AG Bonn verurteilt aus abgetretenem Recht die Zurich Versicherung zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 5.12.2011 -108 C 294/11-.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

und weiter geht die Urteilsreise nach Nordrhein-Westfalen. Nachstehend gebe ich Euch  ein ausführliches Urteil aus Bonn bekannt.  Und wieder ging es gegen die ZurichVersicherung. Das Gericht hat das obsiegende Urteil ausführlich begründet. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Lest selbst und gebt Eure Meinungen ab.

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

Aktenzeichen 108 C 294/11                                 Verkündet am: 05.12.2011

Amtsgericht Bonn

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

– Klägers –

gegen

Zurich Insurance plcVers., Niederlassung Deutschland

– Beklagte –

hat das Amtsgericht Bonn wie folgt entschieden:

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert, da die Geschädigte die … GmbH, den Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten an den Kläger abgetreten hat.

2. Der Zedentin, der Firma … GmbH, stand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des nach dem Verkehrsunfall zur Feststellung des Schadensumfangs an ihrem Fahrzeug eingeholten Sachverständigengutachtens des Klägers in Höhe von 660,40 EUR zu. Auf diesen Anspruch hat die Beklagte lediglich einen Betrag in Höhe von Euro 375 gezahlt, so dass ein weiterer Betrag in Höhe von Euro 285,40 offen steht.

Die Beklagte haftet unstreitig dem Grunde nach zu 100 % für den durch das Fehlverhalten ihres Versicherungsnehmers verursachten Unfalls, welches einen Schaden am Fahrzeug der Firma … GmbH verursacht hat. Vom Schadensersatz umfasst sind auch Gutachterkosten, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind. Da es sich im vorliegenden Fall bei einem Schaden von 4.275,82 EUR brutto nicht um einen Bagatellschaden handelte, konnte die Firma … GmbH, ohne gegen ihre Schadensminderungspflicht zu verstoßen, eine solches Gutachten einholen.

Die seitens des Klägers geltend gemachten Sachverständigenkosten sind in voller Höhe ersatzfähig. Diese Kosten gehören zu den Vermögensnachteilen, welche gemäß § 249 BGB auszugleichen sind, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist oder aber wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, VI ZR 365/03, Urteil vom 30.11.2004). Nach dem Urteil des Bundesgerichtshof, VI ZR 67/06, Urteil vom 23.01.2007, Rn. 17, gelten dabei grundsätzlich folgende Maßstäbe:

„Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 369; 160, 377, 383; 162, 161, 165). Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. Senatsurteile 115, 364, 368 f.; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 4 f.; 162, 161, 164 f.; 163, 362, 365). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, wobei für ihn allerdings das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Senatsurteil BGHZ 163, 362, 367 f.).“

Dabei hat der Bundesgerichtshof es grundsätzlich gebilligt, dass der Sachverständige auch eine Pauschalierung des Honorares vornimmt (Rn. 20):

„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überschreitet ein Kraftfahrzeugsachverständiger allein dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht. Schadensgutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05 – aaO Rn. 15 ff.).“

Eine konkrete Vorgabe, nach welchen Maßstäben sich die Pauschalierung des Sachverständigenhonorares zu bemessen hat, lässt sich dieser Rechtsprechung nicht entnehmen. Letztlich kann daher die BVSK-Honorarbefragung auch eine taugliche Grundlage zur Kostenberechnung sein. Diese Frage kann nach Auffassung des Gerichtes vorliegend jedoch im Ergebnis auch dahinstehen, da – selbst wenn man annehmen wollte, dass die Forderung des Sachverständigen überhöht sein sollte, dies vorliegend jedenfalls nicht der Geschädigten entgegengehalten werden kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Geschädigte ein Auswahlverschulden trägt oder aber die Erhöhung derart evident ist, dass eine Beanstandung von ihr nicht verlangt werden kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1-1 U 246/07; OLG Nürnberg, 4 U 1001/02, Urteil vom 03.07.2002). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte: die Abrechnung des Sachverständigen hält sich im Rahmen der Honorarbefragung des BVSK 2009, Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten daher überhöht sein könnten, ergeben sich daher nicht für die Geschädigte.

b) Ein Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht aus § 254 BGB ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen, dass der Geschädigten ein günstigerer Sachverständigentarif ohne weiteres zugänglich war.

3. Ihren Ersatzanspruch in Höhe von 660,40 EUR hat die Geschädigte an den Kläger abgetreten. Durch diese Abtretung hat sich der Anspruch nicht verändert (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006, 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029 ff. = DS 2006, 283), so dass der Kläger als Sachverständiger den Anspruch auf Erstattung der Kosten seines Sachverständigengutachtens nach den für den Geschädigten geltenden Grundsätzen gegenüber dem beklagten Haftpflichtversicherer geltend machen kann.

Hiermit wird der Haftpflichtversicherer nicht rechtlos gestellt, weil er sich nach § 255 BGB mögliche Ersatzansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen auf Rückzahlung eines überhöhten Honorars aus § 812 BGB – etwa i.V.m. §§ 138, 307 ff., 315 oder 632 Abs. 2 BGB – abtreten lassen und im Wege der Aufrechnung geltend machen kann (OLG Naumburg, Urt. v. 20.01.2006, 4 U 49/05, NJW-RR 2006, 1029 ff. = DS 2006, 283;  OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.2008, 1 U 246/07, juris Rn. 74).

Die Nebenkosten sind nach Auffassung des Gerichtes ebenfalls zu ersetzen, deren Kosten sind auch nicht als überhöht anzusehen. Soweit die Beklagte bestritten hat, dass Fahrtkosten überhaupt angefallen sind, hat der Klägerin dargelegt, für welche Strecke diese Kosten angefallen sind. Hierauf erfolgte kein weiterer Sachvortrag der Beklagten, so dass diese Strecke als unstreitig einzuordnen ist.

Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB, die Entscheidung über die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280, 286 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: Euro 285,40.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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