Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachdem wir Euch gestern ein fast makelloses Urteil des Amtsgerichts Bochum vorgestellt hatten, geben wir Euch heute, qausi als Kontrast, hier ein Schrotturteil des gleichen Amtsgerichts aus Bochum zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG bekannt. Die Berufung gegen dieses Schrotturteil wurde zwar zugelassen, was man in Bochum wegen der Rechtsprechung der Berufungskammer 9 S. aber nicht unbedingt als Gewinn bezeichnen kann. Lest selbst das Urteil, das ich nicht weiter kommentieren möchte, und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
67 C 319/15
Amtsgericht Bochum
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
(abgekürzt gem. §495 a ZPO)
In dem Rechtsstreit
des Herrn Dipl.-Ing. … ,
Klägers,
gegen
Herrn … ,
Beklagten,
hat das Amtsgericht Bochum
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am
26.02.2016
durch den Richter am Amtsgericht S.
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird als Gesamtschuldner verurteilt an den Kläger 4,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.12.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert beträgt 126,69 Euro (§§ 3-5 ZPO).
Gegen dieses Urteil wird die Berufung zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von dem Beklagten aus dem abgetretenen Recht der Zeugin S. Schadensersatz anlässlich eines Verkehrsunfalls, der sich am 29.09.2014 in Bochum ereignete.
Die 100%ige Haftung dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die oben genannte Geschädigte trat ihren Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten an den Kläger ab.
Gegenstand des Rechtsstreits sind noch offene Sachverständigenkosten.
Der Kläger fertigte ein Gutachten und stellte für diese Tätigkeit der oben genannten
Geschädigten einen Betrag von 516,69 Euro brutto in Rechnung.
Diesbezüglich wird auf die „Liquidation“ vom 07.10.2014 in Ablichtung (Blatt 50 d. A.)
verwiesen.
Abzüglich des von der Haftpflichtversicherung des Beklagten gezahlten Betrages von 390,00 Euro könne er danach noch 126,69 Euro beanspruchen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Klägers, besonders zur Höhe der Forderung wird auf den Inhalt der Klagebegründungsschrift vom 08.12.2105 nebst Anlagen (Blatt 41 ff d. A.) sowie Schriftsatz vom 21.01.2016 (Blatt 87 ff. d. A.) sowie schließlich 10 02 2016 nebst Anlagen (Blatt 95 ff. d. A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen an ihn 126,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2014 zu zahlen,
der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Forderung sei wesentlich überhöht.
Nach der geeigneten Schätzungsgrundlagen, nämlich des „HUK-Honorartableaus“ könne der Kläger von der Geschädigten keinen Betrag über die bereits gezahlten 390,00 Euro ersetzt verlangen.
Im Übrigen seien die geltend gemachten Nebenkosten vollkommen überhöht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 11.01.2016 (Blatt 68 ff. d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist geringfügig begründet.
Der Kläger hat aus dem abgetretenen Recht der Unfallgeschädigten S. einen Zahlungsanspruch in Höhe von 4,08 Euro Haftungsgrundlage sind §§ 823 ff. BGB, 1, 7 StVG, 249 BGB.
Dem Grunde nach haftet der Beklagte unstreitig zu 100%. Dieser Schaden ist bis auf 4,08 Euro soweit hier ersichtlich durch Erfüllung untergegangen.
Dem Kläger stand nämlich gegen die Unfallgeschädigte lediglich ein Betrag von 394,80 Euro zu.
Dabei schätzt das Gericht diesen Betrag ausgehend von der Rechnung des Klägers vom 07.10.2014 gem. § 287 ZPO.
Dabei wendet das Gericht in ständiger Rechtsprechung nicht das Honorartableau der HUK an, sondern die BVSK-Tabelle grundsätzlich in der aktuellen Fassung hier 2015
Hier ist nicht zu entscheiden, ob das HUK-Tableau oder BVSK-Tabelle geeignet oder ungeeignet sind, um den Schaden nach.§ 287 ZPO zu schätzen.
Es steht nämlich im billigen Ermessen des Gerichts nach § 287 ZPO, ob es eine nachvollziehbare und sachlich gerechtfertigte Tabelle bei der Schätzung benutzt Ausgehend von der Tatsache eines breiten Umfragewerks der BVSK-Befragung erscheint dem Gericht diese Tabelle der tatsächlichen Abrechnungspraxis der Sachverständigen in Deutschland näher als andere Tabellen.
Der Vorteil der BVSK-Tabelle liegt auch in einer breiteren Übersicht, unter anderem auch wegen der üblichen Nebenkosten.
Die vorliegende Abrechnung datiert von Ende 2014.
Deshalb war es angemessen, die aktuelle Fassung der Befragung für 2015 zu verwenden.
Für ältere Abrechnungen könnte es vertretbar sein die Abrechnungstabelle 2013 zu wählen. Allerdings besteht hier die Besonderheit, dass sich zum Beispiel das Grundhonorar des Klägers nach der älteren und der aktuellen Tabelle im Rahmen des Tabellenwerts bewegt.
Im Gegenteil ist das Grundhonorar hier sogar im unteren Bereich des Tabellenwerts.
Ausgehend von dem HB V Korridor ergäbe sich nämlich bei einem Schaden bis 1.500,00 Euro ein Tabellenwert von 293,00 – 324,00 Euro.
Hier hat der Kläger offenbar den Wert der HB II Tabelle gewählt. Nach der Honorarbefragung 2015 liegt der Wert für das Grundhonorar sogar noch höher.
Bei dieser Sachlage ist das Grundhonorar nicht zu beanstanden.
Etwas anderes gilt allerdings wegen der abgerechneten Nebenkosten.
Hier ist der Beklagten zuzugestehen, dass die Abrechnung des Klägers in diesen Punkten überhöht ist.
Auch hier schätzt das Gericht die Nebenkosten nach der BVSK-Honorarbefragung 2015.
Die hier angewandte Befragung erfolgte zwischen Februar und September 2015, also einige Monate nach der hier fraglichen Abrechnung, sodass es angemessen ist auch diese Tabelle wegen der Nebenkosten anzuwenden.
Danach beträgt die Post- und Telekommunikationspauschale 15,00 Euro, Fotokosten 2,00 Euro je Lichtbild des ersten Satzes und 0,50 Euro je Lichtbild des zweiten Fotosatzes.
Vorliegend sind 2 Sätze zu je 5 Digitalfarbfotos abgerechnet.
Für den ersten Fotosatz sind daher 10,00 Euro zu berechnen und für den zweiten Satz 2,50 Euro. Hieraus ergibt sich ein Betrag von 12,50 Euro.
Bei den Schreibkosten sind 1,80 Euro pro Seite und 0,50 Euro pro Kopie anzusetzen.
Daher konnte der Kläger für 5 Seiten Originalgutachten 9,00 Euro einsetzen. Dazu standen ihm für 15 Seiten für die 2. – 4. Ausfertigung je 0,50 Euro zu, mithin 7,50 Euro.
Der Einwendung des Beklagten derartig viele Ausfertigungen seien nicht erforderlich gewesen, folgt das Gericht nicht.
Grundsätzlich muss der Geschädigte nämlich unter Umständen zum Beispiel bei einer streitigen Auseinandersetzung verschiedenen Stellen bzw. Personen Ausfertigungen des Gutachtens übersenden.
Schließlich konnte der Kläger für Fotokopierkosten 0,50 je Kopie, mithin 12,00 Euro verlangen.
Abzusetzen war die Position „Audatex“.
Auch wenn es sich hierbei um eine Fremdleistung handelt, verwendet der Kläger die
entsprechenden Daten für seine Schadensermittlung.
Daher sind diese Kosten im Grundhonorar mit enthalten.
Darüber hinaus war auch die Position Stadtfahrtpauschale in Höhe von 35,00 Euro abzusetzen.
Üblicherweise rechnen Sachverständigen nach der Honorarbefragung 2015 hier je gefahrenen Kilometer ab.
Im Übrigen ist hier nicht einmal die genaue Zahl der zurückgelegten Kilometer vorgetragen.
Der Beklagte hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Pauschale in dieser Form nicht verlangt werden könne.
Aus der Summe der begründeten Positionen( 275,16+15+12,50+9+7,50-1-12 ) ergibt sich ein Betrag von 331,16 Euro netto.
Hinzuzurechnen war die Mehrwertsteuer von 62,92 Euro, daraus errechnet sich eine Gesamtsumme von 394,08 Euro brutto.
Auf diesen Betrag hat die Haftpflichtversicherung des Beklagten bereits nach dem Sachvortrag des Klägers 390,00 Euro gezahlt, aus der Differenz ergibt sich der zuerkannte Betrag von 4,08 Euro.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den oben genannten Haftungsgrundlagen.
Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 II, 708 Ziffer 11, 713 ZPO.
Soweit der Beklagte unterlegen ist, handelt es sich nämlich um ein geringfügiges Unterliegen, welches keine weiteren Kosten veranlasst hat.
Das Gericht hat die Berufung zugelassen, weil es sich um eine Angelegenheit grundsätzlicher Bedeutung handelt und eine einheitliche Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Landgerichts Bochum herbeigeführt werden kann.
Die Diktion verrät das Ziel. Einfach nur unglaublich.-
H.U.
Hier wird die Urne mit anderer Asche gefüllt.
G.v.H
Hallo,Willi Wacker,
eine volle Dröhnung und das „Im Namen des Volkes“. Das Volk macht sich seine eigenen Gedanken über die wahren Beweggründe dieses fast leidenschaftlich dargebotenen Plädoyers.
Robert
Guten Tag, sehr geehrte CH-Redaktion,
Offensichtlich hat das Gericht bei der Urteilsfindung folgende schadenersatzrechtlich beurteilungsrelevanten Sichtweiten ausgeblendet:
„Zunächst einmal ist es ohne einen kartell- oder monopolrechtlichen Prüfungsauftrag nicht Aufgabe der Gerichte, hinsichtlich der vertraglichen Preisabsprachen von Marktteilnehmern (hier zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen) für eine Vielzahl von Fällen verbindliche Vorgaben zur Honorarstruktur, zur Abrechnungshöhe und zur grundsätzlichen Höhe einzelner Abrechnungsunterpositionen zu machen, solange der Gesetzgeber den Gerichten hierfür keinen gesetzlichen Prüfungsspielraum eröffnet. Eine Preiskontrolle hat durch die Gerichte in der Regel nicht stattzufinden (vergleiche BGH NZV 2007, 455 = DS 2007, 144)“ (So zutreffend AG Saarlouis mit lesenswertem Urteil zu den erforderlichen Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall mit Urteil vom 18.3.2015 – 26 C 419/14 (11) -.
Die Vorgaben in der Honorar“befragung“ 2015 sind lediglich als Empfehlung für die BVSK-Verbandsmitglieder gedacht, nach diesen erkennbaren „Sonderkonditionen“ abzurechnen und spiegeln auf dieser Basis – auch für ein Gericht deutlich erkennbar – noch nicht einmal die werkvertragliche „Üblichkeit“ wieder. Bei dem hier tatigen Abteilungsrichter S. handelt es sich um einen berufserfahrenen Altrichter, der mit Sicherheit in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn mindestens einige hundert Mal mit solchen Abrechnungen von Schadengutachten in Berührung gekommen ist und er vor diesem Hintergrund auch hätte erkennen können, dass es sich bei den BVSK-Vorgaben nur um nicht praxisorientierte „Sonderkonditionen“ handeln kann. Diese BVSK-Befragung hat nicht den Charakter und die Funktion einer Gebührenordnung, die bei Verstoß Anlass zu einer Überprüfung geben könnte.
Das Gericht hat auch die Tatsache übergangen, dass der Kläger nicht BVSK-Mitglied ist und sich auch nicht dazu erklärt, auf welcher Rechtsgrundlage Schadenersatz nur auf Grund der kartellrechtswidrigen Vorgabe von Nebenkosten eines Berufsverbandes bindend sein soll.
Das Gericht hat nach § 287 ZPO auch nicht geschätzt, sondern verbotswidrig auf eine vergleichende Berechnung abgestellt und den § 287 nur als Vorwand benutzt, die damit verbundene Position des besonders freigestellten Tatrichters für die eigene Bequemlichkeit zu nutzen.
Bereits vom Ansatz her verfehlt ist es im Zusammenhang mit Prüfung der Erforderlichkeit der Schadensersatzhöhe, die Preisansätze einzelner Nebenkostenabrechnungsunterpositionen zu überprüfen, ohne zunächst einmal die Erforderlichkeit des Gesamthonorars zu prüfen. Denn zum einen ist die Festlegung der Preisstruktur Sache der Vertragsparteien und unterliegt in der Regel keiner Kontrolle durch die Gerichte, sondern alleine derjenigen des Marktes (vergleiche BGH an angegebenen Ort).
Entgegen der Annahme einiger Gerichte, wie jetzt auch hier – sind die Vertragsparteien insoweit selbstverständlich befugt, zu definieren, was sie als Nebenkosten verstehen, einzelne Leistungsbestandteile aus dem Bereich des Grundhonorars herauszunehmen und in die Nebenkosten zu verlagern. Dies gilt zum Beispiel für Dateikosten (Restwertbörse, Audatex). So kann diese Vorgehensweise im Einzelfall zum Beispiel dann zu einer höheren Preisgerechtigkeit führen, wenn solche Kosten nicht anfallen (wenn zum Beispiel Restwertangebote nicht notwendig sind, weil ein eindeutiger Reparaturschaden vorliegt oder aber Audatexkalkulationen nicht anfallen, weil ein eindeutiger technischer/wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt).
Das Herausstreichen einzelner Nebenkostenpositionen aus dem Gesamthonorar ohne dessen vorrangige Überprüfung auf seine Erforderlichkeit führt unter Umständen zu dem Ergebnis, dass das üblicherweise von dem Kunden zunächst hinterfragte/geprüfte Gesamthonorar vor der Kürzung den erforderlichen Aufwand nicht überschritten hat, aber nach dem Herausstreichen einzelner Rechnungsansätze unter dem erforderlichen Betrag liegen kann.
So auszugsweise auch AG Saarlouis mit Urteil vom 18.3.2015 – 26 C 419/14 (11) –.
So haben im beurteilungsrelevanten Zusammenhang auch u.a. sowohl das AG Köln als auch das AG Leverkusen mit einer „Schätzung“ verständlich und plausibel ausgeführt:
„Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers allerdings noch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – VI ZR 225/13 -, juris, m.w.N.).“
„Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter abgerechneten Kosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, führt weder dazu, dass die geltend gemachten Kosten von vorneherein aus dem Rahmen des nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB für die Schadensbehebung erforderlichen Geldbetrages fallen, noch rechtfertigt sich daraus die Annahme eines Verstoßes des Geschädigten gegen seine Pflicht zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (BGH a.a.O.).“
Schlussendlich hat das Gericht nach den Vorgaben des BVSK auch nicht der Überlegung Rechnung getragen, das die „Gewinnanteile“ aus dem Nebenkostenbereich in das Grundhonorar verlagert werden sollen, was bedeutet, dass die Kürzungsbetrag auf Basis der Vorgaben dem Grundhonorar wieder zuzuschlagen sind und erst dann eine Beurteilung möglich wäre, ob BVSK-Sachverständige im Rahmen der „Üblichkeit“ unter Berücksichtigung von Sonderkonditionen abgerechnet haben, wenn auf eine Gesamtkostenbetrachtung als Beurteilungsgrundlage abzustellen ist.
Ansonsten blieb noch anzumerken, dass es denknotwendig bei einem älteren Vorgang, der vor 2015 liegt, nicht partiell nur für das Grundhonorar auf den dafür maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt abgestellt werden kann und für den Nebenkostenbereich davon abweichend auf einen späteren Zeitraum, wenn man einmal davon absieht, dass der Geschädigte, jedwede Honorarbefragungen nicht kennen musste.
Mit freundlichen Grüßen
H.R.
Hallo, W.W.
Hier lag doch offensichtlich eine Rechnung des Sachverständigen mit Honorarvereinbarung und rechtsgültigem Honorartableau vor mit der Folge, dass in solchen Fällen von der Vorschrift des § 287 Absatz 1 ZPO selbstverständlich kein Gebrauch gemacht werden darf, wenn die Schadenshöhe unschwer in anderer Art und Weise aufzuklären ist und für einen solchen Fall wäre ein Verfahren nach § 287 ZPO keine pflichtgemäße Ermessensausübung, sondern Willkür. Die Vorschrift soll in Zweifelsfällen eine angemessene Entscheidung ermöglichen, nicht jedoch den Richter von seiner Aufklärungspflicht freistellen (Vgl. RG JW 1901, 398 Nr. 11; OLG Köln JurBüro 1969, Sp. 645), wie es sich hier aus den Entscheidungsgründen allerdings ergibt.
Auch in den hier inrede stehenden Fall war die Aufklärung zur Höhe rechtswidrig gekürzter Gutachterkosten weder unverhältnismäßig schwierig, geschweige denn unmöglich, zumal nach dem Gesetz und der beurteilungsrelevanten BGH-Rechtsprechung regelmäßig keine Veranlassung bestand, auf eine Lösung über den § 287 ZPO zurückzugreifen, da die von der Beklagtenseite erhobenen Einwendungen bekanntlich nicht erheblich sind, was eine unsubstantiiert behauptete Nichterforderlichkeit oder aber Überhöhung angeht, denn der zuständige Dezernet des AG Bochum selbst hat die Bedeutung des HUK-Coburg-Honorartableaus richtig bewertet.
Was nun die Substantiierungslast in Verbindung mit dem § 287 ZPO angeht, so kommt es gerade hier auf einzelne Posten/ Positionen einer Schadensberechnung nicht an (Wieczorek, ZPO, § 287 Anm. D I a, I a 2), wovon der Amtsrichter S . aber gegenläufig ausgegangen ist.
Im Übrigen greift das Gericht damit auf dem oder der Geschädigten unbekannte Schätzungsinhalte zurück, ohne die für die Schätzung erforderlichen Einzelheiten darzulegen, wozu es nach § 139 ZPO verpflichtet wäre.
Da das Gericht somit auch bei Anwendung des § 287 ZPO um die Aufklärung des Sachverhalts bemüht sein muss, darf es Beweisanträge nicht willkürlich übergehen, ist also – in Grenzen – auch hier an das Verbot der Beweisantizipation gebunden (OLG Köln JurBüro 1969, Sp. 645).
Gleichwohl geht das freie Ermessen des Gerichts jedoch keineswegs so weit, dass es bei der Feststellung des Schadens den von den Parteien oder von einer Partei vorgebrachten Prozessstoff unberücksichtigt lassen darf (BGH VersR 1953, 31 (Vorinstanz OLG Koblenz VersR 1952, 103), was hier für den Vortrag des Klägers der Fall ist.
Auch bei der Schätzung muss sich das Gericht ungeachtet aller ihm eingeräumten Ermessensfreiheit und ausschließlich schadenersatzrechtlich orientiert am konkreten Fallgeschehen orientieren!
Auch wenn es dem Tatrichter nicht verwehrt ist, fallfremde Berechnungsarten anzuwenden, wenn diesen die Eigenschaft von Erfahrungsregeln zukommen, kann vor diesem Hintergrund nicht auf eine BVSK-Honorarbefragung 2015 zurück gegriffen werden, weil bereits im Ansatz dabei die Eigenschaft von Erfahrungsregeln nicht festgestellt werden kann, da insoweit auf werkvertragliche Bemessungsfaktoren abgestellt wird und auf Mittelwerte, die angeblich bundeseinheitlich zu berücksichtigen wären, wie aber auch auf Nebenkostenpositionen, die aufgrund falscher Angaben schon im Grundhonorar enthalten sein sollen.Wenn Gerichte dennoch solche „Listen“ wie Gesetze bzw. sogar wie Gebührenordnungen anwenden, ohne die dagegen bestehenden rechtlichen Bedenken auch nur mit einem Wort zu erwähnen, muss dies zumindest auf abzuklärende Fragen stoßen.
Uta v. L.
Hallo, Willi,
einfach mal wieder Herrn Günter Ogger mit fundierten Informationen versorgen.
Was ich noch sagen wollte…
@Uta v. L
Hallo, Uta,
genau auf diesem TRIP befinden sich u.a. auch das LG Hagen und das AG Schwelm. Ist das etwa ein versteckter Justizbrexit? Die Argumentationen zur Rechtfertigung sind ebenso abenteuerlich, wie orientalisch angehaucht. Es mutet an, wie ein Basar des Feilschens, wenn die Rechtsprechung und das Gesetz auf dieses Niveau herabgewürdigt werden.
Prozeßbeobachter