AG Bernburg entscheidet mit bedenklicher Begründung in einem Rechtsstreit um Mietwagen- und Sachverständigenkosten mit der VHV-Versicherung mit Urteil vom 31.3.2016 – 3 C 167/15 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

hier und heute stellen wir Euch ein Urteil aus Bernburg (Landgerichtsbezirk Magdeburg) zu den Mietwagenkosten und zu den Sachverständigenkosten gegen die VHV Versicherung vor. Das erkennende Gericht nahm in dem Urteil vom 31.3.2016 – 3 C 167/15 – eine willkürliche Festlegung der Mietwagen- u. Sachverständigenkosten unter dem Deckmantel des § 287 ZPO vor. Darin liegt schon einmal ein großer Fehler. Denn nach der BGH-Rechtsprechung ist kein Schädiger – und auch kein Gericht –  im Schadensersatzprozess berechtigt, irgendwelche vorliegenden Rechnungen nach Gutdünken zu kürzen, sofern der Geschädigte den Rahmen des für die Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Wenn der Geschädigte selbst nicht in der Lage ist, den eingetretenen Schaden im Umfang und in der Höhe anzugeben, darf er einen regionalen, ohne Weiteres erreichbaren Kft-Sachverständigen mit der Erstellung des beweissichernden Schadensgutachtens beauftragen.

Der § 287 ZPO dient ausschließlich als Beweiserleichterung zu Gunsten des Klägers und ist deshalb nicht zum Nachteil des Klägers anzuwenden. Das gilt sowohl für die Sachverständigenkosten als auch für die Mietwagenkosten. Insbesondere bei Letzteren wird das Recht in vielen Fällen geradezu vorsätzlich mit Füßen getreten – auch an einigen Oberlandesgerichten. Nachdem der BGH die Schwacke-Liste als Schätzungsgrundlage (und nicht als Kürzungsgrundlage) ausdrücklich zugelassen hat (vgl. BGH ZfS 2008, 622 = VersR 2008, 699), werden trotzdem an den entsprechenden Gerichten die Mietwagenkosten auf Werte unterhalb der Schwacke-Liste gekürzt (Vgl. hierzu die Urteile zu Fraunhofer oder zum arithmetischen Mittel zwischen Schwacke und Fraunhofer!).

Aus der Sicht des Geschädigten ist die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für das verunfallte Fahrzeug zu einem Wert, der dem Schwacke-Mietpreisspiegel entspricht, entsprechend der BGH-Rechtsprechung (BGH aaO) als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand anzusehen. Diese Sicht des Geschädigten wird durchbrochen, wenn das erkennende Gericht den Geschädigten, obwohl er sich nach der BGH-Rechtsprechung verhalten hat, auf Tabellenwerte unterhalb der Schwacke-Werte verweist. Ihm wird damit unterstellt, er sei kein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch. So etwas ist – gelinde gesagt – ein  schadensersatzrechtliches Fiasko.

Dem Geschädigten ist bei einem unverschuldeten Schadensereignis möglichst vollständiger Schadensersatz zu leisten. Keineswegs soll der Geschädigte auch noch Schäden selbst tragen. Zu bedenken ist auch noch Folgendes: Für den Fall, dass das Gericht auf der Grundlage des § 287 ZPO nicht zu Gunsten des Klägers entscheiden kann, muss Beweis erhoben werden, egal um welche Schadenspositionen es geht, seien es die Mietwagenkosten, die Abschleppkosten oder die Sachverständigenkosten. Insoweit ist der Tatrichter nicht so freigestellt, wie es manchmal in Entscheidungen dargestellt wird. Auch der VI. Zivilsenat des BGH geht irrig von dem besonders freigestellten Tatrichter aus. Dieser ist aber nicht so frei, wie er dargestellt wird. Er ist immer noch an Recht und Gesetz gebunden.

Mit der vorliegenden Schadensersatzkürzung hat das erkennende Amtsgericht Bernburg dem Kläger gleichzeitig wieder bescheinigt, dass er wohl kein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Mensch ist? Muss sich dieser solche Unterstellungen eigentlich gefallen lassen, obwohl er sich nach der Rechtsprechung des BGH gerichtet hat? Und zu guter Letzt kann der Geschädigte dann auch noch mit anteiligen Kosten nach Hause gehen, obwohl das Schadensereignis für ihn unverschuldet eingetreten ist. Also ist festzuhalten, dass es nichts ist mit dem vollständigem Schadensausgleich gemäß § 249 BGB.

Völlig unberücksichtigt ist geblieben, dass das Mietwagenunternehmen und der Sachverständige nich Erfüllungsgehilfen des Geschädigten sind (vgl. BGH NJW 1975, 160 = BGHZ 63, 182 ff: OLG Naumburg DS 2006, 283 ff; OLG Nürnberg SP 2002, 358; LG Hagen NZV 2003, 337; Imhof/Wortmann DS 2011, 149, 151 m.w.N.). Fehler derselben sind dem Schädiger anzurechnen und nicht dem Geschädigten ( BGH aaO. ). Zu Recht hat der BGH den Schädiger auf den Vorteilsausgleich verwiesen (BGHZ 63, 182ff). Eine analoge Anwendung des Mitverschuldens des Geschädigten verbietet sich, weil keine Regelungslücke vorhanden ist. Der Schädiger bleibt auch bei vollständiger Schadensersatzleistung nicht rechtlos, weil er den Vorteilsausgleich suchen kann.

Unter diesen Gesichtspunkten muss das nachfolgend dargestellte Urteil als rechtsdogmatisch absolut falsch bezeichnet werden. Das gilt auch für andere Urteile, die auf Fracke oder Fraunhofer abstellen oder zu Kürzungen der berechneten Sachverständigenkosten gelangen. Lest aber selbst das Urteil und gebt dann – hoffentlich vielzählig – Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Bernburg

3 C 167/15                                                                                                    Bernburg, 31.03.2016

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Kläger

gegen

VHV Allgemeine Versicherung AG, v.d.d. Vorstand, VHV-Platz 1, 30177 Hannover

Beklagte

hat das Amtsgericht Bernburg im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 08.02.2016 am 31.03.2016 durch die Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:

1.     Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von weiteren Mietwagenkosten der Autovermietung … i.H.v. 34,55 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 23.01.2015 durch Zahlung an die Autovermietung … freizustellen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2.     Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von weiteren Sachverständigenkosten des Kraftfahrzeugsachverständigenbüros … 43,82 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 23.01.2015 durch Zahlung an das Kfz Sachverständigenbüro … freizustellen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2.     Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 68 % und die Beklagte zu 32 %.

3.     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im titulierten Umfang begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG zu.

Die Ersatzpflicht der Beklagten als Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeuges ist dem Grunde nach unstreitig.

Der Freistellungsanspruch des Klägers hinsichtlich der geltend gemachten Mietwagenkosten ist lediglich i.H.v. 34,55 € begründet.

Die für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges entstandenen Mietwagenkosten sind Teil der Kosten der Schadensbehebung im Sinne des §§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Ein Schädiger hat danach die Mietwagenkosten in dem Umfang zu ersetzen, indem sie zur Herstellung des Zu-standes erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde. Das ist der (Geld-) Aufwand, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.

Die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB ist dabei grundsätzlich auf einen ortsüblichen Preis für Selbstzahler (als Normaltarif von Autovermietern) ausgerichtet. D.h., dass dann, wenn es auf dem örtlichen Markt mehrere Tarife für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges gibt, dem Geschädigten – unter Berücksichtigung eines Entscheidungsspielraums – lediglich der wirtschaftlich günstigere Mietpreis ersetzt wird.

Das Gericht verkennt nicht, dass ein Geschädigter der erstmalig anlässlich eines Verkehrsunfalles ein Mietfahrzeug angemietet, oftmals nicht in der Lage ist, sämtliche mit dem Unfall in Zusammenhang stehende Kosten zu übersehen. Allerdings ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Kläger das Ersatzfahrzeug erst ca. 4 Wochen nach dem Verkehrsunfall angemietet hat. Unter diesen Umständen war es dem Kläger durchaus zuzumuten eine Preisabfrage vorzunehmen.

Die Beklagte hat vorgetragen im Internet Angebote der Mietwagengruppe 7 zu einem Preis von 323,– bzw. 304,15 € für eine Mietdauer von 8 Tagen ermittelt zu haben.

Nach Auffassung des Gerichts stellt sich hier allerdings die Frage, ob die genannten Fahrzeuge zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich auch zur Verfügung gestanden hätten und in welchem Zustand sich diese Fahrzeuge befunden haben.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der (Normal -) Tarif für Selbstzahler keine feste Größe ist, weil es keine fixen Mietpreise gibt und nach der Rechts-und Wirtschaftsordnung auch nicht geben kann. Weder der Schwacke-Automietpreisspiegel noch der Frauenhofer-Mietpreisspiegel erfassen vom Grundsatz her den Normaltarif.

Diese Tabellen und Listen können allerdings als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO dienen.

Aufgrund der vom Kläger eingereichten Auftragsrechnung ist ersichtlich, dass eine Abrechnung auf Tagessatzbasis erfolgt ist.

Die Schwacke-Liste führt nach überwiegender Meinung in der Rechtsprechung zu überhöhte Werte. Nach Auffassung des Gerichts kann der Mietpreisspiegeln (Telefon Erhebung nach Schwacke-Klassifizierung/Mietwagen Deutschland 2014) durchaus als Schätzgrundlage dienen. Für den Postleitzahlenbereich 04 ergibt sich danach ein Mittelwert für eine Mietdauer von 7 Tagen eines entsprechenden Fahrzeugs i.H.v. 61,06 € täglich. Dies entspricht einem Betrag i.H.v. 488,48 € für 8 Tage. Hierin enthalten ist bereits eine marktübliche Haftungsreduzierung.

Da die Tabellenwerte aber keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Zustand der angebotenen Fahrzeuge geben können, erachtet das Gericht es im Rahmen der Schätzung gemäß § 287 ZPO für billig, einen Aufschlag i.H.v. 30 % auf den errechneten Mittelwert vorzunehmen. Es ergibt sich mithin ein Betrag i.H.v. 635,02 €. Zuzüglich der ebenfalls für notwendig erachteten Kosten für die Zustellung und Abholung ein des Fahrzeugs ergibt sich ein zu erstattender Betrag i.H.v. 695 € (gerundet).

Da die Beklagte bereits 660,45 € für Mietwagenkosten gezahlt hat ergibt sich mithin ein restlicher Anspruch des Klägers i.H.v. 34,55 €, der dem Kläger zuzusprechen war.

Hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten i.H.v. 55,92 € ist die Klage i.H.v. 43,82 € begründet.

Die Beklagte muss den Kläger grundsätzlich von Kosten freistellen, die dieser dem Sachverständigen schuldet.

Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann bei Beschädigung einer Sache statt der Herstellung der dazu erforderliche Geldbetrag verlangt werden. Die Kosten der Schadensfeststellungen sind Teil des zu ersetzenden Schadens.

Zwar gilt auch hier der Grundsatz, dass nur die objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten, also die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde, zu ersetzen sind. Jedoch kommt es, anders als bei den Mietwagenkosten, hier nicht darauf an ob der Geschädigte ein Gutachten hätte günstiger erhalten können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf sich der Geschädigte bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, einen ihm in seiner Lage ohne weiteren erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem Honorar günstigsten Sachverständigen betreiben. (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).

Ohne Erfolg bleibt deshalb nach diesen Grundsätzen der Einwand der Beklagten, der Geschädigte habe mit dem Sachverständigen ein Honorar vereinbart, welches die ortsübliche Vergütung überschreite. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so würde es sich aufgrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung trotzdem um die erforderlichen Kosten handeln, da der Geschädigte keinen Anlass hatte die vom Sachverständigen verlangten Preise auf ihre Angemessenheit zu überprüfen und gegebenenfalls nach einem günstigeren Sachverständigen zu suchen.

Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und die aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht würde voraussetzen, dass die Beklagte darlegt und beweist, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich gewesen wäre. Dies ergibt sich nicht aus dem Vortrag der Beklagten.
Der Geschädigte schuldet dem Sachverständigen aber nur einen Restbetrag i.H.v. 43,82 €.

Der Anspruch des Sachverständigen gegen die Geschädigte ergibt sich dem Grunde nach aus dem Werkvertrag.

Unerheblich ist insoweit insbesondere die Einwendung der Beklagten, dass die abgerechneten Nebenkosten des Sachverständigen wie z.B. die Fotokosten zu hoch seien.

Nach dem Inhalt des Vertrages schuldet der Kläger die abgerechneten Nebenkosten wie Fotokosten Porto und Telefon Abrufkosten sowie weitere Auslagen und Nebenkosten.

Lediglich hinsichtlich der i.H.v. 24,20 € abgerechneten Schreibkosten ist ein Abzug vorzunehmen. Bei dem in dem Vertrag enthaltenen Entgelt für Schreibkosten handelt es sich um eine vom Sachverständigen gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des §§ 305 BGB. Der Sachverständige differenziert bei der Schreibgebühr hinsichtlich der eigentlichen Schreibkosten pro Seite und der zu fertigenden Kopie. Damit wird deutlich, dass der Sachverständige auch ein Entgelt für die schriftliche Erstellung und den Ausdruck des Gutachtens in Rechnung stellt. Ein solches Entgelt stellt eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar, denn es betrifft kein zusätzlich angebotene Sonderleistung, sondern etwas, dass der Sachverständige ohnehin zu erbringen hat, nämlich das Erstellen des Gutachtens. Das Erstellen, also das Schreiben des Gutachtens, ist die geschuldete Hauptpflicht. Weder in dem Schreiben noch in den Ausdrucken liegt eine zusätzlich angebotene Sonderleistung. Damit ist die Vereinbarung, soweit sie sich auf die Schreibleistung und den 1. Ausdruck bezieht, unwirksam. Lediglich die Kosten für die Zweitausfertigung sind nach Auffassung des Gerichts erstattungsfähig. Diese schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf den hälftigen Betrag und damit auf 12,10 €. Es ergibt sich damit ein Anspruch auf Freistellung von restlichen Sachverständigenkosten i.H.v. 43,82 €.

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 280, 286 BGB begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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4 Antworten zu AG Bernburg entscheidet mit bedenklicher Begründung in einem Rechtsstreit um Mietwagen- und Sachverständigenkosten mit der VHV-Versicherung mit Urteil vom 31.3.2016 – 3 C 167/15 -.

  1. Knurrhahn sagt:

    @ Willi Wacker,

    Deine Kommentierung trifft mal wieder den Nagel auf dem Kopf. Dennoch kann man kaum so verwirrend denken, wie es dann tatsächlich auch kommt. Es ist einfach nicht mehr nachvollziehbar, welche Interpretationen schadenersatzrechtlich erblühen. Hier sticht das besserwisserische Element deutlich hervor.
    Hinsichtlich der Erstattungsverpflichtung angefallener Sachverständigenkosten jedoch zunächst zutreffend angefangen und dann:

    „Ein solches Entgelt stellt eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar, denn es betrifft kein zusätzlich angebotene Sonderleistung, sondern etwas, dass der Sachverständige ohnehin zu erbringen hat, nämlich das Erstellen des Gutachtens. Das Erstellen, also das Schreiben des Gutachtens, ist die geschuldete Hauptpflicht. Weder in dem Schreiben noch in den Ausdrucken liegt eine zusätzlich angebotene Sonderleistung. Damit ist die Vereinbarung, soweit sie sich auf die Schreibleistung und den 1. Ausdruck bezieht, unwirksam. Lediglich die Kosten für die Zweitausfertigung sind nach Auffassung des Gerichts erstattungsfähig. Diese schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf den hälftigen Betrag und damit auf 12,10 €. Es ergibt sich damit ein Anspruch auf Freistellung von restlichen Sachverständigenkosten i.H.v. 43,82 €.“

    Bei solchen Interpretationen könnte man Schwarzpocken bekommen, denn das Gericht hat schadenersatzrechtlich gerade nicht aus SEINER ex post-Sicht den gerechten Betrag zu ermitteln. § 249 S.1 BGB unbekannt ? Glaubt diese Richterin am AG Bernburg tatsächlich, dass der Sachverständige eine Sekretariatsleistung selber ausführt? Wo bleiben da Sachverstand und das logische Denken?
    In jedem anderen Berufszweig gäbe es dafür die rote Karte, jedoch auf dem Daunenkissen des § 287 ZPO darf sich die in diesem Fall „besonders freigestellte Tatrichterin“ (nicht Tatdichterin!) vermeinlich unbegrenzt austoben. Meine Empfehlung: Urteil mit Kommentaren zur Information an den AG-Direktor Tobias Hoffmann und an die Präsidentin des Landgerichts Magdeburg,Sigrid Jaspers, schicken.
    Ist ex post zwar nicht mehr hilfreich, könnte allerdings dennoch aufmerken lassen. Diese kleine Mühe sollte man allein schon deshalb nicht scheuen.
    Knurrhahn

  2. virus sagt:

    Rechtsbeugung mittels Verletzung des Willkürverbots:

    „Eine Verletzung des Willkürverbots liegt vor, wenn die Rechtsanwendung oder das Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 ; 83, 82 ; 86, 59 ). Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern wie der Nichtberücksichtigung einer offensichtlich einschlägigen Norm oder der krassen Missdeutung einer Norm beruht (vgl. BVerfGE 87, 273 ).“

  3. Benny sagt:

    Hallo, Willi Wacker,
    sind die Überlegungen dieser Richterin mit den nachfolgenden Entscheidungsgründen schadenersatzrechtlich nicht eindeutig?

    „Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf sich der Geschädigte bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen damit begnügen, einen ihm in seiner Lage ohne weiteren erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem Honorar günstigsten Sachverständigen betreiben. (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).“

    „Ohne Erfolg bleibt deshalb nach diesen Grundsätzen der Einwand der Beklagten, der Geschädigte habe mit dem Sachverständigen ein Honorar vereinbart, welches die ortsübliche Vergütung überschreite. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so würde es sich aufgrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung trotzdem um die erforderlichen Kosten handeln, da der Geschädigte keinen Anlass hatte, die vom Sachverständigen verlangten Preise auf ihre Angemessenheit zu überprüfen und gegebenenfalls nach einem günstigeren Sachverständigen zu suchen.“

    „Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und die aus § 254 BGB folgende Schadensminderungspflicht würde voraussetzen, dass die Beklagte darlegt und beweist, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich gewesen wäre. Dies ergibt sich nicht aus dem Vortrag der Beklagten.“

    „Unerheblich ist insoweit insbesondere die Einwendung der Beklagten, dass die abgerechneten Nebenkosten des Sachverständigen wie z.B. die Fotokosten zu hoch seien.
    Nach dem Inhalt des Vertrages schuldet der Kläger die abgerechneten Nebenkosten wie Fotokosten Porto und Telefon Abrufkosten sowie weitere Auslagen und Nebenkosten.“

    Benny

  4. Willi Wacker sagt:

    @ Knurrhahn
    @ Benny

    Ihr habt ja beide recht. Es wäre für das erkennende Gericht ein Leichtes gewesen, mit den Grundsatzurteilen des BGH zu den Sachverständigenkosten im Verhältnis Geschädigter zu Schädiger, nämlich VI ZR 67/06 und VI ZR 225/13, den Rechtsstreit zu entscheiden. Aber – wie das Leben so spielt – die Versicherer scheuen die beiden höchstrichterlichen Entscheidungen doch wie der Teufel das Weihwasser. Dementsprechend werden diese Urteile in den Schriftsätzen der Versicherer möglichst gemieden. Dafür wird LG Saarbrücken oder OLG Dresden erwähnt.

    Aber gut, dass Ihr zu dem völlig verfehlten Urteil wenigstens Stellung genommen habt. Ich hatte, ehrlich gesagt, mehr Kommentare als die drei bis 18:37 h erschienenen erwartet.

    Dann kommt auch noch in dem Urteil dazu, dass auf Freistellung, statt auf Zahlung erkannt wurde. Auch das ist ein Fehler. Die BGH-Rechtsprechung wird auch insoweit ignoriert.

    Willi Wacker

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