Im Zusammenhang mit der Beauftragung eines freien Gutachters werden von Versichererseite gerne „Limits“ gesetzt, ab welcher Schadenshöhe ein Gutachter beauftragt werden „darf“. Nun, ein Geschädigter weiß ja im Vorfeld noch gar nicht, wie hoch sein Schaden ist. Zuerst einen Kostenvoranschlag, dann, nach „Erlaubnis“ durch die Versicherung, zum Gutachter?
Diese Ansichten sind nach der herschenden Rechtssprechung völlig abwegig. Außer es handelt sich um einen für einen Laien offen ersichtlichen Bagatellschaden ist die Einschaltung eines freien Gutachters nicht erforderlich. Aber welcher Laie kann bei der heutigen Fahrzeugtechnik einen Schaden noch sicher einschätzen?
Anlaß meines Beitrages ist ein Telefonat mit einem Geschädigten. Bei Bekanntgabe der Schadensumme von ca. 1500€ meinte dieser, das da ja ein Gutachten nicht erforderlich sei weil die Versicherung erst ab 2000€ Schadenshöhe die Einholung eines Gutachtens „freigegben“ habe. Dieser Geschädigte wurde von der Versicherung, hier Signal-Iduna, mal wieder wissentlich getäuscht und falsch informiert. Es kommt nicht darauf an, was die Schädigerpartei wünscht, sondern auf was der Geschädigte rechtlich gesichert Anspruch hat. Und eine vollumfängliche Beweißsicherung durch ein Gutachten ist mit eines dieser Rechte auf die der Geschädigte, mit Ausnahme der bereits angeführten Bagatellschäden, uneingeschränkt Anspruch hat.
Ob ein Bagatellschaden vorliegt oder nicht lassen Sie am besten Ihren freien, unabhängigen und nicht weisungsgebundenen Gutachter feststellen. Lassen Sie sich nicht durch Behauptungen der Schädigerpartei verunsichern.
Letztlich geht es um Ihr Eigentum und Ihr Geld.
SV Stoll
Vollkommen richtig !!
Die unendliche Geschichte: Wann liegt ein Bagatellschaden vor und wann darf ich dennoch einen SV beauftragen?
1. Also, der BGH hat in einem Urteil jedenfalls bei einem Schaden über 1400,- DM (715,81 EUR) einen Bagatellschaden verneint. (Az.: VI ZR 365/03) Damit sollte es bis zu diesem Betrag keine Probleme geben.
2. Liegt der Schaden darunter, darf der SV jedenfalls dann beauftragt werden, wenn etwa eine Wertverbesserung festzustellen ist (AG Leverkusen 25 C 52/06) oder wenn eine Wertminderung verbleibt. Beide Positionen können nämlich nicht über den Kostenvoranschlag einer Werkstatt ermittelt werden. Auch darf ein Gutachter eingeschaltet werden, wenn ggf. verdeckte Schäden in Betracht kommen und eine Fachfirma einräumt, das Schadensausmaß sei nicht ohne weiteres feststellbar.
MfG
Gängige Praxis!
Versicherungen drängen die Geschädigten dahin, in eine von ihnen vorgegebene Reparaturwerkstatt, sich einen Kostenvoranschlag einzuholen. Nun ist es in einem großen Autohaus von VW und Audi so, dass hier Kostenvoranschläge in Massen erstellt werden müssen; es entstehen Kosten für die Kalkulation, es werden Fotos zur Versicherung geschickt und um „den Kunden“ muss sich gekümmert werden. Daher kassiert das große Autohaus von den Geschädigten 50,00 Euro, die dann bei einer Reparatur verrechnet werden sollen, obwohl Kostenvoranschläge in der Regel kostenlos erstellt werden müssen.
Die Frage ob es sich um einen Bagatellschaden handelt, wird nicht erörtert.
Der Geschädigte erhält einen Kostenvoranschlag, auf dem ausdrücklich vermerkt ist, dass es sich hier um kein Gutachten handelt.
Ein Inhaber einer anderen Werkstatt bekommt nun den Auftrag zur Reparatur des Fahrzeuges, wenn er 30,00 € unter dem KV bleibt. Das Fahrzeug ist Baujahr 2006 und weist einen seitlichen Schaden auf.
Besagter Geschädigter verzichtet somit
– auf einen Gutachter sowie eine Anwalt für Verkehrsrecht seiner Wahl und somit
– auf eine Wertminderung von mehreren 100 €
– auf eine Kostenpauschale von 25,00 €
– auf eine Beweissicherung seines Schadens für eventuelle spätere Reklamationen
– auf eine Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer der Reparatur
– er erhält keine aussagefähigen Fotos zum Schadenumfang
– er kann bei einem späteren Verkauf seines Fahrzeuges keine konkreten Angaben über den eingetretenen Unfallschaden machen – wozu er jedoch gesetzlich verpflichtet ist.
Er zahlt 50,00 € für eine Leistung, die ihm einen Teil seines Schadenersatzes, hier mehrere 100,00 €, verloren gehen läßt.
Der Geschädigte spart somit „weisungsgemäß“ – entgegen jeglicher Rechtsprechung und der ihm daraus zustehenden Leistungen – fleißig für den Versicherer seines Unfallgegners,
und dies alles für einen „Minus-Gewinn“ von 30,00 €, von denen noch 19 % MwSt abzuziehen sind.
Es bedarf somit nicht nur der Verbraucherstützer sondern auch der Verbraucher, die sich schützen lassen wollen.
Dies erreichen wir mit einer Aufklärung, die auf das eigenverantwortliche Handeln der Verbraucher ausgerichtet ist.
Virus
Apropos Bagatelleschadengrenze!
Ein unschuldig in einem Verkehrsunfall verwickelter Fahrzeughalter , kann durchaus sein Fahrzeug, auch wenn es äußerlich unbeschädigt ist einem Fachgutachter(Fairexperten)vorführen, damit dieser eine Schadenfeststellung vornimmt.(Nicht zu verwechseln mit einem Beweissicherungsgutachten)
Selbst wenn der Fachgutachter zu dem erfreulichen Ergebnis eines unbeschädigten Fahrzeuges kommen sollte, sind diese 15-30 Minuten zur Schadenfeststellung mit dem Stundensatz des jew. Fachgutachters multipliziert, immer erstattungsfähig.
Die € 715.- Grenze bezieht sich auf Beweissicherungsgutachten (Vollgutachten) und nicht auf reine Schadenfeststellungen und deren Behebungskosten, welche durchaus von € 0- € 715.-, also bis zu der Grenze reichen , ab dann ein Vollgutachten bezahlt werden muss.
An unsere Verkehrsrechtsanwälte:
Wo steht das geschrieben, dass das Überprüfen eines Fahrzeuges welches unverschuldet in einen Unfall verwickelt war, kostenlos sein muss, wenn sich nach der Überprüfung durch einen Fachgutachter herausstellt dass der Schaden zwischen
€ 0,00 und € 715.- war. Niergendwo! Das würde auch diametrtal zum § 249 BGB stehen, weil die Schadenfeststellungskosten, egal was festgestellt wird bezahlt werden müssen!!
Hier genügt auch eine Schadenfeststellunsbescheinigung des Fachgutachters (Fairexperten), ohne weitere beweisführende Lichtbilddokumentation, sonst würde das schon wieder in Richtung GA gehen.
MfG
Clevere Rechtsanwälte umgehen das Problem der Bagatellschadengrenze mit Selbständigen Beweisverfahren.
orteil: Neben der Schadenhöhe (unter Berücksichtigung von Vorschäden) kann auch gleich die Unfallursächlichkeit beurteilt werden. Ausserdem ist das Verfahren duch die Rechtsschutzversicherung gedeckt.
Bei einem 400,00 € Schaden kostet ein Kurgutachten vielleicht 50,00 €, das Selbständige Beweisverfahren vielleicht 1500,00 €.
Als Sachverständiger kann man sich jetzt überlegen, und die Kunden und Rechtsanwälte entsprechend beraten, was sinnvoller ist:
1. 30 Kurzgutachten für 50,00 € mit Regulierungsschwierigkeiten oder
2. 1 Selbständiges Beweisverfahren für 1500,00 €.
Entscheidungshilfe:
30 Selbständige Beweisverfahren sind übrigens 45000,00 €.
Bei uns bekommt der Kunde dann, wenn tatsächlich ein Bagatellschaden vorliegt eine Reparaturkostenkalkulation. Wenn die Versicherung dann meint, der Schaden sei ganz anders, dann bekommt er sofort ein Gutachten, denn dann braucht er das ja zur Durchsetzung seiner Ansprüche.
Dieses Vorgehen hat sich bereits bewährt.
Grüße
Andreas
Hallo Franz, Michael, Andreas,
m. M. nach ist euer Vortrag völlig RICHTIG.
Ich mache das schon seit Jahren so und habe bisher! noch keine Probleme damit gehabt (was nicht ist kann ja noch werden, bei den Lex HUk usw. Vorstellungen).
Kann ich nur empfehlen. Damit hat der Geschädigte wenigstens eine fachlich, korrekte Erstversorgung.
Also, ein Beweissicherungsverfahren ist zwar über eine RS gedeckt. Aber wenn die Haftpflicht die Eintrittsverpflichtung dem Grunde nach anerkennt, wird die RS regelmäßig keine Deckung für ein gerichtliches Verfahren erteilen. Wenn Streit um die Verursachungsanteile besteht, sieht es anders aus – klar.