Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
unsere Urteilsreise geht weiter von Offenbach (Hessen) nach Bad Mergentheim in Baden-Württemberg. Auch dort musste sich der erkennende Amtsrichter mit restlichen nicht ersetzten Sachverständigenkosten auseinandersetzen. Dieses Mal war es die Zurich-Versicherung, die meinte, die Sachverständigenkosten des Klägers nicht vollständig ausgleichen zu müssen. Offenbar folgt nunmehr die Zurich-Versicherung der Fährte der HUK-Coburg – und landet auch in der Sackgasse. Zumindest nimmt die Zurich auch denselben Anwalt aus dem Kölner Raum, der auch häufig von der HUK-Coburg beauftragt wurde. Aber ebenso wie die HUK-Coburg erlitt die Zurich eine Prozessniederlage. Kläger ist der Sachverständige, der aus abgetretenem Recht vorgeht. Beklagte ist die VN der Zurich persönlich. Die Zurich ist nicht mitverklagt, was auch nicht notwendig ist. Auch das AG Bad Mergentheim verurteilte zur Verzinsung der Gerichtskosten. Das Urteil wurde erwirkt durch Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof aus Aschaffenburg, der dem Autor auch das Urteil zugesandt hat. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen und noch eine schöne Restwoche
Willi Wacker
Aktenzeichen:
2 C 387/11
Amtsgericht Bad Mergentheim
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
– Kläger –
gegen
Zurich VN
– Beklagter-
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Bad Mergentheim
durch den Richter am Amtsgericht …
am 15.08.2012 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495 a ZPO
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 362,81 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 26.06.2011 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der einbezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu bezahlen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf bis zu 600,00 € festgesetzt.
Gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO ohne Tatbestand
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht anlässlich des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom 04.05.2011 in I. aus abgetretenem Recht der bei diesem Unfall Geschädigten … ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Bezug auf die bei ihm entstandenen Sachverständigenkosten in restlicher Höhe von 362,81 € zu, §§ 18, 17 StVG, 823, 249 BGB. Auch ist der mit Schriftsatz vom 25.04.2012 klageerweiternd geltend gemachte Feststellungsantrag des Klägers zulässig und begründet.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte für dem Grunde und der Höhe nach berechtigte Ansprüche der Geschädigten anlässlich des zugrundeliegenden Verkehrsunfalls zu 100 % aufzukommen hat, wobei sich sich die Parteien vorliegend ausschließlich um restliche Sachverständigenkosten streiten. Insoweit steht dem Kläger aus abgetretenem Recht der Geschädigten der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten zu.
Der Kläger hat durch Vorlage des Abtretungsvertrages vom 06.05.2011 zwischen ihm und der Geschädigten die Abtretung der streitgegenständlichen Forderung nachgewiesen.
Soweit der Beklagte die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten über den vorgerichtlich bezahlten Betrag in Höhe von 340,00 € hinaus bestreitet, so schuldet der Beklagte auf Basis der von dem Kläger der Geschädigten gestellten Rechnung vom 09.05.2011 über 702,81 € die Zahlung des Differenzbetrages von 362,81 €.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang sind nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stets dann zu ersetzen, wenn diese aus der Sicht eines verständigen und wirtschaftlich denkenden Geschädigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind. Nachdem ausweislich des klägerseits vorgelegten Gutachtens für das verunfallte Fahrzeug der Geschädigten voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von brutto 3.274,02 € festgestellt worden sind, durfte die Geschädigte, nachdem insbesondere ein Bagatellschaden, bei dem gegebenenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich gewesen sein könnte, ersichtlich nicht vorlag, die Beauftragung des Klägers auch zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten (vgl. nur Palandt-Grünenberg, BGB, 71. Auflage 2012, § 249 Rn. 58 m. w. N.; zuletzt BGH, Urteil vom 11.01.2012, IV ZR 251/10, zitiert nach Juris).
Auch die Höhe der klägerseits abgerechneten Gutachterkosten sind vorliegend nicht zu beanstanden und von dem Beklagten als Schädiger zur Wiederherstellung der beschädigten Sache zu bezahlen. Der Geschädigte darf nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen grundsätzlich im Rahmen der Schadensbeseitigung den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen erscheint. So ist der Geschädigte insbesondere grundsätzlich auch nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherung verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Selbst überhöhte Gutachterkosten gehen grundsätzlich, woran die Rechtsprechung zum Unfallersatztarif nichts geändert hat, nicht zu Lasten des Geschädigten, solange der Geschädigte nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Unangemessenheit nicht ohne weiteres erkennen konnte (Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 12 Rn, 50 m. w. N.). Soweit die Beklagtenseite Ausführungen in Bezug auf die mangelnde Erforderlichkeit der klägerseits begehrten Sachverständigenkosten gehalten hat, so betreffen diese im Wesentlichen werkvertragrechtliche Grundsätze und berücksichtigen nicht die vorliegend zur Anwendung kommenden schadensrechtlichen Gesichtspunkte.
Zu berücksichtigen ist vorliegend zudem, dass die Geschädigte mit dem Kläger nach dem klägerseits vorgelegten schriftlichen Auftrag zur Gutachtenerstellung eine ausdrückliche Honorarvereinbarung getroffen hat und bereits vor diesem Hintergrund nicht auf einen (orts-)üblichen Werklohn verwiesen werden kann (vgl. ausführlich Himmelreich/Halm/Staab, Handbuch der Kz-Schadensregulierung, 2. A. 2012, Kap. 13 Rn. 87 ff.). Aus dieser Honorarvereinbarung ergab sich für die Geschädigte als Auftraggeberin unter Berücksichtigung ihrer individuellen Verständnis- und Erkenntnismöglichkeiten eindeutig, welche Vergütung von ihr geschuldet wird, insbesondere dass sich die Vergütung aus einem Grundhonorar sowie aus verschiedenen Nebenkosten zusammensetzt, welche allesamt ebenfalls ausdrücklich und nachvollziehbar aus der klägerseits vorgelegten Honorarvereinbarung ersichtlich sind. Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars kann allenfalls dann zu einer Kürzung des Erstattungsanspruchs führen, wenn der Sachverständige sein Honorar gleichsam willkürlich festgesetzt hat, Preis und Leistung in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen und dem Geschädigten dies bekannt war bzw. er dies im Rahmen eines ihm vorwerfbaren Auswahlverschuldens hätte erkennen können und müssen. Derartiges ist weder beklagtenseits substantiiert dargetan worden noch sonst ersichtlich.
Nachdem sich der Kläger im Rahmen seiner Rechnung vom 09.05.2011 auch an die mit der Geschädigten vereinbarten Vergütungssätze gehalten hat, unterliegt die Berechtigung der klägerseits substantiiert geltend gemachten Ansprüche sowohl in Bezug auf das vereinbarte Grundhonorar im Betrag von 405,00 € netto als auch in Bezug auf die verschiedenen in der streitgegenständlichen Rechnung vom 09.05.2011 abgerechneten Nebenkosten keinem Zweifel. Der tatsächliche Anfall der Nebenkosten folgt größtenteils bereits aus dem klägerseits vorgelegten Gutachten vom 09.05.2011 selbst, insbesondere in Bezug auf die abgerechneten Kosten für Lichtbilder, Büromaterial und Schreibarbeiten. Soweit das Gericht mit Verfügung vom 22.03.2012 die Klägerseite aufgefordert hatte, noch substantiierten Sachvortrag zu den weiter abgerechneten Nebenkosten bezüglich den Positionen „Fahrtkosten“ bzw. „Porto/Fernsprechgebühren/Fax/Kopien“ zu halten, so hat die Klägerseite – beklagtenseits unwidersprochen – ergänzenden substantiierten Sachvortrag gehalten, weshalb auch diese Nebenkosten von dem Beklagten zu erstatten sind.
Soweit die Beklagtenseite geltend gemacht, die streitgegenständliche Rechnung des Klägers sei mangels Prüffähigkeit nicht fällig, so teilt das Gericht diesen Einwand bereits in der Sache nicht. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Einwand des Beklagten überhaupt aus Rechtsgründen beachtlich gewesen wäre (vgl. Himmelreich/Halm/Staab, a.a.O., Kap. 13 Rn. 135 m.w.N.}.
Der beklagtenseits beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es somit unter keinem Gesichtspunkt, insbesondere bedurfte es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zur Frage, ob das unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten im Wege der Abtretung beanspruchte Honorar des Klägers übersetzt ist.
2. Aufgrund des schlüssigen und beklagtenseits nicht bestrittenen Sachvortrags des Klägers befindet sich der Beklagte mit der Zahlung des ausgestellten Betrages seitdem 26.06.2011 in Schuldnerverzug. Ab diesem Tag schuldet er dem Kläger daher die von diesem geltend gemachten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe, §§ 286, 288 BGB.
3. Der im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Feststellungsantrag des Klägers ist ebenfalls zulässig und begründet. So trägt der Kläger zutreffend vor, dass eine Verzinsung der verauslagten Gerichtskosten ab deren Einbezahlung nicht im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden kann. Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO regelt nämlich nur den Zeitpunkt ab Eingang des Festsetzungsantrags, weshalb auch ein Feststellungsinteresse des Klägers in Bezug auf eine Verzinsung ab dem Einzahlungszeitpunkt gegeben ist, zumal für den Kläger die Dauer des Verfahrens und damit auch die Dauer der Zinszahlungspflicht nicht absehbar ist und der Beklagte die Erhebung der Klage veranlasst hat.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt dem Wert der Klagehauptforderung.
Die Berufung wird nicht zugelassen, nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO ersichtlich nicht vorliegen.
Was die HUK nicht lernt, lernt die Zurich nimmer.
Was die HUK vormacht, macht die Zurich ach immer.
So könnte man das Urteil des AG Bad Mergentheim
überschreiben.
Nachmachen lohnt sich nicht. Man bekommt nur die
gleichen Blessuren. Vielleicht wird man bei der
Zurich aus Schaden klug.