Mit Urteil vom 17.07.2017 ( 18 C 383/17) hat das AG Reinbek ein Versäumnisurteil gegen die Halterin des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges aufrecht erhalten, mit dem diese zur Zahlung von 95,73 € zzgl. Zinsen, vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie den Kosten einer Halterauskunft verurteilt wurde. Das Urteil wurde erstritten von der Kanzlei Hamburger Meile.
Die Urteilsgründe:
Die Klage ist – nach rechtzeitigem Einspruch gegen das Versäumnisurteil – zulässig und begründet.
Der Anspruch (hier aus abgetretenen Recht für die Klägerin) des Unfallgeschädigten gegen die Unfallverursacherin auf Zahlung von Schadensersatz in beantragten Höhe folgt aus der Anwendung der §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249, 398 BGB.
Unstreitig fand xx.xx.2016 zwischen dem Auftraggeber des Klägers (Zedent) und der Beklagten ein Verkehrsunfall in 21465 Reinbek statt, wobei für den dadurch entstandenen Schaden am Fahrzeug des Zedenten die Beklagte vollumfänglich eintrittspflichtig ist. Unstreitig hat der bei dem Unfall geschädigte Zedent bei dem Kläger eine gutachterliche Schadenkalkulation über den Sachschaden an seinem Fahrzeug in Auftrag gegeben und dabei eine Verabredung über die Höhe der Honorarkosten im Sinne der Preisliste (Anlage K2) mit dem Kläger getroffen. Die Preisliste enthält auch die Angaben zu der Höhe der Nebenkosten. Ferner hat der geschädigte Zedent seine Ansprüche gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Kläger abgetreten.
Für die Erstellung des Gutachtens stellte der Kläger dem Geschädigten unter dem xx.xx.2016 insgesamt 749,77 € in Rechnung, davon 449,50€ netto bzw. 508,90€ netto an Grundhonorar nebst Nebenkosten. Hinsichtlich der dezidierten Berechnung wird auf die Klageschrift – dort Seite 3 und 4 – bezug genommen. Die Beklagte zahlte hierauf 635,00€. Die restlichen 95,73 € sind Gegenstand der Klage.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Kosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen.
Zum erforderlichen Herstellungsaufwand gehören auch die Kosten der Heranziehung eines Sachverständigen zum Zwecke der Schadenermittlung, wobei hierzu vornehmlich die Kosten der eigentlichen sachverständlichen Tätigkeit gehören. Zulässig ist deren pauschale Abrechnung – wie hier – in Anlehnung an die Höhe des ermittelten Sachschadens. Zwar haben die Beteiligten der Vereinbarung keine konkrete Vergütungsabrede getroffen, es reicht jedoch aus, dass sie sich – wie hier – über die Maßstäbe einig waren, nach denen die Vergütung zu berechnen ist.
Die sog. Nebenkosten sind insoweit erstattungsfähig, als sie tatsächlich angefallen, nicht deutlich überhöht und dies für den Geschädigten auch erkennbar war (LG Saarbrücken, Urteil vom 19.12.2014 – 13 S 41/13 m.w.N. – zitiert nach juris). Im Rahmen der Auftragsvergabe – und nicht erst im Rahmen der Prüfung der ausgestellten Rechnung – muss der Geschädigte in Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes eine Plausibilitätskontrolle der angeschlagenen Nebenkosten durchführen. Die Rechnung entfaltet insoweit keine Indizwirkung in Bezug auf die Höhe der erforderlichen Aufwandes. Die Höhe des erforderlichen Aufwandes ist vom erkennenden Gericht im Rahmen des § 287 ZPO zu schätzen. Dabei hat der Gesetzgeber mit dem Justizvergü-tungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) eine für jedermann zugängliche Orientierungshilfe geschaffen, die bei der Bemessung der Angemessenheit von Nebenkosten auch im Rahmen der Überprüfung von Nebenkostenabrechnungen privater Sachverständiger herangezogen werden kann. Der Geschädigte kann die Nebenkosten jedenfalls dann nicht mehr für erforderlich halten, wenn die hierfür vorgesehene Vergütung nach JVEG um mehr als 20% überschritten wird. Liegt eine solche Überschreitung vor, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf die Geltendmachung der Nebenkosten im Rahmen der Wertansätze des JVEG beschränkt.
Eine Ausnahme wird von der Rechtsprechung bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der Fahrtkosten gemacht, die insoweit abweichend von den Regelungen des §§ 5, 8 JVEG nicht mit 0,30 sondern mit 0,60 bzw. 0,70 €/km angeschlagen werden dürfen.
Hinsichtlich der vorliegend in Ansatz gebrachten Schreib- und Fotokosten und der Pauschale für die Kommunikation ist darüber hinaus zu beachten, dass es sich dabei um sog. Kosten des täglichen Lebens handelt, mit denen eine erwachsene Person üblicherweise im Alltag konfrontiert wird und deren Höhe typischerweise auch ohne eine besondere Sachkunde abgeschätzt werden kann(vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 Rn. 14 – zitiert nach juris). Insoweit war für den Geschädigten ohne Mühe zu erkennen, dass die veranschlagten Kosten denen – die im Rahmen der Abrechnung nach JVEG in Ansatz zu bringend wären – entsprechen.
Mit ihren Einwänden gegen die Erstattungsfähigkeit der Nebenkosten kann die Beklagte nicht gehört werden. Zum Einen ist die Abrechenbarkeit der Nebenkosten als solches ausdrücklich zwischen dem Kläger und dem Geschädigten ausweislich der Anlage K2 vereinbart worden. Zum Anderen ist die Abrechenbarkeit der einzelnen Nebenkosten wie Fotos, Schreibkosten etc. neben dem Grundhonorar inzwischen in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. vom 11.02.2014 – Az VI ZR 255/13, vom 22.07.2014 – Az VI ZR 357/13,vom 26.04.2016 – Az VI ZR 550/15 – zitiert nach juris).
Die Beklagte befand sich mit Zahlung einer Forderung in Verzug, so dass die beantragten Verzugszinsen, der Auskunftsaufwand und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auszusprechen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 344 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf § 709 ZPO.
Soweit das AG Reinbek.