.F.) und eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) gesehen. Es hat die Beklagten zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass die Beklagten unter den im Tenor des Urteils genannten Bezeichnungen nicht von der Klägerin stammende Produkte in den Verkehr gebracht, angeboten oder vertrieben haben.
Diesen Schadensersatzanspruch macht die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend. Sie hat die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 275.723,38 € nebst Zinsen und die Beklagte zu 1 auf Zahlung weiterer 332.129,82 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat – unter Abweisung der weitergehenden Klage – die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 249.388,53 € nebst Zinsen und die Beklagte zu 1 zur Zahlung weiterer 305.793,44 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass ihr die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz gemäß §§ 249, 252 BGB zustehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Zur Darlegung des entgangenen Gewinns genüge es nicht, dass die Klägerin die Umsätze, die die Beklagte zu 1 mit den im Feststellungsurteil unter den dort aufgeführten Bezeichnungen vertriebenen Waren erzielt habe, als eigene unterstelle und ihre Verkaufspreise unter Abzug ihrer Produktions- und Vertriebskosten einsetze. Nach dem Feststellungsurteil liege der zu ersetzende Schaden nicht bereits darin, dass die Beklagten Waren unter Zahlen- und Buchstabenkombinationen vertrieben hätten, die auch in den von der Klägerin zuvor verwandten Produktbezeichnungen enthalten gewesen seien. Vielmehr sei danach allein der Schaden zu ersetzen, der durch das in den Entscheidungsgründen als pflichtwidrig festgestellte Verhalten verursacht worden sei.
Danach lägen die Unlauterkeit (§ 1 UWG [a.F.]) und die Sittenwidrigkeit (§ 826 BGB) des haftungsbegründenden Verhaltens der Beklagten darin, dass diese durch die Verwendung der mit den Produktbezeichnungen der Klägerin übereinstimmenden Zahlen- und Buchstabenkombinationen über die Herkunft der Waren aus dem Unternehmen der Klägerin getäuscht und den Ruf der Produkte der Klägerin ausgenutzt hätten.
Nur soweit die Beklagte zu 1 ihre Umsätze tatsächlich infolge einer derartigen Täuschung der Abnehmer erzielt habe, könnten diese der konkreten Schadensberechnung der Klägerin zugrunde gelegt werden. Wenn die Beklagte zu 1 hingegen lediglich auf die – den Schmierstoffen der Klägerin entsprechenden – positiven Produkteigenschaften ihrer Schmierstoffe hingewiesen habe, ohne bei den Abnehmern die Fehlvorstellung zu erwecken, diese stammten von der Klägerin, beruhten die Umsätze nicht auf dem gemäß dem Feststellungsurteil unlauteren Verhalten der Beklagten und könnten deshalb nicht der Klägerin zugerechnet werden. Das Gleiche gelte, wenn andere Ursachen – wie etwa der Wegfall von Lieferanten und des Vertriebsnetzes in einzelnen Absatzgebieten – zu einem Wechsel der Kunden zur Beklagten zu 1 geführt hätten.
Aufgrund des Vortrags der Klägerin sei – so das Berufungsgericht – nicht festzustellen, dass der den Gegenstand des Feststellungsurteils bildende Wettbewerbsverstoß, also die Herkunftstäuschung und die Rufausnutzung, für die von der Beklagten zu 1 getätigten Absatzgeschäfte mit den in Frage stehenden Produkten ursächlich geworden sei und die Abnehmer diese auch ohne Täuschung von der Klägerin bezogen hätten.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht verneint werden.
1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagten der Klägerin aufgrund des Feststellungsurteils allein den Schaden zu ersetzen haben, der durch das in den Entscheidungsgründen als pflichtwidrig festgestellte Verhalten verursacht worden ist; es hat ferner rechtsfehlerhaft angenommen, dass danach nur der Schaden zu ersetzen ist, der darauf beruht, dass die Beklagten durch die Verwendung von mit Produktbezeichnungen der Klägerin übereinstimmenden Zahlen- und Buchstabenkombinationen über die Herkunft der Waren aus dem Unternehmen der Klägerin getäuscht und den Ruf der Produkte der Klägerin ausgenutzt haben. Das Berufungsgericht hat damit die Reichweite der Bindungswirkung des Feststellungsurteils, wie die Revision zu Recht rügt, in unzulässiger Weise eingeengt.
2. Die Bindungswirkung des Feststellungsurteils ergibt sich aus dem Umfang der Rechtskraft. Diese reicht gemäß § 322 Abs. 1 ZPO so weit, wie das Feststellungsurteil über den durch die Feststellungsklage erhobenen Anspruch entschieden hat. Der Inhalt des Urteils und damit der Umfang der Rechtskraft sind in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Nur wenn die Urteilsformel allein nicht ausreicht, um den Rechtskraftgehalt der Entscheidung zu erfassen, sind Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen (BGH, Urt. v. 15.6.1982 – VI ZR 179/80, NJW 1982, 2257 f.; Urt. v. 17.2.1983 – III ZR 184/81, NJW 1983, 2032; Urt. v. 1.7.1986 – VI ZR 120/85, NJW 1987, 371; Urt. v. 2.12.1993 – IX ZR 11/92, NJW-RR 1994, 409; Urt. v. 16.4.2002 – KZR 5/01, GRUR 2002, 915, 916 = WRP 2002, 1082 – Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag).
a) Nach dem Tenor des Feststellungsurteils sind die Beklagten verpflichtet, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, dass die Beklagten unter den im einzelnen genannten Bezeichnungen nicht von der Klägerin stammende Produkte in den Verkehr gebracht, angeboten oder vertrieben haben. Diese Urteilsformel ist eindeutig. Sie bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagten für einen der Klägerin danach entstandenen Schaden nur unter der weiteren Voraussetzung einstehen sollen, dass die Verwendung der Produktbezeichnungen zu einer Herkunftstäuschung oder einer Rufausbeutung geführt hat. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass die Beklagten der Klägerin ohne Einschränkung jeglichen Schaden zu ersetzen haben, der der Klägerin durch den Vertrieb nicht von ihr stammender Produkte unter den genannten Bezeichnungen entstanden ist. Da demnach bereits die Urteilsformel eindeutig feststellt, welches Verhalten der Beklagten widerrechtlich ist und zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 30 Rdn. 6), besteht grundsätzlich keine Veranlassung, zur Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft die Entscheidungsgründe des Feststellungsurteils heranzuziehen.
b) Im Übrigen rechtfertigen die Entscheidungsgründe des Feststellungsurteils keine einschränkende Auslegung des Feststellungsausspruchs.
aa) Im Feststellungsurteil ist die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung der von der Klägerin für ihre Produkte verwendeten Zahlen- und Buchstabenkombinationen mit der Erwägung begründet, bereits der Umstand, dass jedenfalls ein Teil der Abnehmer die Produkte lediglich unter den Zahlen- und Buchstabenkombinationen bestelle, lasse erwarten, dass die potentiellen Abnehmer über die Herkunft von nicht aus dem Unternehmen der Klägerin stammenden Schmiermitteln getäuscht würden, die dieselben Zahlen- und Buchstabenkombinationen wie die Produkte der Klägerin aufwiesen. Diesen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin auf die Einzelfälle beschränkt sein soll, in denen die Verwendung der Zahlen- und Buchstabenkombinationen tatsächlich zu einer Täuschung über die betriebliche Herkunft der Schmiermittel oder zu einer Ausbeutung des guten Rufs der Klägerin geführt hat. Vielmehr geht aus diesen Überlegungen hervor, dass der Vertrieb der fraglichen Produkte unter den aufgeführten Bezeichnungen schon wegen der dadurch begründeten Gefahr einer Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung generell als wettbewerbswidrig anzusehen ist.
bb) Im Feststellungsurteil ist zwar weiter ausgeführt, die Erklärung des für die Beklagte zu 1 tätigen Handelsvertreters R. gegenüber den Kunden der Klägerin, sie würden über die Beklagte zu 1 dieselben Produkte wie bisher erhalten, wobei sich lediglich die bis dahin verwendeten Bezeichnungen änderten, beinhalte eine massive Täuschung dieser Kunden unter sittenwidriger Ausbeutung des guten Rufes der Produkte der Klägerin, die nicht nur gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG [a.F.]) verstoße, sondern auch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin (§ 826 BGB) darstelle. Auch daraus lässt sich jedoch keine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs etwa auf die Fälle herleiten, in denen die Erklärung des Handelsvertreters eine Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung bewirkt hat. Denn nach den Entscheidungsgründen des Feststellungsurteils handelt es sich dabei lediglich um Umstände, die bei der rechtlichen Bewertung „darüber hinaus“ zu beachten sind; vom Vorliegen dieser Umstände hängt die Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund des Urteils im Vorprozess demnach nicht ab.
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem von einem Wettbewerbsverstoß unmittelbar Betroffenen nach einem allgemeinen Erfahrungssatz des Wettbewerbsrechts regelmäßig ein Schaden entsteht (BGH, Urt. v. 17.6.1992 – I ZR 107/90, GRUR 1993, 55, 57 = WRP 1992, 700 -Tchibo/Rolex II, insoweit in BGHZ 119, 20 nicht abgedruckt) und dass ihm bei der Darlegung und dem Nachweis eines entgangenen Gewinns die Erleichterungen gemäß § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zugute kommen (BGH, Urt. v. 22.4.1993 – I ZR 52/91, GRUR 1993, 757, 758 f. = WRP 1993, 625 – Kollektion Holiday, insoweit in BGHZ 122, 262 nicht abgedruckt). Demzufolge ist ein Gewinnentgang bereits dann zu bejahen, wenn es nach den gewöhnlichen Umständen des Falles wahrscheinlicher ist, dass der Gewinn ohne das haftungsbegründende Ereignis erzielt worden, als dass er ausgeblieben wäre. Diese Prognose kann zwar nur dann angestellt werden, wenn der Geschädigte konkrete Anknüpfungstatsachen darlegt und nachweist; an die Darlegung solcher Anknüpfungstatsachen dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. v. 27.9.2001 – IX ZR 281/00, NJW 2002, 825, 826; Urt. v. 23.4.2002 – X ZR 29/00, juris Tz. 19).
Danach begegnet es grundsätzlich keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Klägerin zur Darlegung des entgangenen Gewinns die Umsätze herangezogen hat, die die Beklagte zu 1 mit den im Feststellungsurteil unter den dort aufgeführten Bezeichnungen vertriebenen Waren erzielt hat. Es kann zwar nicht einfach davon ausgegangen werden, dass der Umsatz des Verletzers in vollem Umfang dem Berechtigten zugute gekommen wäre. Der Umsatz des Verletzers kann jedoch als Anhaltspunkt für die Gewinneinbußen des Berechtigten von Bedeutung sein. Desgleichen ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin bei der Berechnung des Schadens den Gewinn zugrunde gelegt hat, den sie üblicherweise bei der Veräußerung der Schmierstoffe erzielt (vgl. BGH GRUR 1993, 757, 759 – Kollektion Holiday, insoweit in BGHZ 122, 262 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 4.3.1982 – I ZR 19/80, GRUR 1982, 489, 490 = WRP 1982, 518 – Korrekturflüssigkeit).
Die Klägerin hat auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss des Berufungsgerichts vom 30. Dezember 2002 unter anderem mit Schriftsatz vom 3. März 2003 unter Vorlage von Rechnungen und Benennung von Zeugen detailliert zur Entwicklung ihres Umsatzes sowie zur Ursache und zur Höhe der Verlagerung des Umsatzes auf die Beklagte zu 1 vorgetragen. Diesem Beweisangebot wird das Berufungsgericht – erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe (§ 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO) – nachzugehen haben (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1990 – I ZR 99/88, GRUR 1990, 687, 689 = WRP 1991, 16 – Anzeigenpreis II). Sofern die vorgetragenen Tatsachen den geltend gemachten Gewinnausfall nicht in vollem Umfang begründen können, ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Wege der Schätzung jedenfalls ein Mindestschaden festgestellt werden kann (BGHZ 119, 20, 30 f. – Tchibo/Rolex II; BGH, Urt. v. 23.4.2002 – X ZR 29/00, juris Tz. 19).
Bornkamm Pokrant Schaffert
. Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.02.2002 – 38 O 45/01 –
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.07.2005 – I-20 U 72/02 –
Urteilsliste “§ 287 ZPO – Beweiserleichterung” zum Download >>>>>
Die Frage ist doch, warum der VI. Zivilsenat unter Mitwirkung des Richters Wellner die Bedeutung des § 287 ZPO als Darlegungs- und Beweiserleichterungsvorschrift ignoriert – und damit nicht nur das Gesetz, sondern auch die anderen Zivilsenate des BGH – und dafür lieber auf den „besonders freigestellten Tatrichter“ abstellt?
Wenn der VI. Zivilsenat von der Rechtsprechung der anderen Zivilsenate abweichen wollte, dann wäre an sich der Weg zum Großen (gemeinsamen) Senat des BGH gegeben gewesen. Scheute man seitens des VI. Zivilsenates diesen Weg?
Vielleicht kann einer der mitlesenden Juristen diese Fragen beantworten?