Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
von Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen geht es weiter nach Stendal in Sachsen-Anhalt. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des Amtsgerichts Stendal im Schadensersatzprozess um die restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen bzw. für die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse vor. Zunächst hatte das erkennende Gericht in den Urteilsgründen zutreffende Gesichtspunkte angeführt, indem es die Sachverständigenkosten als gemäß § 249 I BGB auszugleichende Vermögensnachteile ansah. Dann erfolgte jedoch der Rückfall auf eine Prüfung des § 249 II 1 BGB, obwohl konkrete Wiederherstellungskosten aus abgetretenem Recht geltend gemacht wurden. Dass die restliche Schadensersatzforderung auf Erstattung der Sachverständigenkosten abgetreten war, ändert an ihrer Rechtsform nichts (vgl. BGH VI ZR 491/15 Rn. 22). Es bleibt eine Schadensersatzforderung. Im Schadensersatzrecht ist anerkannt, dass weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt sind, eine Preiskontrolle durchzuführen, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat (BGH VI ZR 211/03). Was bei Schadensersatzansprüchen aus Anlass eines unverschuldeten Verkehrsunfalls erforderlich ist, hat der BGH bereits in dem Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 Rn. 11 – erklärt. Soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist, gehören die Kosten der beweissichernden gutachterlichen Feststellungen zur Schadenshöhe und zum Schadensumfang zu den nach § 249 I BGB auszzugleichenden Vermögensnachteilen. Da der Geschädigte regelmäßig nicht in der Lage ist, den Schaden zu beziffern und zu belegen, ist er berechtigt, einen qualifizierten Sachverständigen seiner Wahl hinzuzuziehen. Das Gericht ist entgegen der vorbezeichneten Ausführungen fälschlicherweise zu einer im Schadensersatzrecht grundsätzlich nicht gebotenen Prüfung der Angemessenheit übergegangen, obwohl es im Schadensersatzrecht nicht auf die werkvertragliche Angemessenheit ankommt. Die einzelnen Positionen der Sachverständigenrechnung wurden dann auch noch unter Bezugnahme auf § 287 ZPO im Einzelnen auf ihre angemessene Höhe überprüft. Das widerspricht dem § 287 ZPO, der eine Schadenshöhenschätzung, allerdings nicht der Einzelposten, sondern des Gesamtbetrages zuläßt. Es handelt sich um eine Darlegungs- und Beweiserleichterungsnorm zugunsten des Klägers. Diese Norm gibt dem Gericht nicht die Möglichkeit, eigenmächtig den dargelegten konkreten Schaden zu reduzieren, denn der konkrete Schaden ist bereits eingetreten. Ob dabei die Rechnung bezahlt wurde oder nicht, ist rechtlich nicht entscheidend, denn auch die noch nicht bezahlte Rechnung bildet als Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung einen auszugleichen Schaden (BGH VI ZR 73/04; BGH NJW 2007, 1809 Rn. 20; BGH NJW 2009, 2616 Rn. 18). Alles das hat das erkennende Gericht außer Acht gelassen. Der Kläger hatte in seinem Schriftsatz die Berufung beantragt, der jedoch nicht entsprochen wurde. Daraufhin erfolgte die Gehörsrüge. Nachdem auch die Gehörsrüge abgebügelt wurde, erfolgte Verfassungsbeschwerde. Der Einsender dieses Urteils mag der Redaktion berichten, was aus der Verfassungsbeschwerde geworden ist. Lest aber selbst das Urteil des AG Stendal und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne gewitterlose Woche
Willi Wacker