Mit Urteil vom 14.11.2013 (50a C 133/13) hat das Amtsgericht Hamburg den Halter des bei der HUK-Coburg versicherten Fahrzeuges zur Zahlung restlicher 61,56 € zzgl. Zinsen verurteilt. Leider meinte das Gericht, hier den Sachverständigen hinsichtlich der Auswahl des Beklagten über die Nebenkosten disziplinieren zu müssen, dies dann auch mit einer willkürlichen und falschen Begründung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche auf Erstattung restlicher Kosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens aus abgetretenem Recht zuzüglich Zinsen und Rechtsverfolgungskosten.
Der Kläger hatte gegen den Beklagten einen Mahnbescheid erwirkt. Abgabe durch das Mahngericht an das Streitgericht erfolgte nach dortigem Eingang eines durch den Pflichthaftpflichtversicherer für das Fahrzeug des Beklagten erhobenen Widerspruches. Der Kläger beantragt Zurückweisung der HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG als nicht berechtigten Bevollmächtigten des Beklagten.
Im Streitverfahren treten für den Beklagten anwaltliche Bevollmächtigte auf. Der Kläger verlangt Vorlage einer durch den Beklagten persönlich auf diese Anwälte ausgestellte Prozessvollmacht.
Der Kläger ist Betreiber eines Kfz-Sachverständigenbüros. Der Beklagte war Halter eines Kraftfahrzeuges, mit dem am 22.01.2013 ein Verkehrsunfall verursacht wurde. Infolgedessen beauftragte der Geschädigte den Kläger am 23.01.2013 mit der Erstellung eines Fahrzeugschadengutachtens und erklärte am selben Tage die Abtretung seines Erstattungsanspruches gegen den Beklagten an den Kläger nach Maßgabe der Anlage K 1.
Zwischen dem Kläger und dem Geschädigten war ausweislich des Auftrages Anlage K 1 eine Abrechnung der Gutachterkosten auf Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Honorartabelle des Klägers gemäß Anlage K 7 vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 7 Bezug genommen.
Der Kläger übersandte der HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG als Pflichthaftpflichtversicherer des Fahrzeuges des Beklagten das durch ihn erstellte Gutachten (Anlage K 2) zusammen mit seiner Rechnung (Anlage K 3) über 463,46 €.
Ausweislich der Rechnung berechnet der Kläger außer einem Grundhonorar von 295,06 € netto Kosten für die Erstellung von Lichtbildern und die Durchführung einer Restwertanfrage sowie Pauschalen für Fahrtkosten und Kommunikations- und Schreibkosten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen.
Die HUK Coburg Versicherung beglich lediglich 401,90 € und lehnte weitere Zahlungen unter dem 01.02.2013 ab. Nachdem der Kläger den Beklagten als Fahrzeughalter des schädigen Fahrzeuges im Wege einer Halterauskunft für eine Gebühr von 5,10 € ermittelt hatte, forderte er mit anwaltlichem Schreiben vom 28.02.2013 nunmehr den Beklagten erfolglos zur Zahlung des Restbetrages bis zum 08.03.2013 auf.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Erstattung der restlichen Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens in Anspruch sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und Kosten für die Halterauskunft.
Der Kläger behauptet, die der Forderung zugrunde liegende Honorartabelle sei auf der Rückseite des Auftragsformulares vom 23.01.2013 abgedruckt, welches der Versicherung des Beklagten zusammen mit dem Gutachten im Original übersandt worden sei. Im Übrigen sei er der Auffassung, die Höhe der Honorarvereinbarung unterliege schon deshalb keiner Kontrolle, weil es für die Erstattung von Schadensersatzansprüchen nur auf die Erforderlichkeit des Wiederherstellungsaufwandes ankomme.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 61,56 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2013 zu zahlen,
2. den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 39,00 € sowie von 5,10 € für eine Halterauskunft freizuhalten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die formularmäßige Honorarvereinbarung sei unzulässig. Insbesondere habe für den Geschädigten keine Möglichkeit zur Kenntnisnahme der vollständigen Honorartabelle bei Vertragsabschluss bestanden. Auch seien die übrigen Rechnungskosten von vornherein nicht berücksichtigungsfähig oder mindestens überhöht. Bestritten werde, dass die Honorartabelle auf der Rückseite des Auftrages abgedruckt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und bezüglich der Hauptforderung vollständig, bezüglich der Nebenforderungen nur teilweise begründet.
I.
1. Das Streitverfahren war nach erfolgter Abgabe durch das Mahngericht im Hinblick auf den durch die HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG für den Beklagten gegen den Mahnbescheid erhobenen Widerspruch durchzuführen. Zwar war die HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG als Pflichthaftpflichtversicherer des Beklagten nicht befugt, für diesen Prozesshandlungen vorzunehmen (§ 79 Abs. 2 ZPO); indes blieben die vorgenommenen Prozesshandlungen auch im Falle einer Zurückweisung des Versicherers als Prozessvertreter gemäß § 79 Abs. 3 ZPO wirksam, weil ein Zurückweisungsbeschluss nur Wirkungen ex nunc entfalten würde (§ 79 Abs. 3 Satz 1 ZPO); mithin ist der erhobene Widerspruch gegen den Mahnbescheid wirksam, da nicht erheblich ist, ob eine Zurückweisung der HUK Coburg als Prozessvertreter erfolgt wäre oder nicht.
2. Die HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG konnte wirksam für den Beklagten als ihren Versicherungsnehmer die für den Beklagten aufgetretenen anwaltlichen Prozessbevollmächtigten bestellen aufgrund der ihr gemäß A.1.1.4. AKB verliehenen Regulierungsvollmacht. Insoweit handelt es sich nicht um eine Prozesshandlung im Sinne von §§ 78, 79 ZPO. Entgegen dem Antrag des Kläger bedurfte es mithin nicht der Vorlage einer durch den Beklagten selbst auf die tätig gewordenen Rechtsanwälte ausgestellten Prozessvollmacht.
II.
Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung weiterer 61,56 € gemäß §§ 823, 249, 398 BGB, 7, 17, 18 StVG.
Der Beklagte haftet unstreitig zu 100 % für den Schaden, der dem geschädigten Kunden des Klägers unfallbedingt entstanden ist. Der Beklagte hat deshalb den Zustand wiederherzustellen, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Dieser Anspruch ist hinsichtlich der Kosten, die dem Geschädigten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens des Klägers entstanden, die ebenfalls zum unfallbedingten Schaden gehören, aufgrund der vorgenommenen Abtretung vom Geschädigten auf den Kläger übergegangen.
Die vom Kläger berechneten Gutachterkosten in Höhe von 463,46 € einschließlich Mehrwertsteuer sind zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands auch „erforderlich“ im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB, sodass derBeklagte nach vorgerichtlicher Begleichung von 401,90 € durch seine Versicherung auch die restlichen 61,56 € zu bezahlen hat.
Es kommt im Schadensersatzprozess grundsätzlich nicht darauf an, ob eine getroffene Kostenvereinbarung – etwa wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB – unwirksam ist; maßgeblich ist vielmehr, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH, NJW 2007, 1450, 1451). Entscheidend für die Erstattungsfähigkeit der genannten Kosten ist daher, dass der Geschädigte – hier also der Kunde des Klägers – die vereinbarten Kosten vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen aus als zur Schadensbehebung zweckmäßig und angemessen auffassen durfte. Dabei ist der Rahmen dessen, was erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB ist, erst dann überschritten, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Sachverständigen und dem hierfür verlangten Geldbetrag feststellbar und für den Geschädigten als Laien auch ohne Weiteres zu erkennen ist. Der Geschädigte ist gerade nicht verpflichtet, Honorarvergleiche anzustellen oder sonstige Marktforschungsmaßnahmen zu betreiben (BGH, a.a.O.). Die in diesem Sinne von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Einschränkung der Erstattungsfähigkeit bei sogenannten „Unfallersatztarifen“ sind auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar.
Hier ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger angesetzten Kosten für den Geschädigten ohne weiteres auffällig erkennbar überhöht gewesen wären. Vielmehr lagen die Preise des Klägers für Grundhonorar und Nebenkosten sogar innerhalb der VKS/BVK Honorarumfrage 2012/2013 und nur geringfügig 16% über dem Oberwert des Korridors gemäß BVSK-Umfrage 2011. Der Kläger – der im Übrigen bei seiner Preisfestsetzung einen Ermessensspielraum hat und diesen Spielraum nicht überschritten hat – kann auch nicht auf das vom Versicherer des Beklagten zugrunde gelegte Honorartableau 2012 – HUK-COBURG verwiesen werden. Dieses stellt keine verbindliche Festsetzung für die Vergütung von Sachverständigen und damit keinen allgemeingültigen Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB dar.
Auch die zusätzliche Berechnung einzelner Nebenkostenpositionen ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Wenn der Beklagte meint, die vom Kläger angesetzten Pauschalen für Schreibkosten (Schreib-und Kommunikationspauschale), Fahrtkosten sowie eine Restwertanfrage seien nicht berücksichtigungsfähig, ist dies abzulehnen. Schreibkosten kann der Sachverständige auch separat berechnen, diese sind nicht automatisch mit dem Grundhonorar abgegolten. Der Umstand, dass ein Werk in schriftlicher Form geschuldet wird, lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, welche Teile der werkvertraglichen Leistung von dem pauschalierten Grundhonorar abgedeckt werden (LG Zweibrücken v. 11.09.2012 – 3 S 30/12). Gleiches gilt für die Berechnung einer Fahrtkostenpauschale. Der Einwand des Beklagten, das Fahrzeug des Geschädigten sei noch fahrbereit gewesen, sodass der Kunde selbst hätte zum Kläger fahren können, was sich dieser im Rahmen der Schadensminderungspflicht entgegenhalten lassen müsse, geht fehl. Fahrzeugbesichtigungen haben nicht zwingend in einer Werkstatt des Sachverständigen zu erfolgen, vielmehr kann der Sachverständige auch von Besichtigungsort zu Besichtigungsort fahren und die dabei entstehenden Kosten durch Pauschalisierung umlegen (Göbel, NZV 2006, 512, 518; vgl. a. AG Hamburg-Altona, NJW-RR 2012, 231). Andernfalls könnte ja der Geschädigte seine Fahrtkosten zur Werkstatt des Sachverständigen im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB vom Beklagten ersetzt verlangen. In jedem Fall wäre der Beklagte also zum Fahrtkostenersatz verpflichtet. Auch trägt der Beklagte nicht näher vor, warum die vom Kläger berechneten Kosten für eine „Restwertanfrage regional“ nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB gewesen sein sollen. Eine Restwertanfrage gehört zur Aufgabe von Sachverständigen, um den Restwert eines Fahrzeugs ermitteln zu können (vgl. BGH, NJW 2010, 2722; BGH NJW 2007, 1674). Die hierfür getätigten Kosten in Höhe von 10,00 € netto (laut Anlage K 3) liegen im Übrigen erheblich unter dem hierfür angesetzten Kostenkorridor der VKS/BVK Honorarumfrage 2012/2013 (dort: 15,00 – 50,00 € netto). Schließlich sind auch die Fotokosten in Höhe von 2,45 € netto pro Foto nicht zu beanstanden, auch wenn die Auswahl der Motive zur eigentlichen, vom Grundhonorar abgesetzten Sachverständigentätigkeit zählt (ebenfalls Fotokosten von 2,45 € netto pro Foto anerkennend: LG Zweibrücken v. 11.09.2012 – 3 S 30/12). Darüber hinaus findet eine Preiskontrolle nicht statt, sofern sich – wie hier – die Kosten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH, NJW 2007, 1450).
Im Übrigen ist auch eine Übertragung der Grundsätze des JVEG nicht angebracht. Denn dieses gilt nur für gerichtlich bestellte Sachverständige und ist nicht auf die Vergütung von Privatgutachtern, denen als Unternehmern die Einkalkulation von Gewinnen gestattet sein muss, übertragbar (vgl. a. BGH, NJW 2007, 1450, 1452).
III.
In Bezug auf die geltend gemachten Nebenforderungen ist die Klage teilweise begründet. Dem Kläger stehen Verzugzinsen seit dem 09.03.2013 gemäß §§ 288, 286 BGB zu. Ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten für eine Halteranfrage besteht nicht.
Der Antrag des Klägers auf Zahlung von 61,56 € „nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz“ ist nach einer Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB dahingehend zu verstehen, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz im Sinne von § 288 Abs. 1 S. 2 BGB geltend gemacht werden.
Verzugszinsen stehen dem Kläger jedoch erst seit dem 09.03.2013 zu, §§ 288, 187 Abs. 1 BGB. Denn erst ab diesem Zeitpunkt befand sich der Beklagte im Verzug, § 286 BGB. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hatten den Beklagten mit Schreiben vom 28.02.2013 zur Zahlung bis zum 08.03.2013 aufgefordert. Erst mit Ablauf dieser Frist trat somit Verzug ein (vgl. auch OLG Saarbrücken, NZV 1991, 312). Insbesondere war auch der Versicherer des Beklagten dem Kläger gegenüber nicht schon früher in Verzug geraten – was dem Beklagten aufgrund von A. 1.1.4 AKB gemäß § 425 Abs. 1 BGB zuzurechnen wäre (OLG Nürnberg, NJW 1974, 1950 zu §10 Abs. 5 AKB a.F.; vgl. a. BGH, NJW 1973, 1369, 1370). Denn das Schreiben der HUK-COBURG vom 01.02.2013, mit dem eine restliche Kostenerstattung ohne weiteren Vortrag des Klägers zur Erforderlichkeit der Gutachterkosten abgelehnt wurde, ist nicht als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu versehen (vgl. MüKo-BGB/Ernst, § 323 Rn. 99: „Es genügt nicht, dass der Schuldner die Leistung schlicht ablehnt.“; vgl. a. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.02.2008 – L 4 KN 107/04 KR). Ebenso wenig war eine Mahnung deswegen gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, weil die Rechnung des Klägers (Anlage K 3) die Fälligkeit zum 14.02.2013 vorsah. Denn diese Zeitbestimmung wirkt nur gegenüber dem Vertragspartner – hier also dem Geschädigten -, jedoch gerade nicht in dem Fall, in dem sich der Sachverständige aus abgetretenem Schadensersatzanspruch an den Unfalfverursacher wendet in diesem Verhältnis spielen die werkvertraglichen Vereinbarungen keine Rolle (vgl. Wortmann, DS 2009, 300).
Ein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie den Kosten für eine Halterauskunft besteht aufgrund des Verzugseintritts erst zum 09.03.2013 nicht. Ein dahingehender Anspruch könnte sich nur aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ergeben. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Beklagte schon bei Tätigung der entsprechenden Aulwendungen – Anfrage einer Halterauskunft am 15.02.2013 und Erstellung des Anwaltsschreibens am 28.02.2013 – im Verzug befunden hat. Dies war jedoch gerade nicht der Fall. Auch kann ein derartiger Anspruch nicht auf den abgetretenen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823, 249 BGB, 7, 17, 18 StVG, 398 BGB gestützt werden. Zwar ist anerkannt, dass derjenige, der durch ein Schadensereignis direkt und unmittelbar betroffen ist, ausnahmsweise aus Gründen der Waffengleichheit einen Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten direkt aus § 249 BGB in Verbindung mit den jeweiligen Haftungstatbeständen – insbesondere § 823 BGB und § 7 StVG – haben kann, sofern er schutzbedürftig ist (Jahnke, VersR 1991, 264; MüKO-BGB/Oetker, § 249 Rn. 182; vgl. a. LG Saarbrücken, 2008, 36, 39; LG Berlin, NZV 1991, 74). DieserAnspruch steht allerdings nur dem unmittelbar Geschädigten zu und ist als höchstpersönliches Recht im Sinne von § 399 BGB nicht übertragbar (Jahnke, VersR 1991, 264; LG Mosbach, VersR 1983, 571 ; i.E. so auch AG Dieburg, NJW-RR 2013, 932, 933; anders: AG Darmstadt: Urteil vom 27.09.2012 – 313 C 63/12). Der Kläger kann sich daher nicht aus abgetretenem Recht auf Freistellung von Rechtsverfolgungskosten gemäß § 249 BGB berufen, zumal ja auch der Inhalt der Abtretungsvereinbarung (Anlage K 1) solches nicht umfasst.
Schließlich war es nicht „erforderlich“, Kosten zu produzieren durch eine Halteranfrage, nur weil man verärgert ist über den Pflichthaftpflichtversicherer, mit dem man i.ü. aber korrespondiert hatte und der letzlich die Sachdensersatzbeträge aufzubringen hat und kraft versicherungsvertraglicher Vereinbarungen ohne das Verhalten des VN und Schädigers „fernsteuert“.
IV.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Hamburg.
@Babelfisch
„Leider meinte das Gericht, hier den Sachverständigen hinsichtlich der Auswahl des Beklagten über die Nebenkosten disziplinieren zu müssen, dies dann auch mit einer willkürlichen und falschen Begründung.“
Nicht nur das. Auch die Ausführungen zur Prozessvollmacht gemäß § 79 ZPO sind komplett für die Tonne.
@ “ Die HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG konnte wirksam für den Beklagten als ihren Versicherungsnehmer die für den Beklagten aufgetretenen anwaltlichen Prozessbe-vollmächtigten bestellen aufgrund der ihr gemäß A.1.1.4. AKB verliehenen Regulierungs-vollmacht. Insoweit handelt es sich nicht um eine Prozesshandlung im Sinne von §§ 78, 79 ZPO. Entgegen dem Antrag des Kläger bedurfte es mithin nicht der Vorlage einer durch den Beklagten selbst auf die tätig gewordenen Rechtsanwälte ausgestellten Prozessvollmacht.“
Da irrt m.E. das erkennende Gericht. Das Mandatsverhältnis zwischen Anwalt und Partei ist ein ganz persönliches. Es muss auf Vertrauen gegründet sein. Der Mandant muss gerade diesen Anwalt, diese Anwältin beauftragt haben. Eine Stellvertretung bei der Beauftragung ist wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses nicht möglich. Das gilt auch für Haftpflichtversicherungen. Denn das Unfallopfer kann Fahrer, Halter und Versicherer als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen. Es kann aber auch einen allein auf vollen Schadensersatz in Anspruch nehmen. Das ergibt sich aus § 823 BGB. Der Unfallverursacher haftet voll für den von ihm angerichteten Schaden aus unerlaubter Handlung. Dass dafür auch eine Haftpflichtversicherung einzustehen hat, spielt dabei keine Rolle. Das Unfallopfer kann einen der Gesamtschuldner in Anspruch nehmen.
Das gilt umsomehr als der Versicherer, trotz seiner vollen Haftung, nicht vollen Schadensersatz geleistet hat. Dann ist es dem Unfallopfer freigestellt, ob es weiter den Weg über den nicht regulierungsbereiten Versicherer geht, oder ob er sich wegen des Restbetrages an den Schädiger direkt wendet, wie im obigen Fall. Das ist genau genommen sogar der richtigere Weg, denn grundsätzlich ist der Schädiger zum Schadensersatz des von ihm angerichteten Schadens verpflichtet. Wenn schon seine Haftpflichtversicherung rechtswidrig nicht vollständigen Schadensersatz leistet, so ist es nur gerecht, wenn das Unfallopfer den Rest bei seinem Unfallgegner einfordert und gegebenenfalls auch einklagt. Das hat auch die Konsequenz, dass der Schädiger erfährt, wie schlecht seine ach so gute Versicherung reguliert. Das hat auch noch einen erzieherischen Wert, der nicht unterschätzt werden sollte.
Wenn nun der Geschädigte den Unfallgegner direkt in Anspruch nimmt, dann hat grundsätzlich, wenn der Beklagte sich gegen die Klage wehren will, er das Recht der Anwaltswahl. Die Versicherung ist bekanntlich nicht mitverklagt und mithin auch nicht Partei des Rechtsstreites. Sie kann auch nicht den Unfallverursacher im Rechtsstreit vertreten. Zum Rechtsstreit gehört aber auch das gerichtliche Mahnverfahren, so dass es auch dort grundsätzlich nicht zulässig ist, dass der Versicherer den Antragsgegner vertritt. Selbst wenn das Mahngericht aufgrund des Widerspruchs der Versicherung den Rechtsstreit an das Streitgericht verweist, ist die Versicherung durch Ausschlussbeschluss von der Prozessvertretung auszuschließen. Damit kann sie dann auch nicht mehr Prozesshandlungen vornehmen.
Wenn sie aufgrund der AKB, die jedoch nicht mehr Rechte einräumen können als die ZPO, einen Anwalt für ihren VN bestellt, so muss der Anwalt nicht von der Versicherung, sondern von dem VN beauftragt sein. Das bedeutet, dass der Anwalt von der Prozesspartei bevollmächtigt sein muss. Drittbeauftragungen sind unwirksam. Ein derartiger Vertrag durch einen Dritten wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter. Denn der Mandatsvertrag kommt zwischen Mandant und Anwalt zustande. Zivilprozessual hat der Versicherer keine Vollmacht für einen Dritten einen Mandatsvertrag abzuschließen. Da der Mandatsvertrag nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten beinhaltet, würden die Pflichten des Mandatsvertrages den Versicherungsnehmer treffen, obwohl er mit gerade diesem Anwalt gar keinen Kontakt und gar keine Beziehungen und obwohl er zu ihm gar kein Vertrauen hat. Die Pflichten sind Informationspflichten und Entgeltpflichten. Selbst wenn wegen der Anwaltsgebühren die Versicherung eintritt, so ist er als Kostenschuldner gleichwohl in der Pflicht. Mithin schließt die Versicherung mit dem Anwalt einen Vertrag, der zu Lasten des VN geht. Folge dieses Vertrages ist die Unwirksamkeit.
Das Gericht hätte daher aus prozessualen Gründen dem Antrag auf Vorlage der Originalvollmacht folgen müssen. Denn die Bestimmungen der AKB können nicht die Regeln der ZPO verdrängen. Die AKB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, die innerhalb des Versicherungsvertrages ihren Regelungsinhalt haben. Außenwirkungen können diese Bedingungen nicht haben. Im Gegensatz dazu haben die Regelungen der Zivilprozessordnung allgemeingültigen Charakter. Die AKB verdrängen daher nicht die ZPO.
Willi Wacker, ich bin ganz Ihrer Meinung und argumentiere auch so.
Die Praxis sieht aber leider anders aus. Und ich möchte den verklagten VN sehen, der nicht den Anweisungen seiner Versicherung Folge leistet unter der Angst, den Versicherungsschutz zu verlieren.
Der verklagte VN kennt seine AKB und bekommt diese bei Bedarf nochmals von seiner Versicherung unter die Nase gehalten, die Bestimmungen der ZPO kennt er nicht.
Hallo Zweite Chefin,
ich bin ja froh, dass ich mit meiner Meinung nicht alleine stehe.
Wenn aber immer mehr Anwältinnen und Anwälte so wie oben dargestellt argumentieren, müssen sich die Richterinnen und Richter einmal mehr Gedanken machen. Und irgendwann kommt auch das erkennende Gericht auf den Trichter. Steter Tropfen höhlt den Stein.
Den Mandanten die entscheidenden Bestimmungen der ZPO zu erläutern, ist eben Aufgabe der Rechtsanwälte, die selbständiges Organ der Rechtspflege sind.
… wenn der beklagte VN denn mal beim Anwalt landet.
Erfahrungsgemäß spricht er eher seine Versicherung an als einen Anwalt.
Dies deshalb, weil er Probleme bei der Regulierung des gegnerischen Schadens nicht als die eigenen ansieht, ER will ja nicht regulieren, egal ob berechtigt oder unberechtigt, wofür hat er schließlich seine Versicherung ?