Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch ein Urteil aus Aschaffenburg zu den restlichen Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Mecklenburgische Versicherung bekannt. Wieder einmal musste ein qualifizierter Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht gegen die regulierungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung und ihren Versicherungsnehmer gerichtlich vorgehen, damit der Schadensersatzanspruch des Geschädigten aus dem Unfallereignis, für das die Beklagten zu 100 Prozent haften, zu 100 Prozent erfüllt wird. Auch die Mecklenburgische Versicherung hat sich auf die Linie der rechtswidrigen Kürzungen begeben. Die zuständige Amtsrichterin der 116. Zivilabteilung des Amtsgerichts Aschaffenburg hat mit dem Urteil jedoch zu erkennen gegeben, dass der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der vollen Sachverständigenkosten hat. Dieser Anspruch war abgetreten, so dass auch gegenüber dem Neugläubiger (Sachverständiger als Kläger) dieser Restschadensersatzanspruch zu erfüllen war. Die Ausführungen der Amtsrichterin zu den Sachverständigenkosten überzeugen. Die Begründung zum Feststellungsantrag auf Verzinsung der eingezahlten Gerichtskosten kann allerdings nicht überzeugen. Aufgrund der rechtswidrigen Kürzung, wie das Urteil bezüglich der Sachverständigenkosten beweist, war der Geschädigte, wollte er nicht Geld verlieren, gezwungen, die Angelegenheit rechtshängig zu machen. Und dafür musste er nun mal die Gerichtskosten – letztlich für die Beklagten, die die gesamten Kosten des Rechtsstreites zu zahklen haben – vorschießen. Dementsprechend waren auch die vom Kläger eingezahlten Gerichtskosten über § 104 ZPO hinaus von der unterlegenen Partei zu verzinsen. So wäre es m. E. richtig gewesen. Das Urteil wurde erstritten und eingesandt durch den Kfz-Sachverständigen Böning aus Kleinheubach. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab. Hier noch eine Bitte an die Sachverständigen. Sendet Eure Urteile bitte an die Redaktion. Es müssten noch viel mehr Urteile eingehen.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Aschaffenburg
Az.: 116 C 403/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
des Sachverständigen B. aus K.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
1.) Herrn V. G. aus N.
2.) Mecklenburgische Versicherung, vertreten durch d. Vorstand, Berckhusenstraße 146, 30625 Hannover
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte B. L. D. aus M.
wegen Forderung
erlasst das Amtsgericht Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht … am 22.10.20.13 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner dazu verurteilt, an den Kläger 109,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.05.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner dazu verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.06.2012 zu bezahlen.
3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Mahnkosten in Höhe von 0,65 EUR zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Beklagten haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 109,48 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist, soweit über sie nach der teilweisen Klagerücknahme hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten als Nebenforderung noch zu entscheiden war, im tenorierten Umfang begründet. Lediglich hinsichtlich eines Teils der Nebenforderungen war die Klage abzuweisen.
I.
1. Sachverständigenkosten:
Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein restlicher Schadensersatzanspruch in Form von erforderlichen erstattungsfähigen Sachverständigenkosten in Höhe von 109,48 EUR auf Grundlage von §§ 7 StVG, 115 VVG, 398 BGB zu. Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für den Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 18.04.2012 ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Parteien streiten hier lediglich um die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten der Höhe nach. Im Ergebnis ist eine Kürzung der klägerseits in Ansatz gebrachten Sachverständigenkosten nicht veranlasst
Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB und damit dem Grunde nach erstattungsfähig. Die Erstattungsfähigkeit an sich stellen auch die Beklagten nicht in Frage. Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch allerdings auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag beschränkt. Maßgeblich ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Erforderlicher Herstellungsaufwand sind nur diejenigen Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Damit hat der Geschädigte im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist aber auch auf die spezieile Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, Rücksicht zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversibherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH NJW 2007, 1450 m.w.N. = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) .
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten vorliegend in voller Höhe zu bejahen. Der Einwand der Beklagten, die aus abgetretenem Recht als Schadensersatz geforderten Sachverständigenkosten seien der Höhe nach nicht ortsüblich und nicht angemessen, sondern überteuert, ist nicht geeignet, zu einer anderen Entscheidung zu gelangen. Denn tatsächlich kommt es unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, was der Unfallgeschädigte mit dem Kfz-Sachverständigen, dem hiesigen Kläger, vereinbart hat und ob sich die geforderte Vergütung im Rahmen des ortsüblichen und angemessenen hält. Der Ansatz, nach der werkvertraglich geschuldeten Vergütung zu fragen, wäre nur dann richtig, wenn der Schaden, den der Kläger aus abgetretenem Recht ersetzt verlangt, in der Belastung mit einer Verbindlichkeit bestehen würde. Dann allerdings würde bei einer Ersatzpflicht der Beklagten grundsätzlich danach zu fragen sein, ob die Zedentin des Klägers mit dieser Verbindlichkeit beschwert ist (BGHZ 147, 248; dazu aber auch BGH NJW 1971, 2218; BGH NJW 1974, 34). Im vorliegenden Fall ist jedoch Anknüpfungspunkt zunächst nicht eine derartige Schuldbelastung, sondern der durch die Beschädigung des Unfallfahrzeugs entstandene Schaden, den auf Kosten der Beklagten die Geschädigte nach § 249 Abs. 2 BGB berechtigt ist. Indem die Beklagten für die Beurteilung auch dieses Schadens maßgebend auf die Rechtsbeziehung der Geschädigten zu ihrem Sachverständigen, dem Kläger, abheben, verfehlen sie den richtigen Ansatz für den geltend gemachten Ersatzanspruch. Dieser richtet sich nach dem zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Die Beklagten haben danach als Schädiger bzw. Haftpflichtversicherer die Mittel für diejenigen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung zur Verfügung zu stellen, die ein verständiger Geschädigter in der besonderen Lage des Zedenten des Klägers machen würde. Den so nach dem erforderlichen Aufwand objektiv zu bemessenden Betrag schuldet der ersatzpflichtige Schädiger, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie der Geschädigte ihn verwendet und ob er im konkreten Fall für die Schadensbeseitigung tatsächlich mehr oder weniger aufwendet (BGH NJW 1970, 1454; BGH VersR. 1969, 907). Dabei bildet der tatsächliche Aufwand ex post gesehen oft einen Anhalt für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen ex ante zu bemessenden Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Indes ist dieser zur Herstellung erforderliche Betrag, was oft übersehen wird, der zu ersetzende Schaden und nicht der tatsächlich vom Geschädigten aufgewendete Betrag (BGH NJW 1974, 34).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Kläger vorliegend von den Beklagten aus abgetretenem Recht Ersatzwegen derjenigen Kosten verlangen, die seiner Zedentin für die Ermittlung der Reparaturkosten erwachsen sind. Dabei kommt es auf den Inhalt des Werkvertrags tatsächlich nicht an. Unter Berücksichtigung der achadensersatzrechtlichen Grundsätze erscheinen die streitgegenständlichen Sachverständigenkosten vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich dankenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen. Der Geschädigte ist bei der Wiederherstellung auch nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers und des Haftpflichtversicherers verpflichtet. Der Einwand der Überhöhung der Kosten führt deshalb nur dann zu einem Kürzungsanspruch gegenüber dem Schädiger, wenn für den Geschädigten als Laien erkennbar war, dass die geforderten Sachverständigenkosten geradezu willkürlich festgesetzt sind, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhaltnis zueinander stehen oder den Geschädigten ein Auswahlverschuiden zur Last fällt. Hierfür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Das eingeholte Sachverständigengutachten hat gezeigt, dass die streitgegenständlichen Kosten keineswegs offensichtlich willkürlich überhöht sind. Zwar kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Gutachterkosten oberhalb der Bandbreite dessen sind, was die beiden größten Verbände BVSK und VKS im Durchschnitt ermittelt haben; allerdings bewegen sich die Gutachterkosten nicht oberhalb der Maximalwerte des VKS. Erst recht ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger festgesetzten Preise in einem auffälligen Missverhättnis zur erbrachten Leistung stehen und für die die hier Geschädigte als Laie offensichtlich war, dass das verlangte Entgelt geradezu willkürlich festgesetzt sein soll. Deshalb kann die Erstattungsfähigkeit hier nicht ernsthaft in Frage gezogen werden.
2. Rechtsanwaltskosten:
Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner des Weiteren ein Anspruch auf Erstattung der ihm im Zusammenhang mit der Rechtsverfolgung entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe der geforderten 39,00 EUR auf Grundlage von §§ 7 StVG, 115 VVG, 398 BGB zu.
3. Mahnosten und Auskunftskosten:
Dem Kläger steht gegen die Beklagten des Weiteren ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Mahnkosten in Höhe von 0,65 EUR auf Grundlage von §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zu. Die Beklagte ist vorliegend in Verzug geraten, nachdem sie auf das Forderungsbegehren des Klägers nur teilweise Regulierungsleistungen gebracht hat. Einer weiteren verzugsbegründenden Mahnung bedarf es in solchen Fällen, in denen der Schuldner von seiner Zahlungspflicht offenkundig weiß, nicht. Nach Verzugseintritt hat der Kläger die Beklagte zu 2) noch einmal, nämlich mit Schreiben vom 22.05.2012, gemahnt. Die ihm hierdurch entstandenen Kosten stellen einen erstattungsfähigen verzugsbedingten Schaden dar. Der Höhe nach schätzt das Gericht den Verzugsschaden gemäß § 287 BGB auf 0,65 EUR. Das Gericht legt dabei die allgemein bekannten Porto- und Materialkosten zugrunde. Ohne weitergehenden substanttierlen Vortrag zu darüber hinaus gehenden Schäden kommt die Zubilligung eines höheren Betrags nicht in Betracht. Insbesondere kann nicht stets auf Personal- und Büroraummietkosten abgestellt werden, da diese Positionen regelmäßig unabhängig von einem konkreten Verzug eintreten, es somit an der Verzugsbedingtheit gerade fehlt. Aus diesen Gründen hat das Gericht im Wege der Schätzung Mahnkosten lediglich im Umfang von 0,65 EUR akzeptiert.
Soweit der Kläger Auskunftskosten in Höhe von 5,10 EUR fordert, hat er nicht schlüssig dargelegt, weshalb die kostenauslösende entgeltliche Halterabfrage zur Rechtsverfolgung erforderlich war. Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
Die Aussprüche zu den Zinsen haben ihre Grundlage in den §§ 286, 288 BGB.
Dem Feststellungsbegehren des Klägers kann nicht stattgegeben werden, weil es an einnem schlüssigen Sachvortrag zu einem Schadenseintritt fehlt. Auf die zutreffende Entscheidung des OLG Karlsruhe, NJW 2013, 473, der sich das Gericht in vollem Umfang anschließt, wird Bezug genommen.
II.
Die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in den §§ 92 Abs. 2 Ziffer 1, 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.
Es ist kaum zu glauben, dass die Anwälte der bekannten Münchner Kanzlei BLD nicht den Unterschied zwischen Werkvertrag und Schadensersatz kennen bzw. kennen wollen. Wenn das erkennende Gericht in den Urteilsgründen Veranlassung sieht, die Beklagte aufgrund der Schriftsätze ihrer prozessbevollmächtigten auf folgendes hinzuweisen: „… Der Einwand der Beklagten, die aus abgetretenem Recht als Schadensersatz geforderten Sachverständigenkosten seien der Höhe nach nicht ortsüblich und nicht angemessen, sondern überteuert, ist nicht geeignet, zu einer anderen Entscheidung zu gelangen. Denn tatsächlich kommt es unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, was der Unfallgeschädigte mit dem Kfz-Sachverständigen, dem hiesigen Kläger, vereinbart hat und ob sich die geforderte Vergütung im Rahmen des ortsüblichen und angemessenen hält…“, so erscheint mir das doch sehr befremdlich. Gestandene Juristen messen den ERFORDERLICHEN Schadensersatz an dem, was ANGEMESSEN ist. Dabei sind das zwei verschiedene Paar Schuhe. Was hat aber der BGH schon sinngemäß entschieden? – Nämlich das, dass im Schadensersatzprozess, egal ob aus direktem Anspruch oder aus abgetretenem Recht, werkvertragliche Gesichtspunkte grundsätzlich keine Rolle spielen.
Im Übrigen sollten die Herren Juristen aus der Kanzlei BLD öfter hier mitlesen, denn hier wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass alles das, was angemessen ist, auch erforderlich i.S.d. § 249 BGB ist. Aber auch Unangemessenes kann erforderlich sein. Es kommt, wie das erkennende Gericht zutreffend festgestellt hat, darauf an, wie der Geschädigte aus der ex-ante-Sicht das in seiner Situation sieht und sehen konnte.
Bravo, Richard Bemerode,
genau wieder ins Schwarze getroffen. Die Prozessvertretung verleugnet die gestandenen Juristen zu Gunsten des Profits und beschränkt sich deshalb auf ein Verwirrspiel mit Begriffen, die ihnen vorgegeben werden. Das nennt sich dann hochtrabend Prozeßstrategie und alle daran Beteiligten sind stolz darauf, so flexibel zu sein und richtig was auf´m Kasten zu haben.
Gruß aus München
Werner S.