Mit Urteil vom 07.11.2007 (12 C 1690/07) hat das AG Augsburg die Gothaer Allgemeine Versicherungen AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 573,67 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte ein Anspruch auf 573,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.06 nebst 8,–Euro Mahnauslagen zu.
Der ursprüngliche Anspruch des Zedenten ergab sich aus §§ 3 Nr. 1 PflVG, 7 StVG.
Der Geschädigte und Zedent konnte als Geschädigter nach § 249 Abs. II S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten verlangen (vgl. BGH, NJW 2007, Blatt 1124 ff.).
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind dabei in einem im wesentlichen dreiaktigen Verfahren zunächst im ersten Schritt die erforderlichen Kosten als „Normaltarif“ festzulegen, in einem zweiten Schritt ggf. ein Aufschlag aus betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten bei Mietwagenunternehmen zu tätigen und in einem ggf. dritten Schritt subjektive Gesichtspunkte beim Geschädigten jeweils in seiner konkreten Situation zu berücksichtigen .
Im vorliegenden Fall überschreiten die geltend gemachten Kosten bereits nicht die im ersten Schritt festgestellten Werte.
Das Gericht schätzt gemäß § 287 ZPO den „Normaltarif“ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten. Dies ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BGH a.a.O., Blatt 1125; BGH, NJW 2006, Blatt 2106 ff., 2107).
Diese Schätzung nimmt das Gericht anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 vor (vgl. auch LG Bielefeld vom 07.03.07, 22 S 292/06, Blatt 3 sowie LG Detmold vom 28.03.07, 10 S 236/06, Blatt 4; LG Nürnberg-Fürth vom 08.05.07, 8 0 861/07).
Der Unfall ereignete sich am 11.09.2006, so dass die Anwendung des Mietpreisspiegels 2003 nicht mehr gerechtfertigt erscheint.
Die hiergegen vorgebrachten Bedenken der Beklagtenseite, insofern zumindest teilweise folgend dem LG Chemnitz vom 05.01.07 (Az. 4 S 605/06) greifen nicht durch.
Weder die Darlegungen zu massiven Tarifsteigerungen noch die Darlegungen zu Erhebungsungenauigkeiten (etwa Angaben von Unfallersatztarifen als Normaltarife bzw. dem fehlenden Korrektiv von Angebot und Nachfrage sowie des angewandten Modus (früher bezeichnet als gewichtetes Mittel im Rahmen der Auswahl der Autovermieter lassen die Schwackeliste 2006 als geeignete Grundlage der hier erforderlichen Schätzung gemäß § 287 ZPO entfallen.
Wie das Marktbeobachtungsunternehmen „Eurotax Schwacke Expert“ am 14.03.2007 darlegt, wird bei näherer Betrachtung der Schwacke-Methodik der Argumentation des LG Chemnitz und dem folgend der hiesigen Beklagtenseite der Boden entzogen (vgl. Anlage K 10).
Die Anforderungen des Bundeskartellamtes in einem Merkblatt über Kritieren zu Untersuchungen von Preisen sind danach nach Überzeugung des Gerichts erfüllt und lauten wie folgt: Es müssen Händler in ausreichender struktureller und regionaler Streuung befragt worden sein/die Marktuntersuchung muss laufend betrieben werden, damit Preisänderungen erfasst werden/diese Änderungen müssen alsbald bekannt gemacht werden/bei allen MarktInformationen muss angegeben werden, dass es sich um einen oberen, einen unteren oder einen Von/bis-Preis handelt.
Bei einer Datenerhebung von 8.700 Vermietstationen bei seit 1995 laufenden Arbeiten an Automietpreisspiegeln sich zeigenden Preisänderungen bei Autovermietern in langen Zeiträumen, Aufnahme von 600 Einzelinformationen pro Vermietstation und Bekanntgabe Anfang November und Darstellung neben dem minimalen und maximalen Preis und des arhythmetischen Mittels sowie des jetzt als „Modus“ bezeichneten Wertes kann mit den genannten Argumenten der Beklagtenseite der Mietpreisspiegel 2006 nicht hinreichend angegriffen werden im Hinblick auf die Wertermittlungen .
Nicht hilfreich sind dabei Einzelangebote, welche etwa von Beklagtenseite mit besonders niedrigen Sätzen dargestellt werden. Hier ist eine notwendige Repräsentativität nicht gegeben. Die behauptete enorme Preissteigerung im einzelnen hält einem Vergleich der Werte 2000, 2003 und 2006 nicht stand. Wie von Eurotax Schwacke Expert dargelegt (a.a.O.) ergeben sich beim Bundesdurchschnitt 1 Tag Pauschal/Normaltarif eher Angebotspreis Senkungen bzw. Gleichstände 2003 und 2006.
Im Bundesdurchschnitt (1 Woche Pauschal/Normaltarif) ergeben sich zwar Steigerungen in den kleineren Automietwagenklassen, jedoch sind die absoluten Angebotspreise für eine Woche im gewichteten Mittel bzw. Modus erheblich geringer als das 7-fache des Eintages-Tarifes; dies bedeutet nach Eurotax Schwacke Expert, dass der Nachlass für eine längerfristige An-mietung verringert wurde.
Für den „Unfallersatztarif“ ergaben sich keine nennenswerten Veränderungen für „einen Tag“ in den Klassen 1 bis 9, bei einem Basiswert aus dem Jahr 2000, beim Unfallersatztarif für 7 Tage keine wesentlichen Veränderungen in den Klassen 1 bis 10 im Zeitreihenvergleich; dies gilt auch für das arhythmetische Mittel beim Unfallersatztarif.
Beim Vergleich der gewichteten Mittel bzw. der Modi 2000, 2003 und 2006 ergab sich keine nennenswerte Vermengung von Unfallersatztarifen und Normaltarifen.
Die Bezeichnung im fraglichen Fall durch die Firma X ist letztendlich nicht von Belang. Die Frage der Erforderlichkeit ist davon getrennt zu beurteilen, ob der Autovermieter zwischen Unfallersatztarif und Normaltarif unterscheidet oder einen einheitlichen Tarif anbietet, der weit über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt erhältlichen „Normaltarife“ liegt (vgl. BGH vom 09.05.06, NJW 2006, Blatt 2106 ff.).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass § 287 ZPO gerade keine Gewissheit verlangt, sondern Unwägbarkeiten und Fehler nach dem eigenen Normprogramm sogar zuließe; diese nimmt das erkennende Gericht soweit hin, so dass die Schätzung nicht lediglich „völlig in der Luft hängen darf“ (vgl. zutreffend LG Nürnberg-Fürth vom 08.05.07, a.a.O.; Zöller, 25. Auflage, § 287 ZPO, RdNr. 4).
2.
Die zu beanspruchende Schadenssumme ergibt sich daraus bereits aus dem zulässig ermittelten arhythmetischen Mittel der Schwackeliste 2 006, wobei bereits von Klägerseite eine Fahrzeugklasse tiefer angesetzt wurde. Bei einem Wochen-Modus von 525,– Euro, welcher auf den Tag bezogen 75,– Euro beträgt, sind bei 11 Tagen 825,– Euro anzusetzen.
Die Haftungsbefreiung (CDW) von 11 Tagen a 21,– Euro brutto, insgesamt 231,– Euro wurde bereits von Beklagtenseite nicht bestritten. Diese werden auch höchstrichterlich anerkannt (vgl. BGH vom 15.02.05, VI ZR 74/04, NJW 2005, 1041 ff.).
Damit ist die geltend gemachte Summe im Rechnungsbetrag bereits abgedeckt. Soweit andere Positinen in der Rechnung vom 22.09.06 aufgeführt wurden, ist dies in Hinsicht der Betragshöhe nicht mehr von Relevanz.
Darüber hinaus wäre auch ein 30 %iger Aufschlag möglich aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten in pauschaler Weise, § 287 ZPO. Hier wäre das Gericht nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr käme es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif – unter Umständen auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigen (vgl. BGH, Leitsatz, Urteil vom 30.01.2007, NJW 2007, Blatt 1124 ff.).
Dies angesetzt, würde auch ohne den angesetzten Betrag „Haftungsbefreiung“ die geltend gemachte Summe erreicht werden.
Im vorliegenden Fall ist bereits dieser Aufschlag nicht mehr nötig.
Subjektive Momente rechtfertigen im gegenwärtigen Fall kein abweichendes Ergebnis.
Ist das erforderliche Maß im Sinne des § 249 BGB damit bereits erreicht, sind auch Zumutbarkeitsgesiehtpunkten bzw. aus Gesichtpunkten einer Schadensminderungspflicht (-Verletzung) Abzüge zu Lasten des Geschädigten bzw. hier der Zessionarin zum Erreichen des erforderlichen Maßes nicht mehr geboten. Wie die Vernehmung des Zeugen K. ergab, sind auch spezielle Umstände nicht vorhanden, die ein anderweitiges Ergebnis nahelegen würden. Dieser hat insbesondere noch am gleichen Tag ein Ersatzfahrzeug benötigt und auch angemietet.
Hinfällig ist damit die Diskussion um weitere dem Geschädigten und Zedeten angebotene Tarife, die vorgetragenen internen Tarife zur fraglichen Zeit, eine anderweitige Erkundigungspflicht des Geschädigten oder eine Auf klärungspf licht hinsichtlich des Mietwagenunternehmens, wie im übrigen die Beklagtenseite vorträgt.
Der Differenzbetrag von 573,67 Euro in Bezug auf die bereits gezahlten 482,33 Euro war somit zuzusprechen.
Die geltend gemachten Zinsen ergeben sich aus Verzugsgesichtspunkten, §§ 286 Abs. II, 288 BGB.
Die geltend gemachten Mahnauslagen werden vom Gericht gemäß § 287 ZPO in der geltend gemachten Höhe geschätzt.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG Augsburg.