Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
heute wollen wir Euch ein Urteil aus Franken gegen die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG bekanntgeben. Wieder einmal kürzte die HUK-COBURG die Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall. Der Geschädigte trat seinen Schadensersatzanspuch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen ab. Dieser klagte den gekürzten Betrag bei dem zuständigen Amtsgericht in Würzburg ein. In diesem Verfahren wurde die HUK-COBURG wieder durch den bekannten Kölner Anwalt vertreten. Entgegen der Rechtsprechung des BGH (in NJW 2014, 1947 ff) prüft das Gericht die einzelnen Nebenkostenpositionen nach werkvertraglichen Gesichtspunkten. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Leider hat es etwas gedauert, bis wir dieses Urteil hier veröffentlichen konnten, weil das Urteil gänzlich eingetippt werden musste – und das im zeitaufwendigen Einfingersuchsystem.
Amtsgericht Würzburg
– 34 C 2969/13 –
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
des Sachverständigenbüros ….
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte ….
g e g e n
HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG, vetreten durch den Vorstand, Ludwigstraße 20, 97070 Würzburg
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B.M. aus K.
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Würzburg durch den Richter … am 23.6.2014 auf Grund des Sachstandes vom 23.6.2014 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
E n d u r t e i l .
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 120,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.2.2013 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin 27 % und die Beklagte 73 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird auf 163,96 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Ermessungsrahmens berücksichigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Amtgericht Würzburg zuständig.
II.
Die Klage ist teilweise begründet.
1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte in der Hauptsache einen Anspruch auf Zahlung von 69,37 € restlicher Gutachterkosten aus §§ 7 StVG, 115 I 1 VVG i.V.m. § 398 BGB.
a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Fordeung wurde von dem Geschädigten an die Klägerin abgetreten.
b) Der Anspruch ist vorliegend in Höhe von 543,31 € entstanden.
aa) Die Kosten eines Sachverständigengutachtens sind grundsätzlich erstattungsfähig. Sie gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und daher auszugleichenden Vermögensnachteilen, wenn und sowweit die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig ist, den Schadensersatzanspruch geltend zu machen(vgl. nur BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – = BGH DS 2007, 144). Dabei entsteht dem Geschädigten ein erstattungsfähiger Vermögensnachteil insoweit nur in der Höhe, in der ein Sachverständigenhonorr entstanden ist. Dabei gilt nach § 632 II BGB, dass dann, wenn die Höhe der Vergütung nicht vereinbart wurde, die übliche Vergütung als vereinbart gilt.
bb) Zur Ermittlung der ortüblichen und angemessenen Vergütung gem. § 287 I ZPO zieht das Gericht vorliegend die BVSK-Honorarbefragung 2013 heran. Es handelt sich dabei um eine geeignete Schätzgrundlage. Sie beruht auf einer ausreichenden Basis, da sich jeweils deutlich über 800 Sachverständigenbüros aus verschiedenen Regionen an ihr beteiligt haben (LG Würzburg Beschluss v. 8.1.2014 – 42 S 1673/13 -). Das Gericht zieht den HB V Korridor heran. Innerhalb dieses Honorarkorridors bewegen sich regelmäßig mehr als 50 % der befragten Sachverständigen.
Soweit die Beklagte einwendet, die BVSK-Honorarbefragung sei ein selbst geschaffener Berechnungsmaßstab, handelt es sich um ein allgemeine Kritik. Die Beklagte hat nicht aufgezeigt, inwieweit irgendwelche Mängel sich auf den vorliegenden Fall auswirken. Einwendungen gegen die Grudlagen der Schadensbemessung sind aber nur dann erheblich, wenn sie sich auf den konkreten Fall beziehen (vgl. BGH Urt. v. 11.9.2008 – VI ZR 164/07 – = ZfS 2008, 383, 441).
Dabei ist es nach Auffassung des Gerichts auch insbesondere zulässig, die Kosten nicht nach dem konkreten Zeitaufwand, sondern nach der Schadenshöhe zu ermitteln. Dies zeigt sich insbesondere auch daran, dass beispielsweise die Vergütung der Rechtsanwälte nach der RVG im Wesentlichen nach dem Gegenstandswert erfolgt.
cc) Der Klägerin gegenüber kann auch eingewandt werden, dass sie zu hoch abgerechnet habe.
Zwar ist es dem Gericht verwehrt, die Höhe der Kosten eines Sachverständigen allein auf der Grundlage der BVSK-Honorarumfrage zu kürzen, wenn der Geschädigte diese Kosten gegenüber dem Schädiger geltend macht. Etwas anderes gilt unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nur dann, wenn er Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, welche die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen (BGH Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – = BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90).
Vorliegend macht jedoch der Sachverständige selbst die Kosten nach Abtretung geltend. Es handelt sich bei dem Vertrag zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Schädigers bzw. seiner Haftpflichtversicherung (vgl. BGH Urt. v. 9.7.2002 – X ZR 244/00 – ), so dass bei Überhöhung der Kosten ein Schadensersatzanspruch nach §§ 311, 280 I, 241 II BGB besteht. Daher kann die Beklagte vorliegend der Klägerin die Abrechnung nicht berechtigter Kosten entgegenhalten (so auch AG Ellwangen Urt. v. 18.3.2014 – 2 C 458/13 -).
dd) Neben dem Grundhonorar können nach Auffassung des Gerichts auch Nebenkosten in Ansatz gebracht werden. Das Gericht ist auch anders als das OLG Dresden (Urt. v. 19.2.2014 – 7 U 111/12 -) nicht der Auffassung, dass nur dann von Nebenkosten gesprochen werden kann, wenn diese nicht mehr als 25 % der Grundgebühr (gemeint ist wohl: Grundhonorar, Anm. des Autors) ausmachen würden. Denn die Qualifikation von Kosten als Nebengebühr beurteilt sich nicht über deren Höhe, sondern deren Anlass.
Soweit die Beklagte vorliegend in der Klageerwiderung (dort Seite 6) allgemein den Anfall und die Erforderlichkeit der Nebenkosten bestreitet, ist dieser Vortrag zu pauschal und damit unbeachtlich.
ee) Die Klägerin kann die Fahrtkosten ansetzen. Die erforderlichkeit der Fahrtkosten ergibt sich draus, dass das Fahrzeug des Geschädigten in Waldfichbach-Burgalben besichtigt wurde. Es liegt auch keine Verletzung der Schadensminderungspflicht seitens des Geschädigten vor. Dazu hätte konkret vorgetragen werden müssen, welches anerkannte Sachverständigenbüro in seiner Nähe er hätte beauftragen können und woraus sich für den Geschädigten hätte ergeben müssen, dass er ohne Verletzung seiner Schdensminderungspflicht diesem Büro hätte den Auftrag erteilen müssen. Auch die geltend gemachte Höhe der Fahrtkosten ist nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich innerhalb des HB V-Korridors.
ff) Die Schreib- und Kopierkosten können als Nebenkosten geltend gemacht wwerden. Allerddings können die Kosten nur insoweit geltend gemacht werden, wie sie sich innerhalb des HB V-korridors, welcher der Schätzung des Gerichts nach § 287 ZPO zugrunde liegt, bewegen. Daher können als Schreibkosten lediglich 2,86 € pro Seite und von den Kopierkosten lediglich 1,43 € pro Seite zuzgl. MWSt geltend gemacht werden. Da die Klägerin 3,40 € je Seite bei den Schreibkosten und 1,70 € je Seite bei den Kopierkosten in Ansatz gebracht hat, sind insoweit vvon dem Rechnungsbetrag 12,15 € (=30,60 € + 45,90 – 9 x 2,86 € – 27 x 1,43 €) zuzgl. MWSt abzuziehen, so dass 572,50 € verbleiben.
gg) Als Pauschale für Porto und Telefon und Schreibkosten können entsprechend des HB V-Korridors 18,17 € zuzgl. MWSt. in Ansatz gebracht werden. Es kann nicht davon ausgegangen wrden, dass dem Sachverständigen grundsätzlich eine Flatrate zur Verfügung steht. Die Klägerin macht hier 21,05 € zzgl. MWSt. geltend. Daher sind insoweit 2,88 € zzgl. MWSt. in Abzug zu bringen, so dass von dem verbliebenen Rechnungsbetrag 569,07 € verbleiben.
hh) Die Kosten für die Audatex-Abrufe können nicht gesondert als Nebenkosten berechnet werden. Vielmehr sind diese Kosten mit der Grundgebühr (gemeint ist wohl das Grundhonorar, Anm. des Autors!) abgegolten. Die BVSK-Befragung, die der richterlichen Schätzung nach § 287 I ZPO zugrunde liegt, sieht auch den Ansatz dieser Kosten als Nebenkosten nicht vor. Daher ist von den verbleibenden 569,07 € ein Betrag von 20,– € zzgl. MWSt. abzuziehen, so dass 545,27 € verbleiben.
ii) Für den zweiten Fotosatz können gemäß dem HB V-Korridor, welcher der gerichtlichen Schätzung nach § 287 I ZPO zugrunde liegt, 1,67 € pro Foto in Ansatz gebracht werden. Da die Klägerin jeweils 2,– € abgerechnet hat, sind 1,65 € zzgl. MWST. in Abzug zu bringen, so dass 543,31 € verbleiben.
jj) Die verbleibenden 543,31 € bewegen sich nicht oberhalb des HB V-Korridors. Es ergibt sich bei dem unstreitig zu berücksichtigenden Schaden in Höhe von 1.337,86 € netto folgende Berechnung:
Position HB-V-Korridor von bis
Gutachten 293,00 € 324,00 €
Fahrtkosten (49 km) 45,08 € 56,84 €
1. Fotosatz (5 Fotos) 11,05 € 12,75 €
2. Fotosatz (5 Fotos) 6,06 € 8,35 €
Schreibkosten (9 Blätter) 22,05 € 25,74 €
Kopien (27 Blätter) 29,97 € 38,61 €
Porto/ Telefon / pauschal 14,48 € 18,17 €
Zwischensumme 421,69 € 484,46 €
Mehrwertsteuer 80,12 € 92,05 €
Summe 501,82 € 576,51 €
b) Da bislang seitens der Beklagten unstreitig 423,– € auf die Gutachterkosten gezahlt wurden und die Forderung daher nur insoweit nach § 362 I BGB erloschen ist, verbleiben 120,31 €.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 120,31 € seit dem 22.2.2013 aus den §§ 286, 288 .
Die Klägerin hat die Bklagte unter Fristsetzung zum 21.2.2014 zur Zahlung aufgefordert. Die Beklagte befindet sich nach § 286 I BGB seit Ablauf dieser Frist im Verzug. Daher können ab dem 22.2.2014 Verzugszinsen verlangt wrden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO.
IV.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
V.
Die Berufung war nicht zuzulassen. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Rechtsbehelfsbelehrung
….
So das Urteil des AG Würzburg. Jetzt bitte Eure Kommentare.
Ich wusste gar nicht, dass es 4-Punkte-Richter gibt….