Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
eigentlich wollten wir bereits am Dienstag, den 2.1.2018 wieder mit Urteilsberichten anfangen. Aus organisatorischen Gründen können wir leider erst jetzt mit der Veröffentlichung von Urteilen aus dem Themenbereich „Haftpflicht Unfall Kasko“ beginnen. Wir stellen Euch heute zwei Urteile des AG Halle (Saale) zu den im Schadensersatzverfahren gekürzten Sachverständigenkosten vor. Als erstes veröffentlichen wir hier ein Urteil aus Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen den Versicherungsnehmer der LVM Versicherung. In diesem Fall hat das erkennende Gericht – zu Recht – die vom Schädiger zu erstattenden Sachverständigenkosten nach § 249 I BGB beurteilt. Allerdings ist das Gericht dann auf § 249 II BGB eingeschwenkt, obwohl der BGH eindeutig entschieden hatte, dass die Sachverständigenkosten zu den mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögenswerten gehören, wenn, wie hier, eine Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH VI ZR 67/06 Rn. 11). Nach § 249 I BGB kann der Geschädigte nämlich von dem Schädiger die (Wieder-) Herstellung des vor dem Schadensereignis bestehenden Zustandes verlangen. Regelmäßig ist der Schädiger gar nicht in der Lage, den vor dem Unfall bestehenden Zustand wiederherzustellen, weil der Schädiger z.B. Bäcker, Metzger oder Kaufmann ist und von Karosseriereparaturen, Lackierarbeiten und Autoelektronik keine Ahnung hat. Zur Wiederherstellung bedient er sich der Erfüllungsgehilfen, wie Werkstatt (siehe: BGHZ 63, 182 ff. ) oder Sachverständigen (siehe: OLG Naumburg DS 2006, 283 ff.), aber auch dem Abschleppunternehmer oder dem Mietwagenunternehmer. Sämtliche sind Erfüllungsgehilfen des Schädigers zum Zwecke der Wiederherstellung im Sinne des § 249 I BGB. Nur wenn der Geschädigte statt der Herstellung den dafür erforderlichen Betrag verlangt, also praktisch für die Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis, gilt § 249 II BGB, denn dieser gebraucht ausdrücklich die Worte „statt der Herstellung“. Mithin gilt bei konkreter Schadensabrechnung der § 249 I BGB. Da der Geschädigte aber nicht noch einmal sein durch den Schädiger beschädigtes Eigentum in die Hände des Schädigers legen soll, damit dieser durch seine Erfüllungsgehilfen (Sachverständiger, Werkstatt etc.) die Herstellung des vormaligen Zustandes vornimmt, ist es dem Geschädigten erlaubt, die Erfüllungsgehilfen des Schädigers, wie Werkstatt oder Sachverständigen, selbst in Anspruch zu nehmen. Die dadurch entstandenen Kosten sind unmittelbar mit dem Unfallschaden verbundene Vermögensnachteile des Geschädigten, die konkret über § 249 I BGB vom Schädiger zu ersetzen sind. Eventuelle Fehler der Erfüllungsgehilfen gehen zu Lasten des Schädigers. Dieser kann gegebenenfalls im Wege des Vorteilsausgleichs Regress nehmen (vgl. BGHZ 63, 182 ff.; Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.). An diesen Überlegungen ändert sich auch nichts, wenn der Sachverständige aus abgetretenem Recht den Schadensersatzanspruch des Geschädigten geltend macht, denn durch die Abtretung erwirbt der Sachverständige die Forderung in der Form, wie sie zuvor in der Person des Geschädigten bestanden hat (BGH VI ZR 491/15 Rn. 22). Lest aber selbst das Urteil des AG Halle und gebt bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und noch ein schönes Wochenende
Willi Wacker
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