Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
wir bleiben in Nördlingen und stellen Euch heute noch ein weiteres kritisch zu betrachtendes Urteil des AG Nördlingen vor. In diesem Fall hatte die Dezernentin der 3. Zivilabteilung entschieden. Es klagte ein Sachverständiger aus abgetretenem Recht gegen die Allianz Versichereung AG, weil diese dem Geschädigten trotz voller Haftung keinen vollen Schadensersatz leistete. Das erkennende Gericht entschied auf der Grundlage des OLG München. Wieder einmal wurden einzelne Positionen der Sachverständigenrechnung einer Preiskontrolle unterworfen, obwohl eine Einzelpostenüberprüfung keine Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO darstellt. Im Übrigen ist weder der Schadiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellubng Erforderlichen gewahrt hat (BGH VI ZR 67/06). Da es sich nicht um einen sogenannten Bagatellschaden handelt, war der Geschädigte zur Wiederherstellung des ursprünglichen, vor dem Unfall bestehenden Zustandes berechtigt, zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen hinzuzuziehen. Damit war die Begutachtung notwendig und zweckmäßig. Die durch die Begutachtung entstandenen Kosten, die der Geschädigte regelmäßig nicht beeinflussen kann, sind somit unmittelbar mit dem Unfallschaden verbundendene Vermögensnachteile, die über § 249 I BGB von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer auszugleichen sind. Wenn der Versicherer der Ansicht ist, die berechneten Kosten seien überhöht, kann er den Vorteilsausgleich wählen. Insoweit ist er bei vollständiger Ausgleichung nicht rechtlos (vgl. Imhof / Wortmann DS 2011, 149 ff.). Lest aber selbst das Urteil des AG Nördlingen und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker