Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zum heutigen Feiertag Allerheiligen stellen wir Euch hier ein Urteil aus Darmstadt zu den konkreten Reparaturkosten gegen die Württembergische Versicherung vor. Nach den Sachverständigenkosten sind nun wohl auf breiter Front die Reparaturkosten im Fokus der rechtswidrig kürzenden Kfz-Haftpflichtversicherer. Obwohl eine konkrete Reparaturrechnung vorliegt – und damit der dem Geschädigten durch den Verkehrsunfall entstandene Vermögensnachteil dargelegt und bewiesen ist – werden seitens der kürzenden Kfz-Haftpflichtversicherer bei dem konkreten Schaden trotzdem und rechtswidrig Kürzungen des tatsächlich entstandenen Schadens vorgenommen. Damit würde, wenn diese Kürzungspraxis bei einem konkreten Schaden weiterhin Schule machen würde, der Geschädigte – trotz eingundertprozentiger Haftung des Unfallvereursachers – auf einem Teil des ihm rechtswidrig und schuldhaft zugefügten Schadens sitzen bleiben. Das ist mit dem Schadensersatzrecht nicht vereinbar. Das gilt umso mehr bei einem konkret abgerechneten Schaden, wie den nachgewiesenen Reparaturkosten gemäß der Rechnung der Fachwerkstatt. Die Reparaturwerkstatt ist Erfüllungsgehilfe des Schädigers bei der Wiederherstellung des vor dem Schadensereignis bestehenden Zustandes (BGHZ 63, 182 ff). Daher gehen Fehler des Erfüllungsgehilfen zu Lasten des Schädigers. Das erkennende AG Darmstadt hat dies offensichtlich erkannt und einen entsprechenden Riegel vorgeschoben. Wieder ein Fall zum sogenannten Prognose- bzw. Werkstattrisiko, auch wenn diese Begriffe hier nicht verwendet wurden. Jetzt müssen die erkennenden Richter und Richterinnen nur noch begreifen, dass bei sämtlichen Kosten der Wiederherstellung, also auch bei den Sachverständigenkosten, den Mietwagenkosten, den Abschleppkosten usw. entsprechend zu verfahren ist. Bei den Sachverständigen hat die obergerichtliche Rechtsprechung bereits entschieden, dass der Sachverständige, der vom Geschädigten zur beweissichernden Feststellung der Schadenshöhe und des Schadensumfangs der Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist (OLG Naumburg DS 2006, 283 ff.; vgl. auch AG Nürnberg NZV 2010, 627; AG Nürnberg SP 2008, 306; AG Bonn Urt. v. 22.10.2007 – 2 C 339/07 -), so dass dessen Fehler dem Schädiger zuzurechnen sind (vgl. OLG Naumburg aaO; OLG Nürnberg SP 2002, 358; LG Hagen NZV 2003, 337; AG Limburg SP 2008, 446; AG Unna SP 2004, 205, 206; AG Hagen SP 2004, 31; Imhof/Wortmann DS 2011, 149, 151). Der Begriff des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB macht allerdings nur dann Sinn, wenn der Erfüllungsgehilfe dem Schädiger bei der Wiederherstellung des vormaligen Zustandes hilft. Daher ist die Reparatur eine Maßnahme der Wiederherstellung, die über § 249 I BGB auszugleichen ist. Das gleiche gilt für die Sachverständigenkosten, die unmittelbar mit dem Unfallschaden verbunden sind und die als unmittelbarer Vermögensnachteil ebenfalls über § 249 I BGB auszugleichen sind (BGH VI ZR 67/06 Rn. 11). Lest aber selbst das Urteil des AG Darmstadt und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und noch einen schönen Feiertag
Willi Wacker
Amtsgericht Darmstadt
Aktenzeichen: 309 C 65/17
Im Namen des Volkes
Urteil
in dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
Württembergische Versicherung AG ges. vertr.d.d.Vorstand, d.vertr.d. seinen Vorsitzenden Norbert Heinen, Gutenbergstraße 30, 70176 Stuttgart
Beklagte
hat das Amtsgericht Darmstadt durch die Richterin Dr. V. im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO am 14.09.2017 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 260,02 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.02.2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird nach pflichtgemäßer gerichtlicher Prüfung abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Reparaturkosten in Höhe von 260,02 € aus §§ 7 StVG, 115 VVG, 249 BGB zu. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die einzelnen Arbeitsschritte der Kfz Werkstatt tatsächlich erforderlich waren. Denn die Klägerin durfte auf Basis des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens annehmen, dass diese erforderlich waren, was für eine Anspruchsbegründung genügt. Maßgeblich für die Höhe des vom Schädiger zu ersetzenden Schadens sind die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten, wenn der Geschädigte insoweit seine Obliegenheiten zur Schadensminderung berücksichtigt hat (vgl. LG Köln, Urteil vom 29.03.2016, 36 O 65/15, Juris – Rn.22). „Denn der erforderliche Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung Unfallfahrzeugs heranziehen muss. In diesem Sinne ist der Schaden nicht „normativ“ zu bestimmen, sondern subjektbezogen.“(BGH, Urteil vom 29.10.1974, VI ZR 42/73, juris – Rn. 9).
Insofern ist der Klägerin Recht zu geben, dass die nachträgliche Überprüfung der jeweiligen Reparaturkosten durch den Schädiger oder die Haftpflichtversicherung bezüglich der einzelnen Reparaturschritte oder der Höhe der jeweiligen Rechnungspositionen nicht für die Erforderlichkeit der Kosten nach § 249 BGB maßgeblich ist. Nach Einholung des Sachverständigengutachtens konnte sich die Klägerin hier darauf verlassen, dass die sodann von der von ihr beauftragten Fachwerkstatt vorgenommene Reparatur auf Grundlage des Gutachtens auch erforderlich war.
Die Zahlung von auf die Hauptforderung bezogenen Zinsen kann die Klägerin im begehrten Umfang von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. mit §§ 286, 288 Abs. 1 BGB verlangen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Eine Berufung gegen das vorstehende Endurteii hat das Gericht nicht zugelassen, weil die hierfür notwendigen Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 S. 1 ZPO nach pflichtgemäßer Prüfung nicht vorliegen. Die vorstehende Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vorliegend eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Die vorstehende Entscheidung kann hiernach im Ergebnis insgesamt nicht mit der Berufung angefochten werden, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteigt und das Gericht die Berufung gegen das vorstehende Urteil nicht zugelassen hat.
Kompetente Richterin des AG Darmstadt bremst mit Durchblick das rechtswidrige Kürzungsverhalten der HUK-Coburg-Vers. bei Schadenersatzansprüchen nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall aus.
Warum sind bis heute so erschreckend wenige Gerichte nicht darauf gekommenen, dass die versicherungsseitige Pauschalbehauptung der angeblichen Nichterforderlichkeit schadenersatzrechtlich nicht erheblich ist?
In der Tat hat die HUK-Coburg-Versicherung neben einigen anderern Versicherungen bezüglich ihrer mafiösen Vorgehensweise bisher nicht berücksichtigt, was die Richterin des AG Darmstadt so trefflich mit 2 Sätzen in den Entscheidungsgründen verdeutlicht hat:
„Denn der erforderliche Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung Unfallfahrzeugs heranziehen muss. In diesem Sinne ist der Schaden nicht „normativ“ zu bestimmen, sondern subjektbezogen.“(BGH, Urteil vom 29.10.1974, VI ZR 42/73, juris – Rn. 9).
Fazit: Diese klare und in sich schlüssige Rechtsansicht des AG Darmstadt könnte bei Beachtung Anlass geben, Tausende unnötiger Schadenersatzprozesse zukünftig zu vermeiden.
R-.REPORT-AKTUELL
@ R-REPORT-AKTUELL
“ In diesem Sinne ist der Schaden nicht „normativ“ zu bestimmen, sondern subjektbezogen.“(BGH, Urteil vom 29.10.1974, VI ZR 42/73, juris – Rn. 9).
Die Verantwortlichen der HUK-Coburg Versicherung ignorieren diese und andere rote Linien und beziehen dreist sich auf BGH-Urteile , die gegen sie und eine solche Kürzungspraxis sprechen oder schlichtweg nicht passen, weil eine Abtretung „an Erfüllung statt“ im Spiel war. Und dann ist da auch noch die verwegene Unterstellung eines Verstoßes gegen die Schadenminderungspflicht,der darin bestehen soll, dass der Geschädigte es überhaupt gewagt hat, ein versicherungsunabhängiges Beweissicherungsgutachten und damit mehr als ein „Routinegutachten“ einzuholen. Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht deshalb, weil dieses qualifizierte Beweissicherungsgutachten natürlich mehr kostet als das pauschal abgefasste Honorardiktat nach dem HUK-Coburg Tableau. Wenn die Gerichte der HUK-COBURG Vers. auferlegen würden, die pauschale Behauptung, bestehend in einem unbestimmten Kürzungsbetrag und zugeordnet der behaupteten „Nichterforderlichkeit“ darzulegen, würde das Kartenhaus dieser Mogelpackung in sich zusammenfallen, denn § 249 S.1 BGB existiert immer noch, auch wenn das dem VI. Zivilsenat des BGH nicht in den Kram seiner versicherungsgünstigen Rechtsprechung passt.
Hans Hasenfuß