Auch der VII. Zivilsenat des BGH sieht in dem § 287 ZPO eine Beweiserleichterung zugunsten des Klägers mit Versäumnisurteil vom 6.4.2000 – VII ZR 199/97 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

weiter geht es mit den BGH-Urteilen zur Beweiserleichterung gemäß § 287 ZPO. Nachstehend veröffentlichen wir sogar ein Versäumnisurteil vor dem BGH zur Beweiserleichterung gem. § 287 ZPO aus dem Jahr 2000. Offenbar hatte die Beklagtenseite bereits nach der Revisionsschrift erkannt, dass ihr bisheriges Vorbringen wenig Aussicht auf Erfolg bot und schon von daher das Urteil des Kammergerichts Berlin aufzuheben sei. Auf jeden Fall ließ die Beklagtenseite Versäumnisurteil gegen sich ergehen, so dass aufgrund der Revision des Klägers das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben wurde. Auch in diesem Versäumnisurteil hat der zuständige VII. Zivilsenat auf die Beweiserleichterung auf Grundlage des § 287 ZPO für den Kläger (Geschädigten) abgestellt. Lest selbst das BGH-Versäumnis-Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.  

Viele Grüße
Willi Wacker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL

VII ZR 199/97                                                                                 Verkündet am: 6. April 2000

in dem Rechtsstreit

BGH, Urteil vom 6. April 2000 – VII ZR 199/97 – KG Berlin
.                                                                          LG Berlin

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2000 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Wendt
für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 15. Mai 1997 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen verzögerter Mangelbeseitigung.

Die Parteien schlossen am 8. Dezember 1991 einen Bauvertrag über die Errichtung einer Reihenhausanlage. Die Geltung der VOB/B war vereinbart.

Während der Bauausführung kam es über verschiedene Mängel zum Streit. Der Kläger hielt deswegen zwei Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 47.879 DM zurück. Daraufhin stellte die Beklagte die Arbeiten Ende März 1993 ein. Die Kosten der Mängelbeseitigung beliefen sich nach dem im anschließenden Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten auf rund 107.000 DM. Nach Aufforderung des Klägers nahm die Beklagte ihre Bautätigkeit im März 1994 wieder auf, die sie wegen erneuter Streitigkeiten über die Bauqualität Ende August 1994 beendete.
Der Kläger ließ das Bauvorhaben anderweitig fertigstellen. Die Reihenhäuser sind seit dem 1. März bzw. 1. April 1995 vermietet.

Der Kläger macht seinen Mietausfallschaden geltend mit der Behauptung, bei fristgerechter Fertigstellung hätte er die Mieten bereits ab 1. April 1993 erzielen können.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch gemäß §§ 5 Nr. 4, 6 Nr. 6, 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. VOB/B, weil die für den Ersatz des entgangenen Gewinns erforderliche grobe Fahrlässigkeit nicht festzustellen sei.

Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision setzt mit ihren dagegen gerichteten Rügen nur ihre eigene Einschätzung an die Stelle der maßgeblichen tatrichterlichen Beurteilung.

II.

1. Das Berufungsgericht hält einen Schadensersatzanspruch gemäß § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B nicht für gegeben, weil der Kläger Entstehung und Höhe des Schadens nicht substantiiert unter Beweisantritt dargetan habe. Seinem Vorbringen lasse sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen, welche Verzögerungen adäquat-kausal durch welche Mängel eingetreten seien.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung für den Zeitraum von April 1993 bis März 1994 nicht stand. Insoweit hat der Kläger die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch gemäß § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B dargelegt.

a) § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B gewährt dem Auftraggeber vor Abnahme und bei aufrechterhaltenem Vertrag einen Anspruch auf den Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entsteht, daß das Bauwerk deshalb später fertiggestellt wird, weil der Auftragnehmer während der Bauausführung eine mangelhafte oder vertragswidrige Leistung durch eine mangelfreie oder vertragsgemäße Leistung ersetzt (BGH, Urteil vom 29. Juni 1961 – VII ZR 174/60, LM § 4 VOB Teil B Nr. 1 = VersR 1961, 1078 = MDR 1961, 927). Dieser Grundsatz ist auf den Fall übertragbar, daß die verspätete Fertigstellung des Bauwerks dadurch mitverursacht wird, daß der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung über einen bestimmten Zeitraum vertragswidrig nicht ausführt. Für diese Fälle enthält § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B eine Spezialregelung zu § 6 Nr. 6 VOB/B, so daß die in dieser   Regelung vorgesehenen Beschränkungen des Schadensersatzanspruchs nicht anwendbar sind (vgl. BGH, Urteile vom 29. Juni 1961 – VII ZR 174/60, LM § 4 VOB Teil B Nr. 1 = VersR 1961, 1078 = MDR 1961, 927; 8. Juni 1967 – VII ZR 16/65, BGHZ 48, 78, 79; 6. Mai 1968 – VII ZR 33/66, BGHZ 50, 160, 164; 12. Juni 1975 – VII ZR 55/73, BauR 1975, 344, 346 = NJW 1975, 1701, 1703).

Bei weiterbestehendem Vertrag steht dem Auftraggeber nur ein Anspruch auf den Ersatz des Schadens zu, der auf einem Mangel oder einer Vertragswidrigkeit beruht und der trotz der Beseitigung des Mangels oder der Folgen  der  Vertragswidrigkeit  verbleibt  (BGH,  Urteil  vom  25. Februar  1982 – VII ZR 161/80, ZfBR 1982, 122 = BauR 1982, 277). Der Umfang des Schadensersatzes richtet sich nach den §§ 249 ff BGB (BGH, Urteil vom 6. Mai 1986 – VII ZR 33/66, NJW 1986, 1524). Der Auftraggeber kann gemäß § 252 BGB für die Verzugszeit als entgangenen Gewinn auch Mietausfälle ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1961 – VII ZR 174/60, LM § 4 VOB Teil B Nr. 1 = VersR 1961, 1078 = MDR 1961, 927; Urteil vom 29. März 1990 – VII ZR 324/88, ZfBR 1990, 194 = BauR 1990, 464).

b) Die Beklagte hat ihre Pflicht, die vorhandenen Mängel zu beseitigen, dadurch verletzt, daß sie Ende März 1993 ihre Arbeiten vertragswidrig eingestellt und die Mängel erst im März 1994 beseitigt hat. Die Beklagte war nicht berechtigt, ihre Arbeiten im März 1993 einzustellen, weil der Kläger aufgrund der Mängel berechtigt war, die geforderten Abschlagszahlungen zu verweigern. Dem Auftraggeber steht ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber den Abschlagsforderungen in Höhe des zwei- bis dreifachen Betrages der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zu (vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1988 – VII ZR 65/87, BauR 1988, 474 = NJW-RR 1988, 1043 = ZfBR 1988, 215 und vom  9. Juli 1981 – VII ZR 40/80, BauR 1981, 577 = NJW 1981, 2801  = ZfBR 1981, 265). Der Kläger war danach berechtigt, die geforderten Abschlagszahlungen insgesamt zu verweigern, weil der Nachbesserungsaufwand die Abschlagszahlungen überstieg.

c) Anderes gilt ab April 1994. Der Kläger hat die Ursächlichkeit etwaiger Baumängel aus diesem Zeitraum für eine Verzögerung des Baufortschritts nicht dargetan. Der Ersatzanspruch für entgangene Mieteinnahmen ist daher auf ein Jahr begrenzt. Er kann gleichwohl den eingeklagten Betrag erreichen.

III.

Das Berufungsgericht wird die von seinem Standpunkt aus folgerichtig unterbliebenen Feststellungen zum Mietausfallschaden gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag nachzuholen haben.

Der Kläger hat dazu substantiiert und unter Beweisantritt vorgetragen, er hätte die Mieteinnahmen bereits ab April 1993 erzielen können. Bei der Bemessung des Mietausfallschadens stehen ihm die Beweiserleichterungen gemäß §§ 252 BGB, 287 ZPO zur Seite.

Für die Ermittlung eines eventuellen Schadensersatzes wird auf die Grundsätze des Senats zur Berechnung des Mietausfalls oder der Finanzierungskosten hingewiesen (BGH, Urteile vom 29. März 1990 – VII ZR 324/88, BauR 1990, 464, 465 und 14. Januar 1993 – VII ZR 185/91, BGHZ 121, 210, 213).

Thode                                                 Haß                                             Hausmann
.                             Wiebel                                           Wendt

Vorinstanzen:
KG Berlin, Entscheidung vom 15.05.1997
LG Berlin

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