Hallo verehrte Captain-Huk-Leserserschaft,
zur Abwechslung stellen wir Euch wieder ein Sachverständigenurteil vor. Wieder einmal hatte die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG die berechneten Sachverständigenkosten nach einem vom Versicherten der HUK-COBURG verursachten Verkehrsunfall gekürzt. Dass mit der Sachverständigenkostenrechnung einen mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundenenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteil geltend macht, hat das Gericht nicht erkannt. Das Gericht folgt lediglich den Schriftsätzen der HUK-COBURG-Anwälte, die ebenfalls den vom BGH entwickelten Grundsatz des unmittelbaren Vermögensnachteils nicht sehen oder nicht sehen wollen. So wird dann auf das BGH-Urteil VI ZR 50/15 Bezug genommen. Dementsprechend wird dann folgendes in den Urteilsgründen aufgeführt:
„Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 26.04.2016 (Az.: VI ZR 50/15) ausführt, ist der Höhe der von der Klägerin erstellten Rechnung bei der Schadensschätzung keine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten beizumessen. Es wurde im vorliegenden Fall die Rechnung vom Geschädigten nicht bezahlt. “
Dass aber auch die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung, die sich aus der Beauftragung des Sachverständigen zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe ergibt, einen mit dem Unfallschaden unmittelbar zusammen hängenden Vermögensnachteil darstellt, der über § 249 I BGB auszugleichen ist, übersieht das erkennende Gericht ebenfalls. Dafür führt das Gericht in den Urteilsgründen folgendes aus:
„Der Geschädigte ist verpflichtet zu prüfen, ob die vom Sachverständigen geltend gemachten Kosten, insbesondere die Aufwendungen deutlich überhöht sind.“
Dabei verkennt das Gericht, dass höchstrichterlich entschieden ist, dass im Schadensersatzprozess eine Preiskontrolle untersagt ist, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat (BGH VI ZR 67/06; Vgl. auch Ullenboom, NJW 2017, 849 ff, 852). Dafür führt das Gericht weiter aus, dass
„die Bemessung der Höhe der Schadensersatzansprüche gemäß § 287 ZPO im freien Ermessen des Gerichtes liegt.“
Damit wird die Bedeutung des § 287 ZPO völlig auf den Kopf gestellt. Als „geeignete Schätzgrundlage“ wird dann auch noch das JVEG bemüht, von dessen Bedeutung der Normalbürger auf der Straße keine Ahnung hat. Entscheidend ist aber, dass gerade nach der BGH-Rechtsprechung die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung zu berücksichtigen sind (vgl. BGH VI ZR 67/06; BGH VI ZR 225/13; Offenloch, ZfS 2016, 244 245 jew. m.w.N.). Lest aber selbst das Urteil und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker