Mit Urteil vom 22.07.2009 (3 O 340/07) hat das Landgericht Mönchengladbach die Württembergische Versicherung AG u. a. zur Zahlung von Mietwagenkosten in Höhe von 1.492,66 € zzgl. Zinsen sowie zur Freistellung von RA-Kosten verurteilt. Auch das LG Mönchengladbach legt seiner Schätzung nach § 287 ZPO die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist weitgehend begründet.
I.
Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1,18 StVG, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG als Schadensersatz Zahlung von noch 4.891,06 € verlangen.
1.
Unstreitig ist bei dem streitgegenständlichen Unfallereignis das Fahrzeug der Klägerin beschädigt worden (§ 7 Abs. 1 StVG).
2.
Das Ausschlußkriterium der höheren Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG), das gem. Art. 229 § 5 EGBGB für schädigende Ereignisse gilt, die ab dem 31. Juli 2002 eingetreten sind, wird von keiner Partei eingewandt und lässt sich auch dem dargestellten Unfallgeschehen nicht entnehmen.
3.
Steht somit die grundsätzliche Haftung der Parteien fest, so hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadenersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß § 17 Abs. 1 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Umstand allgemein geeignet ist, Schäden der vorliegenden Art herbeizuführen. Hierbei richtet sich die Schadensverteilung auch nach dem Grad eines etwaigen Verschuldens eines Beteiligten. Jedoch können im Rahmen dieser Abwägung zu Lasten einer Partei nur solche Tatsachen berücksichtigt werden, auf die sich eine Partei beruft und die unstreitig oder bewiesen sind. Im Rahmen der Beweislast sind die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins zu beachten.
Die Abwägung führt dazu, dass die Beklagten für den entstandenen unfallbedingten Schaden alleine haften.
4.
Der Unfall hat sich während eines vom Beklagten zu 1. ausgeführten Überholvorgangs ereignet.
(wird ausgeführt) ….
Damit haften die Beklagten allein für den entstandenen Schaden, da es ihnen nicht gelungen ist, den gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis zu entkräften.
6.
Auf der Grundlage der vollständigen Haftung der Beklagten für das Unfallereignis ergibt sich ein Schadensbetrag von 8.748,11 € zzgl. 400,00 € Schmerzensgeld, also 9.148,11 €. Abzüglich der vorgerichtlichen Zahlung von 4.257,05 € ergibt sich der noch zu zahlende Betrag in Höhe von 4.891,06 €.
a)
Der von der Klägerin auf der Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens geltend gemachte Fahrzeugschaden in Höhe von 6.325,00 € (unter Zugrundelegung eines Wiederbeschaffungswertes in Höhe von 8.725,00 € abzüglich eines Restwertes von 2.400,00 €) steht zwischen den Parteien ebenso wenig im Streit wie die verlangten Gutachterkosten in Höhe von 791,45 €, die An-/Abmeldekosten in Höhe von 70,00 €, die Taxikosten in Höhe von 44,00 €, sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 400,00 €.
Die Kostenpauschale hat die Kammer mit den von den Beklagten zuerkannten 25,00 € angesetzt, die bereits die ohne konkreten Nachweis der entstandenen Aufwendungnn üblicherweise zugebilligte Pauschale übersteigt.
b)
Die geltend gemachen Mietwagenkosten in Höhe von 1.636,19 € für 12 Tage Anmmietdauer vom xx.xx. bis zum xx.xx. 2007 sind dagegen nur zum Teil berechtigt, nämlich nur in Höhe von insgesamt 1.492,66 €.
Nach der ständigen Rechtsprechugg des Bundesgerichtshofs (z. B. BGH NZV 2006, 463; Urt. v. 24.06.2008, Az. VI ZR 234/07, zitiert nach juris Rn. 14) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpfiichtversicherer nach § 249 BGB als erforderiichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagen kosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst vornimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach der Rechtsprechugg des Bundesgeiichtshofes ist es zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtete Mittel (jetzt Modus) des „Schwacke-Automietpreis-Spiegels“ (im folgenden: Schwacke-Liste) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen (BGH NZV 2006, 463; BGH NJW 2008, 1519; BGH Urt. v. 13.01.2009, Az. VI ZR 134/08, Rn 5; OLG Köln NZV 2007, 199).
aa)
Die Schwacke-Liste 2006 ist grundsätzlich eine geeignete Schätzgrundlage (Vgl. LG Mönchengladbach, Urt. v. 14.10.2008, Az. 5 S 64/08, zitiert nach juris Rn. 9). Erhebliche Einwendungen haben die Beklagten hiergegen nicht vorgetragen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den entscheidendnn Fall auswirken (Vgl. BGH NJW 2008, 1519). Das ist vorliegend nicht der Fall.
bb)
Entgegen der Ansicht der Beklagten war hier nicht auf die „Frauenhofer-Untersuchung“ zurückzugreifen. Denn die Erhebungen der Studie sind für den vorliegenden Fall nicht repräsentativ. Während die Erhebungen des Fraunhofer Instituts im Jahr 2008 erfolgt sind, hat sich das Unfallereignis bereits im …. 2007 ereignet. Die von den Beklagten vorgelegte Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15. Mai 2009, Az. 14 U 175/08, rechtfertigt insoweit keine andere Entscheidung. Denn, dass hinsichtiich der Mietwagenpreise „seit 2006 eher von einer Preissteigerung auszugehen sein dürfte“ beruht letztendlich auf einer bloßen Vermutung.
cc)
Bei der Abrechnung der Mietwagenkosten sind die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach der Schwacke-Liste nach Wochen, 3-Tages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen anstelle einer Multiplikation des Tagessatzes mit der Anzahl der Miettage (OLG Köln NZV 2007, 199).
Die von der Klägerin in Rechnung gestellten Nebenkosten (Vollkaskoversicherung, Zustellung und Abholung, Winterreifen sind gleichfalls erstattungsfähig und nach der Nebenkostentabelle der Schwacke-Liste zu berechnen (OLG Köln NZV 2007, 199).
Anstatt im Wege der Vorteilsausgleichung ersparte Eigenaufwendungen abzuziehen, ist von der Anmietung eines klassenkleineren Fahrzeuges auszugehen, hier der Gruppe 3 nach der Schwacke-Liste.
dd)
Weiterhin ist im vorliegenden Fall ein pauschaler Aufschlag auf den so ermittelten Normaltarif in Höhe von 20 % angemessen, um die Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzfahrzeuggeschäfts im Vergleich zur „normalen“ Autovermietung angemessen zu berücksichtigen.
(1)
Ein sog. Unfallersatztarif ist dann ein ersatzfähiger Schaden im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, wenn dieser besondere Tarif im konkreten Fall objektiv oder subjektiv erforderlich ist.
Objektive Erforderlichkeit ist gegeben, wenn die Zusatzkosten des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituaiion veranlasst und daher zur Schadensbehebung erforderlich sind, zum Beispiel die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderugg wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnliches (Vgl. BGH, Urt. v. 13.06.2006, Az. VI ZR 161/05, zitiert nach juris Rn. 8). Die Darlegungs- und Beweislast für die Frage, ob der Aufschlag auf einen günstigeren „Normaltarif“ wegen konkreter unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters objektiv zur Wiederherstellung erforderlich war i.S. des § 249 BGB, trägt dabei nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Geschädigte, da es sich um Voraussetzungen für die Höhe seines Schadensersatzanspruchs handelt (Vgl. BGH, NJW 2006, 1506, 1507).
Im vorliegenden Fall ist eine objektive Erforderiichkeit zu bejahen, da die Klägerin unbestritten vorgetragen hat, nicht in der Lage gewesen zu sein, ein Mietfahrzeug vorzufinanzieren sowie, dass die Streitverkündete auf Kaution verzichtet sowie die Rechnung vorläufig gestundet habe.
Die Ermittlung der gerechtfertigten Erhöhung kann in Form eines pauschalen Aufschlags auf den Normaltarif erfolgen, dessen Höhe wiederum der bei der Schadensabrechnung besonders freigestellte Tatrichter gemäß § 287 ZPO schätzen kann (BGH NJW 2006, 360, 361). Die Kammer veranschlagt den pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif hier mit 20 % und folgt damit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (NZV2007, 199 f.)
(2)
Nur ausnahmsweise ist nach § 254 BGB ein niedrigerer Schadensersatz zu leisten, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation „ohne weiteres“ zugänglich war (Vgl. BGH, Urt. v. 24.06.2008, Az. VI ZR 234/07, zitiert nach juris Rn 25 f.). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darzulegen und zu beweisen. Hierzu haben die Beklagten jedoch nichts vorgetragen.
ee)
Der erstattungsfähige Aufwand errechnet sich auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen wie folgt:
Schwacke-Liste 2006, Modus, PLZ-Gebiet 525, | Gruppe 3, 12 Tage |
1 x Wochenpreis | 467,50 € |
1×3 Tagespreis | 255,00 € |
2 x Tagespreis a 82,36 € | 164,72 € |
Zzgl. 20 % Mehraufwand | 177,44 € |
Zustellung und Abholung a je 25,00 € | 50,00 € |
1 x Wochenpreis Vollkaskoversicherung | 108,00€ |
1 x 3-Tagespreis Vollkaskoversicherung | 54,00 € |
2 x Tagespreis Vollkaskoversicherung | 36,00 € |
12 x Winterbereifuna | 180,00€ |
Gesamt | 1.492,66 € |
7.
Vom Schadensersatz umfasst sind grundsätzlich auch die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten. Ausgehend von einem Schadensersatzanspruch inklusive Schmerzensgeld in Höhe von 9.148,11 € beläuft sich die Vergütung, wie klägerseits zutreffend berechnet, auf 775,64 €. Da eine Zahlung seitens der Klägerin noch nicht erfolgt ist, kann sie nur Freistellung verlangen.
8.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagten befinden sich seit dem 14.04.2007 mit der Schadensersatzzahlung und seit dem 30.06.2007 mit der restlichen Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 200,00 € in Verzug, da sie vorgerichtlich mit Schreiben vom 30.03.2007 zur Zahlung des materiellen Schadens bis zum 13.04.2007 und mit Schreiben vom 22.06.2007 mit Fristsetzung bis zum 29.06.2009 zur Zahlung des Schmerzensgeldes aufgefordert worden sind.
9.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 4, 101, 708 Nr. 11, 709 S. 1, S. 2, 711 ZPO.
Soweit das LG Mönchengladbach.