Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachdem wir heute vormittag ein mangelhaftes Urteil gegen die HUK-COBURG und deren Töchter vorgestellt hatten, veröffentlichen wir hier noch ein Urteil aus Saarbrücken zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG und deren Versicherte. Obwohl der vom Geschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige sich bei der Bemessung der Nebenkosten an die dort „üblichen“ Kosten, geprägt durch die dortige Rechtsprechung, die nicht unbedingt richtig sein muss, gehalten hatte, kürzte die HUK-COBURG diese noch weiter herunter. Wie schlecht muss es der HUK-COBURG eigentlich gehen? Da sich der Geschädigte mit diesen Kürzungen – zu Recht – nicht einverstanden erklären konnte und wollte, nahm er – zu Recht – qualifizierte anwaltliche Hilfe in Anspruch. Mit Hilfe des qualifizierten und im Schadensersatzrecht erfahrenen Anwalts klagte der Geschädigte die rechtswidrig gekürzten Beträge ein. Bei der Beurteilung der Klage hätte das erkennende Gericht auf das Grundsatzurteil des BGH (VI ZR 225/13) Bezug nehmen müssen, da der Geschädigte geklagt hatte und nicht irgendwelche Entscheidungen des BGH, bei denen es um die Klage des Sachverständigen gegen den Schädiger ging. Obwohl der BGH bereits entschieden hatte, dass der Geschädigte die Ergebnisse der BVSK-Honorarbefragung nicht kennen muss (vgl. BGH VI ZR 225/13 Rd-Nr. 10) wird seitens des erkennenden Gerichts die Angemessenheit der Sachverständigenkosten nach BVSK und JVEG überprüft. Darin liegt eine völlige Verkennung des BGH-Urteils VI ZR 225/13. Auch § 287 ZPO wurde von dem erkennenden Gericht völlig falsch angewandt. Soweit in dem Urteil des AG Saarbrücken angeführt wird, dass
„bei der Beurteilung der Honorarrechnung des Sachverständigen das Gericht gem. § 287 ZPO eine Schätzung vornehmen und hierbei die BVSK-Befragungen 2013 und die Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes als Schätzungsgrundlage heranziehen kann“,
so irrt das Gericht. Denn § 287 ZPO ist nur der letzte Rettungsanker für das Gericht, wenn z.B. kein Nachweis (Beweis) für Entschädigungsleistungen geführt werden kann – was hier jedoch unzweifelhaft durch Rechnung des Sachverständigen geschehen ist (siehe hierzu auch BGH-Rechtsprechung). Demzufolge ist das gegenständliche Vorgehen des Gerichts schadensersatzrechlich völlig verfehlt. Nachdem aber durch die Überprüfung des Gerichts sich der Sachverständige nach den „Vorgaben“ der rechtsfehlerhaften Rechtsprechung der Berufungskammer 13 S des LG Saarbrücken (sog. Freymann-Kammer) gehalten hatte, wurden die Kosten vollumfänglich zugesprochen. Daher ist das Urteil zwar im Ergebnis richtig, aber in der Begründung zumindest bedenklich. Da fragt man sich doch unwillkürlich, was die HUK-COBURG im Saarland eigentlich noch will? Denn unter diesen Voraussetzungen war doch klar, dass die HUK-COBURG den Prozess zu 100% verliert. Was denkt Ihr? Lest bitte das Urteil des AG Saarbrücken und gebt dann Eure Stellungnahmen ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
36 C 563/16 (12) Verkündet am 21.04.2017
Amtsgericht Saarbrücken
U r t e i l
I m N a m e n d e s V o l k e s
In dem Rechtsstreit
des Herrn M. K. aus S. (Geschädigter)
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte I. & P. aus A.
gegen
1. Frau J. D. aus S. (bei der HUK-COBURG Versicherte)
2. HUK Coburg, Willi-Hussong-Str. 2, 96442 Coburg
Beklagte
Prozessbevollmächtigter zu 1, 2: Rechtsanwalt M. S. aus K.
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Saarbrücken
durch die Richterin am Amtsgericht R.-S.
im vereinfachten Verfahren gem. § 495a ZPO am 21.4.2017
für Recht erkannt:
1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 134,29€ nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.9.2013 zu zahlen.
2.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Entfällt gem. § 495a ZPO
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat gegenüber den Beklagten noch einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 134,29 € nach dem Unfall vom 20.8.2013 in Saarbrücken, §§ 7, 17 StVG, 823, 249 BGB 115 VVG.
Der Haftungsgrund ist zwischen den Parteien unstreitig, die Beklagten sind dem Kläger gegenüber in voller Höhe haftbar und zur Zahlung der aufgrund des Unfalls entstandenen Schäden verpflichtet. Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH, NJW 2007, 1450).
Nach einer Teilzahlung auf die Honorarrechnung des Sachverständigen, den der Kläger zur Feststellung des Schadensumfangs eingeschaltet hatte, ist noch eine Forderung von 134,29 € offen. Dieser Betrag ist noch erforderlich zur Schadensbeseitigung gem. § 249 BGB. Der Geschädigte ist grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte ist nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Bei der Beurteilung der Honorarrechnung des Sachverständigen kann das Gericht gem. § 287 ZPO eine Schätzung vornehmen und hierbei die BVSK-Befragungen 2013 und die Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes als Schätzungsgrundlage heranziehen (allgem.: BGH, NJW 2016, 3092).
Die Vergütung des Sachverständigen darf sich an der Schadenshöhe orientieren bei der Bemessung des Grundhonorars (allgem.: LG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2014, Az. 13 S 41/13 zit. nach juris).
Das Grundhonorar kann entsprechend dem Honorarkorridor HB V der BVSK Honorarbefragung (hier 2013) geschätzt werden. Ausgehend von einem Schadensumfang von 1.816 € brutto beläuft sich das max. Honorar danach auf 352 €. Dies entspricht dem in der korrigierten Rechnung vom 21.6.2016 ausgewiesenen Betrag.
Für die Nebenkosten bietet die BVSK Honorarbefragung aber keine taugliche Schätzungsgrundlage. Es ist deshalb auf die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zurückzugreifen (vgl.: LG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2013, Az. 13 S 41/13, zitl. nach juris; BGH, NJW 2016, 3092).
Für Fahrtkosten ist daher ein Betrag von maximal 0,70 € pro Kilometer erstattungsfähig. Eine Überschreitung dieses Betrages ist hier nicht erfolgt, so dass die geltend gemachten 21 € für gefahrene 30 km anzusetzen sind.
Für das Schreiben und den Druck des Originalgutachtens in Schwarz/Weiß sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 JVEG 0,50 € für jede Seite und gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG 0,90 € für jede Seite anzusetzen, also insgesamt 1,40 € pro Seite. Zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 20 % liegt die Obergrenze hier bei 1,68 €. Wird diese überschritten, ist lediglich der Sockelbetrag von 1,40 € erstattungsfähig. Mit 1,65 € je Seite ist dieser Betrag hier nicht überschritten, so dass für 12 Seiten 19,80 € anzusetzen sind.
Für jede weitere gedruckte Seite in schwarz-weiß ohne Schreibkosten sowie für jede Kopie in schwarz-weiß ohne Schreibkosten sind 0,50 € zu erstatten. Zuzüglich des Sicherheitszuschlages von 20 % liegt die Obergrenze hier bei 0,60 €. Wird diese überschritten, ist lediglich der Sockelbetrag von 0,50 € erstattungsfähig. Grundsätzlich sind über das Originalgutachten hinaus maximal 2 Ausfertigungen erstattungsfähig (für den Geschädigten und dessen Rechtsanwalt). Auch dieser Höchstbetrag ist mit 14,40 € für 24 Seiten nicht zu beanstanden.
Für eine in Farbe gedruckte Seite des Gutachtens ist 1,00 € zu vergüten, was aber nicht hinsichtlich der Fotos gilt, für die eine Sonderregelung eingreift. Die Obergrenze für Farbausdrucke liegt bei 1,20 €. Für 8 Seiten wurde hier der maximal zulässige Betrag mit 9,60 € angesetzt.
Fotokosten sind entsprechend § 12 Abs. 1 Nr. 2 JVEG einmalig für das Originalgutachten in Höhe von 2,00 € pro Foto zu erstatten, soweit sie zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderlich waren. Zuzüglich des Sicherheitszuschlages von 20 % liegt die Obergrenze bei 2,40 €. Für 8 Fotos wurden hier 19,20 € berechnet, dies ist der zulässige Höchstbetrag.
Für die Porto-, Versand-und Telefonkosten wird ein Pauschalbetrag von 15,00 € zugestanden, der hier berechnet wurde.
Ferner sind die Kosten der EDV-Abrufgebühr und der EDV-Fahrzeugbewertung erstattungsfähig, soweit sie jeweils einen Betrag von 20,00 € nicht übersteigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Kosten konkret anfielen. Diese Kosten sind in dieser Höhe im Gutachten enthalten und deshalb erstattungsfähig.
Die Honorarrechnung in Höhe von 584,29 € brutto ist nach dieser Berechnung erstattungsfähig. Nachdem nur eine Teilzahlung von 450 € erfolgte, ist noch der geltend gemachte Betrag von 134,29 € zu zahlen.
Der Zinsanspruch beruht auf Verzugsgesichtspunkten gem. §§ 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Nach diesem Urteil bestand auch für den Kürzungsbetrag eine Schadenersatzverpflichtung, was sich aus den nachfolgenden Entscheidungsgründen bereits ergibt:
„Der Kläger hat gegenüber den Beklagten noch einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 134,29 € nach dem Unfall vom 20.8.2013 in Saarbrücken, §§ 7, 17 StVG, 823, 249 BGB 115 VVG.
Der Haftungsgrund ist zwischen den Parteien unstreitig, die Beklagten sind dem Kläger gegenüber in voller Höhe haftbar und zur Zahlung der aufgrund des Unfalls entstandenen Schäden verpflichtet. Zu erstatten sind die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf, dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine Erkenntnismöglichkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH, NJW 2007, 1450).
Nach einer Teilzahlung auf die Honorarrechnung des Sachverständigen, den der Kläger zur Feststellung des Schadensumfangs eingeschaltet hatte, ist noch eine Forderung von 134,29 € offen. Dieser Betrag ist noch erforderlich zur Schadensbeseitigung gem. § 249 BGB. Der Geschädigte ist grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte ist nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.“
Alles Nachfolgende war schadenersatzrechtlich entbehrlich, denn die pauschal vorgetragenen Einwendungen waren schadenersatzrechtlich nicht e r h e b l i c h und aus der Inanspruchnahme eines qualifizierten und versicherungsunabhängigen Kfz.-Sachverständigen trifft einen Geschädigten kein Auswahlverschulden. Folglich ist ihm auch kein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht zu unterstellen.
Die Beklagte müsste sich überdies auch schon einmal dezidiert dazu äußern, warum sie davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Unfallopfer n i c h t um einen vernünftig und wirtschaftlich denkenden Menschen handeln soll, was zu unterstellen offenbar für das Gericht selbstverständlich war.
Vor diesem Hintergrund bestand nicht die geringste Veranlassung auf die Anwendung des § 287 ZPO abzustellen, denn auch dabei geht es schlussendlich nur um eine Gesamtkostenbetrachtung und nicht um eine Prüfung und vergleichende Gegenüberstellung von Einzelpositionen, zumal insoweit Bezugnahme auf die vorgelegte Rechnung gegeben war und eine fiktive Abrechnung nicht angestrebt wurde, sodass Rückgriff auf § 249 S.1 BGB verständlich gewesen wäre.
G.v.H.
An diesem Urteil erkennt man, wie der BGH und die Freymann-kammer die Rechtsprechung im Saarland beeinflussen, obwohl teilweise entgegenstehende Rechtsprechung des Saarländischen Oberlandesgerichts besteht. Ein Trauerspiel!
@RA.Pfalz
…….auch des OLG Zweibrücken,des OLG Naumburg,des OLG Frankfurt,des OLG Bamberg usw.usw.
Der BGH rudert aber schon zurück:VI ZR 76/16 und VII ZR 95/16:
Übliches Honorar = mindestens ein „erforderlicher Geldbetrag“ i.S.v. §249 II,1 BGB!!!
Üblich i.S.v. §632 II BGB sind Bandbreiten a´la VKS – Honorarumfrage,so ausdrücklich VII ZR 95/16.
Dass Bandbreiten üblich sind und nicht feste Sätze oder Beträge hat schon der Werklohnsenat des BGH in der X ZR 42/06 unter Bezugnahme auf Staudinger zu §632 II BGB entschieden.
Folge: B-Antrag auf Einholung eines Gutachtens zum Beweis der Üblichkeit des berechneten Werklohnes
m.E. aus Gründen anwaltlicher Vorsicht(Haftungsrisiko) auch im Schadensersatzprozess des Unfallopfers notwendig.
MfkG
Unsere Unternehmensstruktur ist einzigartig. Daher berechnet sich UNSER ÜBLICHES HONORAR am Standort nach der Büro eigenen – am Markt einmalig kalkulierten – Honorartabelle. Somit fordert der Geschädigte berechtigten Schadensersatzanspruch nach § 249 BGB Satz 1 ausschließlich auf Grundlage/nach Vorlage unserer Rechnungslegung, deren Einzelpositionen dem jeweiligen konkreten Schaden/Schadenumfang folgen.
Im Schadensersatzrecht ein Gutachten über die Üblichkeit des berechneten Werklohnes einholen zu wollen erübrigt sich bei jedweder Kürzung seitens des Schädigers, insoweit nicht mehr als das Doppelte in Rechnung gestellt wurde, was der Schädiger bereits „freiwillig“ erstattet hat. In diese Fällen liegt nämlich klar auf der Hand, dass ersichtlich kein sittenwidriges Geschäft nach BGB § 138 abgeschlossen wurde.
@ RA Imhof
Ein Zurückruderen des BGH sehe ich allerdings nicht! In VI ZR 76/16 wird zwar im Leitsatz die Rechnung des Sachverständigen als mit dem Unfall verbundener Vermögensnachteil bezeichnet, der über § 249 I BGB auszugleichen ist, dann werden aber die berechneten Sachverständigenkosten über § 249 II 1 BGB geprüft. Der vom BGH entschiedene Fall betraf eine Rechnung des Sachverständigen ohne Honorarvereinbarung mit Abtretung.
Liegt keine Honorarvereinbarung vor, bemisst sich der Werklohn des Sachverständigen tatsächlich nach § 632 BGB ff. Das hat bereits der BGH in X ZR 122/05 entschieden.
Unberücksichtigt hat der BGH, dass mit der Rechnung ein Schadensdokument vorliegt, mit dem der Kläger (Geschädigter) seiner Darlegungslast hinsichtlich der Höhe des Schadens bereits nachgekommen ist. Einer Schadenshöhenschätzung bedarf es daher nicht mehr. Gegebenenfalls ist der Schädiger auf den Vorteilsausgleich zu verweisen, denn der Sachverständige ist sein Erfüllungsgehilfe. Etwaige Fehler gehen zu Lasten des Schädigers.
All das hat der BGH nicht berücksichtigt.
Es mag zwar zutreffen, dass hinsichtlich der Üblichkeit des berechneten Werklohns aus anwaltlicher Fürsorge ein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtebns erforderlich sein kann, allerdings müßte der Antrag m.E. dann unter Verwahrung gegen die Kostenlast erfolgen, denn der Schädiger behauptet, dass die berechneten Kosten unüblich seien. Das einfache Bestreiten reicht nämlich nicht mehr aus.