Wegweisender VW-Abgaskandal-Beschluss am OLG München – AZ 3 U 4316/16 bereits vom 23.03.2017- Aufgrund von „Schummel-Software“ droht Entziehung der Betriebserlaubnis durch das Kraftfahrtbundesamt

Der sogenannte Dieselgipfel in 2samkeit von Politik und deutschen Fahrzeugherstellern war unter Beachtung des bereits am 23.03.2017 ergangenen Beschlusses am OLG München nicht mehr als eine Farce.

Obwohl der klagende Fahrzeughalter in der Vorinstanz unterlag – Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises für den erworbenen gebrauchten PKW – sah sich der beklagte Vertragshändler – wohl in weiser Voraussicht – veranlasst, vor Verfahrensbeginn am OLG München, den Rechtsstreit mittels Forderungsanerkennung beizulegen. Der Beschluss, Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO, erging somit folgerichtig zu Lasten des beklagten VW-Vertragshändlers.

3) Zum voraussichtlichen Prozessausgang

Unabhängig davon entspricht hier es hier der Billigkeit im Sinne von § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf zu erlegen, da nach derzeitiger Aktenlage auch nicht damit zu rechnen gewesen wäre, dass das landgerichtliche klageabweisende Urteil bestätigt worden wäre. Zum einen hat der Senat keinen Zweifel daran, dass ein „Blue-Motion“-Golf, der mit einer Software ausgestattet ist, die ausschließlich auf dem Rollenprüfstand einen anderen – niedrigeren – Schadstoffausstoß generiert als er im Echtbetrieb zu erwarten wäre, mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB ist. Dies gilt völlig unbeschadet von den zwischen den Parteien streitigen Fragen des tatsächlichen Schadstoffausstoßes des Fahrzeugs im Echtbetrieb einfach deshalb, weil das Kraftfahrtbundesamt wie auch die entsprechenden Behörden im benachbarten Ausland – aufgrund des „…-Skandals“ allgemein bekannt – prüfen muss, ob eine Entziehung der Betriebserlaubnis geboten ist, wenn der Hersteller innerhalb einer angemessenen Frist nicht für Abhilfe sorgt.

Herausgestellt liegt der  Wert des Urteils für Fahrzeugbesitzer mit Abgas-Betrugssoftware in der Feststellung des Gerichts darin, dass dem Kläger eine mangelhafte, zukünftig nicht nutzbare Ware verkauft wurde.

2.  Ein „Blue-Motion“-Golf, der mit einer Software ausgestattet ist, die ausschließlich auf dem Rollenprüfstand einen anderen – niedrigeren – Schadstoffausstoß generiert als er im Echtbetrieb zu erwarten wäre, ist – schon aufgrund der drohenden Entziehung der Betriebserlaubnis durch das Kraftfahrtbundesamt – mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 BGB. (redaktioneller Leitsatz)

 

Oberlandesgericht München

Az.: 3 U 4316/16
3 O 709/16 LG Traunstein

In dem Rechtsstreit

– Kläger und Berufungskläger –

gegen

– Beklagte und Berufungsbeklagte –

wegen Rückabwicklung eines Kaufvertrages

erlässt das Oberlandesgericht München – 3. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … , den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … am 23.03.2017 folgenden

Beschluss

1.  Die Beklagte hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

2.  Der Streitwert wird auf 15.900,00 € festgesetzt.

3.  Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1   Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO.

2   Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

3  Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind.

Vorliegend sind der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

1) Sach- und Streitstand; Verfahrensgang

Gegenstand der Klage war ein Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises für einen vom Kläger am 20.04.2015 bei der Beklagten erworbenen gebrauchten PKW Golf Trendline BlueMotion Technology 1,6l TDI 77kw 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 6,3 Cent je gefahrenen Kilometer Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde. Grund für den zuvor am 11.12.2015 vom Kläger erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag war, dass der PKW mit der im Rahmen des in der Öffentlichkeit unter der Bezeichnung „VW-Skandal“ bekannt gewordenen so bezeichneten „Schummel-Software“ ausgestattet war und die Beklagte, eine VW-Vertragshändlerin weder innerhalb der vom Kläger gesetzten Frist noch auch nur bis zum 14.03.2017 den nach Auffassung des Klägers darin zu sehenden Mangel behoben hat. Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 10.10.2016 die Klage abgewiesen. Es ließ offen, ob überhaupt ein Sachmangel vorliege. Jedenfalls sei die vom Kläger der Beklagten gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung bis 23.11.2015 eindeutig zu kurz. Im Hinblick darauf, dass der Hersteller, der sich um die Mängelbeseitigung in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt bemühe, bereits angekündigt hat, dass diese in den nächsten Monaten kostenlos vorgenommen werde, sei dem Kläger ein Zuwarten jedenfalls bis Ende Dezember 2016 zumutbar.

Der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein, der die Beklagte entgegen trat. Nachdem der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 22.03.2017 anberaumt hatte, teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 14.03.2017 mit, dass zwar die Mangelbeseitigung immer noch nicht vorgenommen worden sei, die Beklagte aber mit Schreiben vom 8.3.2017 angekündigt hat, das Fahrzeug zurückzunehmen und die Finanzierung bei der V. Bank abzulösen. Die bisher vom Kläger bezahlten Finanzierungsraten würden inklusive Zinsen erstattet, von dem sich daraus errechnenden Betrag würden 2.000 € abgezogen. Unstreitig wies das Fahrzeug bereits am 06.09.2016 einen Kilometerstand von 80.162 km auf.

Mit Schriftsatz vom 14.03.2017 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf zu erlegen. Mit Schriftsatz vom 20.03.2017 stimmte die Beklagte der Erledigterklärung zu und beantragte, dem Kläger die Kosten auf zu erlegen, da das Berufungsvorbringen nicht geeignet gewesen wäre, die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils des LG Traunstein zu begründen.

2) Zur Erfüllung der klägerischen Ansprüche durch die Beklagte

Regelmäßig sind der beklagten Partei, die durch Erfüllung der streitgegenständlichen Ansprüche das erledigende Ereignis herbeigeführt hat, die Kosten des Verfahrens zu überbürden, da sie sich durch dieses Verhalten gleichsam freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat (vgl. OLG Frankfurt MDR 1996, 246). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die beklagte Partei deutlich macht, dass andere Motive als die Anerkennung der Berechtigung der gegen sie geltend gemachten Ansprüche für ihr Verhalten bestimmend waren (OLG Frankfurt a. a. O.. gegen OLG Karlsruhe, MDR 1986, 240f. das eine eindeutige Erklärung der beklagten Partei, mit der Erfüllung der Ansprüche deren Berechtigung anzuerkennen, forderte). Umstritten ist, ob es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach sich aus der freiwilligen Erfüllung der streitgegenständlichen Ansprüche die Kostentragungspflicht ableiten lässt oder ob in der Erfüllungshandlung nur ein widerlegbares Indiz zu sehen ist. Der BGH geht von ersterem nur dann aus, wenn das Prozessverhalten der beklagten Partei keinen anderen Grund haben kann als den, dass der Rechtsstandpunkt der Klagepartei hingenommen wird (BGH, NJW-RR, 2012, 688f, Tz. 12).

Die Beklagte hat ihr Verhalten dem Senat gegenüber schriftsätzlich nicht erläutert und auch aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Beklagten an ihn vom 8.3.2017 lässt sich das Motiv der Beklagten für die Erfüllung der klägerischen Ansprüche (in Ansehung der abzusetzenden Nutzungsentschädigung sogar über die vom Kläger gestellten Ansprüche hinausgehend) nicht ersehen. Allein der Antrag, dem Beklagten mögen die Kosten auferlegt werden, weil das angefochtene Urteil zugunsten der Beklagten richtig gewesen sei, vermag hier nicht schlüssig zu erklären, was denn nun das bestimmende Motiv für die Beklagte gewesen sein soll. Geht man davon aus, dass die Erfüllung der klägerischen Ansprüche dem Zweck geschuldet war, eine obergerichtliche Entscheidung zu den aufgeworfenen Fragen zu verhindern, so ändert dies nichts daran, dass damit im konkreten Verfahren der Rechsstandpunkt des Klägers akzeptiert wurde. Das aber ist im Sinne der Entscheidung des BGH (NJW-RR 2012, 688f, Tz. 12) eine „Hinnahme“ des klägerischen Rechtsstandpunkts, die nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Konsequenz hat, auch die Kosten des Rechtsstreits tragen zu müssen.

3) Zum voraussichtlichen Prozessausgang

Unabhängig davon entspricht hier es hier der Billigkeit im Sinne von § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf zu erlegen, da nach derzeitiger Aktenlage auch nicht damit zu rechnen gewesen wäre, dass das landgerichtliche klageabweisende Urteil bestätigt worden wäre. Zum einen hat der Senat keinen Zweifel daran, dass ein „Blue-Motion“-Golf, der mit einer Software ausgestattet ist, die ausschließlich auf dem Rollenprüfstand einen anderen – niedrigeren – Schadstoffausstoß generiert als er im Echtbetrieb zu erwarten wäre, mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB ist. Dies gilt völlig unbeschadet von den zwischen den Parteien streitigen Fragen des tatsächlichen Schadstoffausstoßes des Fahrzeugs im Echtbetrieb einfach deshalb, weil das Kraftfahrtbundesamt wie auch die entsprechenden Behörden im benachbarten Ausland – aufgrund des „VW-Skandals“ allgemein bekannt – prüfen muss, ob eine Entziehung der Betriebserlaubnis geboten ist, wenn der Hersteller innerhalb einer angemessenen Frist nicht für Abhilfe sorgt. Um letztere ist, auch dies ist allgemein bekannt und zwischen den Parteien unstreitig, VW ersichtlich bemüht und hat deshalb auch angekündigt, kostenlos die entsprechenden Maßnahmen an den mit der „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugen vorzunehmen. Die Darstellung der Beklagten, VW betreibe diesen mit beträchtlichen Kosten verbundenen Aufwand nur aus „Kulanz“, ist als perplexer Parteivortrag insoweit unbeachtlich, da dies, träfe es denn zu, den Vorwurf der Untreue im Sinne von § 266 StGB gegen das Management des VW-Konzerns begründen würde.

Zutreffend hat zwar das Landgericht erkannt, dass die vom Kläger im vorliegenden Fall gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung von ca. 6 Wochen zu kurz war. Zutreffend war auch die Erwägung des Landgerichts, dass die Setzung einer zu kurzen Frist zur Nacherfüllung nicht ins Leere läuft, sondern die angemessene Frist in Gang setzt. Der Senat ist aber abweichend vom Landgericht der Auffassung, dass die Frist zur Nacherfüllung beim Erwerb eines PKW im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB nicht länger als ein Jahr sein kann. Denn Sinn der Bestimmungen über die Nacherfüllung ist es, dem Vorrang der Vertragserfüllung vor anderen Gewährleistungsrechten Ausdruck zu verleihen. Die Bindung des Käufers über einen Zeitraum von 12 Monaten hinaus ist damit nicht mehr zu rechtfertigen, zumal sich faktisch durch die Pflicht des Käufers, Nutzungsentschädigung an den Verkäufer zu entrichten, bei einer Bindung von mehr als einem Jahr trotz nicht vertragskonformer Leistung des Verkäufers ein zusätzliches Rücktrittshindernis für den Käufer ergibt und der Verkäufer insoweit einen unbilligen Vorteil erlangen würde. Anders formuliert: Die Frist zur Nacherfüllung darf nicht so bemessen werden, dass damit der auf Austausch von Ware gegen Geld gerichtete synallagmatische Kaufvertrag in eine Art Dauerschuldverhältnis umgewandelt wird.

Im vorliegenden Fall hat der Verkäufer, der sich insoweit das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen muss, da er sich dessen Mithilfe zur Nacherfüllung zu nutze macht, innerhalb von mehr als 14 Monaten nicht die Nacherfüllung zu Wege gebracht und muss daher den Rücktritt des Käufers hinnehmen.

4) Zu § 574 ZPO

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Zwar geht der Senat davon aus, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen einen in der Berufungsinstanz ergehenden Beschluss nach § 91 a ZPO nicht schon wegen des Regelungsgehalts des § 99 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen ist (so BGH, NJW-RR 04, 999). Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Klärung materiellrechtlicher Fragen kommt aber wegen der ohnehin nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage durch das Ausgangsgericht nicht in Betracht (so BGH, NJW-RR 2006, 566 und öfter).

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Landgericht Traunstein

AZ: 3 O 709/16                                                                                                   vom 10.10.2016

Endurteil

I.       Die Klage wird abgewiesen.

II.     Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.   Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages.

Der Kläger kaufte bei der Beklagten am 20.04.2015 einen Pkw der Marke VW Golf Trendline BlueMotion Technology zum Preis von 15.900,00 €. Der damalige Kilometerstand betrug 31.000 km. Die Modelle mit BlueMotion Technology zeichnen sich durch einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch, weniger CO2-Emissionen und eine höhere Effizienzklasse aus. Dieses Auto gehörte zu den VW-Fahrzeugen, die vom hinlänglich bekannten „VW-Skandal“ betroffen sind. Deshalb forderte der Kläger die Beklagte durch Schreiben vom 09.10.2015 (Anlage K5) zur Mängelbeseitigung bis spätestens 23.11.2015 auf. In diesem Zeitraum erfolgte keine Mängelbeseitigung. Der Kläger erklärte daher durch weiteren Schriftsatz vom 11.12.2015 (Anlage K6) den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Der Kläger trägt vor, er habe ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag und damit einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der fragliche VW Golf sei mangelhaft. Ihm fehle die vereinbarte Beschaffenheit. Nach der Beschreibung von VW habe der Kläger damit rechnen können, dass sein Auto mit korrekten Zahlen beworben werde und diese Zahlen auch die tatsächlichen Abgaswerte wiedergeben würden. Tatsächlich seien die Abgaswerte jedoch höher. Das Abweichen der tatsächlichen Abgaswerte begründe die Mangelhaftigkeit des Fahrzeuges. Dieser Mangel sei erheblich. Schließlich sei der Beklagten eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden. Nach alledem habe der Kläger ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

Der Kläger beantragt,

I.     Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw VW Golf Trendline BlueMotion Technology 1,6 l TDI 77 kW (105 PS) 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe DSG, Fahrzeug-Ident-Nr.: …, 15.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr aus 15.900,00 € abzüglich eines Betrages zu zahlen, der sich wie folgt berechnet: 6,3 Cent x km (gemäß Tachostand im Zeitpunkt der Rückgabe des vorbezeichneten Pkw VW Golf an die Beklagte).

II.   Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Pkw VW Golf in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass zum einen kein Mangel vorliege, jedenfalls kein erheblicher Mangel, und dass sie bzgl. eines etwaigen Mangels kein Verschulden treffe. Der Beklagten sei keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden, die Beklagte sei zur Nachbesserung von Anfang an bereit gewesen. Es sei dem Kläger zumutbar, mit der Nachrüstung abzuwarten, bis diese tatsächlich von der Beklagten durchgeführt werden kann, was bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht der Fall war. Außerdem betreffe das manipulierte Softwareprogramm lediglich den Stickoxidausstoß unter Laborbedingungen, nicht jedoch die CO2-Emissionswerte, wie der Kläger fälschlicherweise vermute. Die gesetzte Frist zur Nacherfüllung sei so kurz gewesen, dass sie als völlig gegenstandslos anzusehen sei und keine angemessene Frist in Lauf gesetzt habe. Im Übrigen beruft sich die Beklagte darauf, dass die Nutzungsentschädigung vom Kläger falsch berechnet worden sei.

Hinsichtlich des gesamten Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß §§ 433 Abs. 1 S. 2, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB, weil es jedenfalls an der Setzung einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung fehlt.

Es kann dahinstehen, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt, ob dieser erheblich ist und ob die Beklagte insoweit ein zurechenbares Verschulden trifft. Vom Beistand der Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2016 unbestritten vorgetragen, dass die manipulierte Software lediglich den Stickoxidausstoß unter Laborbedingungen betrifft und dazu führt, dass bei diesem Labortest die vorgeschriebenen Werte erreicht werden, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist. Für den tatsächlichen Fahrzeuggebrauch hat dies überhaupt keine Auswirkungen, insbesondere nicht auf die CO2-Emissionswerte, mit denen der VW-Konzern seine Fahrzeuge regelmäßig bewirbt. Wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ihm wäre es vor allem auf das Vorliegen der BlueMotion Technology angekommen, also einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch, eine höhere Effizienzklasse und weniger CO2-Emissionen, muss dem entgegengehalten werden, dass sein Fahrzeug all diese Eigenschaften tatsächlich aufweist und diese Dinge nicht vom sog. „VW-Skandal“ betroffen sind. Dies alles wurde in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2016 von den Parteien unbestritten vorgetragen. Nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2016 der Abschluss eines Vergleiches sehr wahrscheinlich erschien, hat das Gericht davon abgesehen, diese Ausführungen beider Parteien zu protokollieren. Letztlich kommt es auf diese Gesichtspunkte überhaupt nicht an, und zwar aus folgendem Grund:

Es fehlt an der Setzung einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung. Der Kläger hat im vorliegenden Fall durch Schriftsatz vom 09.10.2015 eine Frist zur Mängelbeseitigung bis 23.11.2015 gesetzt. Diese Fristsetzung war eindeutig zu kurz. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde dadurch nicht etwa gar keine Frist in Lauf gesetzt, sondern es beginnt, wie üblich, eine angemessene Frist zu laufen. Bei der Frage der Angemessenheit der Frist zur Nachbesserung bzw. Nacherfüllung ist insbesondere auf Art und Umfang des vorliegenden Sachmangels abzustellen. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der Kläger mit seinem Auto faktisch keinerlei Einschränkungen oder sonstigen Unannehmlichkeiten unterworfen ist. Im Fahrbetrieb sind keine Einschränkungen oder Mängel feststellbar, auch von außen ist dem Gegenstand kein Sachmangel anzusehen oder anzumerken. Der (mögliche) Sachmangel liegt allein darin, dass durch das Softwareprogramm der Stickoxidausstoß bei der Durchführung eines Testprogrammes unter Laborbedingungen beeinflusst wird. Unstreitig wurden die ursprünglich vom Hersteller angegebenen CO2-Emissionen in Prüfungen durch einen technischen Dienst bestätigt. Weiter muss gesehen werden, dass eine extrem große Anzahl von VW-Fahrzeugen nachgebessert werden muss, dass in jedem Einzelfall eine vorherige Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen muss und dass nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Beklagtenvertreter eine Nachbesserung derzeit zwar technisch möglich und durchführbar wäre, es aber für einige Fahrzeuge, zu denen auch das Auto des Klägers gehört, derzeit noch an der erforderlichen Freigabe des Softwareupdates fehlt. Auf der anderen Seite kann der Kläger fest damit rechnen und darauf vertrauen, dass in den nächsten Monaten die kostenlose Nachbesserung an seinem Fahrzeug durchgeführt und der Sachmangel damit beseitigt werden wird. Ein weiteres Zuwarten mit der Mängelbeseitigung ist dem Kläger nach Auffassung des Gerichtes zumindest bis zum Ende des Jahres 2016 zumutbar, da es für ihn mit keinerlei Nachteilen, Unannehmlichkeiten oder Gebrauchseinschränkungen verbunden ist und der Kläger insbesondere an den von ihm hervorgehobenen Vorteilen der BlueMotion Technology keine Abstriche hinnehmen muss. Selbst wenn die Beklagte wollte, könnte sie derzeit die Nachbesserung beim klägerischen Pkw nicht durchführen. Dies muss im vorliegenden Fall zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden. Bei Abwägung aller Gesichtspunkte und unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Klägers ist diesem ein weiteres Zuwarten mit der Mängelbeseitigung zumindest bis Ende des Kalenderjahres 2016 zumutbar. Diese Frist zur Nachbesserung ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Deshalb war die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen. Einer Auseinandersetzung mit der Frage der Höhe der Nutzungsentschädigung bedurfte es nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

Siehe hierzu auch:

ZDFzoom – Geheimakte VW

ZDFinfo – Die Akte VW

Kanzlei Dr. Stoll & Sauer

VW-Schaden.de

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9 Antworten zu Wegweisender VW-Abgaskandal-Beschluss am OLG München – AZ 3 U 4316/16 bereits vom 23.03.2017- Aufgrund von „Schummel-Software“ droht Entziehung der Betriebserlaubnis durch das Kraftfahrtbundesamt

  1. Jörg sagt:

    Da übt der GF des BVSK (als langjähriger VW-Dieseldriver ) natürlich den Schulterschluss mit den „Ehrenmännern“ bei VW und positioniert den gesamten Verband in seinem Sinne. Wie doof sind die eigentlich? Als wenn nicht der letzte Dorfdepp längst wusste, dass beim Abgas von allen getäuscht wurde und wird dass sich die Balken biegen!
    Und wer weiß – vielleicht gibt es ja den nächsten VW für den Herrn GF gänzlich umsonst und noch was oben drauf als Belohnung für seine engagierte Stellung?
    Er nennt es halt „Geschäftemacherei auf der Dieselwelle“ Fragt sich nur wer hier mal wieder mit wem Geschäfte macht? Aber lest selbst den Quark

    >> https://www.autorechtaktuell.de/aktuelles/19210-0-be2c4015bb3f6aa78faca025ffbbb3bc

  2. Bösewicht sagt:

    Wieso ? Der Elmar fährt doch nen Porsche Cayman … 😉

  3. Mister L sagt:

    Rechnen ist nicht jedermanns Sache…
    Wenn festgestellt wurde, dass der vorgegebenen NOX-Wert bei einigen Fahrzeugen bis auf das 1.800fache übersteigt, so werden sie garantiert nicht durch das „mit dem KBA abgestimmte Verfahren“, welches (wenn überhaupt) eine Verbesserung im einstelligen Prozentbereich bewirkt, sich nach der Aktualisierung im vorgegebenen Rahmen befinden.
    Aber sicher wird man bald Liste mit NOX-Korridoren vorlegen können…

    Jaja…
    „Flüsse sind ja auch nicht durch eingeleitete Chemikalien verseucht worden. Nein! Schuld sind die vielen toten Fische darin.“ 😉

  4. Jörg sagt:

    @Bösewicht. Ist doch völlig wurst ob Porsche oder VW. Was soll das denn? Narzismuss oder was?

  5. virus sagt:

    @ Jörg – Dümmer/bekloppter geht es kaum, mit einem Teil seines Verdienstes den eigenen Totbringer zu entlohnen.

    Und ja, es stellt sich einmal mehr die Frage, warum dulden die unabhängigen Kfz-Sachverständigen und zwar nicht nur die des BVSK einen Geschäftsführer, der sich derart von Recht und Gesetz und somit meilenweit von den Rechten Unfallgeschädigter entfernt hat, noch immer?

    Laut SPIEGEL online spricht Dirk Weddigen von Knapp (Vorsitzender des Volkswagen und Audi Partnerverbands) als Vertreter von 1330 Händler und 970 Servicepartner der Marken VW und Audi, seitens VW von Betrug.

    Quelle: „VW lässt uns im Stich“

    „SPIEGEL: Zwei Jahre Dieselskandal – was macht das mit den VW-Händlern im Land?

    Weddigen von Knapp: Im September 2015 hat uns die Nachricht überrascht, dass Volkswagen, den wir bis dahin für den Konzern der Konzerne gehalten haben, betrogen hat. Ausgerechnet der Hersteller, der bis ins Kleinste perfekt sein wollte, der das Spaltmaß zwischen zwei Blechen zum Maß aller Dinge erklärt hat. Was da ans Licht kam, hat die Händler in eine Krise gestürzt wie noch nie. …“

  6. SV Wehpke sagt:

    Der Unterschied zwischen einem SV und VW? Die richtige Ermittlung des Schadenbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. So der BGH, X ZR 80/05, vom 4.4.2006.

    Wofür haftet VW?

    Wehpke Berlin

  7. SV Oberländer sagt:

    Werter Kollege Wehpke,
    der Satz mit der Schadenshöhe ist nur bedingt richtig und auch nur auf die freien SV anzuwenden. Oft genug liegen wir ja mit der Ermittlung des Schadensbetrages daneben, wie man uns mit Prüfberichten immer wieder vor Augen führt.
    Heute trat erstmals der Fall ein, dass ich mit meiner Schadensschätzung zu niedrig lag ;). Es kam ein Kunde mit Fotos in mein Büro und bat mich die Schadenssumme grob zu schätzen. Da in jüngster Zeit stets bei Heckstoßfängern nur die Verkleidung reguliert wurde, da der Träger aus „sachverständigen Sicht! nicht erneuerungswürdig war nannte ich ihm dennoch das Kalkulationsergebnis eines vergleichbaren Fahrzeuges und lag damit gut 50% unter der Kalkulation des Versicherungssachverständigen, der den Kaskoschaden kalkuliert hat.

    Das zur allgemeinen Belustigung o.t. und nun zum Thema.
    Gerade wir aus der Praxis wissen oder sollten wissen das seitens der Hersteller seit nunmehr jahrzehnten getrickst, geschummelt und betrogen wird. Nicht nur hierzulande, auch in den USA seit der für den dortigen Markt modifizierten K-Jetronic mit dem Leerlauf und Vollastschalter. Beim Diesel genügte ein Blick auf den Abgastester seit dem nicht nur der Trübungswert gemessen wurde. Hier sollte man den schwarzen Peter einfach einmal weiter reichen und fragen warum die NOX Werte niemals Bestandteil der turnusmäßigen Abgasuntersuchung waren?
    Selbst der Verbraucher hätte das erkennen können, denn die Verbrauchswerte in den Hochglanzbroschüren der Hersteller sind seit Jahrzehnten Wunschdenken…

  8. SV Wehpke sagt:

    Ich sehe in Ihren Ausführungen keine Zusammenhang zu meiner gestellten Frage.

    Wehpke Berlin

  9. virus sagt:

    Wofür haftet VW?

    Für die pünktliche Zahlung der Korruptionsgelder, der Sponsorengelder und der Parteispenden? Und für das Stillschweigen über die Absprachen bis hin zur Gesetzesänderung, damit die Prüfingenieure dem Schwindel nicht auf die Spur kommen?

    Übrigens, der gravierende Unterschied zwischen einem freiberuflich tätigen Kfz-Sachverständigen und dem Vorstand von VW ist, dass ersterer für seine korrekte Arbeit zunehmend mittels Rechnungskürzung und Rechtsbeugung zur Kasse gebeten bzw. bestraft wird, während letztere gewohnt auskömmlich und vor jeder Strafverfolgung geschützt, ihr luxuriöses Leben genießen.

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