Das AG Braunschweig hat mit Urteil vom 14.02.2008 – 115 C 1206/07 – dem Geschädigten nicht regulierte Ersatzteilpreisaufschläge auch bei Abrechnung auf Gutachtenbasis zugesprochen.
Aus den Gründen:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus dem VU vom 12.09.2006 ein Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes i. H. v. 358,26 € zu. Die Beklagte haftet dem Grunde nach unstreitig in vollem Umfange. Der Klägerin steht auch hinsichtlich der bislang nicht regulierten Ersatzteilaufschläge ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Schaden vorliegend abstrakt auf Gutachtenbasis berechnet hat.
Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Ersatzteilaufschlägen im Falle fiktiver Schadensberechnung ist umstritten. Während die wohl überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Erstattungsfähigkeit grundsätzlich bejaht (LG Aachen, DAR 2002, 72; NZV 2005, 849; AG Solingen, DAR 1997, 449, 450; AG Dinslaken, NJW-RR 1998; 1719; AG Landstuhl, DAR 2002, 77; AG Darmstadt, DAR 2005, 39; AG Hamm; NZV 2005, 649; AG Braunschweig, Urteil v. 22.12.05 -121 C 3127/05-; Wortmann, NZV 1999, 503; Gerad-Morguet; zfs 2006, 303; MüKo, BGB, § 249 Rn. 350 m.w.N.) wird vereinzelt auch der Standpunkt vertreten, dass Ersatzteilaufschläge nur dann zu ersetzen seien, wenn sie im Rahmen einer durchgeführten Reparatur auch tatsächlich angefallen sind (LG Berlin; Urteil v. 03.06.02 -58 S 446/01-; Wnker, VersR 2005, 917, 918; Palandt/Heinrichs, BGB, § 249 Rn. 14).
Die zuletzt genannte Auffassung ist in ihrer Ausschließlichkeit nicht mit § 249 Abs. 2 BGB vereinbar, der dem Geschädigten grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, im Falle der Beschädigung einer Sache statt der Naturalrestitution auch den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. So steht dem Geschädigten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon zu, ober der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder gar nicht reparieren lässt (BGH, NJW 2003, 2086 f. m.w.N.). Dies hat der BGH für die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt unlängst nochmals klargestellt. Weshalb für Ersatzteilaufschläge etwas anderes gelten soll, ist nicht ersichtlich. Bei den Ersatzteilaufschlägen handelt es sich um erforderliche Kosten im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesetz.
Die Argumentation des AG Braunschweig überzeugt. Der BGH hat beide Abrechnungsmöglichkeiten, konkret oder abstrakt, für zulässig erachtet, zumal dem Geschädigten nicht vorgeschrieben werden kann, wie er den Schaden repariert und ob er den Schaden reparieren lassen will. Mit dem Urteil hat sich der zuständige Richter von fadenscheinigen Argumenten der Beklagtenseite nicht überrumpeln lassen. Der im Urteil angegebenen Literatur der herrschenden Rechtsprechung ist tatsächlich zuzustimmen. Es handelt sich um einen Richter, der im Schadensersatzrecht erfahren ist.
Prima, ein überzeugendes Urteil. Man erkennt, dass der Richter sich mit der Frage der Erstattungsfähigkeit der Ersatzteilpreisaufschläge beschäftigt hat.
MfG
RA. Wortmann