Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
heute stellen wir Euch ein Schadensersatzurteil des Amtsgerichts Cuxhaven im Rechtsstreit gegen die VHV Versicherung vor. Diese Versicherung meinte doch allen Ernstes, die von ihr gekürzten Schadenspositionen „restliche Mietwagenkosten und restliche Sachverständigenkosten“ zunächst aufs Blaue hinaus zu rechtfertigen. Dabei trägt sie für die von ihr vorgenommenen Kürzungen die Darlegungs- und Beweislast. Für den Geschädigten spricht zunächst die Richtigkeit der vorgelegten Rechnungen für die Mietwagenkosten und die Sachverständigenkosten. Sollte der Schädiger bzw. dessen Versicherer der Ansicht sein, diese berechneten Beträge seien zur Wiederherstellung nicht erforderlich, so trägt der Schädiger hierzu die Darlegungs- und Beweislast. Da die VHV Versicherung noch nicht einmal ihrer Darlegungslast nachkam, hat das erkennende Gericht zu Recht den Vortrag der VHV Versicherung als unerheblich, das heißt nicht zu beachtend, gewertet. So ist das nach der Relationstechnik, die jeder Richter anzuwenden hat: Wenn nicht erheblich seitens des Beklagten vorgetragen wird, ist nur das schlüssige Vorbringen des Klägers entscheidungserheblich. So war es auch hier. Die restlichen Mietwagenkosten wurden anerkannt und zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten verurteilt. Spiel, Satz und Sieg für den Kläger. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Cuxhaven
5 C 484/17
Im Namen des Volkes
Teilanerkenntnis- und Endurteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Kläger
gegen
VHV Allgemeine Versicherung AG vertr. durch den Vorstand, Constantinstr. 90, 30177 Hannover
Beklagte
hat das Amtsgericht Cuxhaven im Verfahren gemäß § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 24.11.2017 am 07.12.2017 durch den Richter am Amtsgericht F. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 49,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.11.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf bis zu 500,00 EUR festgesetzt.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus den §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 1 PflVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG einen Anspruch auf Zahlung von 49,34 EUR.
In Höhe von 24,35 EUR hat die Beklagte die Forderung teilweise anerkannt. (Mietwagenkosten)
Außerdem hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der vollständigen Sachverständigenkosten.
Gemäß § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Zu diesen Kosten gehören bei Verkehrsunfällen grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, es sei denn, es handelt sich um Bagatellschäden.
Nur wenn der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise verlangt, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung des Sachverständigen als nicht erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 erweisen. Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat (BGH, Urt. v. 26.04.2016 – VI ZR 50/15, in: DS 2016, 323 (324)).
Wie der Geschädigte bezüglich des Grundhonorars von 310,00 EUR hätte erkennen können, dass dieses Honorar überhöht sein sollte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Dies folgt bereits daraus, dass selbst nach dem Beklagtenvortrag ein Betrag von 303,00 EUR angemessen und erforderlich war.
In Bezug auf die Nebenkosten waren die vom Sachverständigen angesetzten Schreibkosten aus Sicht des Klägers nicht deutlich überhöht. Für den Kläger setzte sich das Gutachten aus zehn geschriebenen Seiten zusammen. Eine Differenzierung danach, welche Seiten der Sachverständige selbst geschrieben hat und welche durch den Rechner erstellt worden sind, war ihm als Laien nicht möglich.
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 288, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Das AG Cuxhaven stellt auch darauf ab, dass bei einer Preisvereinbarung das Grundhonorar nur dann nicht erforderlich ist, wenn dieses für den Geschädigten (nicht für den Schädiger!) deutlich überhöht erscheint. wenn also für den Geschädigten bei Vertragsabschluss ein Grundhonorar vereinbart wird, dass für den Geschädigten nicht erkennbar deutlich überhöht ist, dann ist es auch erforderlich.
So ist es richtig, denn nur überzeugende Argumente sind verwertbar!
@ Willi Wacker
@ Iven Hanske
@ Bernd Brüggemann
Das ist in der Tat ein praxisorientiertes Urteil, weil von vornherein zutreffend auf die Sichtweite und Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten abgestellt wurde.
Auf die Sichtweite des Schädigers und der hinter dem Schädiger stehenden Haftpflichtversicherung kommt es dabei gerade nicht an. Deshalb sind werkvertragliche Einwendungen ex post schadenersatzrechtlich generell unerheblich, denn sie respektieren und beachten gerade nicht die Sichtweise/Sichtweite und die Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten und das nennt sich dann Schadenmagement.
Der Geschädigte ist jedoch nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur gehalten,“im Rahmen des ihm Zumutbaren“ den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, „sofern“ er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Grundsätzlich ist ihm das jedoch genau so wenig möglich, wie zur Höhe der Reparaturkosten, wenn er die Dienstleistungserbringung in die Hände von Fachleuten gelegt hat.
Nur für den Fall, dass der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise verlangt, die – auch für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung des Sachverständigen als nicht erforderlich i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 erweisen. Dazu müsste m.E. aber im beurteilungsrelevanten Zusammenhang ein Auswahlverschulden angesprochen werden, beispielweise wegen der Inanspruchnahme nicht qualifizierter und nicht anerkannter sowie nicht unabhängiger Personen, welche die Aufgaben eines Kfz-Sachverständigen wahrzunehmen versuchen.
Allerdings stehen bei Vertragsabschluss weder die beurteilungsrelevante Schadenhöhe noch der Umfang
und damit noch nicht einmal der Preis für die Erarbeitung der beweissichernden Tatsachenfeststellung fest. Somit sind auch noch keine ausreichend konkreten Preise oder Honorarbandbreiten verfügbar, an denen sich ein Geschädigter orientieren könnte. Ein für ihn erster Beurteilungsansatz kann aber das Preistableau des Sachverständigen sein, das nicht auf Sonderkonditionen abstellt und eine auf dieser Grundlage rechtsgültig abgeschlossene Honorarvereinbarung.
Willi Wacker hat deshalb ergänzend zutreffend ausgeführt: „Sollte der Schädiger bzw. dessen Versicherer der Ansicht sein, diese berechneten Beträge seien zur Wiederherstellung nicht erforderlich, so trägt der Schädiger hierzu die Darlegungs- und Beweislast.
Da die VHV Versicherung noch nicht einmal ihrer Darlegungslast nachkam, hat das erkennende Gericht zu Recht den Vortrag der VHV Versicherung als unerheblich, d.h. als nicht zu beachtend, gewertet.“
Diese Beurteilung versteht sich vor dem Hintergrund, das jedwede ex post Betrachtung mit werkvertraglichen Einwendungen aller Art schadendersatzrechtlich allein schon deshalb unerheblich ist, weil der Schädiger und seine Versicherung dem Sachverständigen aus abgetretenem Recht nur das entgegenhalten können, was sie auch dem Geschädigten vorhalten könnten und das beschränkt sich auf einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht auf Grund eines dezidiert darzulegenden Auswahlverschuldens. Dieser Ansatz ist jedoch in den rechtfertigenden Ausführungen von Kürzugsschreiben generell nicht enthalten. Zwar behauptet beispielsweise die HUK-Coburg- Versicherung regelmäßig einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, lässt aber die Frage eines Auswahlverschuldens im beurteilungsrelevanten Zusammenhang unbeantwortet und das aus gutem Grund. Oder sollte sich die Idee für einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht möglicherweise auf die verfehlte Annahme stützen, dass der Geschädigte leichtfertig einen Sachverständigen beauftragt hat, der nicht servil nach einem Versicherungstableau abrechnet? Damit würde der Geschädigte jedoch zu einem nicht vernünftigen und nicht wirtschaftlich denkenden Menschen deklassiert und diskriminiert. Man sollte dennoch den § 249 S.1 BGB zukünftig in Respektierung des damit Gewollten wieder deutlicher in den Vordergrund einer soliden schadenersatzrechtlichen Betrachtung würdigen, zumal es um konkrete und nicht fiktive Abrechnungen geht.
R-REPORT-AKTUELL
# R-REPORT-AKTUELL, Recht haben und Recht bekommen ist leider, trotz deiner richtigen und allen bekannten Ausführungen, ein Lotteriespiel mit dem rechtschaffenden- und willkürlichen Richter! Kennt ihr noch den Fall (Lotteriespiel) wo die provozierende willkürliche Aroganz in Dessau durch die Bauernschippe erschlagen wurde? Wozu brauchen wir ein Gesetz, wenn es leider immer öfter von den Hütern, mit wischi-waschi Vorlage des 6. Senat, willkürlich missachtet wird?
Wischi-Waschi= Abs.1 oder 2 des § 249 BGB? Zahlungsverpflichtungen hat oder hat keine Indizwirkung? Was ist ein weiterer Indiz statt die bezahlte Rechnung? Schätzung oder Vorteilsausgleich? Marktforschung ja oder nein? BVSK komplett oder nur in den Nebenkosten unbrauchbar? JVEG komplett oder nur für die Grundkosten ungeeignet? Gibt es ein Unterschied zwischen erfüllungsstatt und erfüllungshalber? Usw. Alles Unsicherheiten seit dem der gekaufte Wellner am Gesetz konstruiert! Selbst die seriösen AG- LG- und OLG Richter haben Probleme mit diesem Wellner Unsinn, was der aktuelle 61/17 Fall des BGH beweist. Die Kürzungsurteile sind zum Schluss rechtswidrige Preisvorgaben von Lobbyisten. Kommunismus, Versicherung oder Rechtsverdreher, also ein normativer Eingriff in den Markt. Die Lösung wäre eine Honorarordnung und da ist der Gesetzgeber gefragt, wenn er die Gerichte, Steuerzahler entlasten und die Korruption vermeiden möchte bzw. Schippengewalt verhindern möchte.
@Iven Hanske
Wenn eine solche „Honorarordnung“ in den Bemessungsgrenzen so ausfallen würde, wie das desolate JVEG als Entschädigungsgesetz, wäre der Sache auch nicht gedient. Es sind Teile der Justiz in unserem Lande, die ihre Aufgabenstellung, bis rauf zum VI. Zivilsenat des BGH, verkennen und so einen rechtswidrigen Aktionismus nachhaltig gestützt haben und immer noch stützen. Dass dann an einer Reihe von Amtsgerichten und Landgerichten auch ein Vielfalt von Meinungen zum Schadenersatzgedanken Platz greift, kann nicht verwundern und so entsteht in der Absicht, dem Kürzungsgedanken noch mehr Gewicht zu verschaffen, ein geradezu verwegener Aktionismus. Jedem wahrheitsliebenden Menschen in der BRD wird es einleuchten, dass es im Zusammenhang mit verweigerten Schadenersatzansprüchen eine solche Menge an „nicht vernünftigen“ und „nicht wirtschaftlich denkenden“ Menschen überhaupt nicht geben kann.
Letztlich haben aber auch die Kfz.-Sachverständigen durch ihre Bequemlichkeit und ihrem Beharrungsvermögen im lieb gewonnenen Wohlfühlcontainer diese Situation geradezu herausgefordert und wundern sich dennoch über den dadurch verursachten Flächenbrand, der mit Kungeleien jedweder Art auf Dauer nicht solide zu löschen ist. Der Ruf nach dem Gesetzgeber ist da zunächst verständlich, jedoch der
am wenigsten wirksame Weg. Die Beachtung unsere Gesetzgebung und eine zum Teil hervorragende
Rechtsprechung sind völlig ausreichend, eine im Namen des Volkes akzeptable Rechtsprechung zu stabilisieren. Die Versuche des GDV und seiner Mitgliedsunternehmen, die qualifizierten und unabhängigen, Sachverständigen zu diskriminieren und aus dem Verkehr zu ziehen, sollten nicht länger durch schräge Urteile in unserem Justizwesen gestützt werden.
R-REPORT-AKTUELL
Auch die Honorarkürzungen durch die VHV in Hannover mit der scheinbar verlockenden Inaussichtstellung einer schnellen Regulierung ohne Kürzung bei Einigung auf das VHV-Honorartableau erfüllen u.a. den strafrechtlichen Tatbestand der Nötigung.
BORIS
@R-REPORT-AKTUELL „Wenn eine solche „Honorarordnung“ in den Bemessungsgrenzen so ausfallen würde, wie das desolate JVEG als Entschädigungsgesetz, wäre der Sache auch nicht gedient.“
Das ist doch neben der Sache. Ich empfehle sich erst einmal mit dem JVEG gründlich zu befassen, bevor man Solches in die Welt setzt. Man sollte halt nichts ununtersucht tadeln oder preisen. Dann kann man nämlich feststellen, dass danach abgerechente Nebenkosten zu einer – unterm Strich – höheren Vergütung führen.
Z.B. werden im JVEG Fahrtzeitkosten mit 100€/h angesetzt. In Großstädten ist man für 25 Km schon mal 2h unterwegs, was bisher gar nicht ins Gewicht fiel. Nach JVEG wären das allein für Fahrtzeit zusätzlich 200€ + Mwst.
@Juri
Träum weiter, dass damit alles besser und unkomplizierter wird.
Rebecca Sch.
@ Juri
Einfach mal das Urteil des AG Saarlouis vom 18.3.2015 – 26 C 419/14 (11) – mit Bedacht in Deine Überlegungen einbeziehen, bevor Du auf Fehlersuche zu anderen Überlegungen gehst.
Lupus
@Lupus „Einfach mal das Urteil des AG Saarlouis vom 18.3.2015 – 26 C 419/14 (11) – mit Bedacht in Deine Überlegungen einbeziehen, bevor Du auf Fehlersuche zu anderen Überlegungen gehst.“
Da haben wir es wieder. Na ja –. Einfach mal irgend etwas so – ohne Substanz, sinnfrei und inhaltslos in die Runde werfen. Wo ist denn die Anknüfung und/oder eine inhaltliche Aussage des zitierten Urteils zu meinem obigen Beitrag? Ich empfehle dieses Urteil erst einmal selbst zu lesen und kongnitiv zu verarbeiten, wenigstens versuchsweise. Aber offensichtlich hapert es da wohl? Und dann noch „…auf Fehlersuche zu anderen Überlegungen“… Was kann denn damit gemeint sein?