…und zum Jahresende mussten die Richter und Richterinnen in bundesdeutschen Gerichten auch noch über Klagen der Geschädigten gegen die HUK-Coburg wegen Erstattung des gekürzten Schadensersatzes, meist in der Form der gekürzten Sachverständigenkosten, entscheiden. So war es auch bei dem Amtsgericht Mitte in Berlin. Mit Urteil vom 21.12.2010 verurteilte die Amtsrichterin des Amtsgerichtes Mitte in Berlin den Versicherungsnehmer der HUK-Coburg zur Zahlung der von seiner Haftpflichtversicherung nicht erstatteten Schadensersatzleistung. Der VN kann sich ja jetzt bei seiner – ach so großen – Haftpflichtversicherung bedanken. Er wurde, obwohl er immer pünktlich die Prämien gezahlt hatte und ausreichenden Versicherungsschutz wähnte, gleichwohl zu Recht vor das Gericht gezerrt, nur weil seine Haftpflichtversicherung nicht nach Recht und Gesetz den Schaden reguliert. Nachstehend das Urteil der Amtsrichterin der 3. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Mitte vom 21.12.2010:
Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer: 3 C 3353/10 verkündet am : 21.12.2010
In dem Rechtsstreit
des Herrn K. S.,
Klägers,
gegen
den Herrn A. C.,
Beklagten,
hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 3, Littenstraße 12 -17, 10179 Berlin, im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 23.11.2010 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 221,81 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2009 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 495a in Verbindung mit § 313a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten aus §§ 7 StVG, 249 BGB einen Anspruch auf den restlichen Schadensersatz. Die grundsätzliche Haftungspflicht des Beklagten steht außer Streit.
Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist von dem Schädiger an den Geschädigten, der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag zu zahlen und zu den erforderlichen Kosten zählen auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist. Danach sind die Kosten zu erstatten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage ist Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung erachten darf. Entscheidend ist also allein, ob die an den Sachverständigen gezahlten Kosten den erforderlichen Wiederherstellungsaufwand angemessen repräsentieren (BGH NJW 07, 1450).
Ein Geschädigter ist vor Erteilung des Gutachtenauftrages aber nicht verpflichtet, Marktforschung zu betreiben oder grundsätzlich Kostenvoranschläge mehrerer Gutachter einzuholen (BGH NJW 96, 1958). Es dürfte ohne vorherige Begutachtung des beschädigten Fahrzeuges ohnehin schwer möglich sein, einen konkreten Preisvergleich anzustellen. Hierfür fehlt es an Tarifübersichten um sich entsprechend vorab informieren zu können. Grundsätzlich gilt, dass der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten nicht auf dem Rücken der Geschädigten ausgetragen werden darf (OLG Naumburg, NJW-RR 06, 1029). Ein Geschädigter darf auf Kosten des Schädigers allerdings auch nicht jeden beliebigen Preis mit dem Sachverständigen vereinbaren. So lange es für einen Laien aber nicht erkennbar ist, dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegte Pauschale gerade zu willkürlich festgesetzt wurde und ein offensichtliches Mißverhältnis zwischen Leistung und Honorar besteht, kann der Geschädigte die Erstattung dieser Kosten vom Schädiger verlangen (OLG Naumburg, OLG Report 02, 471; OLG Hamm Versicherungsrecht 01, 249). So liegt es auch im vorliegenden Fall. Es mußte sich dem Kläger nicht aufdrängen, dass das berechnete Honorar unangemessen hoch war. So liegt der angesetzte Betrag von 505,00 Euro bei einem Wiederbeschaffungsaufwand von 4.300,00 Euro noch im Rahmen des Korridores der Honorarumfrage des BVSK 2008/2009. Auch wenn der Sachverständige an der Obergrenze liegt, so liegt es noch im Rahmen dessen, was der Kläger für angemessen erachten dürfte, ohne dass sich ihm aufdrängen mußte, dass das berechnete Honorar unangemessen hoch war. Das daneben Kosten für Porto, Bildmaterial und Schreibarbeiten als Nebenkosten gesondert abgerechnet werden, ist sehr häufig der Fall. Auch insofern gilt, dass der Kläger als Laie nicht wissen kann, welche Kosten das Grundhonorar eines Sachverständigen abdecken soll und welche als Nebenkosten zusätzlich in Rechnung gestellt werden können. Unter diesen Umständen ist es dem Kläger nicht zuzumuten, sich auf einen Rechtsstreit mit einem Sachverständigen einzulassen und liegt noch kein auffälliges Mißverhältnis zwischen Preis und Leistung vor. Den Kläger trifft auch kein Auswahlverschulden bei der Wahl des Sachverständigen, so dass er einen Anspruch auf Erstattung der vollen Sachverständigenkosten hat (Geigel, Ricksäcker, der Haftpflichtprozess 24. Auflage, Kapitel 3 Rd. Nr. 113). Der Anspruch ist daher begründet, so dass wie erkannt zu entscheiden war, da der Beklagte erst 561,33 Euro der insgesamt 783,17 Euro Sachverständigenhonorar gezahlt hat.
Der Zinsanspruch folgt aus § 286, 288 f. BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.
So die Urteilsgründe der Berliner Amtsrichterin. Ein prima Weihnachtsgeschenk für den Kläger.