Die Versicherer argumentieren ja immer gerne damit, dass sie angeblich unberechtigte Ansprüche im Sinne der Gemeinschaft aller Versicherten verweigern müssen. Gleichzeitig verschleudern sie aber sinnlos Geld, wie nachstehendes Beispiel zeigt, das sich in den letzten Wochen in meiner Kanzlei zugetragen hat:
Wir vertreten einen Mandanten im Rahmen einer Unfallregulierung gegen die Zürich-Versicherung. Das beschädigte Fahrzeug des Mandanten ist ein „Audi S 4 2.7 quattro avant“. Der Geschädigte lässt das Auto in einer Fachwerkstatt reparieren und ich übersende die Rechnung, die sich an den vom Gutachter geschätzten Werten orientiert, an die Versicherung. Gleichzeitig mache ich Nutzungsausfall geltend. Der Sachverständige hat hier richtigerweise unter Zuhilfenahme der Schwacke-Tabelle die Gruppe „H“ ermittelt, nachdem das Fahrzeug zwischen 5 und 10 Jahre alt ist. Es errechnet sich eine NA-Forderung in Höhe von 1.105,00 EUR (17 Tage á 65,00 EUR). So weit, so gut.
Die Versicherung reguliert den Nutzungsausfall nur mit 1.003,00 EUR und teilt lapidar mit: „Den Nutzungsausfall zahlen wir für 17 Tage á 59,00 EUR“. Ein Blick in die Tabelle ergibt, dass die Versicherung somit nur Gruppe „G“ bezahlt hat. In meiner höchstnaiven Meinung, es handele sich um ein Versehen, rufe ich die Sachbearbeiterin an und weise auf die falsche Einstufung des Fahrzeuges hin. Dort bekomme ich sinngemäß zu hören: „Das macht der Computer“. Die Dame am anderen Ende faselt noch etwas von einem Audi A4 2.8 quattro avant, der in Gruppe „H“ als Neufahrzeug eingestuft sei und deshalb wegen seines Alters eine Gruppe tiefer zu erstatten sei, also „G“. Ich erkenne den Irrtum der Sachbearbeiterin und weise darauf hin, dass es sich hier um keinen Audi A4 handelt, sondern um einen Audi S4. Auch wenn „2.7“ weniger sei als „2.8“ ist dieses Modell höher eingestuft, im übrigen habe auch der Sachverständige die Einstufung vollkommen korrekt vorgenommen. Wer jetzt meint, die Sachbearbeiterin hätte Einsehen gezeigt, irrt. Ich beende das Telefonat mit der Erkenntnis, dass es wohl keinen Sinn macht, weiter zu diskutieren. Ich diktiere ein Telefax an die Versicherung, stelle den ganzen Sachverhalt nochmals dar und füge sogar einen Auszug aus der Schwacke-Tabelle bei, aus der sich zweifelsfrei ergibt, dass das Fahrzeug unseres Mandanten in Gruppe „H“ einzustufen ist. Zugleich erhöhe ich die bereits auf 1,3-Basis abgerechneten Gebühren auf 1,5, nachdem die Angelegenheit ja langsam umfangreich und schwierig wird, immer noch in der naiven Meinung, zwar über die Höhe der 1,5 Geschäftsgebühr diskutieren zu müssen, nicht aber über den restlichen Nutzungsausfall.
Aber es kommt anders. Die Versicherung teilt lapidar mit, dass sie noch RA-Gebühren in Höhe von 95,58 EUR (also genau meine Forderung) überweist. Im übrigen sei aufgrund des Alters des Fahrzeugs eine Herabstufung um eine Gruppe vorzunehmen. Mir platzt endgültig der Kragen und ich diktiere direkt und auf eigenes Risiko eine Klage gegen die Haftpflichtversicherung, Streitwert: 102,00 EUR. Unmittelbar nach Klagezustellung teilt die Versicherung mit: „wir überweisen auf Ihr Konto wie 177,69 EUR (Anm. d. Verf.: 102,00 EUR Nutzungsausfall, 0,69 EUR Zinsen und 75,00 Gerichtskosten). Bitte geben Sie uns noch Ihre Kosten auf.“
Rechnung über insgesamt 123,17 EUR ist schon unterwegs. Der Fall hat sich für die Versicherung richtig rentiert. Hätte sie ihren Irrtum gleich erkannt, hätte sie das nur 102,00 EUR gekostet, jetzt machts 300,86 EUR. So kann man das gut gehütete Geld der Versichertengemeinschaft auch verschleudern…
Noch Fragen ??
Das waren enau ein Telefonat und ein Fax zuviel.
Ich gehe immer mehr dazu über, Kürzungen ohne weitere Vorwarnung einzuklagen.