Der Amtsrichter der 12. Zivilabtleilung des Amtsgericht Arnsberg (Nordrhein-Westfalen) hat mit Urteil vom 13.01.2010 – 12 C 29/09 – die niederländische Haftpflichtversicherung N.V. Interpolis Schade, Tilburg, Niederlande verurteilt, an den Kläger 4.494,40 Euro nebst 6 % Zinsen für die Zeit vom 11.7.2008 bis 30.6.2009 sowie 4 % Zinsen seit dem 1.7.2009 zu zahlen. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtstreites trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend aufgrund eines Verkehrsunfalles, der sich am 4.6.2008 in den Niederlanden in der Nähe von Maastricht ereignet hat.
Am besagten Tage befuhr der Kläger gegen 19.20 Uhr mit seinem Pkw Opel-Astra mit dem amtl. Kennzeichen HSK-….. in den Niederlanden die A 79 von Maastricht kommend Richtung Aachen. Im Bereich der Ausfahrt Richtung Aachen kam es zur Kollision mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Alfa-Romes mit dem amtlichen niederl. Kennzeichen 71-PD-NN (NL) des niederländischen Staatsangehörigen J.G. , der das Fahrzeug auch steuerte. Der Pkw des Klägers erlitt durch den Unfall einen wirtschaftlichen Totalschaden.
Der Kläger behauptet, er habe sich bereits auf der Ausfahrtspur Richtung Aachen befunden, als Herr J.G., der auf der Autobahn weiterhin geradeaus fahren wollte, infolge Unachtsamkeit seitlich gegen den Pkw des Klägers gefahren sei.
Mit der Klage macht der Kläger den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert in Höhe von 4.100,– Euro, so wie der Sachverständige R. dies in seinem Gutachten festgestellt habe, die Hälfte der ihm entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 369,40 Euro sowie eine Kostenpauschale in Höhe von 25,– Euro geltend.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.494,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.7.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie betreitet den Unfallhergang mit der Begründung, der niederländische Fahrer solle einen sog. blackout gehabt haben und könne sich an den Unfall nicht erinnern. Außerdem seien die Sachverständigenkosten zu hoch und die Zeugenaussage der früheren Ehefrau des Klägers habe nach niederländischem Recht kaum Beweiswert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Q. und durch Einholung eines sachverständigengutachtens darüber, ob die Schadenspositionen nach niederländischem Recht erstattungsfähig sind. Das Gericht hat ein Rechtsgutachten des Herrn Prof. Dr. M. von der Universität Köln eingeholt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist bis auf einen geringen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des in den Niederlanden zugelassenen Pkw mit dem amtl. Kennzeichen 71-PD-NN gem. dem unstreitig hier anwendbarem niederländischen Recht einen Direktanspruch auf Erstattung seiner durch den Unfall vom 4.6.2008 entstandenen Schaden. Aufgrund der Beweisaufnahme steht zweifelsfrei fest, dass der Fahrer des niederländischen Pkw alleine verschuldet hat. Die Zeugin Q. hat die Darstellung des Klägers zum Unfallgeschehen glaubhaft bestätigt. Anhaltspunkte für eine Falschaussage haben sich nict ergebedn, wobei das Gericht berücksichtigt hat, dass die Zeugin mit dem Kläger verheiratet war. Ihre Darstellung vom Unfallgeschehen deckt sich teilweise mit den Erkenntnissen der Beklagten über die Ursache des Unfalls. Die Zeugin hatte angegeben, dass der Unfallgegner nach dem Unfall zugegeben hatte, kurz eingeschlafen zu sein. Dies deckt sich mit der Erkenntnis der Beklagten, der Fahrer habe einen „blackout“ gehabt.
Alle geltend gemachten Schadenspositionen und die Zinsen sind nach niederländischem Recht erstattungsfähig. Insoweit wird auf den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Prof.Dr. M. verwiesen. Allerdings beträgt der gesetzliche Zinssatz in den Niederlanden bis 30.6.2009 lediglich 6 Prozent und für die Zeit danach 4 Prozent. Im Umfang der darüber hinaus geltend gemachten Zinsen ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 II ZPO, über die Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
So das überzeugende Urteil des Amtsrichters der 12. Zivilabteilung des AG Arnsberg.
Hi Willi Wacker,
wieder ein schönes Schadensersatzurteil aus dem Sauerland. Ich verstehe nur nicht, weshalb die niederländische Haftpflichtversicherung vorgerichtlich keinen Cent auf die berechtigten Schadensersatzansprüche des Klägers gezahlt hat, so dass dieser gezwungen war, das deutsche Gericht zu bemühen. Offenbar reicht der Regulierungsverzögerungswahn auch schon bis in die Niederlande.
MfG Werkstatt-Freund
Hallo Werkstatt-Freund,
die niederl. Versicherung hat ihre Regulierungsverzögerungstaktik aber teuer bezahlt. Nur allein das Rechtsgutachten hat über 1.300 Euro gekostet. Ein teurer Spass. Wer nicht hören will, muss zahlen.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Hallo Mitleser,
auch bei diesem Urteil mit Auslandsberührung (deutsches Gericht entscheidet nach niederländischem Recht) interessiert sich die Schriftleitung der NJW. Sie beabsichtigt, auch dieses Urteil in der NJW oder anderen juristischen Zeitschriften des C.H.Beck.-Verlages zu publizieren. Die Zusammenarbeit trägt m.E. die ersten Früchte. Immer mehr für den Geschädigten positive Urteile werden veröffentlicht. Umso mehr werden auch die Richter auf positive Urteile aufmerksam. In dieser Richtung muss dieser Blog weiter machen. Eine derartige Resonanz hätte ich mir vor einem halben Jahr auch nicht ausgedacht.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker