Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
hier und heute veröffentlichen wir noch ein „Schrotturteil“ aus Bochum zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. Obwohl es auf die Ex-ante-Sicht des Unfallopfers im Zeitpunkt der Beauftragung des Kfz-Sachverständigen ankommt, misst der erkennende Amtsrichter der 45. Zivilabteilung des AG Bochum die erforderlichen Sachverständigenkosten an der BVSK-Honorarumfrage. Bekanntlich hatte der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (= BGH NJW 2014, 1947 = BeckRS 2014, 04270 = DS 2014, 90 = NZV 2014, 255) entschieden, dass der Geschädigte diese Ergebnisse dieser Umfrage von BVSK-Sachverständigen nicht kennnen muss. Mithin können diese dann bei einer Ex-post-Betrachtung im Rahmen der Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO nicht im Nachhinein als Maßstab genommen werden. Im Übrigen ist im Rahmen der Schadenshöhenschätzung nur der Gesamtbetrag relevant. Die Preiskontrolle einzelner Rechnungspositionen ist weder dem Schädiger noch dem Gericht erlaubt, sofern der Geschädigte den Rahmen der zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat (BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann). Das Merkmal der Erforderlichkeit hat der Geschädigte schon dann erfüllt, wenn er zur Feststellung der Schadenshöhe und des Schadensumfangs und zur beweismäßigen Dokumentation des Schadens ein Gutachten eines qualifizierten Sachverständigen einholt. Daher war es dem Gericht verwehrt, eine Preiskontrolle, auch der Sachverständigenkosten, vorzunehmen. Daher leidet das Urteil an erheblichen Mängeln. Auch gebraucht der erkennende Amtsrichter den falschen Begriff der „Sachverständigengebühren“, obwohl es solche nicht gibt. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Dem Kläger war nur anzuraten, gegen das Urteil Berufung einzulegen.
Viele Grüße
Willi Wacker
45 C 10/15 Verkündet am 30.04.2015
Amtsgericht Bochum
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Klägers,
gegen
die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G., vertr. d. d. Vorstand, Saarlandstr. 25, 44133 Dortmund,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Bochum im schriftlichen Verfahren gemäß § 495 a ZPO aufgrund der Sach- und Rechtslage vom 09.04.2015 durch den Richter am Amtsgericht B.
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 119,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Absatz 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat aus abgetretenem Recht des Herrn … aufgrund des Verkehrsunfalles vom xx.09.2014 gegen 7.50 Uhr auf dem Harpener Hellweg in Bochum hinsichtlich der Sachverständigengebühren (Sachverständigengebühren gibt es nicht! Gemeint sein sollen: Sachverständigenkosten, Anm. des Autors!) noch einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe von 119,58 Euro.
Der Kläger ist aufgrund der Abtretung des Herrn … aktivlegitimiert. Dieser war im Zeitpunkt des Unfalles Eigentümer des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … . Gemäß § 1006 Absatz 1 Satz 1 BGB wird vermutet, dass im Zeitpunkt des Besitzerwerbes einer beweglichen Sache der Besitzer auch Eigentümer geworden ist. Unstreitig war Herr … Fahrer des Fahrzeuges und daher Besitzer. Anhaltspunkte dafür, dass dieser seinen Besitz nicht redlich erworben hat, sind nicht ansatzweise erkennbar, so dass zu seinen Gunsten die Eigentumsvermutung greift. Darüber hinaus ist das Fahrzeug auf seinen Namen zugelassen, was der Eigentumsvermutung nicht widerspricht.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
Der Höhe nach hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher
Sachverständigenkosten in Höhe von 808,58 Euro.
Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der erforderliche Geldbetrag zu erstatten. Dabei gelten als erforderlich diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Insoweit schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO den erforderlichen Betrag auf Grundlage der BVSK Honorarbefragung 2013 nach dem sogenannten HB V Korridor. Die BVSK Befragung stellt nach Ansicht des Gerichtes eine geeignete Schätzungsgrundlage dar.
Danach ergibt sich, dass das Grundhonorar einschließlich „Fremdleistung Datenbank (AUDATEXT) nach Anfall“ mit 579,00 Euro innerhalb des HB V Korridors liegen. Bei den sogenannten Nebenkosten ist dies jedoch nicht der Fall. Als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann daher allenfalls der Höchstsatz des HB V Korridors angesehen werden. Dieser beträgt für die Anfahrpauschale 21,34 Euro, für die Post-und Teiekommunikationspauschale 18,00 Euro, für 9 Originalfotos à 2,55 Euro einen Betrag von 22,95 Euro und für den zweiten Fotosatz à 1,67 Euro je Foto insgesamt 15,03 Euro. Die Schreibkosten für das Originalgutachten betragen je Seite 2,86 Euro, so dass sich bei 6 Seiten ein Betrag von 17,16 Euro ergibt und für 6 weitere Seiten als Ausfertigung weitere 6,00 Euro. Weshalb eine dritte und vierte Ausfertigung des Gutachtens erforderlich gewesen sein sollen, ist nicht dargelegt. Gleiches gilt für die Fotokopierkosten in Höhe von 27,00 Euro. Auch insoweit ist nicht dargelegt, inwieweit diese, obwohl schon 4 Gutachten gefertigt wurden, erforderlich gewesen sein sollen. Aus den dargelegten Beträgen errechnet sich ein Gesamthonoraranspruch von (netto) 697,48 Euro, dem die gesetzliche Mehrwertsteuer in Höhe von 129,10 Euro hinzuzuziehen ist. Auf den Gesamtanspruch von 808,58 Euro hat die Beklagte vorgerichtlich bereits unstreitig 689,00 Euro gezahlt, so dass noch 119,58 Euro offen sind.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.
Dabei kann Verzug erst mit Zugang der endgültigen Erfüllungsverweigerung im Schreiben vom 23.10.2014 gesehen werden, welchen das Gericht auf den 26.10.2014 schätzt.
Hi,Willi Wacker,
hier hat der zuständige Dezernent offenbar nicht gemerkt, dass er sich auf eine „Angemessenheitsprüfung“ beschränkt und die Erhebung eines Berufsverbandes handhabt, wie eine gesetzlich verankerte Gebührenordnung. Das eine ist wie das andere grenzwertig und in schadenersatzrechtlicher Betrachtung am Thema vorbei. Wo bleibt die zu beachtende und entscheidungserhebliche ex ante Sichtweise/Sichtweite des Geschädigten ? Tatsächlich wird diese in den Entscheidungsgründen genau so ignoriert, wie in dem rechtswidrigen Kürzungsgebaren der beklagten Versicherung. Hier wird vielmehr die ex post Betrachtung des zuständigen Dezernenten in den Vordergrung gestellt und damit der Schadenersatzgedanke des § 249 BGB in die Tonne gekloppt, denn die Überlegungen des Gerichts sind nicht zu Ende gedacht, weil bei zu Honorarbandbreiten auch Werte einer Honorarerhebung noch keineswegs das Ende der Fahnenstange sind. Auch wurde nicht von der beurteilungsrelevanten Schadenhöhenschätzung ausgegangen, sondern von einer Nebnkostenprüfung in Einzelpositionen, die schadenersatzrechtlich überhaupt nicht veranlasst ist.
Soweit die Beklagtenseite die Ansicht vertritt, die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes spreche ausschließlich einer geschädigtenseits bereits bezahlten Rechnung eine Indizwirkung zu, so ist dies schlichtweg falsch, da sich hierzu keine entsprechenden Anhaltspunkte in der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung finden lassen. Vielmehr kommt im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO auch einer noch nicht beglichenen Rechnung eine Indizwirkung zu. Der BGH hat lediglich festgestellt, dass es im Falle der noch nicht beglichenen Rechnung durch den Geschädigten für die Erforderlichkeit nicht allein auf die Vorlage der Rechnung ankommen kann.
Zu den ins Blaue vorgetragenen Behauptungen der Beklagtenseite wurde auf jedwede Betrachtung ebenso verzichtet, wie auf den von der Beklagten angelegten Beurteilungsmaßstab, betreffend das Honorartableau 2012 der HUK-Coburg-Versicherung. Das muss zu denken geben.-
R.G.