Nicht nur die Versicherer und die Restwertbörsen sind von der Urheberrechtsproblematik betroffen, sondern auch die sog. „Dienstleister“ der Versicherungen, in Fachkreisen auch bestens bekannt unter der Bezeichnung „Auftragskürzer“. Firmen wie z.B. Car Expert, ControlExpert, DEKRA, Eucon, HP Claim Controlling, SSH usw. haben also erhebliche Rechtsprobleme, sofern sie Lichtbilder der Sachverständigen – ohne Zustimmung der Rechteinhaber – in eine oder mehrere Restwertbörsen einstellen.
Hier nun der Fall einer Urheberrechtsverletzung, bei dem die Fa. Control€xpert aus Langenfeld, offensichtlich um einem gerichtlichen Verfahren zu entgehen, dann letztendlich doch eine außergerichtliche Unterlassungserklärung unterzeichnet hatte. So nebenbei lag auch noch eine Markenrechtserletzung vor. Obwohl sich der Vorgang bereits vor der Urheberrechtsentscheidung des BGH vom 29.04.2010 (I ZR 68/08) ereignet hatte, ist er nach wie vor topaktuell. Bei ControlXpert stand die Urheberrechtsproblematik – im Gegensatz zur beklagten Versicherung beim BGH (HUK Coburg) – wohl bereits vor der BGH-Entscheidung ebenso außer Frage, wie von den Sachverständigen seit langem entsprechend kommuniziert. Im Umfeld der Versicherer gibt es offenbar auch Leute, die, zumindest nach Aufforderung, Gesetzestexte lesen können?
Ganz ohne Anfangswiderstand ging es aber doch nicht ab. Zuerst wollte die Fa. Control Expert die Verantwortung auf Ihren Auftraggeber, die Allianz Vers. AG, abwälzen. Hier der Inhalt des gegenständlichen Schreibens vom 25.01.2010:
….
Verletzung von Marken- und Urheberrechten
Schadennummer: …Sehr geehrte Damen und Herren,
wir danken für Ihr oben genanntes Anschreiben und informieren Sie darüber, dass die Bearbeitung des Gutachtens des Sachverständigenbüros … durch die ControlExpert GmbH im Rahmen der Auftragsdatenverarbeitung für die Allianz Versicherungs- AG erfolgt ist.
Gemäß Rücksprache mit unserem Auftraggeber, bitten wir Sie, sich zur Klärung des Sachverhaltes mit der Allianz Versicherungs-AG, Königinstr. 28, in 80802 München unter der Schadennummer … in Verbindung zu setzen.
Die weitere Bearbeitung des Vorgangs erfolgt dann nach Akteneinsicht durch den Versicherer.
Wir danken Ihnen für Ihre Mühe und verbleiben
Mit freundlichen Grüßen
Control€xpert GmbHWolfgang Kallweit Günter Pozolli
Geschäftsführer Betriebsleiter
Der Rechtsanwalt des Sachverständigen hatte sich – ungeachtet der Schuldverweisung – zur „Klärung der Angelegenheit“ dann doch an der Fa. Control€xpert schadlos gehalten, so dass die Langefelder Firma letztendlich der Pflicht zur Unterzeichung einer Unterlassungserklärung nachgekommen ist.
Einschließlich Lizenzgebühren für den Sachverständigen beliefen sich die „Fremdkosten“ (für diesen Ausflug in den rechtswidrigen Raum) seitens der Fa. Control Expert auf EUR 1.359,00. Die Kosten für den Anwalt der „Kontrollexperten“ kommen da noch hinzu. Für den ersten Verletzungsfall ist dieser finanzielle Rahmen natürlich nur „Peanuts“ für die „Kürzungs-Spezialisten“ aus Langenfeld. Wiederholungsfälle hingegen gehen aber auch dort irgendwann richtig „ins Geld“.
Darüber hinaus gibt es aber noch die strafrechtliche Problematik:
Wer Urheberrechte verletzt, bewegt sich im Bereich des Strafrechts und kann mit Gefängnis bis zu 5 Jahren (bei gewerbsmäßig unerlaubter Verwertung) bestraft werden (§ 106 ff UrhG.). Vorsatz und damit besondere Schwere der Tat dürfte spätestens bei weiteren Verletzungen vorliegen, sofern bereits eine Unterlassung zu diesem Thema erklärt wurde? Deshalb sollte man stets sämtliche veröffentlichten Unterlassungsverfahren (für den Fall der Fälle) archivieren.
Man kann gespannt sein, wann der erste Verantwortliche, aufgrund weitergehender Urheberrechtsverletzungen, sich beim „Griff nach der Seife“ den Rücken besser freihält? Denn es gibt immer noch einige – auch oder gerade in vermeintlich „unantastbaren“ Vorstandskreisen – die das Urheberrecht nicht so richtig ernst nehmen (wollen). Ein „staatliches Nachhilfeprogramm“ könnte hierbei durchaus positive Akzente setzen?
Hier nun die außergerichtliche Unterlassungserklärung der Fa. ControlExpert:
Unterlassungserklärung
ControlExpert GmbH, gesetzlich vertreten durch ihre Geschäftsführer, Hans-Böckler-Straße 62,40764 Langenfeld,
verpflichtet sich hiermit gegenüber
der …,
1. es ab sofort zu unterlassen,
a) die in der Anlage zu dieser Unterlassungserklärung wiedergegebenen Lichtbilder im Internet öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere über so genannte Internet-Restwertbörsen, wie am 28. Dezember 2009 unter der Domain www.autoonline.de geschehen;
b) die Marke … und/oder die Bezeichnung … im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit dem Erstellen von finanziellen Bewertungen von Fahrzeugen aller Art und/oder dem Erstellen von Gutachten und Bewertungen von Fahrzeugen aller Art und/oder Dienstleistungen eines Sachverständigen für Kraftfahrzeuge zu verwenden, insbesondere soweit dies durch das Einstellen von Lichtbildern, die mit der Marke … versehen sind, in Internetrestwertbörsen geschieht.
2. für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die in vorstehender Ziffer 1. genannten Unterlassungspflichten eine durch die … nach billigem Ermessen zu bestimmende Vertragsstrafe, deren Höhe im Streitfall durch das zuständige Gericht auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen ist, an die … zu zahlen.
Langenfeld, den 2.2.2010
(ControlExpert GmbH)
Anlage: 13 Bilder
Siehe Hierzu auch den Beitrag vom 16.09.2010
Da das Urheberrecht gegenüber jedermann gilt, müssen sich nicht nur die eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer danach richten, sondern auch die von ihnen beauftragten Dienstleister, wie z.B. Control€xpert in Langengeld im Rheinland. Dementsprechend ist es folgerichtig, dass auch bei den Dienstleistern gilt, dass ohne Zustimmung des Urhebers, bzw. des Nutzungsberechtigten, eine Veröffentlichung der Lichtbilder urheberrechtswidrig und strafbar ist. Das gilt natürlich auch für die Restwertbörsen. Insoweit hat das Urheberrechtsurteil des I. Zivilsenates eine Riesenkerbe in das Restwertbörsengeschäft geschlagen. Es müssten nur mehr Sachverständige diesen Weg gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Willi
@ Willi Wacker,
„Es müssten nur mehr Sachverständige diesen Weg gehen“.
Lieber Willi Wacker,
dies wäre schön. Allerdings scheinen die Kenntnisse, sowohl bei den Sachverständigen, als auch bei den Rechtsanwälten bezüglich des Urheberrechtes sehr bescheiden zu sein. Dies jedenfalls schließe ich aus der äußerst bescheidenen Anzahl von Kommentaren zu den Unterlassungen und Einstweiligen Verfügungen, die hier in Captain Huk veröffentlicht wurden.
Offensichtlich hat der Großteil der Leserschaft noch nicht richtig wahrgenommen, wozu die eingestellten Beiträge nützlich sein können?
MfG
BGH LESER
Lieber BGH Leser,
es kommt nicht auf die Anzahl der Kommentare an. Mit erfahrenen Anwälten nachmachen, das ist die Devise. Gerade der damalige Bericht von RA. Imhof “ Prozessvertretung durch Versicherung ist unzulässig“ und das danach erfolgte Verfahren vor dem AG Saarlouis hat doch gezeigt, dass Nachmachen durchaus zum Erfolg führen kann. Deshalb gibt es ja eine Handvoll Engagierter, die sinnvolle Beiträge hier einstellen, damit den Geschädigten Hilfe zuteil werden kann. Gleichzeitig soll damit dem übermächtigen Schadensmanagement der Versicherer ein Gegenpol gesetzt werden, der natürlich im Vergleich zur Übermacht der Versicherer nur bescheiden sein kann. Aber immerhin er ist da und ärgert, wie vertrauliche Quellen aus der Versicherungsbranche mitteilen, die Versicherer doch sehr. Es ist eben der Kampf des David gegen den Goliath. Meine Sympathie liegt bei dem vermeintlich Schwächeren. Also ist es wichtig, das, was hier aufgezeigt wird, nachzumachen mit erfahrenen Anwälten. Es liegt also an jedem selbst. Dabei ist das Urheberrecht nur ein Teilbereich. So wie ich das erfahren habe, sind auf das Urheberrechtsurteil des I. Zivilsenates des BGH doch erhebliche Reaktionen, auch in Form von Kommentaren, erfolgt. Es gab Vorträge über das Urheberrecht und die Nutzungsrechte der Sachverständigen. Nur was raus machen, müssen die Sachverständigen selbst. Das kann dieser Blog nicht. Also nicht jammern, an die Arbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Ich lese gerade, dass Versicherer und Control Expert neue (kriminelle?) Wege gehen.
Der Haftpflichtgeschädigte soll seinen Schaden selber fotografieren und die Bilder via App an Control Expert schicken.
Control Expert schätzt dann anhand der Fotos die Schadenhöhe, damit der Versicherer „dem Kunden“ schnell einen Betrag für die fiktive Abrechnung – ohne Zahlung der MwSt. – anbieten kann.
Treten bei späterer Reparatur weitere Beschädigungen durch das Unfallgeschehen zutage, steht das Unfallopfer – ohne beweissicherndes Schadengutachten (in der HIS-Datei) dumm da.
„Ob die Summe tatsächlich alle dem Kunden zustehenden Ansprüche abdeckt, darüber fehlt ihm jegliche Kontrolle. Für die Versicherungen bedeutet dieser Vorstoß schnelle Abwicklung, keine Gutachter, keinen Ärger mit Rechtsanwälten und am Ende keine Werkstattrechnung. Damit entfällt dann ein weiterer Arbeitsschritt – nämlich die Rechnungsprüfung. Das allerdings ist ein Geschäftsbereich von Control Expert.“
Konrad Wenz, Chefredakteur »Kfz-Schadenmanager« http://news.vogel.de/inxmail2/html_mail.jsp?params=%205756896+ralfzimper%40t-online.de+0+00053xy00e57400000000dbrhool7w3t