Quelle: Autohaus-Online vom 12.02.2010
Hochmut kommt vor dem Fall
Der Abgang von Herbert Busen bei Carglass in Köln zum 31. März 2010 mit gleichzeitiger Staffelstab-Übergabe zum 1. April an Jean-Pierre Filippini passt äußerlich, weil Busen am 8. August 2010 seinen 61. Geburtstag feiern wird und man von daher das Ganze auch als „Generationswechsel“ verkaufen könnte. Dass hinter dieser Personalie aber die möglicherweise größte Krise von Carglass in Deutschland steht, gilt längst als offenes Geheimnis. Dies macht auch der nachfolgende Kommentar von AUTOHAUS-Schadenmedienchef Walter K. Pfauntsch deutlich:….
Carglass-Chef Herbert Busen tritt ab
Unternehmensintern heißt es, dass der deutsche Statthalter des Autoglas-Reparaturdienstleisters Carglass vom Mutterkonzern Belron „mit allen Ehren in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet“ werde. Darüber sollen die Mitarbeiter von Carglass Anfang des Monats in Kenntnis gesetzt worden sein. Am vergangenen Montag informierte das Autoglas-Fachforum autoglaser.de, das für gewöhnlich in dieser „Szene“ über exzellente Hintergrund-Informationen verfügt, in einer Blitzmeldung darüber, dass die offizielle Demission des 60-jährigen Herbert Busen bereits zum Ende des ersten Quartals, also für den 31. März 2010, ansteht. Nachfolger am Schaltpult der Kölner Carglass-Zentrale soll Jean-Pierre Filippini (45) werden….
„Carglas repariert – tauscht aber lieber aus“
Die aggressive Werbung dieses Konzerns hat tatsächlich zu einer Änderung im Verhalten der Kunden geführt. Es kommt immer öfter vor, das Kunden wegen kleinster Abplatzungen anrufen und fürchten, dass die Scheibe platzen könnte. Wo nichts zu reparieren ist, ist nichts zu reparieren und so war der Weg zum Kunden mal wieder „kostenlos“ bzw. die Kosten blieben bei mir hängen. Kaum zu glauben, welche Sorgen sich Autofahrer seit kurzem machen, wenn die Scheibe einen Schaden hat. „Funktioniert mein Airbag noch?“ „Komme ich damit über die Grenze?““Was ist, wenn mir die Scheibe um die Ohren fliegt?“
Viel dringender wäre es sich Gedanken zu machen, was man macht, wenn ein UFO auf der Autobahn parkt, denn das passiert eindeutig häufiger.
Steinschlagschäden an Scheiben sollen repariert werden, auch weil eindringendes Wasser dazu führt, das die Folie in der Scheibe blind wird. Das passiert nach 2-3 Jahren. Auch verliert die Scheibe an Stabilität, so kann z.B. ein weitere Steinschlag in der Nähe des 1. Schadens schnell zu Rissen führen. Nach meine Beobachtung kommt es bei strengem Frost auch häufiger vor, das sich Risse aus älteren Schäden bilden (vielleicht weil Wasser eingedrungen ist, das dann gefriert?) Reparaturen an Scheiben sind sinnvoll, aber es gibt keine Notwendigkeit sofort bei jedem Schaden zu einer Werkstatt zu rennen.
Sobald sich ein Schaden verändert bzw. vor dem Winter sollte auf jeden Fall repariert werden. Da es noch Betriebe gibt, die alle Schäden auf einer Scheibe zu einem Festpreis beseitigen, sind dann auch 3 oder 4 Schäden noch wirtschaftlich zu reparieren.
Abgesehen von Rissen gibt es nur das klar definierte Fernsichtfeld in dem nicht repariert werden kann (kein Randbereich, in dem es angeblich nicht geht) Nach meine Schätzung werden mindetsens 80 % der Scheiben ohne Notwendigkeit getauscht (bezieht sich auf LKW-Scheiben)
Da will doch das Bundeskartellamt den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Oder?
Freigabe des Erwerbs von junited AUTOGLAS durch Carglass
Branche:
Reparatur und Austausch von Fahrzeugglas
Aktenzeichen: B 9 – 124/15
Datum der Entscheidung: 16. September 2015
Aus dem Beschluss:
„Darüber hinaus lieferten die Ermittlungen weitere Anhaltspunkte, infolge derer nicht davon auszugehen war, dass der Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs führt. Hierbei ist einerseits die Stellung der Kfz-Versicherer im Glasschadensmarkt hervorzuheben.
Infolge des hohen Kaskoversichertenanteils schließen die Versicherungen im Bereich der Kfz-Glasschadensfälle zentrale Rahmenvereinbarungen mit den Glasreparaturunternehmen. Gegenstand dieser Kooperationsverträge sind u.a. Stundenverrechnungssätze, Materialpreise sowie Serviceleistungen für die Versicherungsnehmer.
Zudem besitzen die Kfz-Versicherer einen gewissen Anteil an Kunden, die infolge von Werkstattbindungsverträgen und/oder über telefonische Empfehlungen gezielt zu ausgewählten Glasreparaturunternehmen gesteuert werden können. Auf diese Weise können die Versicherer in den Verhandlungen über Rahmenverträge bessere Konditionen aushandeln bzw. den Verhaltensspielräumen der Glasreparaturunternehmen Grenzen setzen.“
@ Virus
Habe den Beschluss gelesen.
Er strotzt nur so von Marktunkenntnis, von tiefgreifender Unkenntnis der Verflechtungen zwischen Versicherern und Partnerwerkstätten und von Unkenntnis der Kaskoknebelungsverträge sowie der Regulierungspraxis.
Mit einem solchen „Kartellwächter“ hat jedes Kartell ein leichtes Spiel.