Mit Entscheidung vom 17.07.2009 (308 O 173/09) wurde die Württembergische Versicherung AG dazu verurteilt, es zu unterlassen, die gegenständlichen Lichtbilder eines Sachverständigengutachtens öffentlich zugänglich zu machen.
Über das Urteil des Langerichts Hamburg wurde am 16.12.2009 bei Captain HUK ausführlich berichtet.
Die Württembergische Versicherung AG hatte Lichtbilder des Sachverständigen in eine Restwertbörse eingestellt, obwohl im Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass eine Einstellung der Lichtbilder in eine Restwertbörse untersagt ist. Im Prozessverlauf vertrat die beklagte Partei, vertreten durch eine namhafte Kanzlei in München, die Auffassung, sie habe trotz Hinweis im Gutachten das Recht, die Lichtbilder in eine Restwertbörse einzustellen, da der Sachverständige keinen Restwert ermittelt habe. Wohlgemerkt, es handelte sich hierbei um einen Reparaturschaden in Höhe von EUR 1.487,68 brutto (= EUR 1.250,15 netto) bei einem Wiederbeschaffungswert von EUR 1.800.– (steuerneutral).
Gegen das eindeutige Urteil des Landgerichts hatte die Württembergische Versicherung dann Berufung beim OLG Hamburg eingelegt, diese jedoch am 24.06.2010 wieder zurückgenommen, unter Berufung auf das Urheberrechtsurteil des BGH vom 29.04.2010 (I ZR 68/08).
Dieses Verfahren zeigt wieder einmal sehr deutlich, dass Versicherer, ohne Rücksicht auf Verluste, agieren, um dem Markt den Willen der Versicherer zu indoktrinieren. Andernfalls ergäben sich zwangsläufig erhebliche Zweifel an der Intelligenz der Verantwortlichen?
Das Urheberrechtsgesetz wird missachtet, selbst gegen einen ausdrücklichen Rechtshinweis im Gutachten. Des weiteren wird versucht, dem Sachverständigen die Schuld für die versicherungseigenen Rechtsverstöße zuzuschieben mit dem Argument, der Sachverständige habe ein „falsches Gutachten“ erstellt, da er bei einem offensichtlichen Reparaturschaden keinen Restwert ermittelt habe.
Dies, liebe Württembergische Versicherung (und andere Marktteilnehmer), ist auch nicht erforderlich, wenn man das Urteil des BGH VI ZR 192/05 vom 23.05.2006 gelesen hat.
Zitat:
„Der Geschädigte kann zum Ausgleich des durch einen Unfall verursachten Fahrzeugschadens, der den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigt, die vom Sachverständigen geschätzen Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen, wenn er das Fahrzeug – gegebenfalls unrepariert – mindestens 6 Monate nach dem Unfall weiter nutzt (Fortführung von BGHZ 154, 395 ff.).“
Was gibt es daran eigentlich nicht zu verstehen? Eine Restwertermittlung ist – sofern das Fahrzeug innerhalb von 6 Monaten nicht veräußert wird – grundsätzlich nicht erforderlich, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen. Auch dann nicht, wenn es in den „Richtlinien“ eines größeren Sachverständigenverbandes anders und damit versicherungsfreundlich falsch propagiert wird.
Darüber hinaus wurde im Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Geschädigte beabsichtigt, das Fahrzeug weitere 6 Monate zu nutzen.
Zitat:
„Nach Angaben des Fahrzeughalters wird das Fahrzeug über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten weiter genutzt.“
Der Anspruch auf die Reparaturkosten (netto) ist demnach sofort fällig. Es wäre dann ggf. Sache der Schädigerversicherung, die Haltefrist von 6 Monaten zu überprüfen.
Die Württembergische Versicherung bzw. der namhafte Prozessbevollmächtige waren sowohl im außergerichtlichen als auch in beiden gerichtlichen Verfahren gegenüber urheberrechtlichen „Argumenten“ völlig verschlossen. Wollte man hier ein Exempel statuieren und dem Sachverständigen nur zeigen, „wo der Hammer hängt“? Jede „Wald- und Wiesenkanzlei“ hätte bei dem vorliegenden Sachverhalt und nach einem Blick ins Gesetz sofort erkannt, dass man als Beklagte diesen Prozess nicht gewinnen kann?
Wie dem auch sei?
Hier der Beschluß des OLG Hamburg vom 26.06.2010 (5 U 101/09):
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT
Beschluss
Geschäftszeichen: 5 U 101/09
308 O 173/09
In dem Rechtsstreit
Sachverständiger,
– Kläger und Berufungsbeklagter –
Prozessbevollmächtigte/r: …,
gegen
Württembergische Versicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Gutenbergstraße 30, 70163 Stuttgart
– Beklagte und Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigte/r: … ,
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 26. Juni 2010 durch die Richter … .
Die Beklagte hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 24.06.2010 zurückgenommen.
Als Folge davon hat sie ihr Rechtsmittel verloren und muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen (§ 516 Abs. 3 ZPO).
Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf € 10.000.- festgesetzt.
Soweit zu diesem Verfahren beim OLG Hamburg
Die Restwertermittlung wollen komischerweise viele Anwälte auf Druck der Versicherung, obwohl der Kunde/Mandant angibt das Fahrzeug weiter fahren zu wollen und es nach zwei Monaten noch immer hat, wenn die Restwertbitte kommt.
Für den Versicherer ist es natürlich geschickt erst einmal zu wenig zu regulieren, den Zins zu kassieren und der Geschädigte muss sechs Monate später noch seinem Geld hinterherrennen.
Ich verstehe da so manche Anwälte nicht.
Grüße
Andreas
Aber lieber Andreas,
Du musst aber doch auch die armen Versicherungen verstehen, die jetzt mit dem Urheberrechtsurteil so richtig einen auf den Deckel gekriegt haben. Genau genommen müssen jetzt die freien und unabhängigen Sachverständigen, dazu zähle ich Dich auch, dem taumelnden Gegner bei der Restwertbörse den entscheidenden Knock out versetzen.
Grüße
Sebastian
@Andreas
„Für den Versicherer ist es natürlich geschickt erst einmal zu wenig zu regulieren, den Zins zu kassieren und der Geschädigte muss sechs Monate später noch seinem Geld hinterherrennen.“
Muss er nicht. Wenn die Versicherung nur den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert – Restwert) reguliert, unverzüglich Klage einreichen, da der komplette Netto-Reparaturschaden sofort fällig ist und nicht erst in 6 Monaten. Siehe hierzu auch die Fälligkeitsvoraussetzungen bei der 130%-Regelung.
Dass viele Anwälte nicht so vorgehen, ist in der Tat völlig unverständlich bzw. ein Indiz für unqualifizierte Schadensbearbeitung. Wenn unabhängige Gutachter so arbeiten würden? Der Versicherung immer genau das liefern, was gerade gewünscht wird? Die Versicherung zieht an der Schnur und schon zappelt der freiberufliche Hampelmann? Arme Anwaltswelt!
Deshalb braucht man sich nicht über Geschädigte wundern, die Anwälte meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Oftmals gebrannte Kinder.
Hallo Heinrich
den wirklich guten Anwalt findet man sicher nicht unter denen,die dauernd für sich werben müssen–gilt übrigens auch für Versicherungen!
Die Geschädigten sollten die Sachverständigen nach einem Anwalt fragen,dann klappts!
Die Anwaltsempfehlung ist nämlich bereits durch den BGH ausdrücklich erlaubt worden.
Klingelingelingelts?
… und was schert es die Württembergische? Weiterhin behauptet sie gegenüber dem Unfallopfer, das Gutachten ist zur Regulierung nicht geeignet.
Insoweit weitere einstweilige Verfügungen gegen die Württembergische bzw. anderer infrage kommender Versicherer vorliegen bzw. Unterlassungserklärungen seitens des Versicherers abgeben wurden, bitte ich, wenn noch nicht geschehen, diese umgehend!!! an die Redaktion zu senden.
Hallo Virus,
dann eben die SV-Kosten einklagen. Der vom Geschädigten beauftragte SV ist Erfüllungsgehilfe des Schädigers, nicht des Geschädigten. Jeder Fehler des Erfüllungsgehilfen, also auch bei einem unbrauchbaren Gutachten, geht zu Lasten des Schädigers, es sei denn, es liegt ein Auswahlverschulden vor oder der Geschädigte hat die Unrichtigkeit des Gutachtens zu vertreten.
Inwieweit eine Unterlassungsklage Erfolg hat ist Tatfrage.
Mit freundl. Grüßen
Willi Wacker