Der saarländische Verfassungsgerichtshof überprüft gerade die Korrektheit von Bußgeldbescheiden bei Verwendungen von Meßgeräten, bei denen herstellerseitig die Rohmeßdaten gelöscht werden. Laut Pressemitteilung zweifelten die Richter am Donnerstag die gängige Blitztechnik grundsätzlich an.
Lv 7/17 – das Urteil vom 05.07.2019
Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen der ordentlichen Gerichte betreffend die Verurteilung zu Bußgeldern wegen Geschwindigkeitsüberschreitung (Verwendung bestimmter Messgeräte)
Für das hier gegenständliche, 2015 zugelassene Meßgerät Traffistar S 350 gilt das seit dem 01.01.2015 geltende neue MessEG – Gesetz über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt, ihre Verwendung und Eichung sowie über Fertigpackungen (Mess- und Eichgesetz – MessEG).
Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 MessEG ist die Konformitätsbewertung/-erklärung maßgebend.
Dies hat Auswirkungen auf das standardisierte Messverfahren dahingehend, dass gerade nicht von einem „standardisierten Messverfahren“ auszugehen ist, wenn Rohmeßdaten – Zeitstempel – vom Hersteller, hier Jenoptik, vorsätzlich gelöscht werden. Somit im nachhinein ein Sachverständiger für Verkehrsmeßtechnik die Korrektheit der Messung nicht überprüfen und folglich ein Richter – im Sinne des Beschuldigten – auch kein faires Verfahren mehr führen kann. Dies vor dem Hintergrund, dass das Vorhänge-schlosssymbol auf den „Beweisfotos“ gerade nicht die Datenauthentizität des Messvor-ganges sichert/belegt.
Urteil im Saarland könnte bundesweit Folgen haben
Beschwerde gegen Geldbuße:
Verfassungsrichter zweifeln Zulässigkeit von Blitzern an
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Blitzer der Firma Jenoptik speichern Messdaten nicht
Den Richtern geht es im Rahmen eines Bußgeldverfahrens vor allem darum, wie sich Betroffene zur Wehr setzen könnten, nachdem sie geblitzt wurden. Der Hintergrund: Die Blitzer der Firma Jenoptik speichern die Messdaten nicht ab. Die einmalig gemessene Geschwindigkeit ist somit im Nachhinein nicht mehr abrufbar und damit für den Geblitzten auch nicht einsehbar.
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GKS-Rechtsanwälte
Autor Tim Geißler, vom 16.12.2014
Hersteller von Geschwindigkeitsmessgeräten (Blitzer) zeigen Sachverständige wegen „Spionage“ an! Erfolglos!
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Warum so viel Aufwand der Hersteller?
Erkennbar ist jedoch das Bemühen der Gerätehersteller, den Sachverständigen die Arbeit und die Auswertung entsprechender Messdaten zu erschweren. Diese rechtfertigt die Vermutung, dass nicht nur betriebswissenschaftliche Interessen geschützt werden sollen, sondern möglicherweise befürchtet wird, dass systematische Messfehler festgestellt werden können, was dazu führen würde, dass das Messgerät in entsprechender Form nicht weiterbetreiben werden darf.
VUT
Rohmessdaten vor dem saarländischen Verfassungsgericht
Am 09.05.2019 konnten wir die mündliche Verhandlung vor dem saarländischen Verfassungsgerichtshof in der Sache Lv 7/17 verfolgen.
Das Gericht leitete die Verhandlung mit dem Hinweis ein, dass
„Wer das Recht hat sich zu wehren, der muss auch die Möglichkeit haben sich zu wehren.“
Der ganze Artikel.
Nach dem Urteil des saarländischen Verfassungsgerichtshofs in der Sache Lv 7/17 kommt Jenoptik nicht umhin, seine Blitzer einem fairen Bußgeldverfahren zugänglich zu machen.
Zulassung neuer Software verschoben:
„Das für Juli angekündigte Software-Update für das umstrittene Blitzgerät TraffiStar 350s kommt frühestens im Herbst.“
Quelle: Thüringer Allgemeine
„Die Berliner Polizei hat Blitzer des Typs Traffistar S350 vom Hersteller Jenoptik außer Betrieb gestellt.“
Quelle: HEISE
Während alle anderen Innenminister der einzelnen Bundesländer kein Problem mit nicht rechtsstaatlichen Bußgeldverfahren zu haben scheinen.
Verlinkung zum Aufsatz von RiLG Dr. Christoph Brück, veröffentlicht bei JURIS, ab Seite 392
Abgeblitzt? Keine Geschwindigkeitsmessung ohne Datenspeicherung – zugleich eine Anmerkung zu VerfGH Saarbrücken, Urt. v. 05.07.2019 – Lv 7/17