Mit Entscheidung vom 13.12.2012 (108 C 3282/12) wurde die Zurich Insurance plc NfD durch das Amtsgericht Mitte zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Das von der Zurich außergerichtlich gekürzte Sachverständigenhonorar wurde vom Geschädigten eingeklagt. Auch in dieser Streitsache war der altbekannte „HUK-Anwalt“ für die Zurich tätig.
Interessant bei diesem Verfahren ist auch oder insbesondere der Kostenfestsetzungsbeschluss nebst Begründung. Der Geschädigte hatte einen Anwalt an seinem Wohnsitz beauftragt, der zur mündlichen Verhandlung von Mönchengladbach nach Berlin anreisen musste. Die entsprechenden Reisekosten wurden durch das Gericht vollumfänglich zugesprochen. Der Anwalt der Zurich wollte oder konnte wohl nicht und wurde durch einen Korrespondenzanwalt vertreten.
Ein prima Urteil, das sich auf das Wesentliche beschränkt. Schadensersatzrechtliche Abarbeitung ohne (falsche) Angemessenheitsbetrachtung aus dem Werkvertragsrecht.
Unterm Strich ein richtig teures „Vergnügen“ für die Versichertengemeinschaft der Zurich bei einer vergleichsweise „lächerlichen“ Kürzung von EUR 56,76.
Das Urteil wurde erstritten und eingesandt durch die Kanzlei Steins aus Mönchengladbach.
Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil gem. § 495a ZPO
Geschäftsnummer: 108 C 3283/12 verkündet am : 13.12.2012
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
– Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S. aus Mönchengladbach
gegen
die Zurich Insurance plc, Niederlassung für Deutschland …
– Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B. M. aus Köln
Beklagte,
hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 108, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2012 durch den Richter am Amtsgericht …
f ü r R e c h t e r k a n n t :
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 56,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.6.12 sowie 46,41€ Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.8.12 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wesentlicher Inhalt der Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch aus §§ 3 PflVG, 115 VVG, 823 Abs. 1, 249 ff BGB. 7 Abs. 1 StVG
Der Kläger ist als geschädigter Eigentümer aktivlegitimiert.
Soweit die Beklagte es für richtig befunden hat, die Sachverständigenkosten nur teilweise auszugleichen, kann sie damit nicht durchdringen. Die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen sind nicht berechtigt.
Der Geschädigte kann die erforderlichen Sachverständigenkosten in voller Höhe verlangen, da die Einschaltung des Sachverständigen angemessen und erforderlich war.
Die Beklagte haftet für die Gebührenrechnung des Sachverständigen in voller Höhe. Der Sachverständige ist nach ständiger Rechtsprechung Erfüllungsgehilfe des Schädigers und nicht des Geschädigten. Fehler des Sachverständigen – gleichgültig ob bei der Erstellung des Gutachtens oder bei der Erstellung der Honorarrechnung – gehen deshalb zu Lasten des Schädigers, nicht des Geschädigten. Der Geschädigte ist für Fehler nur verantwortlich zu machen, wenn er durch eigenes schuldhaftes Tun den Fehler des Sachverständigen zu vertreten hätte oder er im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht den Fehler hätte verhindern können und müssen. Dies ist für das Gericht nicht ersichtlich.
Der Geschädigte hätte für eine überhöhte Rechnung des Sachverständigen nur dann einzustehen, wenn er selbst die Abrechnung hätte beeinflussen können. Dies ist nicht der Fall. Es ist dem Geschädigten weder zuzumuten, nach dem billigsten Sachverständigen zu forschen noch hat der Geschädigte die Möglichkeit, die Honorarrechnung detailliert zu prüfen.
Grobe Ungereimtheiten in der Honorarrechnung sind für das Gericht jedenfalls nicht ersichtlich.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 286, 288, 246 BGB, 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Amtsgericht Mitte
108 C 3282/12 06.03.2013
Beschluss
In Sachen
des Herrn …
Klägers,
– Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S. aus Mönchengladbach
gegen
die Zurich Insurance, plc Niederlassung für Deutschland…
– Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B. M. aus Köln
Beklagte,
werden die nach dem Urteil des Amtsgerichts Mitte vom 13.12.2012 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden, in dem Antrag vom 21.12.2012 berechneten Kosten auf
811,98 EUR
– in Worten: achthundertundelf 98/100 Euro – nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.12.2012 festgesetzt.
Der zu Grunde liegende Titel ist rechtskräftig.
Antragsgemäß wurden die von dem Kläger verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 75,00 EUR berücksichtigt.
Gründe:
Der Kläger konnte sich eines Rechtsanwalts an seinem Wohnsitz bedienen. Die dadurch entstandenen Reisekosten sind glaubhaft gemacht, sodass diese festzusetzen sind. Die Erstattungsfähigkeit ist auch nicht in Relation zur Höhe der Hauptforderung zu betrachten.
Hinsichtlich der Reisekosten des Anwalts liegt das AG Berlin-Mitte ganz auf Linie des BGH:
Die erstattungsfähigen Reisekosten des auswärtigen Anwalts sind nicht der Höhe nach auf die fiktiven Kosten eines Terminsvertreters beschränkt. (BGH X ZB 30/04)
Die erweiterte Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten auf alle bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwalt wurde wesentlich auch damit begründet, dass das Interesse der Mandanten dahin gehe, von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens auf vor auswärtigen Zivilgerichten vertreten werden zu können. Dann ist der Partei regelmäßig das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt auch in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. (BGH X ZB 30/04; BGH X ZB 21/07, Rn. 9; BGH VI ZB 9/10, Rn. 8)
Die erstattungsfähigen Reisekosten des auswärtigen Anwalts sind auch dann nicht auf die fiktiven Kosten eines Terminsvertreters beschränkt, wenn hierdurch die fiktiven Kosten eines Terminsvertreters beträchtlich übersteigen. (BGH X ZB 21/07 – Rn. 10)
Für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten bedarf es nicht der Feststellung im Einzelfall, daß die Partei zu dem den Termin wahrnehmenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis gehabt hat. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Darauf, ob nach der Klageerhebung ein persönliches Gespräch zwischen der Partei und dem Rechtsanwalt stattgefunden hat, kommt es nicht an. (BGH VI ZB 09/10 – Rn. 8)
Die Zuziehung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar (BGH VIII ZB 30/02, unter B.2.b.bb.1)
Wenn die unternehmensinterne Bearbeitung an einem Ort erfolgt, an dem das Unternehmen weder einen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhalt, sind die Reisekosten eines am Bearbeitungsort ansässigen Rechtsanwalts genauso zu erstatten wie die Reisekosten eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts (BGH I ZB 42/06 Rn. 14; BGH VIII ZB 102/08, Rn. 9)
Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der weder am Gerichts- noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist (Rechtsanwalt am dritten Ort), sind jedenfalls bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten. (BGH VI ZB 9/10 – Leitsatz; BGH I ZB 47/09, Rn. 9)
Hey, da hat sich jemand mit der Verlinkung der BGH-Urteile richtig viel Mühe gemacht.
Vielen Dank dafür! 🙂
P.S. hätte ich auch selber drauf kommen können, habe aber einfach nur aus meiner Textbausteinvorlage kopiert..