Das Urteil des AG Haldensleben, Zweigstelle Wolmirstedt, vom 29.03.2010 (Az: 17 C 404/09) wurde hier bereits eingestellt. Doch wer hätte gedacht, dass „Die unendliche Geschichte“ erst noch nach der Urteilsverkündung geschrieben werden sollte.
Der Prozessbevollmächtigte der Geschädigten meinte, dem Sachverständigen den Streit verkünden zu müssen, nachdem die Schädigerseite Einwände gegen das Gutachten sowohl vom Inhalt her als auch von den Kosten entgegen hielt. Allerdings hatte die anwaltliche Vertretung der Geschädigten in Kenntnis einer Abtretung an Erfüllung statt die Sachverständigenkosten für seine Mandantin geltend gemacht, so dass die absurde Situation entstand, dass der Sachverständige dem Rechtsstreit auf Seiten der Geschädigten beitrat, jedoch darauf hinweisen musste, dass der Geschädigten die Sachverständigenkosten nicht mehr zustanden.
Der Klage wurde daher lediglich teilweise stattgegeben, das AG Haldensleben versäumte es jedoch, bei der Kostenentscheidung die Nebenintervention zu berücksichtigen. Der Streithelfer beantragte daraufhin eine Berichtigung des Urteils in der Weise, den Tatbestand dahingehend zu berichtigen, dass er auf Seiten der Klägerin beigetreten sei und danach das Urteil gem. § 321 ZPO dahin zu ergänzen, dass der Beklagte die Kosten der Nebenintervention zu tragen habe.
Das Gericht erteilte zunächst den Hinweis, dass es sich hierzu außerstande sah unter Hinweis auf §S 100, 101 II ZPO. Nach entsprechender Präzisierung des Antrags beschloss die Berichtigung des Tatbestandes des Urteils, wies aber die Anträge auf Berichtigung des Tenors sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab, da eine Berichtigung nach § 321 ZPO nicht in Betracht komme, da es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler handele. Der Antrag nach § 321 ZPO sei verfristet.
Gegen diesen Beschluss wurde Beschwerde eingelegt, das Gericht übersandte die Sache ans Landgericht. Das LG hob die Vorlageverfügung des AG auf und erteilte dem AG rechtliche Hinweise (!), wie in der Sache zu verfahren sei. Das AG erklärte darauf hin, nicht abhelfen zu können und schickte die Sache wieder ans LG. Auch diese Vorlageverfügung hob das LG auf und wies das AG darauf hin, dass eine Entscheidung nach § 321 ZPO und nicht nach §321 a ZPO zu treffen sei.
Nachdem das AG die Akte mit einer Nichtabhilfeverfügung erneut dem LG übersandt hatte, entschied das LG nunmehr selbst:
Landgericht Magdeburg
Geschäfts-Nr.: 17 C 404/09
Verkündet laut Protokoll am: 15.11.2011 / 2 T 300/11
Ergänzungsurteil
In dem Rechtsstreit (……) hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg durch die Richterin am Landgericht ……. als Einzelrichterin im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 28.10.2011 für Recht erkannt:
Das Urteil des Amtsgerichts Haldensleben vom 29.3.2010, Geschäftsnummer 17 C 404/09, wird im Tenor im Kostenpunkt wie folgt ergänzt:
Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt der Beklagte zu 70 %, im Übrigen trägt sie der Nebenintervenient.
Tatbestand
Nachdem ihm der Streit verkündet worden war, ist der Streitverkündete mit Schriftsatz vom 12.3.2010 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten. Mit Urteil vom 23.9.2010 hat das Amtsgericht in der Sache entschieden. Es hat dem Beklagten 70 %, der Klägerin 30 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt, aber keine Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention getroffen.
Das Urteil ist dem Vertreter des Nebenintervenienten am 4.11.2010 zugestellt worden. Mit am 8.11.2010 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Nebenintervenient beantragt, den Tatbestand des Urteils dahingehend zu berichtigen, dass er am 12.3.2010 auf Seiten der Klägerin beigetreten sei und danach das Urteil gem. § 321 ZPO dahin zu ergänzen, dass der Beklagte die Kosten der Nebenintervention zu tragen habe.
Mit Verfügung vom 30.12.2010 hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass der Tatbestand ergänzt werden könne, hat aber unter Verweis auf § 100, 101 II ZPO Bedenken dahingehend geäußert, dass der Beklagte die Kosten der Nebenintervention zu tragen hat.
Mit Schriftsatz vom 11.2.2011 hat der Nebenintervenient um die Berichtigung des Tatbestandes gebeten und den Antrag auf anschließende Urteilsergänzung dahingehend präzisiert, dass der Beklagte die Kosten der Nebenintervention in Höhe von 70 % zu tragen habe.
Mit Beschluss vom 4.5.2011 hat das Amtsgericht den Tatbestand berichtigt, die Anträge auf Berichtigung des Tenors sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens aber abgewiesen. Eine Berichtigung nach § 321 ZPO komme nicht in Betracht, weil es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler handele. Der Antrag nach § 321 a ZPO sei verfristet.
Gegen den ihm am 12.5.2011 zugestellten Beschluss hat der Nebenintervenient am 26.5.2011 Beschwerde eingelegt. Seines Erachtens sei eine Ergänzung nach § 321 ZPO möglich und begründet.
Das Amtsgericht hat ohne weiteren Zusatz die Sache dem Landgericht übersandt.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 15.6.2011 die Vorlageverfügung aufgehoben und dem Amtsgericht rechtliche Hinweise gegeben, wie in der Sache zu verfahren ist.
Das Amtsgericht hat mit dem Vermerk, es könne gem. den §§ 319 Abs. III, 321 a IV 4 ZPO nicht abhelfen, die Sache dem Landgericht zurückgeschickt.
Auch diese Vorlageverfügung hat die Kammer aufgehoben und hat mit Beschluss vom 29.6.2011 darauf hingewiesen, dass vorliegend eine Entscheidung nach § 321 ZPO und nicht nach § 321 a ZPO zu treffen sei.
Das Amtsgericht hat die Akten unter dem 14.9.2011 mit einer Nichtabhilfeverfügung der Kammer erneut übersandt.
Der Anregung der Kammer, im Wege des Beschwerdeverfahrens eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu treffen, sind die Parteien gefolgt und haben ihr Einverständnis schriftsätzlich erklärt. Bis zum Ablauf der gesetzten Schriftsatzfrist (28.10.2011) sind keine weiteren Schriftsätze eingegangen.
Entscheidungsgründe
Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages auf Ergänzung des Urteils ist zulässig, Über den Ergänzangsantrag ist gem. § 321 Abs. 3, 4 ZPO nach mündlicher Verhandlung oder im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO durch Urteil zu entscheiden. Entscheidet das Gericht zu Unrecht durch Beschluss, ist dieser nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Das Rechtsmittelgericht hat dann allerdings in das richtige Verfahren überzugehen (vgl. Zöiier-Heßler, a.a.O., vor § 511 Rdn. 33). Da das Amtsgericht sich gehindert gesehen hat, im Wege der Abhilfe eine Entscheidung durch Urteil zu treffen, erfolgt diese nunmehr durch die Kammer.
Der Ergänzungsantrag nach § 321 ZPO ist statthaft und innerhalb der Zweiwochenfrist nach Zustellung des erlassenen Urteils gestellt worden.
Da es zunächst der Tatbestandsberichtigung bedurfte, begann die Frist erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses (vgl. Zöller Vollkommer, a.a.O., § 321 Rdn. 7). Der Beschluss vom 4.5.2011 wurde nach Angabe des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 12.5.2011 zugestellt, die Beschwerde mit dem (neuen) Antrag auf Urteilsergänzung ging am 26.5.2011 bei Gericht ein. Wollte man auf die Zustellung des Urteils abstellen, so wäre die Frist ebenfalls gewahrt, weil das erstinstanzliche Urteil an die Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 4.11.2010 zugestellt wurde und der Antrag auf Tatbestandsberichtigung und Urteilsergänzung am 8.112010 beim Amtsgericht einging. Dass dieser Antrag nach § 321 ZPO wegen der §§ 100, 101 ZPO teilweise unbegründet war, ist für die Fristwahrung unerheblich.
Der Antrag auf Urteilsergänzung ist auch begründet.
Grundsätzlich ist eine Urteilsergänzung gem. § 321 ZPO möglich, wenn das Gericht versehentlich nicht über die Kosten der Streithilfe entschieden hat (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 321 Rdn. 3 m. w. N.). Davon, dass hier ein Versehen vorlag, ist auszugehen: Zum Einen hat das Amtsgericht den Beitritt des Streitverkündelen im Tatbestand nicht erwähnt, was bereits dafür spricht, dass es den Beitritt übersehen hat. Zum Anderen kann davon ausgegangen werden, dass dem erkennenden Richter die §§ 100, 101 ZPO bekannt waren. Beide Aspekte zusammen genommen deuten auf ein Versehen hin.
Die Kosten der Nebenintervention waren daher entsprechend der vom Amtsgericht angenommenen Quote von 70 % zu Lasten des Beklagten dem Beklagten aufzuerlegen.
Fazit: Die Streitverkündung an den Sachverständigen bei einer Abtretung an Erfüllung statt ist ohne jeden Wert.
Hallo SV Zimper,
das in der Überschrift angegebene Aktenzeichen des LG Magdeburg dürfte nicht richtig sein. Ein C bedeutet >Zivilabteilung eines AG in einer allgemeinen Zivilsache. Bei LG ist es ein O im allgemeinen Verfahren und ein S im Berufungsverfahren bzw. ein T in Beschwerdesachen.
Mit freundlichen Grüßen
F-W Wortmann
Hallo SV Zimper,
das Fazit erschließt sich mir aus den Beschlussgründen (eigentlich hat die Beschwerdekammer im Beschlussswege eine Urteilsergänzung vorgenommen!) des LG Magdeburg nicht. Viemehr ist aus den Entscheidungsgründen zu entnehmen, dass die notwendigen Kosten des Nebenintervenienten im gleichen Verhältnis wie die Grundkostenentscheidung dem Beklagten aufzuerlegen sind.
Im Urteil des AG fehlte die Kostenentscheidung hinsichtlich der Nebenintervention aufgrund eines offensichtlichen Fehlers ganz. Darauf war damals auch schon hingewiesen worden.
doch, aber nur durch den anschließenden beitritt bei der beklagten,ansonsten wären auch die restlichen 30% noch vom kläger zu holen gewesen.wobei,auch dies müßte jetzt noch möglich sein über die haftung des klägeranwaltes.
Nein,hans olg!
Die Klage beruht auf dem SV-Gutachten,also beruht doch die 30%ige klageabweisung auf dem zu hohen Gutachten!
Fazit:Haftung des SV,nicht des Anwalts, für die 30%ige kostenbelastung des Klägers!
Sehr geehrter Ra Müller-L.,
besser, Sie hätten im AG-Urteil nochmal nachgelesen:
„… mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, das der Sachverständige unter dem 13.05.2010 vorgelegt hat. In diesem Gutachten kommt er zu dem Ergebnis, dass der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs zum Unfallzeitpunkt 950,00 € und der Restwert 120,00 € bis 150,00 € betragen habe. Von diesen Angaben des Sachverständigen konnte das Gericht ausgehen, weil es an der Sach- und Fachkunde des Sachverständigen keine Zweifel hatte. Der Sachverständige ist dem Gericht aus einer Vielzahl vergleichbarer Verfahren als zuverlässiger und kompetenter Sachverständiger bekannt.“ ??
Weiter heißt es aber:
Keinen Anspruch hat die Klägerin zudem auf Ersatz von Sachverständigenkosten. Denn insoweit ist sie nicht aktivlegitimiert.
Möglich, aber wenig wahrscheinlich, hat der Rechtsanwalt ebenso wie der Sachverständige der Kundin aufgrund der fehlerhaften Prozessführung keine Kosten in Rechnung gestellt.
Klingelts?
LG Chr. Zimper
Hallo SV Zimper,
dass es zu einer Kostenquotelung gekommen ist, lag an der teilweisen Klageabweisung (betreffend SV-Kosten). Auf Grund der Tatsache, dass der regulierungspflichtige Versicherer die Werte im Gutachten bestritten hatte, war die Streitverkündung wegen der streitigen Gutachtenwerte durchaus gerechtfertigt. Deshalb erschließt sich mir nicht das Fazit für diesen Rechtsstreit, dass die Streitverkündung an den Sachverständigen bei Abtretung an Erfüllungs Statt ohne jeden Wert sei. Gerade in diesem Fall zeigt sich, dass bei bestrittenen Werten des Gutachtens eine Nebenintervention durchaus gerechtfertigt ist. Dies zeigt sich auch in der überwiegenden Kostentragungspflicht der Beklagten auch hinsichtlich der Kosten der Nebenintervention.
Wenn es nur um die Kosten des SV geht, dann kann es durchaus sein, dass bei einer Abtretung an Erfüllungs Statt eine Streitverkündung keinen Sinn macht. Denn dann klagt hinsichtlich der Kosten des SV ohnehin dieser, da durch die Abtretungsvereinbarung an Erfüllungs Statt die Schuld des Kunden gegenüber dem SV in voller Höhe erloschen ist. Das ist ja genau der Sinn der Abtretung an Erfüllungs Statt.
Werden seitens des Schädigers Werte im Gutachten bestritten, macht nach wie vor eine Streitverkündung auch bei Abtretung der Schadensersatzansprüche auf Erstattung der SV-Kosten sehr wohl Sinn.
Willi Wacker
Also Willi,
wenn der Anwalt, tätig in der Kanzlei xxx , dem SV des Geschädigten, der in Besitz einer Abtretung an Erfüllungs statt ist, den Streit verkündet und gleichzeitig für den Anspruchsteller das SV-Honorar in diesem Prozess geltend macht, dann kann das Ganze nur in die Hose gehen? Dies insbesondere, wenn der SV gleichzeitig beim VN der Versicherung den an Erfüllungs statt abgetretenen Schadensersatz in Höhe seines Honorars gerichtlich fordert.
Willi, wenn du es noch deutlicher haben möchtest, dann lass es mich wissen? Gerne zitiere ich dann aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft.
Ansonsten sei angemerkt, wenn ein Anwalt einem SV den Streit verkünden will, dann sollte er dies nach der Gutachtenerstellung im Auftrag der Haftpflichtversicherer tun oder nach der Erstellung von Kürzungsprotokollen zum Nachteil des Anspruchstellers z.B. durch DEKRA, ControlExpert usw.
MfG. Chr. Zimper
Hallo SV Zimper,
da ich für persönliche Anfeindungen nichts übrig habe, beende ich die Diskussion, die ohnehin nichts bringt. Nur das sei noch angemerkt. Eine Nebenintervention macht nur dann Sinn, wenn die Möglichkeit der Inanspruchnahme des am Rechtsstreit nicht Beteiligten besteht. Dies ist dann möglich, wenn im werkvertraglichen Verhältnis Leistungsstörungen – welcher Art auch immer – auftreten. Dem Prozess liegt aber ein deliktischer Anspruch aus den §§ 823 I, 823 II, 7, 17 StVG i.V.m. § 249 BGB zugrunde. Da der Sachverständigenvertrag ein Vertrag mit Schutzwirkung zuGunsten Dritter, nämlich dem Schädiger, ist, hat der Schädiger auch die Möglichkeit des Regresses aus dem Sachverständigenvertrag. Das gilt aber auch für den Vertragspartner des Sachverständigenvertrages gem. §§ 631 ff. BGB. Also sind Streitverkündungen, wenn Fehler im Vertragsverhältnis behauptet werden, durchaus sinnvoll.
Letztmalig sei noch darauf hingewiesen, dass der Fazitsatz so in seiner verallgemeinerten Form nicht richtig ist. Denn bei einer Geltendmachung der Sachverständigenkosten, und um die ging es ja bei den 30 %, ist der Sachverständige der Kläger, wenn eine Abtretung an erfüllungs Statt vorliegt. Die muss allerdings auch offen gelegt werden. Dann ist aber der Vertragspartner aus dem Sachverständigenvertrag völlig außen vor. Was soll dann eine Streitverkündung des klagenden Sachverständigen? Geht es aber um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Unfallopfers, so wie im vorliegenden Rechtsstreit vor dem AG Haldensleben, so macht im Falle des Bestreitens einzelner Punkte des Gutachtens eine Nebenintervention seitens des klagenden Geschädigten sehr wohl Sinn.
Das war es dann aber auch. Was schert es die deutsche Eiche, wenn sich jemand daran schabt?
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
@SV Zimper, Montag 28.11.2011.
Hallo Herr Zimper, ist das wirklich wahr?
@ Willi Wacker
Montag, 28.11.2011 um 21:09
Hallo SV Zimper,
da ich für persönliche Anfeindungen nichts übrig habe, beende ich die Diskussion, die ohnehin nichts bringt.
Sehr geehrter Willi Wacker,
da es hier offenbar um etwas geht, was Sie m.E. sehr richtig einschätzen, sollte einer weiteren Diskussion hierzu kein Raum mehr gegeben werden, worum ich die Redaktion herzlichst bitte, denn die Zielgruppen von http://www.captain-huk.de und deren Interessen liegen außerhalb einer solchen unproduktiven und auch in der Sache herabwürdigenden Diskussion (siehe: „Warum das Ganze?“).
Mit freundlichen Grüßen
und noch einen schönen Tag
Dipl.-Ing. Harald Rasche
Bochum & Tangendorf
Wie steht es eigentlich mit der inhaltlichen Auseinandersetzung der Urteile?
1.) Dem Sachverständigen wurde seitens der Klägerpartei (ohne Not) der Streit verkündet.
2.) Der Sachverständige ist (warum auch immer) dem Streit beigetreten.
3.) Der Richter ist dem Gutachten des Sachverständigen vollumfänglich gefolgt => Streitbeitritt somit völlig unnötig.
4.) Der Sachverständige musste nun bis zum LG um seine Kosten kämpfen, weil der Amtsrichter offensichtlich nicht willens war, entsprechend zu entscheiden.
5.) Der Sachverständige bleibt – aufgrund eines Prozessfehlers – letztendlich auf 30% seiner Kosten sitzen. Restliche Kostendeckung – ungewiss.
Wie an anderer Stelle bereits schon mehrfach ausführlich diskutiert, ist ein Streitbeitritt im Regelfall nicht erforderlich. Bei einem „Einfachschaden“ mit einem Wiederbeschaffungswert von 950 Euro und einem Restwert von 120 – 150 Euro ist bereits für den Laien ersichtlich, dass die Werte nicht aus dem Rahmen fallen.
Wozu dann also der ganze Aufmarsch?
Um bei der HUK zusätzliche Kosten zu produzieren?
Um im Falle des (teilweisen) Unterliegens den Sachverständigen „in die Pfanne zu hauen“?
Wie an anderer Stelle schon mehrfach ausgeführt, muss der Sachverständige „mit dem Klammerbeutel gepudert“ sein, wenn er irgendwelchen Standardprozessen als Streithelfer beitritt. Wer hat schon die Zeit – und die Lust – sich wegen einer Auseinandersetzung um 830 Euro UNNÖTIG bei Gericht herumzuschlagen? Wer übernimmt die Kosten für den gesamten Aufwand?
Warum solte man auf anteiligen oder den kompletten Streithelferkosten sitzen bleiben, wenn im Prozess irgend etwas schief geht, auf das der Sachverständige keinen Einfluss hat?
Warum sollte man sich freiwillig dem Urteil eines Prozesses unterwerfen, bei dem möglicherweise viele Köche den Brei verderben?
Die Streitverkündung dient einzig und allein dem Anwalt des Geschädigten, da der – ohne weiteren Prozess – den Sachverständigen ggf. in die Pflicht nehmen kann, da das Urteil auch gegen den Sachverständigen Rechtswirkung entfaltet.
Streitverkündung ist aber auch ein Kostenrisiko für den Geschädigten. Wenn der Prozess verloren geht, muss der Geschädigte ggf. zusätzlich noch die Kosten der Streitverkündeten tragen, sofern der Streitverkündete keinen Anteil an dem verlorenen Prozess hat.
Für den Fall. dass der Geschädigte einen Prozess vollständig oder teilweise verlieren sollte, kann er den Sachverständigen doch immer noch in Regress nehmen, sofern er meint, dass die Verantwortung beim Sachverständigen liegt? Dann ist der Geschädigte aber in der Beweispflicht – und der Sachverständige kann sich dagegen wehren => weniger „Köche“!
Die Streitverkündung des Sachverständigen im Schadensersatzprozess ist – meiner Meinung nach – nur eine juristische Spitzfindigkeit zu Lasten des Sachverständigen.
@ Hunter
Das sehe ich ähnlich. Ich benenne „meinen“ Sachverständigen doch lieber als Zeugen, als daß ich ihm den Streit verkünde.
Und wenn die Versicherung ihm den Streit verkündet, dann wird „mein“ Sachverständiger dem Prozeß auch nicht beitreten, sondern viel lieber als Zeuge darlegen, wieso er sein Gutachten ordnungsgemäß erstellt hat.
P.S. und nach der Zeugenaussage kann er immer noch beitreten, wenn er mag …
@ RA Schepers
So ist es!
Wenn der Sachverständige als sachverständiger Zeuge, oder noch besser, als Sachverständiger geladen wird, dann bekommt er entweder Zeugenentschädigung oder Sachverständigenentschädigung für seine Zeitaufwendungen einschl. Fahrtkosten.
Als beigetretener Streitverkündeter müsste er erst einmal Rechtsanwaltskosten vorstrecken, ackert als Prozessbeteiligter für umme und muss am Ende noch die Kosten mittragen? Geht´s noch?
Bester Beweis dafür, dass man als Sachverständiger der Streitverkündung eine Absage erteilt, ist das gegenständliche Gerichtsverfahren.
Das Fazit beim o.a. Urteil würde ich pauschal abändern in:
Eine Streitverkündung ist für den Sachverständigen ohne Wert!
@RA Schepers:
@Hunter:
Radio Eriwan läßt grüßen: Im Prinzip ja, aber ….
Der Sachverständige konnte vorliegend nicht sicher sein, was auf Seiten des Geschädigtenanwalts beabsichtigt war. Von „meinem Sachverständigen“ und „meinem Anwalt“ konnte offensichtlich nicht gesprochen werden.
Den Voraussetzungen entsprechend hat der SV seine Ansprüche gegen die Versicherung des Schädigers geltend gemacht. Dort wurde ihm von Seiten der Versicherung entgegen gehalten, dass der Anspruch allein deswegen nicht gegeben sei, weil er – fälschlicherweise – im Verfahren des Geschädigten geltend gemacht wurde und somit bereits Rechtshängigkeit bestehe. Da in jenem Verfahren in Kenntnis der Umstände die Klage in Höhe der Sachverständigenkosten nicht zurück genommen wurde und somit nicht auszuschließen war, dass dort noch ein „dickes Ende“ kommen werde, war der Streitbeitritt in diesem Falle angezeigt.
Da der Streitverkündete sich an die Entscheidung des vorangegangenen Prozesses binden lassen muss, liegt auf der Hand, dass „Nichtstun“ im Interesse des SV nicht angezeigt war.
Hallo Babelfisch,
hallo Leute allgemein!
Sie sollten überlegen, ob nicht standesrechtliche Vorschriften auch bei Kommentaren hier im Blog zu beachten sind. Offenbar waren Sie Prozessbevollmächtigter des SV Zimper, so dass Sie der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegen. Prozessinterna hier zu veröffentlichen, ist eine Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht. Als in Rente befindlicher Kollege kann und darf ich Sie darauf hinweisen. Also Vorsicht! Gut finde ich, dass der hier – zu Unrecht -angegriffene Anwalt unter Beachtung seiner Schweigepflicht sich nicht äußert und auch nicht äußern darf.
Zum Sachverhalt, wie er sich aufgrund des ursprünglichen Beitrags des SV Zimper sich darstellt, ist zu bemerken, dass dem Rechtsanwalt des klagenden Kfz-Eigentümers kein Vorwurf gemacht werden kann, dass er dem Sachverständigen, der das Schadensgutachten erstellt hat, den Streit verkündet hat, denn seitens des regulierungspflichtigen Haftpflichtversicherers waren Positionen des Gutachtens bestritten worden, so waren insbes. der Restwert bestritten. Das Gericht hat darüber Beweis erhoben. Daraus ergibt sich, dass der Vortrag der Beklagten auch für das Gericht erheblich war. In diesem Fall war es fehlerlos, dass der Rechtsanwalt des Klägers dem Sachverständigen den Streit verkündet hat. Immerhin hatte der gerichtliche Gutachter auch andere Werte angegeben, so dass von den geforderten 880,– € nur 830,– € zugesprochen wurden, was eine Reduzierung der Klageforderung um 50,– € ausmacht. Siehe Urteil des AG Wolmirstedt. Schon allein deshalb war eine Kostenquotelung durch das Gericht vorzunehmen. Dieser Schluss ist eindeutig aufgrund der vom SV Zimper hier selbst veröffentlichten Daten des Urteils abzulesen. Da werden auch keine standesrechtlichen Bestimmungen tangiert, wenn der Streitverkündete die Daten hier selbst angibt.
Ob und wenn ein Anwaltsversehen vorliegen sollte, obwohl ich keines erkennen kann, sollten die Parteien intern, also ausserhalb dieses Blogs, regeln. Es macht keinen guten Eindruck, wenn in Kommentaren gegen einen Anwalt nachgetreten wird, obwohl dies nicht gerechtfertigt ist.
Ich kann daher nur noch einmal appellieren, persönliche Anfeindungen hier im Blog zu unterlassen. Es bringt den Blog nur in Verruf. Und das ist die Sache nicht wert.
In diesem Fall war die Streitverkündung durchaus sinnvoll. Für den Anwalt des Klägers sogar geboten, weil die Positionen des Gutachtens bestritten waren. Und hinsichtlich einer Position auch eine Reduzierung vorgenommen wurde, nämlich von 880,– € auf 830,– €.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Willi Wacker
@Willi Wacker:
Direkt angesprochen darf ich ebenso direkt antworten:
Bin ich Prozessbevollmächtigter in diesem Verfahren gewesen? Habe ich etwas verlautbaren lassen, was nicht ohnehin im Urteil stand? Habe ich Namen genannt? Habe ich nicht das Recht bzw. die Pflicht, Stellung zu nehmen in Fällen, in denen mir eine Erläuterung notwendig erscheint? Machen Sie etwas anderes? Habe ich gesagt, dass eine Streitverkündung grundsätzlich sinnvoll ist? Habe ich gesagt, dass eine Streitverkündung grundsätzlich sinnlos ist. Habe ich gegen eine Schweigepflicht verstossen? Unterliege ich einer Schweigepflicht oder wäre ich gar von ihr befreit?
Der Vorwurf des Verstosses gegen gesetzliche/standesrechtliche Regelungen wirkt schwer, vielen Dank für diesen verbalen Tritt unter die Gürtellinie!
Denjenigen, für den Sie so vehement in die Bresche springen, wirds freuen.
Hallo Herr Kollege Babelfisch,
ich habe geschrieben, dass Sie offenbar PBV des Sachverständigen waren. Denn Sie sind ja offenbar bestens informiert. Und soviel Interna ergeben sich nicht aus dem Urteil, das hier veröffentlicht ist. Daraus ergibt sich aber, dass die Schadensposition des SV um 50,– € durch den gerichtlichen SV reduziert wurde. Offenbar springen Sie für den Nebenintervenienten in die Bresche. Das ist Ihre Sache. Was natürlich nicht geht, ist dass durch den Kommentar von SV Zimper um 19.26 Hinweise auf einen betreffenden Anwalt erfolgt sind, die unterlassungswürdig sind. Denn durch den Kommentar ist die geschäftliche Ehre des betreffenden RA beeinträchtigt worden. Dem Kommentator ist doch der Unterlassungsanspruch aus dem Urteil des OLG Naumburg ( veröffentlicht in DS 2006, 283 ff = NJW-RR 2006, 1029 ff. auch hier im Blog veröffentlicht ) genauestens bekannt, zumal er die Rechte in Anspruch genommen hat. Wenn er dann in Kenntnis des von ihm selbst erstrittenen Urteils trotzdem den Kommentar um 19.26 veröffentlichen läßt, wird die Rechtswidrigkeit indiziert und es besteht sogar Wiederholungsgefahr.
Was ein Schreiben der Staatsanwaltschaft – mit welchem Inhalt auch immer – hier soll, bleibt wohl Geheimnis des Herrn Zimper, der aber offenbar den Kommentar gar nicht verfasst hat, sondern Chr. Zimper.
Persönliche Anfeindungen sollten hier unterbleiben.
„Der Sachverständige konnte vorliegend nicht sicher sein, was auf Seiten des Geschädigtenanwalts beabsichtigt war.“ Dieser Satz steht nicht im Urteil. Mithin müssen Sie – wie auch immer -involviert sein. Deshalb mein Tip, mit derartigen Interna, die sich nicht aus dem Urteil ergeben, die Ihnen also nur als Anwalt zugänglich waren, nicht in öffentlichen Foren argumentieren.
Sie sollten froh sein, dass ich Ihnen das kollegial vorhalte.
Dass der gerichtliche Gutachter die Schadensposition von 880,– € auf 830,– € reduziert hat, wie aber aus dem Urteil zu erkennen ist, verschweigt der Kommentator. Der SV hatte den Restwert geringer angegeben, so dass der Wiederbeschaffungswert 880,– € betrug (siehe Urteil!). Dieser Betrag war dann lt. Tatbestand des Urteils eingeklagt worden. Zugesprochen wurden 830,- € Wiederbeschaffungwert zuzüglich allgem. Kostenpauschale.
Da liegt schon eine Differenz von 50,– €.
Persönliche Anfeindungen sollte der Kommentator hier lassen. Nachgetreten hat doch SV Chr. Zimper mit seinem Kommentar. Im übrigen hatte ich auch darauf hingewiesen, dass die Überschrift sowie auch das Fazit in der verallgemeinerten Form nicht richtig ist.
Das wars dann aber auch.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
@ Willi Wacker
Gilt das auch für Willi Wacker?
Übrigens:
50 Euro von 880 Euro sind 5,68%. Woher kommt die hauptsächliche Kostenlast von 24,32%?
Bestimmt nicht vom eingeklagten SV-Honorar, das wohl schon lange vor dem Prozess an den Sachverständigen (an Erfüllungs Statt) abgetreten war und deshalb (zu Recht) nicht zugesprochen wurde? Nie und nimmer?
Fehler des Klägervertreters? Nein, nein und nochmals nein?
Zur Streitverkündung gehören immer zwei. Wenn Anwälte meinen, die Streitverkündung an den eigenen Sachverständigen mache – für wen auch immer – Sinn, sollte man die Jungs immer schön „wursteln“ lassen. Für den Sachverständigen gibt es ja ein einfaches Mittel, sich aus dem unnötigen Schlamassel dezent herauszuhalten.
Ein simples NEIN DANKE genügt = Streithelfer ade => Ende der Streitverkündung!
Als Sachverständiger des Geschädigten würde mir der Anwalt des Geschädigten – bei einer simplen Schadensersatzforderung – sowieso nur ein einziges mal den Streit verkünden. Jegliche weitere Zusammenarbeit wäre damit beendet. Es sei denn, er übernimmt SÄMTLICHE anfallende Kosten dieses „genialen Schachzuges“ und stiehlt mir nicht die Zeit.
Für den Sachverständigen ist eine Streitverkündung ohne Wert!
Wie tief soll das hier eigentlich noch abrutschen von einem Blog, der die Öffentlichkeit informiert, zu einem Blog, in dem persönliche Händel ausgefochten werden?
Schlimm genug, dass differenzierte Meinungen mit Diffarmierungen abgestraft werden, aber was wir hier jetzt lesen, ist sicher bestens geeignet, der Öffentlichkeit zu zeigen:
Einigkeit macht stark!
Lieber Herr Otting,
ich bin zwar nicht immer Ihrer Meinung. Aber hier haben Sie Recht.
Mit freundlichen Grüßen
F-W Wortmann
@ Willi Wacker
„Dem Kommentator ist doch der Unterlassungsanspruch aus dem Urteil des OLG Naumburg…“
…. der ist mir nicht nur bekannt, der beruht insbesondere auf einer konstruktiven und partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen unserem damaligen Anwalt und mir. Also wenn jemand meint …, ich werde es gelassen auf mich zukommen lassen.
Abschließend bleibt mir noch zu sagen, bei einer Streitverkündung ist jeder SV gut beraten, sich eingehend den Kommentaren von Hunter und RA Schepers zu widmen.
Chr. Zimper
@ joachim otting
Früher gab es Kritik am Blog, dass sich die Schreiber angeblich immer nur gegenseitig Recht geben. Wenn es nun bei „heißen Themen“ zu heftigen Diskussion inerhalb der Blogger kommt, bei denen zwangsläufig auch mal „die Fetzen fliegen“, ist es nun auch wieder nicht recht? Die „Streitverkündung“ des Sachverständigen ist, wie man sieht, ein wahrhaft „heißes Eisen“.
Egal wie man es also macht, irgendwelchen Leuten passt immer irgend etwas nicht? Ob Schmusekurs oder heftige Streitdiskussion. Da hilft es nur, den eigenen Weg konsequent weiter zu bestreiten, während diverse Kritiker im Rückspiegel an Bedeutung verlieren.
@Hunter Mittwoch, 30.11.2011 um 13:17
“ …während diverse Kritiker im Rückspiegel an Bedeutung verlieren.“
Da kann einem aber auch das eigene Konterfei begegnen – nicht wahr?
Ne, höchstens ein paar benebelte Dummschwätzer.
Zu denen fällt mir dann immer der passende Spruch von Herrn Otting ein:
„Was stört es eine deutsche Eiche, wenn eine Sau sich daran kratzt…“
Lieber Herr Otting,
wie überall im Leben ist es auch hier. Mit einem Brunnenfrosch kann man nicht über den Ozean reden.
Gruß
H.R.
@Hunter Mittwoch, 30.11.2011 um 23:06
„Ne, höchstens ein paar benebelte Dummschwätzer.“
Treffer – aber wieso denn gleich mehrfach – Akoholprobleme?