Die Richterin der 22. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Nürnberg hat mit Endurteil vom 15.6.2010 – 22 C 1168/10 – die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG verurteilt, restliche Sachverständigenkosten, die die Beklagte vorgerichtlich gekürzt hatte, zu zahlen.
Nachfolgend gebe ich das Endurteil bekannt:
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs AG, Willy-Brandt-Platz 16, 90402 Nürnberg,
– Beklagte –
wegen Schadenersatz
erlässst das Amtsgericht Nürnberg durch Richterin … im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO in dem Schriftsätze eingereicht werden konnten am 15.6.2010 folgendes
ENDURTEIL:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 182,49 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.08.2009 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 182,49 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgrunde:
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von 182,49 EUR aus dem Verkehrsunfall, den der Versicherungsnehmer der Beklagten verursacht hat, zu. Diese Schadenspostition ist im Rahmen des § 249 BGB erstattungsfähig.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten den alleinigen Verursachungs- und Verschuldensbeitrag am Zustandekommen des Verkehrsunfalles trägt.
Der aufgrund dieses Unfallgeschehens vom Kläger eingeschaltene Sachverständige hat mit seiner Rechnung vom 06.08.2009 ein Honorar in Höhe von 645,69 EUR gefordert. Nachdem die Beklagte hierauf lediglich 463,20 EUR bezahlt hat, steht dem Kläger ein weiterer Schadensersatzanspruch in oben genannter Höhe zu. Denn diese Kosten entsprechen dem erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 BGB und waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegt nicht vor.
Die vorgerichtlichen Kosten eines Sachverständigen zur Begutachtung des Unfallfahrzeuges gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, wenn und soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist oder wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist.
Der Geschädigte kann vom Schädiger nur die Kosten erstattet verlanngen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.
Der Geschädigte ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestimmten Schwierigkeiten Rücksicht zu nehmen.
Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH Versicherungsrecht 2007, 560) . Grundsätzlich ist der Geschädigte aber nicht verpflichtet, „Marktforschung“ zu betreiben und mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen (OLG Naumburg in: NJW-RR 2006, 1029).
Der Schädiger hat dem Geschädigten die Kosten des Sachverständigengutachtens zur Schadensfeststellung regelmäßig auch dann zu ersetzen, wenn dieses objektiv ungeeignet ist. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Geschädigte die Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachtens zu vertreten hat. Dies kann etwa der Fall sein, wenn z.B. ein Auswahlverschulden (§ 254 BGB) trifft.
Gemessen am Vorstehenden hat der Kläger Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten. Ein Mitverschulden seitens des Klägers ist nicht ersichtlich. Es ist weder Aufgabe des Geschädigten, zwischen verschiedenen Gutachten Preisvergleich anzustellen, noch ist dies möglich. In einer Vielzahl der Fälle richtet sich die Gebühr des Sachverständigen letztlich nach dem Ergebnis, da die Gebühren als Prozentsatz der notwendigen Schadensbeseitigungskosten festgesetzt werden. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass vorliegend dem Kläger Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung aufkommen müssten.
Vorliegend hält sich die Abrechnung des Sachverständigen im Übrigen im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009. Bei einem Schaden von netto 3.037,94 EUR ergibt sich eine Preisspanne von 375,00 bis 434,00 EUR im Grundhonorar. Der Sachverständige hat ein Grundhonorar von 390,00 EUR verlangt und bewegt sich damit innerhalb dieser Spannbreite.
Auch die geltend gemachten Nebenkostenpositionen waren zu erstatten. Weder die Fahrtkosten in Höhe von 38,00 EUR noch die Kosten für Schreibgebühren oder Abzüge von Bildern erscheinen unangemessen hoch. Ob diese Kostenpositionen tatsächlich angefallen sind, bestreitet die Beklagtenpartei nicht. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, welche Kosten normalerweise für derartige Positionen anfallen. Denn es geht hier bei der Frage, ob diese Kosten vom Schädiger zu erstatten sind, allein darum, ob der Geschädigte vernünftigerweise Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung haben müsste. Wie oben bereits dargelegt wird ein durchschnittlicher Geschädigter kaum Einblicke oder Erfahrungswerte in die Preisgestaltung und Kalkulation eines Sachverständigen haben. Insoweit sind die Nebenkosten erstattungsfähig.
Die Forderung ist ab dem 21.08.2009 gemäß § 286, 288 BGB zu verzinsen, denn die Beklagte ist spätestens seit dem 21.08.2009 in Zahlungsverzug. Der Beklagte hat ihr eine Frist zur Regulierung bis 20.08.2009 gesetzt.
Die Kostenentscheidung beuht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
So das Urteil der Amtsrichterin aus Nürnberg. Was dabei nicht schmeckt, ist der Vergleich mit der BVSK-Honorarbefragung.